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Veröffentlicht am 30.05.2020

Die Nolans

Ein Baum wächst in Brooklyn
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Ein Baum wächst in Brooklyn - Betty Smith

Ein Klassiker über ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das Bücher liebt.

Die Nolans sind eine irisch stämmige Familie im Brooklyn in den Jahren vor dem ...

Ein Baum wächst in Brooklyn - Betty Smith

Ein Klassiker über ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das Bücher liebt.

Die Nolans sind eine irisch stämmige Familie im Brooklyn in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg. Eigentlich haben sie nicht viel zu lachen, denn Vater Johnny Nolan arbeitet nur unregelmäßig und verfällt zunehmend dem Alkohol. An manchen Tagen hat die vierköpfige Familie nicht mal genug zu essen. Dennoch lassen sie sich nicht unterkriegen. Sie haben die Musik und sie haben ihre Träume, an die sie glauben. Und Francie hat auch noch die Bücher. Die beiden Kinder sollen es einmal besser haben und der Schlüssel zum Erfolg ist die Bildung, das hat Mutter Katie erkannt.
Francie möchte Schriftstellerin werden. Dieses Ziel gerät durch verschiedene Schicksalsschläge immer wieder in den Hintergrund. Sie muss unter schwierigen Bedingungen erwachsen werden und lässt sich doch nie unterkriegen.

Wunderbar warmherzig und ergreifend geschrieben, eine Familie zum gern haben. Man fiebert so sehr mit, dass sich der amerikanische Traum für Francie und ihren Bruder Neeley erfüllen möge. Die Geschichte ist authentisch und kämpferisch, die Figuren sympathisch, trotz aller Fehler.

Man kann einige Themen, die Betty Smith wichtig waren erkennen. Beispielsweise die Rolle der Frau, darauf kommt sie immer wieder zurück. Mangelnde Rechte in der oft viel zu früh geschlossenen Ehe, fehlende Geburtenkontrolle, Machtlosigkeit gegenüber dem Willen des Ehemanns. Trotzdem hat sie lauter starke, durchsetzungsfähige Frauen geschaffen, die ihren Männern in nichts nachstehen. Im Gegenteil.

Ein Roman, der tief in die damalige, arme Gesellschaftsschicht Brooklyns eintaucht. Mit einer langsamen bezaubernden Erzählweise. Was will man mehr.
Ein Klassiker dessen Themen ewig aktuell bleiben.

Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 30.05.2020

Graun

Ich bleibe hier
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Ich bleibe hier - Marco Balzano

Der Diogenes Verlag hat für diesen Roman ein besonders aussagekräftiges Cover gewählt, das gleichzeitig schon vieles vorwegnimmt. Es handelt sich dabei nämlich um den ...

Ich bleibe hier - Marco Balzano

Der Diogenes Verlag hat für diesen Roman ein besonders aussagekräftiges Cover gewählt, das gleichzeitig schon vieles vorwegnimmt. Es handelt sich dabei nämlich um den Kirchturm von Graun, eines kleinen Bergdorfes im Vinschgau, ganz dicht an der Grenze zu Österreich und Schweiz. Und ja, der Kirchturm steht im Wasser, das Dorf ist bekanntermaßen überflutet. Balzano hat in seinem Roman tatsächliche Gegebenheiten mit fiktiven Personen und Schicksalen verbunden und eine ergreifende Geschichte geschrieben.

Trina führt ein einfaches, entbehrungsreiches Leben in Graun. Ihre Tochter wendet sich ab, von der Trostlosigkeit und Ödnis des kleinen Ortes, von der Familie, und geht in die Stadt. Ein erster Schicksalsschlag von vielen, aber für Trina der schlimmste. Zudem bahnt sich Krieg an, das Grenzgebiet steht zwischen Mussolini und Hitler. Die Bevölkerung steht zwischen den Staaten. Immer wieder kommt außerdem das Gerücht auf, dass ihr Dorf einem Staudamm weichen soll. Die Bewohner sollen ihre Heimat, Graun, verlassen. Doch Trina und ihr Mann wollen bleiben. Eine mutige Entscheidung.

Eine spannende tatsachenhinterlegte Geschichte. Besonders den einfühlsamen Erzählstil mochte ich sehr. Ich konnte gut mit Trina und ihrer Familie mitfühlen. Es sind einfache, doch starke Leute. So viel Leid, und doch immer wieder der Mut, weiterzumachen.
5 Sterne

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Peter und Paul

Goldkind
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Goldkind - Claire Adam

Kann das Leben eines Kindes mehr wert sein als das eines anderen?
Eine richtiggehend unerhörte Frage, die in diesem Roman auf tragische Art und Weise thematisiert wird.

Die dramatische ...

Goldkind - Claire Adam

Kann das Leben eines Kindes mehr wert sein als das eines anderen?
Eine richtiggehend unerhörte Frage, die in diesem Roman auf tragische Art und Weise thematisiert wird.

Die dramatische Familiengeschichte spielt auf der karibischen Insel Trinidad. Atmosphäre, Flora und Fauna der gefährlichen Buschlandschaft sind sehr detailliert und beeindruckend beschrieben. Kein Wunder, denn die Autorin ist hier geboren und aufgewachsen. Von der ersten Seite an dominiert eine düstere Vorahnung. Der Busch ist gefährlich und dunkel. Kriminelle Banden treiben hier ihr Unwesen, die Lebensverhältnisse der allermeisten Bewohner sind ärmlich. Eines Abends ist ein Kind verschwunden und die Nacht bricht herein.

Dieser Roman hat mich auf voller Breitseite erwischt. Denn es geht um zwei Kinder, die meinen eigenen Jungs in mancherlei Hinsicht sehr ähnlich sind. Es geht um das Wunderkind Peter und seinen Zwillingsbruder, den "zurückgebliebenen" Paul. In großen Rückblenden erfahren wir, wie Familie und Umwelt auf die so unterschiedlichen Kinder reagieren, was man alles falsch machen kann, ohne böse Absicht, einfach aus Sorge und Unwissenheit. Und wir lesen, was es mit einem Kind macht, das in der Schule versagt und tagaus tagein, mit dem brillierenden Geschwisterkind verglichen wird, dessen Niveau es niemals erreichen kann. Wie gesagt, ein Thema, das mich persönlich sehr bewegt.

Doch das alles ist nur eine relativ harmlose Hinführung zur eigentlichen Geschichte, es geht um so viel mehr. Denn eines Abends ist Paul verschwunden, eine Lösegeldforderung wird gestellt und der Vater muss furchtbare Entscheidungen treffen. Wessen Leben und Erfolg sind mehr wert? Kann man Träume und Hoffnungen für ein Menschenleben aufrechnen?

Wie ich finde, handelt es sich um eine sehr komplexe Geschichte. Es geht um den täglichen Überlebenskampf im Busch, mit scharfen Hunden als Aufpassern. Und letztendlich geht es um zerstörerische Familienbande und fragwürdige Entscheidungen aus der Not heraus, die über Leben und Tod entscheiden. Eine herzzerreißende Geschichte.

Atemberaubend und hochdramatisch wie ein Thriller, ich konnte dieses Buch kaum mehr aus der Hand legen und blieb am Ende erschüttert zurück.
5 Sterne und eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Mutter und Monster

Mein Name ist Monster
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Mein Name ist Monster- Katie Hale

Eine Dystopie, die mich im Grunde bereits mit dem ersten Satz hatte: "Wenn die Welt in Flammen steht, vergisst man leicht, dass es Eis gibt. Die meisten vergaßen es, ...

Mein Name ist Monster- Katie Hale

Eine Dystopie, die mich im Grunde bereits mit dem ersten Satz hatte: "Wenn die Welt in Flammen steht, vergisst man leicht, dass es Eis gibt. Die meisten vergaßen es, nicht alle."

Zu Beginn des Romans lernt man die Protagonistin kennen. Eine junge Frau, die nach diversen Katastrophen, die die Menschheit ausgelöscht haben, im Saatguttresor auf Spitzbergen überlebt hat und nun mit einem Boot an der schottischen Küste angeschwemmt wird. Sie wandert durchs Land, immer auf der Suche nach Vorräten, die ihr das Überleben sichern sollen. Man hat den Eindruck, sie genießt die Einsamkeit, verspürt eher so etwas wie Erleichterung angesichts der leeren Städte und Dörfer. Da trifft sie eines Tages auf eine weitere Überlebende, ein junges Mädchen.

Wenn das Ende über die Menschheit hereingebrochen ist und nur noch eine einzige Person übriggeblieben ist, würde man sich als Leser jemanden wünschen, der so ziemlich anders ist als "Monster", wie sich die Protagonistin nennt. Denn diese ist leider alles andere als eine Sympathieträgerin oder Heldin. Sie war schon als Kind eigenbrötlerisch und wenig empathisch. Ein Psychologe könnte mit Sicherheit eine entsprechende Störung diagnostizieren. Doch in Rückblenden erfährt man, dass sie genau durch diese Eigenschaften Kriege und Seuchen überleben konnte. Tatsächlich fand ich diese Erklärung sehr schlüssig. Nun nimmt sie sich tatsächlich guten Willens dieses Mädchens an. Kurzerhand macht sie sich selbst zu "Mutter" und überträgt ihren alten Namen "Monster" auf das Mädchen, das eine Kämpferin werden soll. Es ist zunehmend tragisch zu lesen, wie „Mutter“ ständig an ihrer fehlenden Emotionalität und Fähigkeit zur Empathie scheitert und das Zusammenleben dadurch zur Qual wird.

Ist diese Geschichte im ersten Teil eine klassische Dystopie - man erfährt einiges über die Hintergründe der Auslöschung der Menschheit und begleitet die Protagonistin auf ihrem Überlebenskampf in einer beinahe leeren Umgebung, gibt es etwa bei der Hälfte des Romans einen krassen Einschnitt. Das Mädchen taucht auf und die Macken der Hauptfigur treten voll zutage. Wie auch soll eine Frau Ende Zwanzig, die niemals körperliche Nähe zulassen konnte, nun einfühlsam auf das sexuelle Erwachen einer Jugendlichen eingehen. Diese fehlerbehaftete Beziehung nimmt nun sehr viel Raum ein. Ich persönlich fand das aber sehr spannend, da die beiden, ohne irgendeine Einwirkung von außen, sich auf Gedeih und Verderb gegenseitig ausgeliefert sind.

Sprachlich hat mir dieses Buch sehr gut gefallen, es sind kurze Kapitel und die Autorin glänzt durch eine prägnante, ausdrucksstarke Erzählweise.
Ein durchaus unbequemes Buch, eine Dystopie, die klassisch beginnt und dann einen ganz anderen Verlauf nimmt. Trotz allem, ein Buch, das ich regelrecht verschlungen habe! Insgesamt ein sehr gelungenes Debüt.
5 Sterne



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Veröffentlicht am 02.05.2020

Miracle submarine

Miracle Creek
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Miracle Creek- Angie Kim

Ein wirklich beeindruckender Gerichtsthriller. Mitreißend und packend, einfach wunderbar erzählt. Man möchte ins Buch klettern, um nachträglich ins Geschehen eingreifen zu können ...

Miracle Creek- Angie Kim

Ein wirklich beeindruckender Gerichtsthriller. Mitreißend und packend, einfach wunderbar erzählt. Man möchte ins Buch klettern, um nachträglich ins Geschehen eingreifen zu können und das Furchtbare abzuwenden. Gerade habe ich diesen Roman beendet und man merkt, ich bin schwer begeistert.

Aber zum Inhalt.
In der amerikanischen Kleinstadt Miracle Creek fliegt eine Scheune in die Luft. Eine südkoreanische Einwandererfamilie, die leider nie wirklich in der neuen Heimat angekommen ist, bietet dort medizinische Behandlungen an. Ein kleiner Junge und eine junge Frau sterben in den Flammen, mehrere Menschen werden schwer verletzt.
Ein Jahr nach dem Unglück beginnt die Gerichtsverhandlung, angeklagt ist die Mutter des toten Jungen. Aber kann eine Mutter wirklich absichtlich ihr Kind töten?

Kim taucht tief ein in die Seelenwelten und Privatleben ihrer Figuren. Es geht um behinderte Kinder und was das für die Familien bedeutet. Es geht um Integrationsprobleme, den täglichen Kampf zwischen Tradition und Moderne. Und vor allen Dingen wird ganz schnell klar, dass hier jeder einzelne etwas zu verbergen hat. Immer wieder kommen neue Dinge ans Licht, die die Täterfrage immer wieder verändert. Es sind hochkomplexe Zusammenhänge, denen der Leser folgt, immer wieder auf Irrwegen. Amerikanische Gerichtsverhandlungen, mit seinen Besonderheiten, wie Geschworene etc. sollte man aber mögen.

Beachtlich fand ich die psychologische Feinfühligkeit und den Tiefgang, mit der die Autorin aus den unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Die Beteiligten kennen sich teilweise schon lange, die Beziehungen sind stark miteinander verflochten und immer wieder kommen neue Verknüpfungen und Motive ans Licht. Ein kleiner Stein kann in diesem Buch eine riesige Lawine ins Rollen bringen.

Ein Buch, das ich kaum mehr aus der Hand legen konnte und das mich atemlos zurückgelassen hat. Beste Unterhaltung! Eine dringende Leseempfehlung!

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