Absolut überzeugend!
Rezensionsexemplar
Inhalt
Neun Fremde treffen sich in einem abgelegenen Wellness-Resort. Sie alle stecken in einer Lebenskrise und erhoffen sich durch das zehntägige Cleansing einen Neuanfang, um ihr ...
Rezensionsexemplar
Inhalt
Neun Fremde treffen sich in einem abgelegenen Wellness-Resort. Sie alle stecken in einer Lebenskrise und erhoffen sich durch das zehntägige Cleansing einen Neuanfang, um ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Sehr schnell brechen alte Dämme und Geheimnisse kommen ans Licht, die manche Teilnehmer schon sehr lange mit sich herumtragen, denn in Tranquillum House ist nicht alles so, wie es scheint…
Der Klappentext dieses Buches hat mich direkt angesprochen, als ich ihn auf der Homepage von Randomhouse gelesen habe. Ich habe einen spannenden Roman erwartet, der mir Abgründe von Menschen zeigt, die ich nicht erwartet hätte. So oder so ähnlich war dieses Buch auch. Ich kann eines sicher sagen: es ist nicht so, wie ich es erwartet hatte und doch war es genau das, was ich lesen wollte.
Die Geschichte beginnt mit Yao, er ist Rettungssanitäter und kommt mit seinem Ausbilder zu einer übergewichtigen Geschäftsfrau, die kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen scheint. Als sie einen Herzstillstand erleidet bricht das Kapitel ab und ein Zeitsprung von zehn Jahren findet statt. Der Beginn hat also bereits viel Spannung in die Geschichte gebracht, denn alles in mir schrie danach, herauszufinden was dieser Beginn des Buches, mit der Handlung an sich zu tun hat.
Nun lernt man als Leser nach und nach die zukünftigen Teilnehmer von dem Cleansing Programm in Tranquillum House kennen: Frances, eine ehemals erfolgreiche Schriftstellerin, das junge Ehepaar Ben und Jessica, die irgendwie versuchen wollen ihre Ehe zu retten, die dreiköpfige Familie Marconi, welche auf den ersten Blick völlig fehl am Platz wirkt, Carmel, die komplett unzufrieden mit ihrem Körper ist, Lars, der einmal im Jahr ein Wellness-Resort besucht, um auszuspannen und Tony, der endlich etwas für seine Gesundheit tun möchte. Jeder von ihnen kommt nach und nach zu Wort und obwohhl sie alle nicht unterschiedlicher sein könnten, so verbindet sie eines: sie wollen ihrem Alltag entfliehen und sich zehn Tage Zeit nur für sich selbst nehmen. Sie wollen das, was sie belastet hinter sich lassen und zu neuer Gesundheit und Auftrieb finden. Tranquillum House hatte durchmischte Bewertungen, sah aber traumhaft aus und klang, für jeden Teilnehmer, einfach perfekt. So wurde diese bunt zusammengewürfelte Gemeinschaft in ein Haus gesteckt und sie alle würden den Aufenthalt in diesem Wellness-Resort wohl niemals vergessen.
Dies liegt nicht zuletzt an der charismatischen Masha, die Leiterin des Resorts. Sie ist groß, gertenschlank und durchtrainiert. Ihre Aura strahlt die Teilnehmer nur so an und ihre Art bringt jeden dazu, sie beeindrucken zu wollen. Ihr Wort scheint Gesetz zu sein und niemand zweifelt ihre Anweisungen an. Alles wird zu ihrem Besten entschieden. Jede Massage, jede Yoga-Session, jede Mahlzeit. Für alle Teilnehmer soll es zu einer persönlichen Herausforderung werden, sich an die vielen unterschiedlichen und teilweise auch individuellen Regeln zu halten und alle gehen sehr unterschiedlich damit um. Masha setzt darauf, dass alle sich daran halten und die ultimativ spirituelle Erfahrung, Reinigung und Heilung durchmachen würden. Ihre beiden Wellness-Berater stehen ihr dabei immer zur Seite und unterstützen sie, wo sie nur können. Dabei scheint der Glanz von Mashas Aura auch die beiden zu streifen und das Leuchten, welches sie ausstrahlen, überträgt sich schleichend auf die Teilnehmer.
Nach und nach jedoch wirkt sich die besondere Art der Therapie auf die Teilnehmer aus und sie alle fühlen sich gelöster und offener. Sie möchten über ihre Probleme sprechen und wirklich etwas an sich und ihrem Leben verändern, doch die Art und Weise wie in Tranquillum House mit der Therapie weitergemacht wird stößt einigen der Teilnehmer bitter auf.
Ich mochte die Atmosphäre der Geschichte sehr. Jeder Teilnehmer hat seine eigene Geschichte im Gepäck und alle gehen unterschiedlich mit ihren Problemen um. Die einen haben größere Baustellen, die anderen belanglos erscheinende Dispute, doch für sie alle sind diese Probleme schwierig zu lösen und deshalb haben sie sich für ihren Aufenthalt in Tranquillum House entschieden. Es hat Spaß gemacht sie zu begleiten und ihre Gedanken und Geheimnisse zu erfahren. Ich mochte sie alle sehr, auch wenn jeder einzelne seine Eigenheiten hatte. Mir hat wirklich gut gefallen, dass jeder zu Wort gekommen ist und die Geschichten so nach und nach ergänzt und weitergeführt wurden. Man erfährt etwas über das Geschehen im Resort und gleichzeitig lernt man die einzelnen Charaktere immer besser kennen. Der Aufbau war toll durchdacht und diese Atmosphäre der vermeintlichen Idylle, die nach und nach zu bröckeln beginnt, hat mich an die Seiten gefesselt.
Besonders eine Geschichte hat mich sehr berührt und wird mich wohl auch noch eine Weile beschäftigen. Da ich nicht spoilern möchte, kann ich leider nicht weiter darauf eingehen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass eine kleine Triggerwarnung am Anfang eventuell angebracht gewesen wäre, da dieses spezielle Thema vielleicht nicht für alle Leser etwas ist. In den Klammern könnt ihr lesen, wovon ich spreche und sollte euch dieses Thema triggern, rate ich eher davon ab, das Buch zu lesen. [Es handelt sich um Suizid / suizidale Gedanken]
Vor allem auf den letzten 150-200 Seiten beginnt ein toller Spannungsaufbau, der sich fast bis zum Ende hin konstant hält. Ich habe nicht erwartet, dass sich die Handlung in diese Richtung wenden wird, aber es hat mir gefallen.
Der Schreibstil der Autorin hat mir unglaublich gut gefallen und ich bin sicher, dass dieses Buch nicht das Letzte gewesen ist, welches ich von ihr lesen werde.
Fazit
„Neun Fremde“ konnte mich von Anfang bis Ende von sich überzeugen. Durch die unterschiedlichen Charaktere, die allesamt zu Wort kommen, hat man als Leser einen wunderbaren Gesamtüberblick der Handlung und erfährt gleichzeitig die Gedankengänge der unterschiedlichen Personen in Tranquillum House. Niemand wird ausgelassen und jeder hat sein Päckchen zu tragen. Die Atmosphäre ist spannend und toll gestaltet, man möchte einfach herausfinden, welche Abgründe hinter den unterschiedlichen Personen warten und der Schreibstil der Autorin tut ihr übriges dazu. Ein wirklich empfehlenswerter Roman!