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Veröffentlicht am 11.07.2020

Rückkehr nach Panem - Die zehnten Hungerspiele

Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange
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Coriolanus Snow kannte man bisher nur als bösen Präsidenten und Nemesis von Katniss Everdeen. Hier lernt man ihn als beinahe mittellosen Studenten der Akademie kennen. Sein Familienname bedeutet noch etwas ...

Coriolanus Snow kannte man bisher nur als bösen Präsidenten und Nemesis von Katniss Everdeen. Hier lernt man ihn als beinahe mittellosen Studenten der Akademie kennen. Sein Familienname bedeutet noch etwas im Kapitol, doch er macht nicht satt und zahlt auch nicht die Kosten der Universität, die er im folgenden Herbst besuchen will. Wenn er sich jedoch als Mentor eines Tributs bei den Hungerspielen gut anstellt, dann hat er Chancen auf ein Stipendium. Die Nachricht, dass er das Mädchen aus Distrikt 12 betreuen soll, macht seine Hoffnungen beinahe zunichte. Doch Lucy Grey Baird ist ein außergewöhnliches Mädchen, und Coriolanus ein ehrgeiziger junger Mann.

Ich fand es interessant, das Kapitol zur Zeit der Zehnten Hungerspiele zu erleben. Der vergangene Krieg ist in den Köpfen der Menschen noch ziemlich präsent und die Hungerspiele noch nicht jenes ausgeklügelte Spektakel, das sie einmal werden sollen. Ganz im Gegenteil, es schaut kaum jemand zu. Die Idee, den Tributen Studenten als Mentoren an die Seite zu stellen, wird hier zum ersten Mal verprobt. Wie auch in der Trilogie macht die Zeit in der Arena nur einen Teil des Buches aus. Stattdessen erfährt man viel über die Vorbereitungen und das gefährliche Terrain, auf dem Coriolanus sich bewegt. Zu Beginn wirkt er zielstrebig, aber nett. Im Laufe der Geschichte trifft er dann Entscheidungen, mit denen er die Sympathien verspielt und die den Weg zu seinem älteren, bösen Ich aufzeigen. Das Buch hatte ein paar Längen, vor allem nach dem Ende der Hungerspiele, aber auch viele spanennde Abschnitte, in denen ich es nicht aus der Hand legen konnte. Insgesamt ist die Geschichte für mich eine würdige Ergänzung der Trilogie und ein Must Read für alle Panem-Fans!

Veröffentlicht am 20.05.2020

Ein Liebesroman für gemütliche Lesestunden mit Fernweh-Potenzial

Das kleine Hotel auf Island
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Lucy sucht verzweifelt nach einem neuen Job, denn seit sie gefeuert wurde will niemand die Hotelmanagerin mit der Lücke im Lebenslauf einstellen. Zumindest niemand in England - ein kleines Hotel auf Island ...

Lucy sucht verzweifelt nach einem neuen Job, denn seit sie gefeuert wurde will niemand die Hotelmanagerin mit der Lücke im Lebenslauf einstellen. Zumindest niemand in England - ein kleines Hotel auf Island gibt ihr eine Chance. Der Job ist zwar eigentlich weit unter ihrem Niveau und die Zahl verschlissener Manager in den Monaten zuvor bedenklich hoch, doch Lucy nimmt an und stürzt sich ins Abenteuer. Das Hotel hat viel Potenzial, muss aber in Sachen Gemütlichkeit und Struktur zulegen. Außerdem kommt es immer wieder zu ärgerlichen Zwischenfällen, die eigentlich kein Zufall sein können. Lucy fällt es zunächst schwer, Fuß zu fassen. Mit dem Barmann Alex, der ursprünglich aus Schottland kommt, erkundet sie die Insel, um auf andere Gedanken zu kommen. Sie findet ihn bald mehr als nur sympathisch, doch sollte sie die Gefühle als seine Chefin zulassen? Alex selbst hat zudem ein Geheimnis, von dem Lucy nichts ahnt...

Zu Beginn des Buches lernt der Leser die Protagonistin Lucy kennen, die ihr Leben dringend ändern möchte. Im letzten Jahr war sie noch stellvertretende Direktorin eines Vorzeige-Hotels in Manchester, jetzt lebt sie in der winzigen Wohnung ihrer Freundin Daisy und findet keinen Job. Was vorgefallen ist erfährt man zunächst nicht, stattdessen ist eine letzte Idee der Jobvermittlerin erfolgreich und Lucy findet sich kurz darauf in Island wieder.

Lucys Start im Hotel ist reichlich chaotisch und der mysteriöse Anruf, der ihre richtige Ankunftszeit verändert hat, scheint wie weitere kleine Sabotageakte laut Personal auf das Konto des Huldufólks zu gehen. An Lucys Seite erkundet man das Hotel und lernt die vorwiegend sympathischen Angestellten kennen, die ihren Job mit Leidenschaft machen und Lucy die isländische Lebensart näher bringen. Ich hätte mir allerdings eine differenziertere Ausarbeitung der Nebencharaktere gewünscht, denn bis auf Hekla konnte ich diese bis zum Schluss ehrlich gesagt nicht auseinander halten.

Dass Alex ein Geheimnis hat erfährt man als Leser gleich zu Beginn, weshalb man sich beständig fragt, wann es wohl ans Licht kommen wird und was die Konsequenzen sein werden. Weil einige Kapitel aus seiner Sicht erzählt werden weiß man aber ebenso, dass seine Gefühle für Lucy echt sind. Durch die touristischen Ausflüge der beiden erhält man Einblicke, was das Land alles zu bieten hat. Das machte mir Lust darauf, Island eines Tages selbst zu erkunden.

Als Hotelmanagerin muss sich Lucy allerhand großer und kleiner Herausforderungen stellen. Ich fand die Beschreibungen sehr kurzweilig. Daneben gibt es viele amüsante, schöne und romantische Momente, die mich unterhalten konnten. Zum Ende hin schöpft die Geschichte ihr Potenzial aus meiner Sicht allerdings nicht voll aus und die Auflösung konnte mich nicht ganz zufriedenstellen.

„Das kleine Hotel auf Island“ bietet eine romantische Wohlfühl-Geschichte, bei der die Protagonistin Lucy sich als Hotelmanagerin beweisen muss und gleichzeitig dem Barmann Alex näher kommt. Trotz kleinerer Kritikpunkte bekam ich hier einen unterhaltsamen Liebesroman, der Lust auf die nächste Reise macht. Ein Buch für gemütliche, leichte Lesestunden!

Veröffentlicht am 09.05.2020

Ein Mädchen, das kein Opfer sein will

Das wirkliche Leben
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In einem Fertigbauhaus am Waldrand wohnt die Ich-Erzählerin der Geschichte, ein zehnjähriges Mädchen, zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder Gilles. Das liebste Hobby ihres Vaters ist die Großwildjagd ...

In einem Fertigbauhaus am Waldrand wohnt die Ich-Erzählerin der Geschichte, ein zehnjähriges Mädchen, zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder Gilles. Das liebste Hobby ihres Vaters ist die Großwildjagd und das Zimmer mit den Trophäen für die Kinder streng tabu. Die meiste Zeit verbringt er mit Whisky vor dem Fernseher. Doch es brodelt beständig in ihm, bis er wieder explodiert und seiner Frau Gewalt antut, während die Kinder auf ihre Zimmer fliehen. Als sich vor den Augen der Geschwister ein schrecklicher Unfall ereignet, zieht sich Gilles gänzlich zurück. Seine Schwester ist fest entschlossen, in die Vergangenheit zu reisen und alles wieder gut zu machen, damit er wieder lachen kann. Doch über die Jahre spitzt sich die Situation im Haus immer weiter zu.

Das Cover des Buches zeigt einen Hasen, der Raum für Interpretation lässt. Er könnte die Protagonistin symbolisieren, die clever und flink ist und versucht, nicht als Beute zu enden. Zu Beginn des Buches ist sie zehn Jahre alt und hat eine enge Beziehung zu ihrem Bruder. Deshalb ist sie wild entschlossen, ihn zu retten, als er sich nach einer gemeinsam erlebten Tragödie verändert. Sein Verhalten wirkt auf sie, als hätte die unheimliche Hyäne aus dem Trophäenzimmer sich in seinem Inneren eingenistet.

Die Geschichte hat ein hohes Tempo und zog mich schnell in seinen Bann. Die Versuche des Mädchens, ihren kleinen Bruder wieder zu dem zu machen, der er früher wahr, fand ich berührend. Doch die Erkenntnis, dass man die Zeit nicht einfach zurückdrehen kann, lässt sie allmählich erwachsen werden. Ihre Mutter ist für das Mädchen wie eine Amöbe. Sie bleibt passiv und wird immer wieder das Opfer der Gewalt ihres Mannes. Die Beschreibungen seiner Gewaltausbrüche sind explizit und schockierend. Die Protagonistin selbst versucht, ihrem Vater möglichst aus dem Weg zu gehen und beginnt, Dinge bewusst vor ihm geheim zu halten.

Ich habe mitgehofft, dass die Erzählerin ihren Weg gehen kann und sich nicht in die Opferrolle drängen lässt. Die Situation spitzt sich über die Jahre immer weiter zu. Die Beziehung ihres Vaters zu ihrem Bruder rückt dabei immer weiter in den Fokus und sorgt für bedrückende Momente. Schließlich kommt es zu einer Schlüsselszene rund um das Thema Jäger und Beute, die von der Autorin sprachgewaltig erzählt wird. Die Nebenhandlung rund um einen Nachbarn der Erzählerin fand ich hingegen nicht ganz stimmig. Das Ende des Buches lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück.

„Das wirkliche Leben“ erzählt die Geschichte eines Mädchens, das kein Opfer sein will. Es setzt auf starke Szenen, die schockieren und berühren. Insgesamt ein wirklich lesenswertes Buch!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.05.2020

Die Spannung steigt, nachdem man sich einen Überblick verschafft hat

Marta schläft
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Nadja arbeitet als Assistentin in einer Kanzlei. Kurz vor Feierabend taucht Laura, Nadjas ehemalige Kollegin und inzwischen die Frau ihres Chefs, völlig aufgelöst in ihrem Büro auf. Doch ihr Mann ist noch ...

Nadja arbeitet als Assistentin in einer Kanzlei. Kurz vor Feierabend taucht Laura, Nadjas ehemalige Kollegin und inzwischen die Frau ihres Chefs, völlig aufgelöst in ihrem Büro auf. Doch ihr Mann ist noch immer auf einer Konferenz, und Nadja begleitet sie nach Hause. Mit der Leiche in Lauras Wohnzimmer hätte sie allerdings nicht gerechnet. Verzweifelt berichtet Laura von einem Filmriss und dass nun ihr Leben zerstört ist und sie ihre kleine Tochter verlieren wird. In einem Akt der Solidarität beschließt Nadja, zu helfen. Denn sie selbst hat viele Jahre zuvor ebenfalls Schreckliches erlebt...

Das Buch beginnt mit einem Brief, dessen Verfasser und Empfänger unbekannt sind. Der oder die Verfasserin rechnet damit, noch am selben Tag zu sterben und entschuldigt sich dafür, nie einen der verfassten Briefe abgeschickt zu haben. Danach lernt man die Protagonistin Nadja kennen, die sich aus Hilfsbereitschaft in eine gefährliche Situation begeben hat und mit Panikattacken zu kämpfen hat. In einem dritten Handlungsstrang, der fünf Jahre zuvor spielt, lernt man Nelly Schütt kennen. Ihre Eltern betreiben einen Gasthof und sie beginnt eine Affäre mit einem der Stammgäste.

Die Geschichte springt sehr schnell zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin und her, sodass ich zu Beginn vor allem verwirrt war. Warum hat Nadja eine Leiche in ihrem Kofferraum, wer schreibt hier Briefe an wen und was hat Nelly Schütt mit der ganzen Sache zu tun? Es brauchte gut 100 Seiten, bis ich einen guten Überblick gewonnen hatte. Dann kommt es auch schon zu einer Überraschung, die neue Fragen aufwirft und die Spannung weiter ansteigen lässt.

In Anbetracht der Extremsituation, in der sich Nadja befindet, beginnt sie, sich an die erschütternden Ereignisse ihrer Teenagerzeit zurückzuerinnern. Auch diese Erinnerungsfetzen muss man als Leser erst sammeln und zusammensetzen, um die vergangenen Ereignisse und ihre Konsequenzen zu verstehen.

Die Spannung sowohl psychologischer Natur als auch Ergebnis neuer dramatischer Ereignisse. Diese Kombination hat mir gefallen, und sie lädt zusammen mit der Kürze der Kapitel zum raschen Weiterlesen ein. Das Geschehen und die Briefe greifen schließlich gelungen ineinander. Auch die Verbindung zum Handlungsstrang rund um Nelly Schütt wird schließlich klar, dieser hätte für meinen Geschmack aber entweder kürzer oder von größerer Bedeutung sein können.

„Marta schläft“ konnte mich nach einer Phase der Verwirrung mit einem gelungenen Spannungsbogen überzeugen und meine Neugier durch überraschende Wendungen bis zum Schluss erhalten. Ein Thriller für alle, die es emotional und ereignisreich zugleich mögen!

Veröffentlicht am 02.05.2020

Krasse Geschichten mit dystopischen und irrealen Szenarien

Friday Black
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Stell dir vor, Du arbeitest am Black Friday in einem Bekleidungsgeschäft - und die Menschen kommen aufgrund der Angebote nicht nur in Massen, sie drehen dabei völlig durch und verhalten sich zombiehaft ...

Stell dir vor, Du arbeitest am Black Friday in einem Bekleidungsgeschäft - und die Menschen kommen aufgrund der Angebote nicht nur in Massen, sie drehen dabei völlig durch und verhalten sich zombiehaft ganz ohne Rücksicht auf Verluste. Mehrere Tote pro Geschäft sind normal, sie werden in einer Ecke gesammelt. Szenen von dichtem Gedränge bis hin zu Knochenbrüchen kennt man aus dem Fernsehen, doch der Autor Nana Kwame Adjei-Brenyah verschärft diesen Ausnahmezustand in seiner titelgebenden Story „Friday Black“ bis ins Extrem.

Das Buch beinhaltet zwölf Kurzgeschichten mit einer großen Bandbreite an Themen. Rassismus und Gewalt spielen eine zentrale Rolle, aber auch die Beziehung zu den Eltern, übersteigerter Ehrgeiz und Konsumwahn. Der Autor legt nicht nur seinen Finger in die Wunden der Gesellschaft, er bohrt ihn ganz tief hinein. Dabei wird vieles überspitzt dargestellt bis hin zu geradezu dystopischen und irrealen Szenarien. In „Durch den Blitz“ erleben die Menschen den letzten Tag vor der Auslöschung immer wieder und bringen sich mal gegenseitig um, mal essen sie Pfannkuchen miteinander. In „Lark Street“ redet der Protagonist mit seinen abgetriebenen Zwillingen, die er in der Hand trägt. In vielen Geschichten werden Menschen ermordet - zum Beispiel erschießen Weiße Schwarze ohne Konsequenzen unter dem Deckmantel des Selbstschutzes oder können dies in einer anderen Geschichte auch einfach simulieren, um für den „Ernstfall“ gerüstet zu sein oder weil es ihnen Spaß macht.

„Krass“ ist ein Wort, dass meine Gefühle rund um diese Geschichten gut zusammenfasst. Sie sind brutal und gingen mir immer wieder unter die Haut. Dabei fand ich etwa zwei Drittel sehr gut, mit dem Rest konnte ich wenig bis gar nichts anfangen. Enden sind bei Kurzgeschichten immer so eine Sache, ich fand sie in Summe eher abrupt und hätte mir oft einen bewussteren Abschluss gewünscht.

„Friday Black“ ist wie ein wilder Ritt, der unbequem ist und den man hinterher trotzdem nicht bereut!