Profilbild von anna-liee

anna-liee

Lesejury Profi
offline

anna-liee ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit anna-liee über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.05.2020

Ein unglaublich unterhaltsames und spannendes Buch!

Meine Schwester, die Serienmörderin
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Zwei Schwestern wie Tag und Nacht. Ayoola, ist das Lieblingskind. Sie ist wunderschön aber unbeständig und hat eine schlechte Angewohnheit: sie tötet ihre Männer. Korede ist ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Zwei Schwestern wie Tag und Nacht. Ayoola, ist das Lieblingskind. Sie ist wunderschön aber unbeständig und hat eine schlechte Angewohnheit: sie tötet ihre Männer. Korede ist sehr viel praktischer veranlagt und räumt immer wieder hinter ihrer Schwester auf. Als Krankenschwester kennt sie jeden Trick, um Blut perfekt zu entfernen und auch ihr Kofferraum hat genügend Platz, um eine Leiche zu transportieren.
Als sich Tade, der hübsche Arzt aus dem Krankenhaus für den eigentlich Korede schwärmt, in Ayoola verliebt, ist Korede aufgewühlt. Sie stellt sich die Frage, wie gefährlich ihre Schwester wirklich ist und wen sie vor wem beschützen muss?


Recht spontan habe ich „Meine Schwester, die Serienmörderin“ bei NetGalley angefragt. Der Klappentext hat mich direkt angesprochen, die Leseprobe war spannend und das Cover fand ich einfach sehr interessant. Ich muss vorab sagen, dass ich zwar etwas anderes erwartet habe, das Buch aber dennoch wirklich toll war.

Ohne Umschweife wirft die Autorin uns Leser ins Geschehen. Korede wird von ihrer Schwester angerufen und sie weiß: es ist schon wieder passiert. Ayoola hat einen jungen Mann getötet und Korede muss hinter ihrer kleinen Schwester aufräumen. Schließlich hat sie keine Wahl. Ayoola ist ihre Schwester und somit muss sie dafür sorgen, dass ihr nichts geschieht. Auch wenn sich Ayoola selbst in diese Lage gebracht hat, so kann Korede nicht anders, als für sie einzustehen und ihr zu helfen. Akribisch putzt sie das Blut von den Wänden, verstaut die Leiche in ihrem Kofferraum und lässt diese gemeinsam mit Ayoola verschwinden. Sie versucht ihrer jüngeren Schwester klar zu machen, dass das nicht noch einmal passieren darf, doch gleichzeitig ist sie sich nicht sicher, ob Ayoola weiß, was sie da tut und ob ihr bewusst ist, welche Tragweite ihre Taten haben können.
Korede war mir von Anfang an sympathisch und gleichzeitig hat sie ein Stirnrunzeln bei mir hervorgerufen. Ich habe mir ständig die Frage gestellt, was ich getan hätte. Hätte ich meinem Bruder geholfen eine Leiche zu beseitigen? Hätte ich ihn gedeckt, egal was passieren würde? Ich kann diese Frage nicht wirklich beantworten und weiß nicht, ob es mir jemals gelingen würde. Nicht, dass meine Beziehung zu meinen Brüdern schlecht wäre, das ist sie nicht, aber ein Mord? Könnte ich das mit meinem Gewissen vereinbaren?
Korede kann es auch nur halb, denn auch ihr kommen Zweifel, ob sie das Richtige tut. Nicht nur für Ayoola, sondern auch für die Familie ihres Opfers und für sich selbst. Dennoch schweigt sie und beschützt ihre Schwester weiterhin. So, wie es immer war. Denn nach und nach bekommen wir Leser einen Einblick in das Leben von Koredes Familie. Der Vater starb schon vor einigen Jahren, der Mutter ist es vor allen Dingen wichtig, dass ihre noch unverheirateten Töchter endlich einen Mann finden und Ayoola scheint immer nur an sich selbst zu denken.

Ich kenne mich nicht mit den Familiendynamiken in Nigera aus, deshalb kann ich hier nur beschreiben, was ich aus dem Buch herausgezogen habe. Es scheint in dieser Familie so zu sein, dass alle das zu tun hatten, was der Vater sagte. Koredes Familie scheint recht wohlhabend zu sein, da sie Angestellte haben, die das Essen zubereiten und das Haus in Schuss halten. Die Mutter kümmert sich ausschließlich um ihre Kinder und darum, dass diese gut versorgt werden. Natürlich von einem geeigneten Mann. Als der Vater stirbt scheint dieser Wunsch der Mutter nur noch größer zu sein, allerdings legt sich ihr Hauptaugenmerk definitiv auf Ayoola, die wunderschöne jüngere Tochter. Was hinter dieser jungen Frau steckt, weiß allein Korede und die spricht nicht darüber.
So viel Selbstbeherrschung hätte ich vermutlich nicht. Alle machen Korede klein, beschreiben sie als blass und weniger schön, wenn sie neben Ayoola steht. Niemand scheint sie wirklich wahrzunehmen, wenn ihre Schwester auch da ist und keiner kann glauben, dass sie überhaupt verwandt sind. Korede liebt ihre Schwester sehr und möchte eigentlich nur das Beste für sie und dennoch hegt sie einen Groll gegen sie. Es scheint, als würde ihrer Schwester einfach alles zufliegen und egal was sie auch tut und sagt, jeder liebt sie. Für Korede gilt das alles nicht. Sie muss sich ihren Erfolg erarbeiten, sie wird nicht von Männern umschwärmt und sobald sie etwas gegen ihre Schwester sagt, wird sie als eifersüchtige, hässliche Schwester dargestellt, die niemandem etwas gönnt.

Diese Tatsache kommt vor allem dann zum Tragen, als Ayoola Tade kennen lernt, in den Korede schon so lange verliebt ist. Und natürlich ist Korede alarmiert, schließlich neigt ihre Schwester dazu irgendwann die Männer in ihrem Leben zu töten. Der Zusammenhalt der Schwestern verschiebt sich, denn Korede weiß plötzlich nicht mehr für wen sie einstehen soll. Kann sie ihrer Schwester vertrauen oder soll sie Tade warnen? Und wenn sie etwas zu Tade sagt, was wird er dann tun? Wäre das nicht Verrat an ihrer Schwester? Gerade diese Gedankengänge und ihre Handlungen fand ich wirklich großartig beschrieben. Der Autorin gelingt es einfach wunderbar die Ungleichheit der Schwestern darzustellen und gleichzeitig zu zeigen, wie unsicher und verzweifelt Korede ist. Sie hat sich nie von ihrer Familie frei gemacht und muss sich nun die Frage stellen, ob sie es tun kann oder besser: ob sie es tun soll, um einen anderen Menschen eventuell zu retten.

Die Art und Weise wie Oyinkan Braithwaite schreibt und erzählt hat mich komplett abgeholt. Die Kapitel sind teilweise sehr kurz und mit wenigen Sätzen bereits zu Ende. Sie schreibt nicht ausschweifend oder ausführlich, sondern prägnant und klar. Man kann die Gefühlswelt der Protagonistin wunderbar nachvollziehen und ich habe mit Spannung verfolgt, wie es weitergehen wird. Es ist mir wirklich schwer gefallen das Buch zur Seite zu legen und die kurzen Kapitel helfen dabei natürlich nicht. Die Geschichte liest sich, trotz der ernsten Thematik, wirklich leicht, denn die Handlung ist spannend und diese eine große Frage „Was wird Korede tun“ begleitet einen die ganze Zeit.

Fazit

Ich habe nicht damit gerechnet, um was es in diesem Buch tatsächlich ging und doch konnte mich die Geschichte wirklich fesseln. Die Familiendynamik von Koredes Familie ist unglaublich spannend dargestellt und der Zusammenhalt der Schwestern fast greifbar. Die Problematik der Handlung zieht sich komplett durch das Buch, weshalb man es kaum aus der Hand legen kann. Die kurzen und prägnanten Kapitel tun ihr übriges dazu. Dieses Buch ist unterhaltsam, spannend und eine klare Empfehlung!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Ein toller zweiter Teil!

Die Zeit der Verachtung
0

Inhalt

Nur mit Mühe gelingt es Geralt Ciri zu beschützen. Das junge Mädchen wird überall gesucht und von Soldaten gejagt. Als der Hexer schwer verletzt wird, kann sie zwar fliehen, findet sich jedoch ...

Inhalt

Nur mit Mühe gelingt es Geralt Ciri zu beschützen. Das junge Mädchen wird überall gesucht und von Soldaten gejagt. Als der Hexer schwer verletzt wird, kann sie zwar fliehen, findet sich jedoch in einer gefährlichen Wüste wieder. Kann sie sich befreien und wieder mit Geralt vereint werden?


Zu Weihnachten habe ich mir einige Teile der Witcher Saga gewünscht, denn die Serie ist bei mir eingeschlagen wie eine Bombe. Die Kurzgeschichtenbände habe ich bereits vor Erscheinen der Serie verschlungen und den ersten Teil der Romanreihe habe ich als Rezensionsexemplar zugeschickt bekommen. Im Januar habe ich es dann endlich geschafft den zweiten Teil der Reihe zu verschlingen und freue mich darauf dieses Jahr die Reihe auf jeden fall noch zu beenden!

Der Einstieg in den zweiten Teil der Witcher Saga ist mir wieder leicht gefallen. Ich mag den Schreibstil von Sapkowski. Er ist nicht sehr ausschweifend und konzentriert sich auf das, was wichtig ist. Man kann der Handlung sehr gut folgen und das, obwohl die Kapitel immer recht lange sind.
Mir hat vor allen Dingen gefallen, dass es einen kontinuierlichen Spannungsbogen gab. Nicht nur, dass überhaupt nicht klar war, was mit Geralt ist und wie es ihm geht, man macht sich auch große Sorgen um Ciri. Sie ist komplett allein und auf sich gestellt. Ihre Ausbildung ist längst nicht beendet und doch muss sie nun das, was sie bereits kann, irgendwie anwenden.
Ihre Charakterentwicklung ist, in meinen Augen, sehr gut gelungen. Sie ist nicht mehr so störrisch und kindlich, wie noch im ersten Teil, auch wenn diese Charakterzüge natürlich immer mal wieder durchblitzen. Dennoch finde ich es toll wie Sapkowski seinem Charakter alles abverlangt und das, obwohl Ciri doch eigentlich noch unglaublich jung und unbescholten ist. In der Wüste wird sie auf Probe gestellt und es stellt sich sehr lange die Frage, wie sie sich aus dieser Situation befreien kann.
Gleichzeitig wird auch ganz langsam klarer aus welchem Grund Ciri gesucht wird, allerdings gibt es nur immer wieder Hinweise und die wahren Beweggründe sind nicht offenbart worden.

Was ich an diesem Buch sehr interessant fand war, dass auch die politische Lage in den Blick genommen und genauer erklärt wurde. Man bekommt einen guten Überblick über die Lage im Land. Mich interessieren politische Strömungen nicht immer, doch für diese Reihe ist sie sehr wichtig, denn vor allem das Schicksal von Ciri hängt mit der Politik zusammen. Sapkowski gelingt es auch hier mich in seinen Bann zu reißen. Einige Leser haben gerade das dem Buch angekreidet. Ich finde diese Informationen hingegen sehr wertvoll und wichtig. Ich möchte verstehen was in einem Land vor sich geht, das im Krieg steckt. Ich möchte wissen wovor sich Ciri, Geralt und Yennefer schützen und verstecken. Und die Antwort findet sich ganz sicher unter anderem in der Politik. Alles hängt irgendwie zusammen und deshalb dürfen diese Entwicklungen nicht außer Acht gelassen werden.

Was ich wirklich schade gefunden habe ist, dass Geralt und seine Hexertätigkeit in den Hintergrund gerückt ist. Er blieb im Vergleich zu Ciri und ihren Handlungsstrang sehr blass. In meinen Augen hätte der Fokus nicht derart verschoben werden müssen. Überhaupt scheint das Hexerdasein von Geralt sehr weit in den Hintergrund zu rücken, was ich sehr schade finde. Natürlich sind Kurzgeschichten etwas anderes, aber so haben wir Leser Geralt eben kennen und lieben gelernt. Die Romane sollten, für mich persönlich, nicht zu sehr von dem ablenken, weshalb wir eigentlich diese Geschichte lesen wollen: Geralt.

Fazit

Für einen zweiten Teil fand ich dieses Buch wieder sehr gelungen. Der Schreibstil von Sapkowski ist einnehmend, die Handlung weiterhin sehr spannend. Man möchte wissen wie es mit Ciri, Geralt und Yennefer weiter geht. Werden sie wieder zueinander finden? Wie wird sich die politische Lage entwickeln? Was hat es mit Ciri wirklich auf sich? Es sind so viele Fragen noch offen, die hoffentlich im Verlaufe der Reihe beantwortet werden. Auch wenn ich Geralt in diesem Buch schmerzlich vermisst habe, hoffe ich sehr, dass die Geschichte ihr Niveau halten kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Ein dramatisch und tragisches Buch! Klare Empfehlung.

Die Geschichte der Baltimores
0

Inhalt

Bevor die Katastrophe die Familie einholte gab es die Goldmans aus Baltimore und die Goldmans aus Montclair. Talent, Geld, Erfolg, ein prachtvolles Heim und zwei begabte Söhne. Das war es, was ...

Inhalt

Bevor die Katastrophe die Familie einholte gab es die Goldmans aus Baltimore und die Goldmans aus Montclair. Talent, Geld, Erfolg, ein prachtvolles Heim und zwei begabte Söhne. Das war es, was die Baltimores vorzuweisen hatten. Die Montclairs waren sehr viel weniger glamourös und zu ihnen gehörte Marcus Goldman, der inzwischen ein erfolgreicher Schriftsteller ist. All seine Sommer verbrachte er bei den Baltimores und hatte das Gefühl, für sie wie ein dritter Sohn zu sein.
Acht Jahre nach der Katastrophe, beginnt Marcus nun, die Geschichte der Baltimores niederzuschreiben. Und erst jetzt kann er erkennen, was die wahren Gründe für all die schrecklichen Ereignisse waren.


Nachdem ich im Februar „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ gelesen habe war klar, dass Joël Dicker für mich die Neuentdeckung des Jahres 2020 sein wird. Ich habe die Geschichte sehr geliebt, konnte es kaum aus der Hand legen und deshalb habe ich dann recht schnell auch zu seinem zweiten Roman „Die Geschichte der Baltimores“ gegriffen. Und auch dieses Buch ist bei mir wirklich sehr gut angekommen.

„Die Geschichte der Baltimores“ ist gleichzeitig auch die Geschichte von Marucs Goldmans Kindheit. Den berühmten Schriftsteller kennt man bereits aus „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“, denn dort schreibt er die Geschichte seines Mentors auf. Dort erfährt man wenig über sein Leben vor dem College und Joël Dicker holt dies in seinem zweiten Werk nach. Er führt uns in die Familie Goldman ein.
Zwei Brüder, die unterschiedlicher nicht sein können. Zwei Familien, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite die Goldmans aus Montclair mit Marcus und seinen Eltern und auf der anderen Seite die Goldmans aus Baltimore. Sie sind reich, leben in einem großartigen Haus und haben zwei perfekte Söhne, die in Marcus Alter sind.
Als Kind verbringt Marcus seine Sommer in Baltimore bei seiner reichen Familie. Er möchte sich zugehörig fühlen, will selbst ein solch perfektes Leben führen. Seine Cousins lassen sich die Unterschiede zwischen ihnen nicht anmerken und das macht ihn umso glücklicher.
Hillel ist genauso alt wie Marcus, die beiden trennen nur wenige Monate. Er ist schmächtig, fast dürr aber überaus intelligent und forsch. Er scheint einfach alles zu wissen, kann sich sehr gewählt ausdrücken und kennt seine Rechte. Gleichzeitig hat er große Schwierigkeiten mit Autoritäten, wenn etwas nicht ganz so läuft, wie er es sich vorgestellt hat, dann verliert er jegliches Interesse, wird anstrengend und bockig. Hillel ist kein einfaches Kind und gleichzeitig doch liebenswert.
Woody ist in Wirklichkeit kein Goldman, sondern ein Kind, welches von seinen Eltern verstoßen wurde. Seine Mutter ist schon sehr früh abgehauen und sein Vater kümmerte sich nur sporadisch um ihn, bis er eine neue Frau fand und sich dann fast ganz von ihm zurückzog. Woody ist das komplette Gegenteil von Hillel. Er ist groß, kräftig gebaut und muskulös. Er ist nicht dumm aber keineswegs so intelligent wie sein Ziehbruder. Viele Konflikte, in die er gerät, löst er mit Gewalt, was ihn mehrmals in brenzlige Lagen bringt. Saul Goldman, Hillels Vater und ein guter Anwalt, hilft ihm immer und immer wieder aus der patsche, bis er den Jungen aufnimmt und ihm klarmacht, dass er sein Leben wegwirft, wenn er immer wieder straffällig wird.
Hillel und Woody verstehen sich blendend, sie verbringen jede Minute miteinander und gemeinsam mit Marcus bilden sie im Sommer die Goldman-Gang. Es sollen die schönsten Zeiten der drei sein, an die sich vor allem Marcus besonders gerne zurück erinnert.

Joël Dicker weiß, wie man einen Spannungsbogen aufrechterhält und bis zur letzten Seite spannt. Er gibt schon zu Beginn des Buches einen Hinweis auf die Katastrophe, die die Familie Goldman erschüttern wird. Man glaubt eigentlich zu wissen, worauf es hinauslaufen wird und doch wird man am Ende überrascht. Diese Geschichte ist nicht leicht zu lesen. Sie ist voller Freundschaft, Liebe aber auch voller Abhängigkeiten die, in meinen Augen, ungesunde Züge annimmt. Die Geschichte handelt von Loyalität, Eifersucht und Missverständnissen. Sie ist aber vor allem eines: unglaublich dramatisch und herzzerreißend tragisch. Dicker hat das Buch so aufgebaut, dass man nicht nur auf die Katastrophe hinsteuert, die sich 2004 ereignete, sondern auch erfährt, wie es danach weiterging und, ebenso wichtig wie das danach, was zuvor geschah. Und das auch sehr weit in der Vergangenheit, denn die Probleme der Familie Goldman, die von außen keiner sah, begannen schon sehr viel früher als in den 90er und 2000er Jahre. Das alles hat der Autor in perfekten Einklang gebracht und somit immer wieder Hinweise gegeben, was die Katastrophe auslöste, wie sie in Gang kam und was am Ende dabei herauskam. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit dieser Familie weiterging, die ich trotz ihrer Eifersüchteleien und Rivalitäten ins Herz geschlossen hatte. Denn seien wir mal ehrlich, wer ist nicht einmal eifersüchtig auf seine Geschwister gewesen? Wer hat sich nicht einmal das Leben seiner Cousins oder Cousinen gewünscht? Es gibt vieles, was man verstehen und nachempfinden kann. Man spürt die tiefe Verbundenheit, die vor allem zwischen Hillel und Woody geherrscht hat. Diese brüderliche Liebe zwischen ihnen konnte nie gebrochen werden, egal was auch geschehen würde und diese Tatsache hat mein Herz erwärmt.

Das Ende des Buches kam nicht komplett überraschend und doch irgendwie anders, als erwartet. Es war sehr viel tragischer, als ich es mir erhofft hatte und deshalb irgendwie umso schmerzhafter. Diese Familie, die unaufhaltsam in den Abgrund gezogen wurde, musste ich mit dem zuklappen des Buches verlassen. Ich habe den Schmerz gespürt, den Marcus Goldman beim Schreiben dieses Buches gespürt hat. Ich konnte die Traurigkeit beinahe greifen und das ist es, was, in meinen Augen, einen großartigen Roman ausmacht. Dennoch kann ich trotzdem keine 5 Sterne vergeben, weil es am Ende nicht an das erste Buch von Joël Dicker herankommt. Ich habe auch darüber nachgedacht, weshalb diese doch so schreckliche Familiengeschichte niemals Anklang im ersten Roman fand bzw. der erste Roman nicht ansatzweise in diesem Zweiten vor kam. Natürlich möchte der Autor sicherlich Spoiler verhindern, doch so hatte ich das Gefühl, es mit zwei völlig verschiedenen Marcus Goldmans zu tun zu haben, obwohl es doch der selbe sein sollte. Und auch wenn die Sogwirkung von „Die Geschichte der Baltimores“ ähnlich war, hat mir der letzte Funke gefehlt.

Fazit

Eine dramatische Geschichte einer Familie, die unaufhaltsam in eine Katastrophe steuert, die niemand hat vorhersehen können. Nicht nur der Schreibstil war wieder großartig, sondern auch der Aufbau der Geschichte konnte mich wieder überzeugen. Stück für Stück gelangt man an die Katastrophe heran, die die Familie Goldman ereilt hat und Stück für Stück kann man sehen, was alles passiert, wenn Missverständnisse geschehen, Eifersucht, Freundschaft und Loyalitäten in Frage gestellt werden und die Wahrheit vorenthalten wird. Ich kann euch dieses Buch wirklich nur ans Herz legen, auch wenn meines am Ende der Geschichte gebrochen war.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Eine Empfehlung!

Das Gerücht
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Um näher bei ihrer Mutter zu sein und ihrem Sohn ein unbeschwerteres Leben zu bescheren zieht Joanna von London in eine Kleinstadt am Meer. Die Idylle wird jedoch schnell zerstört, ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Um näher bei ihrer Mutter zu sein und ihrem Sohn ein unbeschwerteres Leben zu bescheren zieht Joanna von London in eine Kleinstadt am Meer. Die Idylle wird jedoch schnell zerstört, denn Joanna hört das Gerücht, dass die berüchtigte Kindermörderin Sally McGowan, welche als zehnjährige einen Spielkameraden tötete, in genau dieser Kleinstadt leben soll. Unbedacht erzählt Joanna dieses Gerücht einfach weiter und setzt damit eine schreckliche Spirale an Ereignissen in Gang, die auch ihre eigene Familie in Gefahr bringt.


Dank des Lovelybooks Thriller Leseevents bin ich an „Das Gerücht“ und zwei weitere Thriller aus dem dtv Verlag gekommen. Ich war sehr gespannt darauf, was auf mich warten wird und habe mit dem Buch begonnen, das mich am meisten angesprochen hat: „Das Gerücht“. Nicht nur die Aktionen auf lovelybooks haben mir Spaß gemacht, sondern auch die Geschichte an sich.

Der Einstieg in die Geschichte ist mir sehr leicht gefallen, denn der Schreibstil ist sehr locker und leicht. Man kann sehr schnell im Buch voran kommen, denn die Kapitel sind nicht allzu lange und immer sehr spannend. Zwischendurch gibt es immer Sequenzen aus der Sicht der Täterin, Sally McGowan, was ich einen tollen Schachzug der Autorin finde. So bekommt man einen Bruchteil dessen, was diese Frau denkt und fühlt, mit, ohne ihre Identität herauszufinden.
Joanna tritt als junge und engagierte Mutter auf. Sie ist für Alfie, ihren Sohn, aus London weggezogen, obwohl sie die Stadt eigentlich toll findet und jahrelang dort lebte. Sie war dort recht erfolgreich als Immobilienmaklerin unterwegs und verdient nun, in einem sehr viel kleineren Büro, deutlich weniger Geld. Doch für Alfie würde sie alles geben und das tut sie auch. Er wurde in der Schule in London sehr schlecht von seinen Mitschülern behandelt und deshalb entschied sie sich in die Nähe ihrer Mutter und zurück in eine Kleinstadt zu ziehen.
Normalerweise gibt Joanna nichts auf Tratschereien zwischen Müttern und bewegt sich eher im Hintergrund. Damit der Einstieg für Alfie jedoch leichter wird, mischt sie sich unter die anderen Mütter und, obwohl sie sich eigentlich nicht wirklich wohl damit fühlt, beteiligt sie sich an den Gerüchten, die in ihrer Kleinstadt kursieren. Es ist ihr schnell klar, dass sie einen Fehler gemacht hat, doch sie kann nicht zurück und gleichzeitig hat ihr dieses Gerücht die Türen zu sämtlichen Müttern der Kleinstadt geöffnet.

Der Spannungsaufbau der Geschichte ist wirklich sehr gelungen. Nach und nach spitzt sich die Lage zu und das beklemmende Gefühl, welches man schon zu Beginn spüren kann, wird immer größer. Die Autorin spielt gekonnt mit den eigenen Sorgen und Ängsten und gleichzeitig hält sie uns allen den Spiegel vor: wer von uns hat noch nie unbedacht ein Gerücht weitererzählt, von dem gar nicht klar war, ob es stimmt? Die Handlung fühlt sich unglaublich real an, denn man meint in einer Idylle zu leben, die durch nichts zerstört werden kann. Das ist jedoch nicht der Fall, denn schon ein kleines Gerücht, das vielleicht gar nicht wahr ist, bringt die dunkelsten Seiten von unterschiedlichen Menschen hervor. Es ist erstaunlich wie es der Autorin gelingt auch über mich selbst nachzudenken. Nicht, dass ich jemals ein derartig krasses Gerücht auch nur gehört hätte, aber auch kleinere scheinbar unbedeutende Gerüchte, können Auswirkungen auf das Leben anderer haben. Man sollte immer darüber nachdenken, was man mit irgendwelchen Bemerkungen auslösen kann, bevor man sie auch tatsächlich macht.
In meinen Augen hätte der Spannungsverlauf sogar noch bis auf die Spitze getrieben werden können, um die Gefährlichkeit des Gerüchts noch deutlicher herauszustellen aber das hätte eventuell auch den Rahmen des Buches gesprengt.
Bis zum Ende der Geschichte war mir nicht klar, worauf das Buch hinausläuft und deshalb hat mich der Twist auch kalt erwischt und seine Wirkung aus diesem Grund auch nicht verfehlt. Was nach dieser Enthüllung kam, war meiner Meinung nach eine Schippe zu viel. Ich hätte mir da eine ruhigere Entwicklung gewünscht, aber die Dramatik wurde dadurch natürlich noch zusätzlich gesteigert.
Das Ende war, ähnlich wie der Twist, sehr überraschend, denn es ist deutlich offener, als ich erwartet habe. Es lässt Raum für eigene Gedanken und Fragen, die wohl nie beantwortet werden, was ich einen weiteren genialen Schachzug der Autorin finde. Man denkt, man hat alles gelöst und die Antworten sind alle gegeben und dann ende das Buch auf diese Weise und man steht mit einer ähnlichen Frage da, wie am Anfang. Das gefällt mir und passt perfekt zu dem Buch.

Fazit

Ich hatte ein wunderbares Leseerlebnis mit „Das Gerücht“. Es ist durchweg spannend, nah an der Lebenswelt vieler bzw. eigentlich aller Leser*innen und gibt viel Raum um eigene Spekulationen und Überlegungen anzustellen. Hinweis um Hinweis wird gegeben und das Ende kommt dann dennoch überraschend. Auch wenn es, in meinen Augen, mit etwas weniger Dramatik zum Ende hin ausgekommen wer, so kann ich die Geschichte nur empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Spannender Pageturner!

Die Frau ohne Namen
0

Rezensionsexemplar

Inhalt

Durch einen Zufall bekommt die Kosmetikerin Jess die Möglichkeit bei einer Studie teilzunehmen. Eigentlich rechnet sie damit einige Fragen zu beantworten und anschließend das ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Durch einen Zufall bekommt die Kosmetikerin Jess die Möglichkeit bei einer Studie teilzunehmen. Eigentlich rechnet sie damit einige Fragen zu beantworten und anschließend das Geld dafür zu bekommen. Allerdings ist „Testperson 52“, wie Jess nun genannt wird, etwas ganz besonderes für die Studie. Die Fragen werden immer persönlicher und Jess kann, je weiter die Studie fortschreitet, kaum mehr unterscheiden was in ihrem Leben real und was eines der manipulativen Experimente von Dr. Shields ist. Langsam aber sicher wird Jess klar, dass sie in großer Gefahr schwebt, doch sie weiß nicht, vor wem sie sich wirklich fürchten muss…


Als die Anfrage vom Rowohlt Verlag kam, ob ich nicht Lust hätte das neue Buch von Greer Hendricks und Sarah Pekkanen lesen möchte, habe ich nicht lange überlegt. Ich habe von den beiden Autorinnen bereits „The Wife between us“ gelesen. Das Buch hat mich damals zwar nicht hundert pro überzeugen können, der Schreibstil jedoch sehr. Sehr schnell habe ich das Buch dann begonnen und es nicht bereut.

Die Geschichte beginnt mit einem kursiven Text, der die Studie kurz vorstellt und einen kleinen Einblick in das bietet, was eventuell auf die Leser warten wird. Diese kursiven Einschübe gibt es noch zwei weitere Male, denn das Buch ist in drei Teile unterteilt, welche alle mit einem solchen Text beginnen. Schon beim Lesen dieses Textes habe ich eine kleine Gänsehaut bekommen, denn der Grundgedanke hinter der Studie, mag sehr spannend und interessant sein. Moral und moralisches Handeln sind sicherlich spanende Themen, welche sich zu untersuchen lohnen.

Dann kommt Jess ins Spiel, die Protagonistin dieser Geschichte. Sie ist Ende 20, Kosmetikerin und arbeitet für BeautyBuzz. Ein Unternehmen, welches ihre Dienste Online anbietet. Jeder kann sozusagen einen Termin ausmachen und bekommt dann eine Kosmetikerin nach Hause geschickt. Eigentlich möchte Jess fürs Theater schminken, doch nach einem schrecklichen Erlebnis am Theater hat sie dort aufgehört und für BeautyBuzz angefangen. Das zusätzliche Geld, welches sie über das Unternehmen bekommt, kann sie auch sehr gut gebrauchen, denn sie hat eine Schwester mit einer geistigen Behinderung. Durch unterschiedliche nötige Therapien hat die Familie hohe Rechnungen zu bezahlen und Jess beteiligt sich bereitwillig daran.
Aus diesem Grund hat sie auch die Chance ergriffen an der Studie teilzunehmen. Sie möchte unbedingt so schnell wie möglich Geld verdienen.
Ich habe Jess sofort ins Herz geschlossen. Sie ist sehr mutig und stark. Ihre Art ist aufgeschlossen und gleichzeitig versucht sie alles Persönliche zu verstecken. Es fällt ihr sehr schwer sich zu öffnen und andere Menschen an sie heran zu lassen. Durch die Fragen der Studie bekommt man jedoch auch als Leser einen sehr interessanten Einblick in die junge Frau. Ihr ist etwas schlimmes passiert und sie versucht diese Situation irgendwie zu vergessen. Dabei hilft ihr natürlich die stupide Arbeit und unpersönlicher Sex, bei dem sie nicht einmal ihren richtigen Namen verwendet. Sie selbst sein hat sie längst aufgegeben und versucht immer dann, wenn sie abends ausgeht, einfach jemand anders zu sein. Durch die Studie wird ihr klar, dass sie aber vielleicht doch einmal sie selbst sein sollte, um sich endlich wieder wohler in ihrer Haut zu fühlen.
Für mich ist Jess ein sehr toll gelungener Charakter. Sie entwickelt sich von Kapitel zu Kapitel weiter. Auch wenn ich nicht jede ihrer Handlungen nachvollziehen konnte, so habe ich doch verstanden was sie damit bezweckt und dass sie nicht anders handeln konnte. Sie ist eben genau so, wie im Buch beschrieben und sie kennt es auch nicht anders. Ich habe sie sehr bewundert für ihren Kampfgeist und ihre Auffassungsgabe. Ich denke nicht jede Testperson hätte auf diese Weise am Experiment teilgenommen und vermutlich war dies auch der Grund weshalb Dr. Shields sie ausgewählt hat noch tiefergehende Fragen und
weitere Experimente durchzuführen.

Diese Experimente und Fragen werden immer persönlicher und schließlich auch immer absurder. Jess wird in etwas hineingezogen, das sie so gar nie gewollt hat und durch einen kleinen Zufall verändert sich die Situation rasend schnell. Ich kann hier nicht näher darauf eingehen, doch etwas verschiebt sich während der Arbeit mit Dr. Shields und es macht Jess sehr deutlich klar, dass sie längst nicht mehr Herrin der Lage ist und überhaupt keine Möglichkeit mehr hat, irgendwie auszusteigen oder zu fliehen. Sie ist ganz in der Studie gefangen und damit auch Dr. Shields ausgeliefert.
Dieses ausgeliefert sein haben die Autorinnen wirklich perfekt dargestellt. Langsam aber sicher erkennt man auch als Leser welche Macht Dr. Shields gewonnen hat und wie es möglich ist, diese Macht auszuüben und gegen Jess zu verwenden. Diese scheint keinerlei Chance mehr zu haben, sich irgendwie daraus zu befreien, doch dann eröffnet sich ihr eine neue Möglichkeit und sie muss sie nur ergreifen.

Die Spannung ist durch die Experimente von Dr. Shields und Jess eigenmächtigem Handeln immer auf einem hohen Niveau. Man braucht zwar nicht ganz hundert Seiten um die Dynamik so richtig zu begreifen, doch die Stimmung ist durchgängig düster und angespannt. Die Lage spitzt sich Seite um Seite immer weiter zu, man weiß irgendwann nicht mehr wo oben und unten ist. Und alles wird langsam aber sicher zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Ich konnte das Buch irgendwann nicht mehr weglegen, weil ich unbedingt wissen wollte, was nun noch kommt und wie sich alles auflösen wird. Ob sich überhaupt etwas auflösen wird oder die Geschichte unbefriedigend enden wird. Mein Herz hat irgendwann immer schneller geschlagen, ich war direkt gefangen in der Handlung und kann den Autorinnen nur mein Lob aussprechen. Das Buch hat mich komplett abgeholt, ich konnte es nicht mehr weglegen, habe die unterschiedlichsten Szenarien im Kopf durchgespielt und war in dieser Welt gefangen. Auch wenn mich nicht alles komplett überraschen konnte, so waren die Twists toll gemacht und die Spannung konstant auf einem sehr hohen Niveau.

Fazit

„Die Frau ohne Namen“ war ein genialer Spannungsroman, mit tollen Twists, die zwar nicht komplett überraschend waren, mich aber dennoch abholten. Die Protagonistin ist mutig, stark und sehr intelligent. Sie weiß sich zur Wehr zu setzen und macht eine tolle Entwicklung durch. Es war sehr aufregend den Handlungssträngen zu folgen und immer tiefer in die Geschichte einzutauchen. Ich kann euch wirklich nur ans Herz legen euch dieses Buch mal näher anzuschauen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere