Godspeed – Die Suche ist nicht einfach nur eine gelungene Fortsetzung, sondern eine brillante, denn obwohl man es nach dem schon fantastischen Trilogieauftakt nie für möglich gehalten hätte, gelingt es Beth Revis sich noch einmal zu steigern und den Vorgänger mit dem zweiten Band zu übertreffen. Man bekommt es hier also nicht mit einem schwächeren Mittelteil zu tun, sondern mit einem Band, der, unter anderem weil die Handlung viel schneller in Fahrt kommt, noch besser und spannender ist als der erste.
Genau wie sein Vorgänger wird Godspeed – Die Suche wieder aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, der von Amy und der von Junior. Das sorgt für Abwechslung und ermöglicht es dem Leser beide Figuren zu verstehen, ist aber vor allem auch notwendig damit einem keine wichtigen Ereignisse entgehen, denn Amy und Junior verbringen im zweiten Teil der Trilogie manchmal relativ viel Zeit getrennt voneinander und erleben somit verschiedene Situationen. Des Weiteren hält die Autorin so stets die Spannung aufrecht, da sie den Blickwinkel meistens plötzlich an der Nerven aufreibendsten Stelle wechselt.
Junior ist häufig mit diversen Angelegenheiten beschäftigt, die das Schiff betreffen. Er muss dafür sorgen, dass das System nicht plötzlich zusammen bricht, weil die Menschen an Bord zum ersten Mal seit vielen Generationen einen freien Willen haben, und gleichzeitig mit Hilfe der Techniker die lebenswichtige Technologie des Schiffs am Laufen halten, denn es wurde eigentlich nicht für die Ewigkeit gebaut. Dass Junior kein Phydus verwenden will um die Menschen zu kontrollieren ist zwar eine achtbare Geste, führt aber eben leider auch zu vielen Schwierigkeiten, darunter eine sich anbahnende Rebellion gegen ihn als Anführer. Verständlicherweise weiß er anfangs nicht, wie er sich verhalten soll und ist ein wenig mit der Situation überfordert, denn solche Probleme sind mit Phydus natürlich nie vorgekommen. Schließlich kommt es sogar zu Morden, die ihm angehängt werden um andere gegen ihn aufzuhetzen. Trotzdem verliert er nie die Hoffnung und setzt sich unermüdlich für die Leute an Bord ein anstatt, wie es vielleicht eher seinem jungen Altern entsprechen würde, einfach alles hinzuschmeißen und aufzugeben.
Für Amy ist das Leben an Bord der Godspeed ebenfalls sehr schwierig, auch wenn auf ihren Schultern nicht die Verantwortung für ein paar tausend Menschen lastet. Alle außer Junior betrachten sie nicht als Menschen, sondern nur als Freak, und mehr als einmal muss sie sich vor den Bewohnern des Schiffs in Sicherheit bringen. Außerdem vermisst sie schrecklich ihre Eltern und muss gegen den immer stärker werdenden Wunsch ankämpfen sie aufzuwecken. Je kleiner die Chance wird jemals die Zentauri-Erde zu erreichen, desto weniger Sinn sieht sie darin sie weiterhin eingefroren zu lassen. Erst als sie die Nachrichten von Orion entdeckt, der ihr irgendeine wichtige Entscheidung übertragen will, schöpft sie neue Hoffnung und begibt sich auf eine interessante Schnitzeljagd durch das gesamte Schiff. Die Hinweise, die Junior und sie nach und nach finden, sind nämlich vielleicht der Schlüssel zur Lösung ihres größten Problems: dem Antrieb. Letztlich stoßen sie bei ihrer Suche jedoch vor allem auf das wohl größte Geheimnis des Ältesten und werden dadurch plötzlich mit ganz neuen Fragen konfrontiert.
Die Beziehung zwischen Junior und Amy wird ebenso vor einige Herausforderungen gestellt und läuft nicht immer problemlos. Das ist möglicherweise nicht unbedingt schön zu beobachten, da man die Beiden natürlich gern glücklich sehen würde, passt aber besser zur Geschichte, da ihre gemeinsame Beziehung nach all den Geheimnissen, die im Vorgänger enthüllt wurden, nun einmal sehr kompliziert ist. Im Grunde ist es sogar sehr anständig von Amy, dass sie zunächst noch keine Liebesbeziehung zu Junior eingehen will, weil sie sich nicht sicher ist, ob sie ihn liebt bzw. ihn auch lieben würde, wenn er nicht der einzige auf der Godspeed in ihrem Alter wäre. Sie muss sich erst klar über ihre eigenen Gefühle werden, bevor sie Juniors erwidern kann, und ihr Zögern ist daher mehr als verständlich.
Je schlimmer die Zustände auf dem Schiff werden – und die Gewaltbereitschaft einiger Menschen ist wirklich Angst einflößend – desto mehr müssen Amy und Junior zusammen halten. Weil sie sich ein Leben ohne den jeweils anderen nicht mehr vorstellen können, müssen sie ferner lernen einander zu vertrauen, wenn sie das alles gemeinsam überstehen wollen.
Zum Ende hin nimmt die Spannung dann noch einmal erheblich zu und Beth Revis schickt den Leser regelrecht auf eine Achterbahn der Gefühle, denn sie gibt ihm sowie den Protagonisten immer wieder neue Hoffnung um sie kurz darauf wie eine Seifenblase zerplatzen zu lassen und beginnt damit dann wieder von Neuem.
Es gelingt ihr erneut ihre Leser mehrfach mit unerwarteten Wendungen zu überraschen und die Auflösung der zentralen Problematik ist ihr ebenfalls besonders gut gelungen. Im Hinblick auf die gesamte Trilogie hat sie sich außerdem für die wohl realistischste Variante entschieden, was die Handlung sehr glaubwürdig macht. Am Ende verschont die Autorin den Leser glücklicherweise mit einem Cliffhanger – den hat sie auch gar nicht nötig. Godspeed – Die Suche lässt, trotz einiger Antworten, noch genügend Fragen offen und bildet damit eine gute Grundlage für den Abschluss der Reihe, denn man hat keine Ahnung, was einen dort alles erwarten wird.
FAZIT
Godspeed – Die Suche ist eine grandiose Fortsetzung, die ihren Vorgänger entgegen aller Erwartungen tatsächlich sogar noch übertreffen kann. Die Handlung ist noch fesselnder, voller Intrigen, bietet aber auch gefühlvoller Momente sowie eine spannende Rätselsuche. Manchmal enden die Szenen so Nerven aufreibend, dass man dem Drang schon vorzublättern und Seiten zu überfliegen oftmals nicht widerstehen kann und erst irgendetwas sofort wissen muss ehe man die Kapitel vollständig sowie ohne einen Herzinfarkt zu riskieren lesen kann.
Hoffentlich gelingt es der talentierten Beth Revis dieses hohe Niveau auch beim letzten Band der Trilogie, den man kaum noch erwarten kann, zu halten, denn eine erneute Steigerung ist nahezu undenkbar.