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Veröffentlicht am 02.05.2020

Aufschlussreich

Der Empfänger
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Deutschland während der 30er Jahre. Junge Männer entfliehen der Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit und wandern in die USA aus, um dort ihr Glück zu machen. Josef und Carl Klein planen auch ihr Glück. ...

Deutschland während der 30er Jahre. Junge Männer entfliehen der Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit und wandern in die USA aus, um dort ihr Glück zu machen. Josef und Carl Klein planen auch ihr Glück. Leider kann nur Josef in die USA einwandern, da Carl nach Verlust seines Auges sein Visum verliert.
Ulla Lenze schildert eindrucksvoll, wie es jungen und naiven deutschen Auswanderern in den USA ergangen ist.


Ein Thema, das wenig literarisch verarbeitet bzw. aufgearbeitet wurde.

Vor und während des 2. Weltkriegs bauen Schergen der NSDAP sozusagen eine deutschsozialistische Vereinigung in Amerika auf. Frau Lenze beschreibt die Agenten und Verführer, die naive junge Männer, die sich ein neues freies Leben aufbauen wollen, in die Fänge des deutschen Geheimdienstes in Amerika treiben.

Die Unbeholfenheit und Unwissenheit von Josef Klein, der unbemerkt durch sein Hobby und seine Leidenschaft zum Verräter wird, ist schon sehr bedrückend. Er ist beschämt und sich eigentlich keiner Schuld bewusst. Beim späteren Aufeinandertreffen mit seinem Bruder Carl und dessen kleiner Familie, kann er über die Geschehnisse und seine Schuld nicht sprechen. Er ist heimatlos und wird ein Getriebener bleiben.

Ich musste das Gelesene erst einmal sacken lassen, um die Zusammenhänge zu verstehen. Die verschieden Zeitebenen und die permanenten Zeitsprünge (vor und zurück) haben mir das Lesen und Verstehen nicht immer einfach gemacht. Vielleicht spiegelt diese puzzlehafte, verschachtelte Erzählweise aber auch die verworrene Lebensgeschichte von Josef wider.

Wie bereits gesagt, habe ich bis jetzt wenig über diese Zeit bzw. über diesen Schauplatz der Geschichte gelesen, aber die Ereignisse erscheinen mir glaubhaft und auch nachvollziehbar.

Dieser Roman ist sehr interessant und informativ für mich gewesen. Auch wenn er natürlich keine Dokumentation, sondern fiktiv ist, erscheint er durchaus glaubhaft und ist lesenswert.

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Veröffentlicht am 29.03.2020

Zwiespältig

1965 - Der erste Fall für Thomas Engel
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Es ist das Jahr 1965. Thomas Engel, Sohn eines Dorfpolizisten, will nach seinem Abitur unbedingt zur Kriminalpolizei nach Düsseldorf. Als naives Landei ohne politisches Interesse und Wissen lernt er gewissenhaft ...

Es ist das Jahr 1965. Thomas Engel, Sohn eines Dorfpolizisten, will nach seinem Abitur unbedingt zur Kriminalpolizei nach Düsseldorf. Als naives Landei ohne politisches Interesse und Wissen lernt er gewissenhaft seinen Prüfungsstoff um als Bester abzuschließen.

Im Kommissariat eckt er aber schnell bei seinen Kollegen an. Er ist überkorrekt, hat keine Ahnung von der Vergangenheit der Kommissare und ihren Seilschaften.

Als er die geschändete Leiche der kleinen Esperanza entdeckt, eskaliert die Stimmung im Kommissariat.


Ein guter Plot. Kriminalromane aus dieser Zeit existieren nicht viele. Ich finde auch, dass von der Polizeiarbeit dieser Zeit viel mehr erzählt werden sollte, aber die Umsetzung hat mir nicht ganz so gut gefallen.

Waren die jungen Leute, die nach ihrem Abitur Karriere bei der Polizei machen wollten, wirklich so naiv und wirklichkeitsfremd? Wenn nur drei Jahre später die 68er Unruhen stattfanden und selbst in diesem Roman „trau keinem über Dreißig“ zitiert wird, kann selbst ein solches Landei nicht so unbedarft sein.

1965 war ich zehn Jahre alt und ging zum Mädchengymnasium am ländlichen Niederrhein. Sicher, wir wurden angehalten Röcke, statt Hosen zu tragen und unsere langen wehenden Haare zu flechten. Aber wäre ich in dieser Zeit Abiturientin an unserer Kleinstädtischen Schule gewesen, wäre mein politisches und geschichtliches Wissen wesentlich umfangreicher gewesen als das von Thomas Engel.

Seine Naivität passt auch gar nicht zu seiner Berufswahl.

Einerseits ist er überkorrekt, scheut aber andererseits nach kurzer Zeit keine kleineren Vergehen, Autofahren unter Alkohol, Unzucht mit einer Minderjährigen, Diebstahl, Hausfriedensbruch.

Allzu häufig hilft ihm Kommissar Zufall bei Ermittlungen, die er mit seiner wenigen Berufserfahrung eigentlich gar nicht durchführen kann.
Die Verflechtungen und Seilschaften, die er letztendlich aufdeckt, erscheinen mir dagegen realistisch, aber wie er sie aufdeckt ist für mich nicht nachvollziehbar und deshalb unbefriedigend.

Bleibt zu hoffen, dass Thomas Engel in den folgenden Bänden eine realistische Entwicklung widerfahren wird und er somit glaubwürdiger wird.

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Veröffentlicht am 04.12.2019

Interessant, habe aber mehr erwartet

Alles, was wir sind
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Während der 50er und 60er Jahre entbrennt zwischen dem Osten und Westen der kalte Krieg. Es geht nicht nur um militärische Aufrüstung, sondern auch Worte und damit Bücher werden zu Waffen.
Boris Pasternak, ...

Während der 50er und 60er Jahre entbrennt zwischen dem Osten und Westen der kalte Krieg. Es geht nicht nur um militärische Aufrüstung, sondern auch Worte und damit Bücher werden zu Waffen.
Boris Pasternak, einer der bedeutendsten Literaten Russlands, schreibt bereits einige Jahre an seinem neuen Roman, Doktor Shiwago. Er beschreibt in seinem neuen Buch das wahre Leben in Russland und kritisiert die alte politische Führung des Landes. Um mehr über den Inhalt des noch nicht fertigen Buches zu erfahren wird Pasternaks Geliebte, Olga Iwinskaja, verhaftet.
Der Westen, die CIA, sieht in diesem Roman eine Waffe, die sie gegen das russische Regime einsetzen kann.
Ein Wettlauf um die Veröffentlichung und der Verbreitung beginnt.


Aufgrund der vielen positiven Rezensionen hatte ich mehr erwartet.

Erwartet hatte ich einen aufklärenden Roman. Warum wurde „Doktor Shiwago“ als regimekritisch eingestuft? Genau habe ich das nicht erfahren. Warum hat Boris Pasternak, der sehr begünstigt von der politischen Führung wurde, diesen Roman geschrieben? Wurde auch nicht genau begründet.

Olga Iwinskaja wurde genau beschrieben, ihr Leiden, ihr Leben an Pasternaks Seite und ihr Kampf um die Veröffentlichung.

Die junge Irina, vom CIA angeworben, und ihre Ausbilderin Agentin Sally werden ausführlich beschrieben. Das Leben und die Arbeit der Stenotypistinnen, die Arbeit und das Liebesleben von Irina und Sally werden ausführlich ausgelotet, was ich eher irritierend fand statt relevant für die Story.

Auf mich wirkte dieser Roman eher als Liebesroman drei starker Frauen. Von „Doktor Shiwago“ und Boris Pasternak habe ich zu wenig erfahren.

Ich muss leider zugeben, dass ich weder „Doktor Shiwago“ gelesen noch den Film gesehen habe, womit ich sicher nicht alleine bin.

Aber neugierig bin ich jetzt schon.

Veröffentlicht am 29.11.2019

Perfekt ist es nicht, aber großenteils spannend

Die perfekte Strafe
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Die unbekleidete Leiche einer jungen Frau wird in den Hügeln von Arthur's Seat, Edinburghs Hausberg, gefunden. Anfänglich wird ihr Tod als Unfall eingestuft, schiefgelaufenes Stelldichein, aber bald stellt ...

Die unbekleidete Leiche einer jungen Frau wird in den Hügeln von Arthur's Seat, Edinburghs Hausberg, gefunden. Anfänglich wird ihr Tod als Unfall eingestuft, schiefgelaufenes Stelldichein, aber bald stellt sich heraus, dass sie ermordet wurde.
Zu gleichen Zeit wird die Leiche von Chief Begbie in seinem Wagen aufgefunden, nachweislich Selbstmord. Chief Begbie war nicht nur Ava Turners Vorgesetzter, er war auch über viele Jahre ihr Förderer und Vorbild.
Als kurze Zeit später die Leiterin einer Wohltätigkeitsorganisation stirbt und wieder beim ersten Augenschein Selbstverschulden angenommen wird, aber nach kurzer Recherche wieder Mordverdacht eingeräumt wird, steht die Ermittlungsgruppe um Luc Callanach und Ava Turner vor einer kniffeligen Aufgabe, die sie an ihre Grenzen und darüber hinaus bringen wird.

Mit meinem etwas kritischen Titel möchte ich zum Ausdruck bringen, dass der Thriller wie auch seine beiden Vorgänger, meinem Eindruck nach, zwar im großen und ganzem unterhaltsam und spannend war, aber große Schwächen offenbarte.

In den ersten zwei Kapiteln geht es gleich um einen Mord und seine Entdeckung.
Die folgenden 140 Seiten sind mir aber für einen Thriller zu emotional mit zu viel Drama. Avas Probleme mit der Position der Vorgesetzten und dem vermeintlichen Selbstmord ihres Förderers im Polizeidienst, sowie Lucs Vergangenheitsbewältigung und problematischen Beziehung zu seiner Mutter sind der Dramen zu viel. Die Mordfälle, die ja anfänglich auch gar nicht als Mordfälle erkannt werden, treten zu sehr in den Hintergrund.

Die kopflose und unprofessionelle Ermittlung von der sonst so toughen Ava passt nicht ins Bild. Genauso wenig der blauäugige Einsatz von Luc und Lively gegen einen korrupten Chief Inspektor und der halben Edinburgher Unterwelt.

Letztendlich haben alle viel einstecken müssen. Die Guten haben überlebt, die Bösen sind getötet worden. Ein bisschen sehr einfach.

Einige Protagonisten und ihre Entwicklung gingen im Laufe der Geschichte völlig verloren.

Die großen emotionalen Dramen haben sich auch irgendwie im Laufe der Zeit verflüchtigt, ohne dass es beschrieben wurde.

Ich habe den Eindruck, dass nach der ersten Hälfte des Buchs plötzlich die Zeit drängte und es schnell zu Ende geschrieben wurde.

Schade, die Idee war gut, aber die Umsetzung ist dieses Mal nicht so gut gelungen. Ich denke, Frau Fields kann es besser.

  • Einzelne Kategorien
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  • Spannung
  • Geschichte
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  • Erzählstil
Veröffentlicht am 16.09.2019

Ich habe mehr erwartet

Die letzte Witwe
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Eine gewaltige Detonation reisen Will Trent, Spezial Agent und Sara Linton, Gerichtsmedizinerin, aus ihrer sonntäglichen Idylle auf dem Land. Aufs äußerste alarmiert sprinten sie sofort Richtung Unglücksort. ...

Eine gewaltige Detonation reisen Will Trent, Spezial Agent und Sara Linton, Gerichtsmedizinerin, aus ihrer sonntäglichen Idylle auf dem Land. Aufs äußerste alarmiert sprinten sie sofort Richtung Unglücksort. Auf halber Strecke werden sie von einem Verkehrsunfall mit mehreren Personenschäden aufgehalten. Als sie helfend eingreifen wollen, muss Will hilflos mit ansehen, wie Sara von den Unfallbeteiligten, einer mächtigen Neonazi-Gruppierung, entführt wird. Will selbst wird schwer verletzt, als er den Weg zurück für Sara freischießen will.
Warum wurde Sara entführt und was haben die Neonazis noch vor?


Mein erster Thriller von Karin Slaughter!

Ich muss zugeben, ich habe mehr erwartet. E-Books lese ich gerne abends im Bett, weil das wenige Licht des Readers meinen Mann nicht beim Schlafen stört. So manches Mal hat ein Thriller aber meinen Schlaf gestört und ich habe ganze Nächte hindurch gelesen. Das ist mir bei diesem Thriller nicht passiert.

Thema und Aufmachung waren zugegebenermaßen spannend, aber es hat mich nicht gepackt. Will war mir immer viel zu sehr in seiner Liebe zu Sara verstrickt. Diese Liebe fühlte sich, zu mindestens von seiner Seite aus betrachtet, fast unverdient an. Er war im Zweifel. Er war immer wieder kopflos. Er wollte nur mit dem Kopf durch die Wand.

Auch Sara war im Zweifel. Erst als sie fürchtete getötet zu werden, bekennt sie sich zu ihrer Liebe und hätte Will auf der Stelle geheiratet.

So schlimm das Verhalten der Neonazis war und vor allem wie brutal ihre Pläne auch waren, die Liebe und Verzweiflung von Sara und Will standen irgendwie immer im Vordergrund.

Das hat für mich der Sache immer wieder die Spannung und Elektrizität genommen.

Ich weiß nicht, ob ich mehr aus dieser Serie lesen möchte.