Zitate:
„Als Leon in die Pathologie wechselte, wurde alles anders. Keine Lügen mehr, kein Leid und keine zerbrochenen Hoffnungen. Die Toten sagen immer die Wahrheit. In dieser Abteilung herrschte absolute Harmonie. Seine Patienten warteten geduldig und ohne Jammern auf ihren letzten Termin. Und er konnte sich ganz darauf konzentrieren, welche Geheimnisse sie ihm verrieten . Seite 60/61
Charaktere:
Der passionierte Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter ist ein Mann, der einerseits ganz menschliche Schwächen (z.B. Flugangst) aufweist, was ihn sehr sympathisch macht, aber andererseits alles daran setzt, seine "Patienten" Gerechtigkeit erfahren zu lassen. Er ist sehr empathisch, sowohl den Lebenden als auch den Toten gegenüber, was ihn Respektlosigkeiten nur schwer erdulden lässt. Den Job in der Provence hat er nur angenommen um seiner Trauer und den Sorgen seines Umfelds um ihn -auf Grund des Verlustes seiner Frau-, zu entfliehen. Ob dies jedoch die Lösung für ihn darstellt, wird sich vermutlich erst noch zeigen müssen.
Die stellvertretende Polizeichefin Isabelle Morell, hat es auf ihrem Posten nicht leicht. Zumal sich einige ihrer männlichen Kollegen wegen ihrer Beförderung auf den Schlips getreten fühlen. Dennoch ist sie mehr als stolz, rein durch ihren starken Wille und ihre Ausdauer so weit gekommen zu sein. Doch auch bei ihr läuft nicht alles glatt, denn zusätzlich zu den verkorksten Kollegen auf ihrer Dienststelle, strapaziert ebenso ihre pubertierende Tochter ihre Nerven.
Meinung:
Bereits im Prolog zeichnet Remy Eyssen uns ein extrem schauriges, beklemmendes Bild. Er beschreibt die Eindrücke und Ängste eines Mädchens, dass vermutlich betäubt wurde und gerade verschleppt wird. Wir erfahren ihre Ängste, Emotionen aber auch ihre Erinnerung daran, wie sie sich eigentlich Fremden gegenüber hätte verhalten sollen...
Tödlicher Lavendel ist das erste Buch des Autors, und ich war stellenweise echt überrascht, wie leichtgängig ihm sehr gute Details von der Hand gingen.
Zum einen wartet er mit regelmäßigen Perspektivenwechseln auf, so wissen wir immer, wie es bei Leon, Isabelle, aber auch den Opfern gerade aussieht. Das verleiht der ganzen Story eine relative gute Grundspannung.
Zum anderen weisen die Kapitel eine wirklich knackige Länge auf. Man ist immer versucht, noch eins und noch eins zu lesen ;)
Mein persönliches Highlight sind falsche Fährten und stellenweise recht unerwartete Wendungen, die uns im letzten Drittel des Buches beglücken, sowie Minicliffhanger an den Kapitelenden.
Auch der Schreibstil als Solches ist flüssig und sehr bildhaft, was die gesamte Atmosphäre verdeutlicht und uns die Provence nahezu vor Augen sehen lässt.
Leider sind wir damit auch schon bei meinem ersten Kritikpunkt angelangt. Stellenweise hat es der Autor damit für mein Empfinden etwas ZU gut gemeint, was zu Wiederholungen und kleinen Längen in manchen Umgebungsbeschreibungen geführt hat. Nichts tragisches letztendlich, aber einige Beschreibungen habe ich ab der Hälfte des Buches dann nur noch quergelesen ;)
Was mir aufgefallen ist, ist dass der provencialische Lebensstil -das von ihm bereits erwähnte Laissez-faire-, so ausgeprägt ist, dass einige der anderen Personen (Polizei, Bürgermeister) recht tölpelhaft, uneinsichtig und somit stellenweise nahezu dümmlich anmuten. Ich könnte mir vorstellen, dass sich da der ein oder andere daran stören mag ;)
Das Erstlingswerk Tödlicher Lavendel ist ein interessanter Krimi mit guter Grundidee und tollen stilistischen Mitteln! Leider war für mich das Ende zu absehbar und vor allem zu schnell