Von Vornherein möchte ich sagen, dass ich es sehr gut finde, wie spoilerfrei die Buchcommunity dieses Buch gehandhabt hat. Ich habe weder auf Bookstagram noch sonst irgendwo mitbekommen, dass jemand aus Versehen gespoilert wurde, deshalb gebe ich natürlich bei dieser Rezension mein Bestes, damit ich auch nicht spoilere.
Inhalt:
Wer das Buch gelesen hat, wird sehen, wie schwer es ist, hierbei nicht zu spoilern. Julian habt ein sehr großes Geheimnis, auf das sich die Spannung des ganzen Buches aufbaut. Leider hatte ich noch vor der hundertsten Seite eine Vermutung, was das sein könnte und dadurch hat sich das Buch sehr gezogen. Aufgelöst wurde nämlich erst gegen Ende des Buchs und das auch noch viel zu kurz, während zwischendrin gefühlt kaum etwas passiert.
Das ist ein weiterer Kritikpunkt: Ich mochte es nicht, dass genau diese eine Sache die Spannung des gesamten Buchs ausgemacht hat. Klar verstehe ich, das Julian sein Geheimnis bewahren wollte, aber das Buch bauscht dieses Geheimnis meiner Meinung nach noch weiter auf. Ich hätte es gut gefunden stattdessen noch mehr darüber zu lesen, wie Micahs und Julians Verhältnis ist, nachdem es rauskommt. Ich bin nicht komplett unerfahren mit diesem Thema, auch wenn es mich persönlich nicht betrifft, aber trotzdem hätte ich an Micahs Stelle eine Millionen Fragen an Julian gehabt. Außerdem hätte ich mich gefreut, wenn auf „das Thema“ insgesamt noch mehr bzw. anders eingegangen wäre. Allerdings finde ich, dass die Autorin als nicht Betroffene trotzdem sehr authentisch darüber geschrieben und nichts falsch oder übertrieben dargestellt hat.
Übrigens hat Laura Kneidl selbst bei einer Lesung gesagt, dass das Buch nicht über „das Thema“ sein soll, sondern einfach nur ein Buch ist, in dem das Thema vorkommt. Das erklärt zwar ein bisschen, warum nicht noch weiter darauf eingegangen wurde, allerdings widerspricht es sich extrem damit, dass es der Wendepunkt ist, auf dem sich das ganze Buch aufbaut.
Schreibstil:
Laura Kneidl ist nicht grundlos meine Lieblingsautorin. Ich liebe ihren Schreibstil einfach und er geht runter wie Öl. Obwohl sich das Buch meiner Meinung nach in der Mitte ziemlich gezogen hat, war es flüssig und angenehm zu lesen.
Charaktere:
Das Erste, was mir aufgefallen ist, ist, dass Laura Kneidl irgendwie zu versuchen scheint, so viele Diversitäten in ein Buch zu packen. Es gibt einen schwulen Bruder, eine muslimische Freundin, einen schwarzen Mitbewohner und eine Teenieschwangerschaft. Auch das Thema Übergewicht wurde nicht ausgelassen. Nur noch Mental Health Probleme fehlen auf ihrer Checkliste.
Die Protagonistin Micah wirkt auf mich ein bisschen unsympathisch. Sie ist das Bild einer verwöhnten kleinen Göre (sorry, dass das jetzt so drastisch formuliert ist), die sich bei allem auf ihre Eltern verlässt. Ohne die finanzielle Unterstützung ihrer Familie wäre sie ziemlich aufgeschmissen. Und auch wenn sie sich kleineren rebellischen Aktionen widmet, macht sie eigentlich immer nur das, was ihren Eltern in den Kram passt. Da hätte Sage aus „Berühre mich. Nicht.“ etwas mehr abfärben können.
Julian mag ich sehr, sehr gerne und ich kann auch verstehen, dass er sein Geheimnis für sich behält, schließlich hat er schlechte Erfahrungen gemacht. Allerdings hätte ich mir schon gewünscht, dass er Micah etwas mehr vertraut.
Aliza ist für mich als Charakter etwas flach geblieben. Alles was man so wirklich über sie erfährt, ist dass sie Muslima ist und einen recht erfolgreichen Foodblog betreibt. Da hätte ich mir etwas mehr gewünscht, sonst hätte man sie aus dem Buch genauso gut raus lassen können, aber Someone New ist ja zum Glück nicht das Letzte, was wir von ihr gehört haben...
Sie hat auf jeden Fall das Potential ein interessanter Charakter zu werden.
Auri und Cassie sind ein super süßes Pärchen (oder eben noch nicht ganz). Bei den Beiden fand ich es sehr interessant, dass eine Beziehung zwischen einer Weißen und jemanden mit anderer ethnischen Herkunft (das bezieht sich meiner Meinung nach auch auf Asiaten, etc.) noch immer so ein Thema zu sein scheint. Ich habe mir da bisher nie Gedanken drüber gemacht, aber sehe sehr wohl ein, dass das für viele noch immer zu Problemen oder blöden Blicken führt. Erst Recht in den USA, wo dieses Buch ja spielt. Sehr, sehr schade wenn ihr mich fragt, denn die beiden wären ein tolles Pärchen. Deshalb freue ich mich schon sehr auf die Entwicklung in Someone Else, in dem die beiden die Hauptpersonen sein werden.
Micahs Bruder Adrien war ein Rätsel für mich. Ich kann absolut verstehen, dass er den Kontakt zu seiner Familie abbricht, wenn die so offensichtlich homophob sind, aber dass er auch seine Schwester einfach so ignoriert finde ich grausam. Sie macht sich Sorgen und schreibt ihm immer und immer wieder und er ignoriert sie trotzdem weiter absichtlich! Und das obwohl sie angeblich eine so gute Beziehung zueinander hatten. Kein Wunder, dass Micah an sich zweifelt und auch verzweifelt.
Zu guter Letzt: Lilly. Sie war mir überaus sympathisch. Ich liebe es wie sehr sie sich für ihre Familie aufopfert und einfach alles für ihren Sohn Lincoln und auch für Tanner tut. Schade jedoch, dass sie so an sich zweifelt. Ich kann es sehr gut nachvollziehen, wie unwohl sie sich in ihrem Körper fühlt, aber dass sie so an Tanner zweifelt hat mein Herz sehr bluten lassen. Man sieht, dass er sie über alles liebt. Und sie hat trotzdem Angst, dass er sie verlässt, nur weil er etwas weiter weg wohnt. Und weil sie, ihrer Meinung nach zu dick ist. Unter anderem deshalb versucht sie ins Fitnesstudio zu gehen, während sie parallel ihren Schulabschluss macht. Klingt noch gar nicht so extrem, aber wenn man dann mitkriegt, dass sie sich nicht traut etwas Bestimmtes zu Essen, dann finde ich das schon sehr krass. Gut dargestellt aber trotzdem extrem. Lilly tut mir tatsächlich ein bisschen Leid, und das obwohl sie so einen tollen Freund und Sohn hat.
Cover:
Das Cover finde ich wunderschön. Sonderlich viel mehr muss man da meiner Meinung auch gar nicht zu sagen, allein wegen dem Cover ist das Buch den Kauf wert gewesen. Die Farbgebung gefällt mir extrem gut und auch die Zeichnungen in der Special Edition finde ich großartig.
Fazit:
Insgesamt finde ich es sehr gut, dass in einem Mainstream-Buch (wie ich es liebevoll nenne) über ein solches Thema geschrieben wird, da man da sonst eher selten von liest. Allerdings zieht sich das Buch meiner Meinung nach etwas und hat sowohl da, als auch bei den Charakteren seine Schwächen. Dennoch werde ich die beiden weiteren Bände mit Freude lesen und hoffe, dass die wieder so gut werden, wie ich es von Laura Kneidl gewohnt bin.
Insgesamt gebe ich dem Buch 3 von 5 Sternen.
Wenn ihr Lust habt Euch mit mir zu dem Buch oder andere auszutauschen, dann schreibt mir gerne auch bei Instagram.