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Veröffentlicht am 21.05.2020

Ein Muss für jede Kindheit

Der Räuber Hotzenplotz - Hörspiele 1: Der Räuber Hotzenplotz - Das Hörspiel
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Großmutter hat Geburtstag und Seppel und Kasperl haben sich etwas ganz Besonderes für sie ausgedacht: eine Kaffeemühle, die beim Mahlen „Hänschen klein!“ spielt, damit die Arbeit mehr Freude bereitet! ...

Großmutter hat Geburtstag und Seppel und Kasperl haben sich etwas ganz Besonderes für sie ausgedacht: eine Kaffeemühle, die beim Mahlen „Hänschen klein!“ spielt, damit die Arbeit mehr Freude bereitet! Ihre ganz eigene Erfindung! Großmutter ist überglücklich und möchte gleich noch einen Pflaumenkuchen zum leckeren Kaffee backen. Drum schickt sie die Jungs zum Einkaufen, während sie die Bohnen mahlt. Von der Melodie angelockt, erscheint der finstere Räuber Hotzenplotz, mit seinem Säbel, den sieben Messern und der Pfefferpistole und raubt der Großmutter ihr liebstes Geschenk! Das können die zwei Jungs nicht zulassen und so begeben sie sich in den dunklen Wald auf der Suche nach der Räuberhöhle, um die Kaffeemühle zurück zu holen. Doch der Räuber Hotzenplotz ist mit allen Wassern gewaschen und nimmt die zwei gefangen!

Dieser Klassiker von Otfried Preußler ist für mich eine Kindheitserinnerung, von der bei Oma und Opa noch die Schallplatten liegen, deshalb hatte ich Lust diese Geschichte ab 5 Jahren, nochmal zu hören! Erstaunlicherweise rief gleich meine Jüngste (10) als sie das Hörspiel sah, daß sie es hören wolle, an einem Stück! Das wäre im Kindergarten und in der Grundschule immer so lustig gewesen! Irgendwie süß, wenn auch Kinder in Kindheitserinnerungen schwelgen. Zu meiner Zeit gab es im Kindergarten noch solche Handmühlen, allerdings ohne Musik. Inzwischen gibt es so etwas nicht mehr in den Kindergärten, aber die Kinder wissen dennoch was es ist, immerhin gibt es ja auch ein Bild von der Großmutter, die auf der Bank sitzt und eifrig kurbelt, während der Räuber Hotzenplotz auftaucht!

Wie heutige Bösewichte ist Hotzenplotz bis an die Zähne bewaffnet, aber seine Pistole schießt mit Pfeffer! Dennoch ist er nicht weniger furchteinflößend. Kasperl und Seppel sind aber immerhin zu zweit, mutig und einfallsreich, auch wenn sie dem Räuber versuchen das Gegenteil weis zu machen. So ist das Abenteuer sehr spannend, aber ohne je zu brutal für die Zielgruppe ab 5 Jahren zu sein, Da es später noch absolut märchenhaft magisch wird, können Kinder gut unterscheiden, dass dies „nur“ eine Geschichte ist und sie derartiges nicht zu befürchten haben.

Der Klassiker wurde hier sanft modernisiert, wobei einige Begriffe einfach nicht getauscht werden können, wie die Kaffeemühle oder das Spritzenhaus. Das ist aber nicht schlimm, denn alle Eltern kennen die Geschichte ja und können den Kindern erklären was es ist (ich wußte im Kindergarten auch nicht, was ein Spritzenhaus ist, habe es aber nie wieder vergessen, weil ich es so lustig fand, die Verbrecher bei der Feuerwehr einzusperren). Die Geschichte hat seinen Reiz bis heute nicht verloren, mit seiner Mischung aus Abenteuer, Schelmengeschichte und Magie, denn immerhin tauchen ja später noch die schöne Fee Amaryllis und der böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann auf.

Diese Neuinszenierung ist sehr liebevoll gestaltet mit Illustrationen und Zitaten aus dem Buch und mit herausragenden Sprechern besetzt. Erzählt wird von Felix von Manteuffel, der mit seiner tiefen Stimme perfekt als Erzähler passt und daher sehr gut herauszuhören ist. Charly Hübner scheint als böser Räuber Hotzenplotz mindestens so viel Spaß als Bösewicht zu haben, wie der ???-Klassiker Jens Wawrczeck (2. Detektiv Peter Shaw) als gemeiner Zauberer Petrosilius Zwackelmann. Tim Kreuner (Kasperl) und Julian (Greis) beweisen viel Witz, Esprit und Spielfreude, klingen aber mit ihren jungen, männlichen Stimmen doch recht ähnlich, so dass man beim Zuhören bisweilen überlegen muss, wer gerade spricht. Den Geist Otfried Preußlers treffen sie jedoch auf den Punkt. Hedi Kriegesgotte klingt nach der herzensguten Großmutter, die sich furchtbare Sorgen, um die zwei Jungs macht und die man gerne auf ein Stück Pflaumenkuchen mit Kaffee treffen würde. Ilka Teichmüller gelingt mühelos die Verwandlung von der mit Warzen übersäten Unke zur wunderschönen guten Fee. Die lebendige Geräuschkulisse verstärkt den Eindruck sich im Theater zu befinden.

Ein Fest für die Ohren, egal ob aus Gründen der Nostalgie oder zum Kennenlernen! Gehört für mich in jede glückliche Kindheit.

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Veröffentlicht am 16.05.2020

Mein Hörhighlight geht weiter!

Die Schwestern vom Ku’damm. Wunderbare Zeiten
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In diesem Band der Thalheim-Triologie steht nun die schöne, lebenslustige Silvie mit der betörenden Stimme im Mittelpunkt der Fortsetzung, die mit dem einsetzenden Wirtschaftsaufschwung 1952 beginnt. Silvie ...

In diesem Band der Thalheim-Triologie steht nun die schöne, lebenslustige Silvie mit der betörenden Stimme im Mittelpunkt der Fortsetzung, die mit dem einsetzenden Wirtschaftsaufschwung 1952 beginnt. Silvie ist entschlossen, das Leben zu tanzen und ist der Meinung, dass die Zeit reif wäre für wunderbare Zeiten. Immerhin ist ihr Zwillingsbruder Oscar nach 10 Jahren endlich wieder zu Hause! Doch Oscar hat mehr als nur vier Zehen verloren. Ihm fehlt der Glaube an sich und das Leben. Er versucht sich zu spüren, indem er Grenzen austestet und dabei gefährlich weit geht. Rike, die Vernünftige, wird in ihrer Verantwortung immer weiter eingeschränkt und muss zusehen, wie Oscar ihren Lebenstraum gefährdet. Friedrich ist glücklich, dass endlich sein Stammhalter wieder zurück ist und verschließt seine Augen vor der Realität. Rike habe nun Kinder, da ist es wichtig, dass Oscar mehr in die Führung eingebunden wird. Doch der Sohn wünscht das nicht und gerade Rikes Tochter Anna gerät dadurch in Gefahr. Silvie die mittlerweile beim Rias sehr erfolgreich als Redakteurin und Moderatorin arbeitet, muss zu Annas Schutz eingreifen, obwohl sie selbst von ihrem Ziel, „Ein Mann, Ein Haus, Ein Kind“ meilenweit entfernt ist. Nesthäkchen Flori spürt die Veränderungen in der Stadt, deren Teilung immer rigoser wird und scheint ihren Eltern immer mehr zu entgleiten. Dafür kommt Miri auf Bitten von Rike zurück aus Israel. Ein Segen für alle Familienmitglieder.

In den 50ern erblüht die Bundesrepublik zu neuem Wohlstand, doch Berlin ist durch seine Insellage inmitten der DDR etwas außen vor. Im Ostteil gibt es immer noch Lebensmittelmarken, auch 10 Jahre nach Kriegsende noch. Das macht die Arbeit im westlichen Stadtteil für die Frauen aus dem Osten sehr attraktiv. Doch durch einen Staatsvertrag dürfen die Thalheims diesen Mitarbeiterinnen nicht den gleichen Lohn zahlen und schon gar nicht komplett in DM. Auch andere Besonderheiten der geteilten Stadt treten immer deutlicher hervor. Da der Bruder des Patriarchen Onkel Karl und seine geschiedene Ehefrau Lydia, noch immer im Osten leben, bekommen die Thalheims das unmittelbar mit. Karl lebt aus Überzeugung im Osten, weil er an den Arbeiter- und Bauernstaat glaubt, auch wenn er immer stärker, dessen von Menschenhand eingeführten Fehler und Gefahren sieht und versteht. Lydia ist mit einem Pastoren verheiratet, der seine Gemeinde in Zeiten der Not nicht verlassen will. Obwohl dessen Töchter hervorragende Schülerinnen sind, werden ihre Leistungen nicht angemessen honoriert, da sie die Repressalien gegen die Kirche zu spüren bekommen. Im Laufe dieses Bandes bekommt man deutlich zu spüren, wie die Durchlässigkeit zwischen den Berliner Stadtteilen immer weiter eingeschränkt wird und gegen Ende auch die Teilnahme an Familienfesten immer schwieriger. Eingebunden in die Handlung erlebt man als Hörer diese langsamen, aber stetigen Veränderungen ganz deutlich und gefühlt hautnah mit. Etwas unheimlich, wenn man weiß was da noch auf die Berliner zukommen wird, aber immerhin kennt man im Jahre 2019/2020 auch das Ende der Teilung.

Nach dem Tod ihres älteren, intellektuellen, verheirateten Geliebten im Gefängnis der DDR ist Silvie am Boden zerstört und glaubt nicht mehr an die Liebe, bis sie den jüngeren, lebenshungrigen Schauspieler Wanja kennen lernt. Bis auf Oscar, Flori und Miri trifft Wanja bei den Thalheims auf Ablehnung. Doch ist er der Richtige für Silvies Lebenstraum?

Silvie ist die lebenslustige, sinnliche Thalheim-Schwester und doch auch in den Träumen ihrer Generation von einer heilen Familie gefangen. Obwohl das Familienkaufhaus nicht ihr Leben darstellt, fühlt sie sich doch auch immer wieder für dessen Zukunft mitverantwortlich und lässt sich einbinden, jedoch ohne ihrer eigenen Karriere bei Rundfunk gänzlich den Rücken zu zukehren. Dadurch lernt man über ihre Arbeit auch interessante Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Kultur und sogar Willi Brandt kennen. Immer wieder wird das Zeitgeschehen unmittelbar mit dem Schicksal der Familie verbunden. Allerdings treten auch die Sünden der Väter inzwischen deutlich zu Tage. Friedrich hält an seinem Weg und seinen Ansichten fest, doch ein ehemals Vertrauter hat beschlossen sich an der Familie zu rächen und fordert einen immer höheren Preis. Er scheint nie genug zu bekommen. Ausgerechnet die von allen als flatterhaft belächelte Silvie kann ihren kühlen Kopf beweisen, sie die das Leben spürt, die Emotion statt Vernunft zu sein scheint, erspürt das Notwendige und zögert nicht es umzusetzen.

Silvie mochte ich schon im ersten Band sehr gerne, in dem sie schon eine starke Präsenz zeigte. Rike tritt nun zurück und Claire scheint kaum noch vorhanden. Ausgerechnet die ungeliebte Tante Lydia macht mehr von sich reden und zeigt ihre menschlichen Seiten und auch Reue, auch wenn sie nicht aus ihrer Haut kann.

Es gibt sehr persönliche Momente des Glücks und der Verzweiflung, die wie im echten Leben aufeinander folgen, Spannung und Gefühl aufbauen, ohne gehetzt zu wirken oder träge dahinzuplätschern. Das Tempo empfinde ich als genau richtig! Die Erzählweise ist einnehmend und fesselnd. Wie auch der erste Band konnte mich diese Fortsetzung voll für sich einnehmen und begeistern.

Allerdings hat sich mein Eindruck bestätigt, dass ich lieber Anna Thalbach als Silvie Thalheim gehört hätte und Stefanie Stappenbeck als Rike. Es sind beide von mir sehr geschätzte Schauspielerinnen, die ich vielleicht auch in dieser Kombination in einer Verfilmung besetzt hätte, stimmlich, wäre es mir aber andersherum lieber gewesen. Anna Thalbach hat einfach dieses Timbre, diesen Schmelz und diese Kratzigkeit in der Stimme, die sie unverwechselbar macht, die polarisiert. So habe ich mir Silvies Stimme vorgestellt, mit der sie am Mikro fesselt, egal ob sie singt, oder interviewt. Stefanie Stappenbeck hat eine schöne, angenehme und sehr weibliche Stimme. Die Berliner Schnauze liegt ihr, aber die Verführung durch nur ein Wort weniger und Silvie ist immerhin die, deren Sendung „Stimmen“ heißt. Sie spricht absolut lebendig, gibt ihren Helden Persönlichkeit und konnte mich auch wirklich an die Geschichte fesseln. Wie gesagt, es ist nur das Problem, dass ich die Sprecherinnen jeweils als die Traumbesetzung der jeweils anderen Schwester empfinde, ohne, dass es ihre Leistung schmälert. Anna Fischer als Flori kann ich mir allerdings sehr gut vorstellen und vielleicht wird Miri auch noch ein Prequel vergönnt? Eine wunderbare Reihe, die mit der Geschichte des Nesthäkchens Flori, der Künstlerin inzwischen schon fortgesetzt ist. Ich freue mich schon total darauf!

Ein echtes Hörhighlight, das wieder unerwartete Wendungen bietet und mit einem Paukenschlag endet! Skandal oder Glück in den noch recht biederen 50er Jahren? Das bleibt abzuwarten und wird sich im nächsten Band „Tage der Hoffnung“ zeigen.

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Herrlich anders!

Anna & Anto
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Anna und Anto (14) sind Zwillinge aber alles andere, als ein Herz und eine Seele! Dabei ist Anto in Annas beste Freundin verknallt, die ihn aber nur doof findet und Anna wünscht sich sehnlichst, mal mehr ...

Anna und Anto (14) sind Zwillinge aber alles andere, als ein Herz und eine Seele! Dabei ist Anto in Annas beste Freundin verknallt, die ihn aber nur doof findet und Anna wünscht sich sehnlichst, mal mehr Zeit mit Maxim, Antos bestem Freund zu verbringen! Tja, wenn Wünsche wahr werden! Gerade in der Projektwoche, als Anto und Maxim ein Team bilden und Anna und Mia, werden ihre Körper getauscht. Kaum zu glauben, Anna denkt es wäre ein Traum und quatscht sich fast schon in die Geschlossene... Als Anto das Dilemma bemerkt, ergeht es ihm nicht viel besser. Zu ihrer völligen Verblüffung scheinen selbst ihre Eltern und ihre besten Freunde, nicht groß was zu bemerken. Oder ja, die Eltern bemerken es schon, aber es gibt ja eine einfache Erklärung: Pubertät!

Schon der Einstieg ist bewusst verwirrend und wenn man merkt, dass Gerlis Zillgens einen gefoppt hat, dann hat man schon nach 2 Seiten ein dickes Grinsen im Gesicht! Und so langsam lernt man die Schulklasse der Protagonisten kennen. Anna und ihre beste Freundin Mia und Anto und seinen Kumpel Maxim. Eigentlich steht Anto auf Mia, aber die so gar nicht auf ihn. Bei der heftigen Reaktion ihrer Freundin, mag Anna auch nur Mia, ihrem Tagebuch und ihrer Oma ihre heimlichen Gefühle für Maxim eingestehen! Dass die Kinder der Familie Anders Zwillinge sind und sich früher tatsächlich ähnlich sahen, ist heute wirklich kaum zu glauben! Anna ist Vegetarierin und Anto Junkfood- und Fleischfan! Klar ändert sich das auch nicht, nur weil sie im Körper des jeweils anderen stecken. Ganz schön unheimlich, wenn man im Körper des unbekannten „Feindes“ steckt und so ganz trauen sich die beiden auch nich,t die sich ihnen bietenden Möglichkeiten auszuprobieren. Was wenn der andere es später doch herausbekommen würde, was man mit dem neuen Körper angestellt hat? Keine Sorge, das Alter der Zielgruppe wird nie aus dem Blick verloren.

Die Zwillinge sind echte Teens der heutigen Zeit. Herrlich authentisch beschrieben, in Mimik, Gestik, Sprache und Verhalten und nicht unbedingt so, wie wir uns unseren Nachwuchs wünschen, oder deren Lehrer. Das empfinde ich als große Stärke auch, um die Akzeptanz der angesprochenen Themen für die erklärte Leserschaft ab 11 Jahren zu erreichen. Auch, dass die Eltern liebevoll ihr Fett wegbekommen ist einfach herrlich. Sie sind ebenfalls absolut treffend beobachtet! Neben der Situationskomik und den augenzwinkernden Beobachtungen, haben mir besonders die bewussten Leserverwirrungen gefallen. Die Autorin spielt sprachlich mit den Erwartungen der Leser, nur um ihnen zu zeigen, dass es doch auch ganz anders kommen kann, als man es so gewohnt ist, oder.... Da habe ich mich doch gerne aufs Glatteis führen lassen und über mich selbst gegrinst! Dieses Stilmittel verwendet sie nämlich nicht nur zu Beginn, aber ich will ja die Überraschung nicht nehmen. Mit viel Fingerspitzengefühl und Menschenliebe beschreibt Gerlis Zillgens die Charaktere in ihrer Geschichte. Richtig ans Herz gewachsen ist mir dabei die exzentrische Oma, die in dem Chaos irgendwie ihre Finger im Spiel hat... Eine wirklich außergewöhnliche Persönlichkeit!

Ich habe das Buch als erstes gelesen, um zu schauen, ob ich es mit beiden Kindern gemeinsam lesen kann, gegen den Coronablues, weil meine Jüngste eben noch nicht ganz 11 Jahre alt ist. Dabei habe ich feststellen müssen, dass das Cover Mädchen magisch anzog. Ich musste lange und ausführlich Erklärungen zur Illustration geben und wurde dann vor die Wahl gestellt, entweder ich lese das Buch vor oder sie lesen es selbst! Nein meiner siebenjährigen Nachbarin wollte ich das Buch nicht geben! Cover hin oder her!

Einfach herrlich! Muss man lesen!

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Veröffentlicht am 12.05.2020

Die Magie der Liebe und der Musik

Der Hund, der sein Bellen verlor
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Ein kleiner Hund wird geboren und von dem unfreundlichen Verkäufer an ein Ehepaar verkauft, dass den Hund seinem Sohn zu Weihnachten schenken will. Der kleine Hund ist furchtbar traurig von seiner Mutter ...

Ein kleiner Hund wird geboren und von dem unfreundlichen Verkäufer an ein Ehepaar verkauft, dass den Hund seinem Sohn zu Weihnachten schenken will. Der kleine Hund ist furchtbar traurig von seiner Mutter getrennt zu werden, hofft aber auf ein besseres Zuhause bei netteren Menschen. Diese Hoffnung wird bitterlich enttäuscht, so bitter, dass er als er ins Tierheim kommt, völlig traumatisiert ist und nicht mehr bellt.
Patrick hat sich schon immer einen Hund gewünscht! Doch sein Vater ist gegen Hunde allergisch, so dass es nie in Betracht kam. Doch sein Vater ist schon lange auf Tournee in Australien. So fährt seine Mutter mit ihm in den Sommerferien zu ihrem Vater. Der lebt in einem großen Haus voller Musik, denn wie auch Patricks Eltern ist er Musiker und in seinem Haus wird ständig unterrichtet. Zum Trost wegen des fehlenden Vaters darf sich Patrick nun einen Hund im Tierheim aussuchen, der bei Opa wohnen darf. Patrick verliebt sich in den verstört wirkenden kleinen Hund, der nur das Bellen wiederfinden kann, wenn er sein Vertrauen wecken kann. Obwohl ihm alle von diesem Tier abraten, nimmt er die verantwortungsvolle Aufgabe auf sich.

Die Zeichnungen von P.J. Lynch sind so liebevoll, dass sie echte Hingucker sind! Die Schilderung des Schicksal des kleinen Hundes ist sehr traurig. Es zeigt sehr deutlich, daß einige Menschen Hunde behandeln wie Gegenstände und ihnen jegliches Gefühl absprechen. Der kleine Welpe leidet fürchterlich und reagiert mit verschiedenen traumatischen Verhaltensweisen. Doch er schaut so traurig, wie Patrick sich fühlt. Da schlägt er jeden Rat in den Wind und entscheidet sich für ihn. Er gibt ihm den Namen Oz, wegen der Australientournee seines Vaters, den er sehr vermisst und der auf die Frage nach seiner Rückkehr stets ausweichend antwortet. Patricks Geduld wird von Oz ganz schön auf die Probe gestellt, doch seine Liebe und das Wundermittel des Hauses, die Musik, schaffen es langsam aber stetig, zu Oz durchzudringen.

Diese Geschichte ist sehr schön, aber auch sehr traurig. Sie hat meine Tochter (10) immer wieder zum Weinen gebracht, so sehr gingen ihr das Schicksal von Patrick und Oz zu Herzen. Dazu kommen dann noch diese wunderschönen Zeichnungen, in denen man herzzerreißend den Schmerz oder die Freunde von Oz oder Patrick erkennen kann. Wenn man die Aufmachung genau betrachtet, bemerkt man zu jedem Kapitelanfang eine kleine Hundesilhouette, an der man die zu erwartende Entwicklung von Oz ablesen kann. Das ist sehr süß gemacht

Es geht um einige ganz zentrale Themen für Kinder, die diese jeweils unterschiedlich stark betreffen. 1. der unerfüllte Wunsch nach einem Hund als ständigen Begleiter, treuen Freund und geduldigen Zuhörer (es soll aber auch Familien mit Hund geben), 2. Tierquälerei und ein Plädoyer gegen das unerüberlegte Verschenken von Tieren zu Weihnachten (es soll zum Glück auch glückliche Haustiere geben), 3. Trennung der Eltern (auch hier gibt es Eltern, die zusammen gehören und es auch bleiben wollen) 4. der Umzug in eine neue Umgebung (glücklicherweise müssen nicht alle Kinder umziehen und das gewohnte Umfeld verlassen) und 5. mangelnde Kommunikation von Eltern und Kindern (es sind natürlich nicht alle Eltern so feige, wie Patricks Dad). Diese Themen hängen zusammen und überfrachten daher das Buch nicht, dennoch befinden sich sowohl Patrick als auch Oz in schweren Lebenskrisen. Hunde, die nicht bellen sind nicht brav, sondern ohne Lebensmut. Für Kinder ist der Verlust eines Elternteils die Verwirklichung einer Urangst, die leider allzu oft eintritt. Daher würde ich die Altersempfehlung 5 bis 10 Jahren mit Vorsicht unterschreiben. Kindern, deren Eltern sich trennen, mag dieses geteilte Leid Trost spenden, kleine Kinder aus glücklichen Beziehungen könnten darin eine Bedrohung spüren. Elterliche Begleitung beim Lesen ist sicherlich hilfreich.

Meiner Tochter hat diese Geschichte ein Wechselbad der Gefühle beschert. Wir haben es in Rekordzeit gelesen, weil sie unbedingt wissen wollte, ob Oz und wie Oz sein Bellen wiederfindet und ob Patricks Vater wieder auftaucht und wie er dann auf Oz reagiert. Das fand ich übrigens sehr interessant. Der Autor ergreift Partei für die Mutter, nicht wegen der Trennung und er lässt sie auch betonen, dass diese nichts an der Liebe zum Kind ändert, sondern wegen der Art, wie der Vater mit dieser umgeht. Er kritisiert ganz deutlich, wie wenig einige Eltern nach einer Trennung bereit sind, für ihre Kinder zu investieren und Rücksicht für sich fordern, statt diese dem Kind entgegen zu bringen. Ich hoffe, dass viele Eltern dies lesen und über ihr eigenes Verhalten nachdenken. Es ist nämlich etwas, was mich oft rasend macht. Im Familienrecht wird das Kindeswohl in den Mittelpunkt gerückt, in den Familien tritt es bei Trennungen leider oft in den Hintergrund. Patricks Mutter macht das sehr gut. Natürlich darf sie ihre Bedürfnisse nicht vergessen, aber sie beachtet immer auch die ihres Sohnes und versucht sie miteinander in Einklang zu bringen, so soll es sein. Diese tiefe Liebe und Verbundenheit, spürt sicher auch Oz, der bislang so viele schlechte Erfahrungen machen musste.

Ich bin sehr froh, dass ich das Buch mit meiner Tochter zusammen gelesen habe, denn so konnte ich sie bei Bedarf in den Arm nehmen und trösten. Es gibt sicher Tiere, die noch viel schlimmer gequält werden, aber die Erlebnisse von Oz waren für Kinder gut verständlich und verstörend genug.

Ein sehr schönes und trauriges Buch mit ganz umwerfenden Illustrationen.

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Veröffentlicht am 09.05.2020

So klein der Ort, so groß Freundschaft und Abenteuer!

Unsere kleine Insel
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Nele ist 8 Jahre alt und ist vor einem Jahr mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Ole von Köln zu Opa und Oma auf die Hallig gezogen. Ihre große Schwester Anna, besucht sie nur am Wochenende, denn ...

Nele ist 8 Jahre alt und ist vor einem Jahr mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Ole von Köln zu Opa und Oma auf die Hallig gezogen. Ihre große Schwester Anna, besucht sie nur am Wochenende, denn in der Woche geht sie auf dem Festland ins Internat. Die Halligschule ist so klein, dass alle Kinder in einem Raum sitzen und nur die unteren Klassen dort unterrichtet werden; mit Ausnahme von Torben. Der ist schon 1 zwölf, aber da er fast nicht spricht, darf er doch bleiben und nimmt regelmäßig an Videounterricht mit anderen Kindern teil. Wenn Nele ihre beste Freundin Lisa ärgern will, spricht sie von „unserer Insel“, dann wird diese immer ganz wütend, so wie jetzt! Jetzt haben sich die beiden nämlich richtig gestritten und sprechen eigentlich nicht mehr miteinander, aber wenn es nur so wenige Bewohner an einem Ort gibt, dann muss man sich natürlich immer wieder schnell vertragen; sonst wäre es ja langweilig. Viel verdienen kann man auf so einer Hallig nicht. Daher arbeitet auch Lisas Mutter die Woche über auf dem Festland. Täglich pendeln kann man nicht, da die Fähre von den Gezeiten abhängt und damit zeitlich sehr schwankend fährt. Mit der Fähre kommen auch die Touristen, die die Hallig so urig finden, aber für Nele und Lisa ist es ihr zu Hause und der aufregendste Ort der Welt!

So eine Hallig ist doch recht übersichtlich, das ist sehr praktisch, denn so passt eine Übersicht aller Hallig Bewohner locker mit Bild und Namen in den Bucheinband und in den Hintereinband eine Übersicht über die Insel, äh pardon die Hallig. Auf dieser gibt es übrigens auch eine Vogelschutzstation, genau wie auf Hallig Hooge, die als Vorbild für Neles Hallig diente. Ehrlich gesagt, war das der Grund, weshalb ich dieses Buch gerne lesen wollte, obwohl wir das Lesealter ab 6 Jahren sprengen: einer der feierfreudigen Freunde meines Bruders hat auf Hallig Hooge seinen Zivildienst gemacht und sie haben ihn immer wieder dort besucht und sogar auch Silvester dort gefeiert. Was machen diese vom Land in die Großstadt Flüchtenden auf so einer Hallig? Was macht man da so allgemein? Man kann dort Fahrrad fahren und sicher sein, dass es nicht geklaut wird und auch der Verkehr ist ziemlich übersichtlich, aber zugelassen! Kleine Kanäle durchziehen das Land und nachts ist es stockdunkel, da es keine Straßenlaternen gibt. Daher braucht man dringend Taschenlampen wenn man unterwegs ist! Dennoch fällt jeder Halligbewohner früher oder später mal hinein, meist unter großem Gelächter! Außerdem gibt es mehr Tiere als Menschen auf der Hallig und alle gehen sehr vertraut miteinander um. Eigentlich ist es ganz ähnlich wie in Bullerbü! Kinder finden immer eine aufregende Beschäftigung, wenn sie Zeit und Raum haben. Für die Erwachsenen ist das Leben entschleunigt. Sogar vom Kleinstadtleben unterscheidet es sich deutlich. Jeder Notfall macht einen Hubschraubereinsatz notwendig. Solche kleinen Details sind für Jung und Alt sehr interessant, hat man doch selbst meist noch gar nicht darüber nachgedacht. Uns brachte es ins Staunen.

Erzählt werden die Erlebnisse aus Neles Perspektive und auch in einer kindlichen Sprache. Nicht total simpel, aber für Kinder gut zu verstehen und nachzufühlen. Zum Vorlesen könnte sie sich daher sogar schon für Vorschulkinder eignen, da die Kapitel kurz und großzügig illustriert sind. Allerdings ist es kein Leseanfängerbuch. Das Druckbild ist angenehm und auch großelternfreundlich, aber für ungeübte Leser eine Herausforderung. Daher eher ein Vorlesebuch, das auf begeistert lauschende Zuhörer trifft, vor allem, wenn diese Urlaub an Nord- oder Ostsee lieben.

Die Illustrationen von Karin Lindermann sind sehr liebevoll und fröhlich. Sie machen gute Laune und vermitteln einem das in Coronazeiten nötige Urlaubsgefühl! Man sieht schon den Wind und die Möwen die Kinder umwehen/umkreisen.

Ein sehr entschleunigter Einblick in den Kinderalltag in einer kleinen Gemeinschaft in enger Verbindung mit der Natur, die dieser Lebensweise auch viel Respekt entgegenbringt. Bisweilen wird nur ein wenig über einige Touristen verhalten die Nase gerümpft. Sehr zu empfehlen für alle Liebhaber von Büllerbü und den Kindern aus dem Möwenweg, also all jene, die auch gut einmal auf Drachenangriffe, Piraten oder ähnliches verzichten können, die aber das starke Gefühl von Gemeinschaft und Lebensfreude lieben.

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