Die letzten Tage
Kostbare TageKostbare Tage - Kent Haruf
Auch dieser, erst jetzt übersetzte Roman des bereits verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, spielt wieder in der fiktiven Kleinstadt Holt. Wie ich finde, ist ...
Kostbare Tage - Kent Haruf
Auch dieser, erst jetzt übersetzte Roman des bereits verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, spielt wieder in der fiktiven Kleinstadt Holt. Wie ich finde, ist dies bisher das nachdenklichste Werk aus seiner Feder. Kein Wunder, geht es doch um den Tod, um Abschied und die Rückschau auf das eigene Leben.
Es sind kostbare Tage für Dad Lewis, denn es sind seine letzten. Er ist schwer an Krebs erkrankt und hat nur noch wenige Wochen zu leben. Seine Frau Mary und Tochter Lorraine pflegen ihn zu Hause hingebungsvoll. Damit beginnt eine Zeit des Abschiednehmens. Von der Familie und von lieben Nachbarn. Dad ruft sich viele Schlüsselmomente seines Lebens ins Gedächtnis, er reflektiert und teilweise bereut er auch.
Er war ein guter Mensch, dieser Dad Lewis, doch auch er hat große Fehler gemacht, die nicht wieder gut gemacht werden können. So hat er seinen Sohn verloren, der nichts mehr von ihm wissen will. Eine Wunde, die schmerzt, bis ganz zuletzt.
Ein schwieriges, ein heikles Thema, das sich Kent Haruf da gewählt hat. Aber erwartungsgemäß hat er es mit Bravour gemeistert. Haruf behandelt seine Figuren mit unheimlich viel Respekt und Liebe. Und genau so gehen die meisten seiner Figuren miteinander um. Sein gemächlicher Erzählton begleitet den Leser auf dieser Reise kreuz und quer durch das Leben von Dad. Es ist ein weises Buch über das Leben und über die Liebe. Es rührt zu Tränen, ohne kitschig zu sein.
Harufs großes Thema ist hier wie auch in den Vorgängerromanen die Einsamkeit und Perspektivlosigkeit vieler Menschen in den Great Plains. Das Leben auf dem Land ist hart und Haruf liegen die kleinen Leute am Herzen. Er schreibt absolut authentisch, oft mit wenigen Worten, die aber viel beinhalten. Trotz oft knapper, gar distanziert wirkender Sprache, vermittelt der Autor Mitgefühl für seine Figuren, die es alle nicht leicht haben. Wie überall gibt es solche, die an Schicksalsschlägen wachsen oder sich zumindest wieder aufrappeln, und solche, die daran zerbrechen.
Mit seinem wunderbaren Schreibstil konnte mich dieser Autor ein weiteres Mal begeistern! Auch wenn ich persönlich die Bücher „Lied der Weite“ und „Abendrot“ noch etwas besser und vor allen Dingen vielseitiger fand. Trotzdem, 5 Sterne und eine Leseempfehlung!