Pariser Flair gepaart mit stilvoller Ermittlungsarbeit
Paris, kurz vor dem Ausbruch von Corona: Wie jedes Jahr wird das beste Pariser Baguette ausgezeichnet. Ein Preis der mit viel Prestige verbunden ist, aber auch mit der Belieferung des Elysée Palastes und ...
Paris, kurz vor dem Ausbruch von Corona: Wie jedes Jahr wird das beste Pariser Baguette ausgezeichnet. Ein Preis der mit viel Prestige verbunden ist, aber auch mit der Belieferung des Elysée Palastes und Einladungen zu Empfängen dort, während der nächsten 365 Tage. Natürlich ist es für die jeweilige Bäckerei die beste Werbung und eine Garantie für steigende Umsätze. Es ist daher eine Sensation, das erstmalig mit Maurice Lefèvre ein Bäcker zwei Jahre in Folge diese Auszeichnung gewinnt! Doch am Morgen nach der Prämierung liegt er von einem Brotschieber erschlagen in der Backstube im 6. Arrondissement. Wer könnte ein Interesse an seinem Tod haben? Commissaire Lacroix ermittelt und staunt nicht schlecht über das Bild, das sich Stück für Stück vor ihm zusammensetzt. Selbst Yvonne, die Inhaberin seines Stammcafés und quasi seine heimliche Telefonzentrale, weiß ihren Teil beizutragen und über Veränderungen des Bäckers seit seinem ersten Sieg zu berichten. Ein Verdacht drängt sich auf, doch wie ist das möglich?
Dies ist der zweite Fall für den Genießer und Fortschrittsmuffel Lacroix. Er liebt es zu Fuß durch seine geliebte Stadt unterwegs zu sein und nachdenkend ihre Schönheit zu genießen, statt in der muffigen Metro zu sitzen. Sollte er es mal ganz eilig haben, bittet er jemanden seine Mitarbeiterin Rio anzurufen, die ihn mit ihrem riskanten Fahrstil in Windeseile überall hinbringt. Ja, er mag keine Handys und verweigert sich ihnen, weshalb in seinem Lieblingscafé bei Yvonne immer wieder Nachrichten für ihn hinterlassen werden oder eben im Kommissariat. Diese Schrulle ist sehr liebenswert und entschleunigend, wenn es auch seine Mitmenschen bisweilen an den Rand des Wahnsinns treibt. Seine Frau als Stadtteilbürgermeisterin hat es da mit ihrer zuverlässigen Assistentin Véronique deutlich einfacher. Auch wenn Lacroix Schrullen hat, ist er dennoch nicht schrullig oder skurril wie Monk, sondern einfach eigen und weiß genau, was er will. Man dringt tief ein in die Welt der Hauptstadtbäcker und ihre Sorgen. Es wird die Frage aufgeworfen, wie denn solch eine Wahl manipuliert werden kann, denn eigentlich ist es ja unmöglich, dass der gleiche Bäcker zweimal hintereinander gewinnt. Das gab es immerhin noch nie!
Da Reisen zur Zeit nicht möglich sind, ist es umso schöner mit Lacroix zu Fuß oder dem Bus die Stadt der Liebe zu erkunden. Seine Ermittlungen beschränken sich dabei auch nicht nur auf sein Quartier, sondern führen ihn kreuz und quer durch die Stadt, wobei man auch an die Ruinen von Notre-Dame kommt. Es ist also wirklich ziemlich aktuell und spielt eigentlich diesen März, aber die Ausgangssperren hatte der Autor nicht vorhersehen können. Es werden aber auch kritische Themen angesprochen. So dass die Franzosen zwar super stolz auf ihre franzöischen Gebäckspezialitäten sind, aber dennoch immer häufiger ihre Backwaren im Supermarkt statt in der Boulangerie um die Ecke kaufen, wodurch es zu einem Bäckereisterben kommt. Dabei gibt es sogar ein Gesetz, dass festlegt, wieviele Bäckereien je Viertel selbst in den Sommermonaten, wenn die Stadt ziemlich verwaist ist, offen bleiben müssen. Dies zu erfüllen, dürfte dem Handwerk von Jahr zu Jahr schwerer fallen. Solche kleinen Details finde ich wirklich interessant und zeichnen diese Reihe auch aus. Hinzu kommen all die Personen rund um Lacroix, die man nun wohl von Band zu Band wieder erwarten und immer besser kennenlernen darf. Das macht die Reihe persönlicher. Lacroix wird immer wieder von den Zeitungen und seinen Mitarbeitern mit Maigret verglichen, auch weil er etwas aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Er ist ein bon-vivant, ein Freund guten Essens und auch geistiger Genüsse, seiner Frau Dominique jedoch in Treue verbunden. Daher eignet sich diese Krimiserie wirklich gut, als Unterhaltung in der Küche. Es wird soviel gegessen und getrunken, dass man gleich Lust bekommt etwas auszuprobieren. Da immer wieder kleine Hinweise versteckt sind, muss man gut zuhören und auch wenn es sich um einen klassischen Krimi handelt, ohne blutrünstige Szenen oder nervenaufreibenden Verfolgungsjagden eignet sich das Hörbuch wenig als Gute-Nacht-Geschichte. Es würden einem zu viele Details entgehen, die man zum Mitknobeln benötigt. Es ist also einerseits entschleunigt, andererseits feinsinnig und gespickt mit nicht zu vernachlässigenden Details, rund um den Fall und die Stadt.
Man merkt der Geschichte an, daß der Autor Paris wirklich kennt, immerhin wurde er dort geboren und unterhält dort immer noch ein kleines Mansardenzimmer, in das es ihn so oft wie möglich zieht. Dass er seine Lacroix Krimis in den Pariser Bistros schreibt, spürt man deutlich an der Atmosphäre.
Felix von Manteuffel ist eine sehr treffende Wahl. Er klingt wie Lacroix: gesetzt, in sich ruhend und kultiviert. Dennoch gelingt es ihm spielerisch auch die Charaktere der übrigen Rollen einzufangen und lebendig wiederzugeben. Seine tiefe Stimme ist sehr angenehm und gut verständlich.