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Veröffentlicht am 06.06.2020

Die letzten Tage

Kostbare Tage
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Kostbare Tage - Kent Haruf

Auch dieser, erst jetzt übersetzte Roman des bereits verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, spielt wieder in der fiktiven Kleinstadt Holt. Wie ich finde, ist ...

Kostbare Tage - Kent Haruf

Auch dieser, erst jetzt übersetzte Roman des bereits verstorbenen amerikanischen Schriftstellers Kent Haruf, spielt wieder in der fiktiven Kleinstadt Holt. Wie ich finde, ist dies bisher das nachdenklichste Werk aus seiner Feder. Kein Wunder, geht es doch um den Tod, um Abschied und die Rückschau auf das eigene Leben.

Es sind kostbare Tage für Dad Lewis, denn es sind seine letzten. Er ist schwer an Krebs erkrankt und hat nur noch wenige Wochen zu leben. Seine Frau Mary und Tochter Lorraine pflegen ihn zu Hause hingebungsvoll. Damit beginnt eine Zeit des Abschiednehmens. Von der Familie und von lieben Nachbarn. Dad ruft sich viele Schlüsselmomente seines Lebens ins Gedächtnis, er reflektiert und teilweise bereut er auch.
Er war ein guter Mensch, dieser Dad Lewis, doch auch er hat große Fehler gemacht, die nicht wieder gut gemacht werden können. So hat er seinen Sohn verloren, der nichts mehr von ihm wissen will. Eine Wunde, die schmerzt, bis ganz zuletzt.

Ein schwieriges, ein heikles Thema, das sich Kent Haruf da gewählt hat. Aber erwartungsgemäß hat er es mit Bravour gemeistert. Haruf behandelt seine Figuren mit unheimlich viel Respekt und Liebe. Und genau so gehen die meisten seiner Figuren miteinander um. Sein gemächlicher Erzählton begleitet den Leser auf dieser Reise kreuz und quer durch das Leben von Dad. Es ist ein weises Buch über das Leben und über die Liebe. Es rührt zu Tränen, ohne kitschig zu sein.

Harufs großes Thema ist hier wie auch in den Vorgängerromanen die Einsamkeit und Perspektivlosigkeit vieler Menschen in den Great Plains. Das Leben auf dem Land ist hart und Haruf liegen die kleinen Leute am Herzen. Er schreibt absolut authentisch, oft mit wenigen Worten, die aber viel beinhalten. Trotz oft knapper, gar distanziert wirkender Sprache, vermittelt der Autor Mitgefühl für seine Figuren, die es alle nicht leicht haben. Wie überall gibt es solche, die an Schicksalsschlägen wachsen oder sich zumindest wieder aufrappeln, und solche, die daran zerbrechen.

Mit seinem wunderbaren Schreibstil konnte mich dieser Autor ein weiteres Mal begeistern! Auch wenn ich persönlich die Bücher „Lied der Weite“ und „Abendrot“ noch etwas besser und vor allen Dingen vielseitiger fand. Trotzdem, 5 Sterne und eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 30.05.2020

Die Nolans

Ein Baum wächst in Brooklyn
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Ein Baum wächst in Brooklyn - Betty Smith

Ein Klassiker über ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das Bücher liebt.

Die Nolans sind eine irisch stämmige Familie im Brooklyn in den Jahren vor dem ...

Ein Baum wächst in Brooklyn - Betty Smith

Ein Klassiker über ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen, das Bücher liebt.

Die Nolans sind eine irisch stämmige Familie im Brooklyn in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg. Eigentlich haben sie nicht viel zu lachen, denn Vater Johnny Nolan arbeitet nur unregelmäßig und verfällt zunehmend dem Alkohol. An manchen Tagen hat die vierköpfige Familie nicht mal genug zu essen. Dennoch lassen sie sich nicht unterkriegen. Sie haben die Musik und sie haben ihre Träume, an die sie glauben. Und Francie hat auch noch die Bücher. Die beiden Kinder sollen es einmal besser haben und der Schlüssel zum Erfolg ist die Bildung, das hat Mutter Katie erkannt.
Francie möchte Schriftstellerin werden. Dieses Ziel gerät durch verschiedene Schicksalsschläge immer wieder in den Hintergrund. Sie muss unter schwierigen Bedingungen erwachsen werden und lässt sich doch nie unterkriegen.

Wunderbar warmherzig und ergreifend geschrieben, eine Familie zum gern haben. Man fiebert so sehr mit, dass sich der amerikanische Traum für Francie und ihren Bruder Neeley erfüllen möge. Die Geschichte ist authentisch und kämpferisch, die Figuren sympathisch, trotz aller Fehler.

Man kann einige Themen, die Betty Smith wichtig waren erkennen. Beispielsweise die Rolle der Frau, darauf kommt sie immer wieder zurück. Mangelnde Rechte in der oft viel zu früh geschlossenen Ehe, fehlende Geburtenkontrolle, Machtlosigkeit gegenüber dem Willen des Ehemanns. Trotzdem hat sie lauter starke, durchsetzungsfähige Frauen geschaffen, die ihren Männern in nichts nachstehen. Im Gegenteil.

Ein Roman, der tief in die damalige, arme Gesellschaftsschicht Brooklyns eintaucht. Mit einer langsamen bezaubernden Erzählweise. Was will man mehr.
Ein Klassiker dessen Themen ewig aktuell bleiben.

Sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 30.05.2020

Graun

Ich bleibe hier
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Ich bleibe hier - Marco Balzano

Der Diogenes Verlag hat für diesen Roman ein besonders aussagekräftiges Cover gewählt, das gleichzeitig schon vieles vorwegnimmt. Es handelt sich dabei nämlich um den ...

Ich bleibe hier - Marco Balzano

Der Diogenes Verlag hat für diesen Roman ein besonders aussagekräftiges Cover gewählt, das gleichzeitig schon vieles vorwegnimmt. Es handelt sich dabei nämlich um den Kirchturm von Graun, eines kleinen Bergdorfes im Vinschgau, ganz dicht an der Grenze zu Österreich und Schweiz. Und ja, der Kirchturm steht im Wasser, das Dorf ist bekanntermaßen überflutet. Balzano hat in seinem Roman tatsächliche Gegebenheiten mit fiktiven Personen und Schicksalen verbunden und eine ergreifende Geschichte geschrieben.

Trina führt ein einfaches, entbehrungsreiches Leben in Graun. Ihre Tochter wendet sich ab, von der Trostlosigkeit und Ödnis des kleinen Ortes, von der Familie, und geht in die Stadt. Ein erster Schicksalsschlag von vielen, aber für Trina der schlimmste. Zudem bahnt sich Krieg an, das Grenzgebiet steht zwischen Mussolini und Hitler. Die Bevölkerung steht zwischen den Staaten. Immer wieder kommt außerdem das Gerücht auf, dass ihr Dorf einem Staudamm weichen soll. Die Bewohner sollen ihre Heimat, Graun, verlassen. Doch Trina und ihr Mann wollen bleiben. Eine mutige Entscheidung.

Eine spannende tatsachenhinterlegte Geschichte. Besonders den einfühlsamen Erzählstil mochte ich sehr. Ich konnte gut mit Trina und ihrer Familie mitfühlen. Es sind einfache, doch starke Leute. So viel Leid, und doch immer wieder der Mut, weiterzumachen.
5 Sterne

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Peter und Paul

Goldkind
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Goldkind - Claire Adam

Kann das Leben eines Kindes mehr wert sein als das eines anderen?
Eine richtiggehend unerhörte Frage, die in diesem Roman auf tragische Art und Weise thematisiert wird.

Die dramatische ...

Goldkind - Claire Adam

Kann das Leben eines Kindes mehr wert sein als das eines anderen?
Eine richtiggehend unerhörte Frage, die in diesem Roman auf tragische Art und Weise thematisiert wird.

Die dramatische Familiengeschichte spielt auf der karibischen Insel Trinidad. Atmosphäre, Flora und Fauna der gefährlichen Buschlandschaft sind sehr detailliert und beeindruckend beschrieben. Kein Wunder, denn die Autorin ist hier geboren und aufgewachsen. Von der ersten Seite an dominiert eine düstere Vorahnung. Der Busch ist gefährlich und dunkel. Kriminelle Banden treiben hier ihr Unwesen, die Lebensverhältnisse der allermeisten Bewohner sind ärmlich. Eines Abends ist ein Kind verschwunden und die Nacht bricht herein.

Dieser Roman hat mich auf voller Breitseite erwischt. Denn es geht um zwei Kinder, die meinen eigenen Jungs in mancherlei Hinsicht sehr ähnlich sind. Es geht um das Wunderkind Peter und seinen Zwillingsbruder, den "zurückgebliebenen" Paul. In großen Rückblenden erfahren wir, wie Familie und Umwelt auf die so unterschiedlichen Kinder reagieren, was man alles falsch machen kann, ohne böse Absicht, einfach aus Sorge und Unwissenheit. Und wir lesen, was es mit einem Kind macht, das in der Schule versagt und tagaus tagein, mit dem brillierenden Geschwisterkind verglichen wird, dessen Niveau es niemals erreichen kann. Wie gesagt, ein Thema, das mich persönlich sehr bewegt.

Doch das alles ist nur eine relativ harmlose Hinführung zur eigentlichen Geschichte, es geht um so viel mehr. Denn eines Abends ist Paul verschwunden, eine Lösegeldforderung wird gestellt und der Vater muss furchtbare Entscheidungen treffen. Wessen Leben und Erfolg sind mehr wert? Kann man Träume und Hoffnungen für ein Menschenleben aufrechnen?

Wie ich finde, handelt es sich um eine sehr komplexe Geschichte. Es geht um den täglichen Überlebenskampf im Busch, mit scharfen Hunden als Aufpassern. Und letztendlich geht es um zerstörerische Familienbande und fragwürdige Entscheidungen aus der Not heraus, die über Leben und Tod entscheiden. Eine herzzerreißende Geschichte.

Atemberaubend und hochdramatisch wie ein Thriller, ich konnte dieses Buch kaum mehr aus der Hand legen und blieb am Ende erschüttert zurück.
5 Sterne und eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.05.2020

Mutter und Monster

Mein Name ist Monster
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Mein Name ist Monster- Katie Hale

Eine Dystopie, die mich im Grunde bereits mit dem ersten Satz hatte: "Wenn die Welt in Flammen steht, vergisst man leicht, dass es Eis gibt. Die meisten vergaßen es, ...

Mein Name ist Monster- Katie Hale

Eine Dystopie, die mich im Grunde bereits mit dem ersten Satz hatte: "Wenn die Welt in Flammen steht, vergisst man leicht, dass es Eis gibt. Die meisten vergaßen es, nicht alle."

Zu Beginn des Romans lernt man die Protagonistin kennen. Eine junge Frau, die nach diversen Katastrophen, die die Menschheit ausgelöscht haben, im Saatguttresor auf Spitzbergen überlebt hat und nun mit einem Boot an der schottischen Küste angeschwemmt wird. Sie wandert durchs Land, immer auf der Suche nach Vorräten, die ihr das Überleben sichern sollen. Man hat den Eindruck, sie genießt die Einsamkeit, verspürt eher so etwas wie Erleichterung angesichts der leeren Städte und Dörfer. Da trifft sie eines Tages auf eine weitere Überlebende, ein junges Mädchen.

Wenn das Ende über die Menschheit hereingebrochen ist und nur noch eine einzige Person übriggeblieben ist, würde man sich als Leser jemanden wünschen, der so ziemlich anders ist als "Monster", wie sich die Protagonistin nennt. Denn diese ist leider alles andere als eine Sympathieträgerin oder Heldin. Sie war schon als Kind eigenbrötlerisch und wenig empathisch. Ein Psychologe könnte mit Sicherheit eine entsprechende Störung diagnostizieren. Doch in Rückblenden erfährt man, dass sie genau durch diese Eigenschaften Kriege und Seuchen überleben konnte. Tatsächlich fand ich diese Erklärung sehr schlüssig. Nun nimmt sie sich tatsächlich guten Willens dieses Mädchens an. Kurzerhand macht sie sich selbst zu "Mutter" und überträgt ihren alten Namen "Monster" auf das Mädchen, das eine Kämpferin werden soll. Es ist zunehmend tragisch zu lesen, wie „Mutter“ ständig an ihrer fehlenden Emotionalität und Fähigkeit zur Empathie scheitert und das Zusammenleben dadurch zur Qual wird.

Ist diese Geschichte im ersten Teil eine klassische Dystopie - man erfährt einiges über die Hintergründe der Auslöschung der Menschheit und begleitet die Protagonistin auf ihrem Überlebenskampf in einer beinahe leeren Umgebung, gibt es etwa bei der Hälfte des Romans einen krassen Einschnitt. Das Mädchen taucht auf und die Macken der Hauptfigur treten voll zutage. Wie auch soll eine Frau Ende Zwanzig, die niemals körperliche Nähe zulassen konnte, nun einfühlsam auf das sexuelle Erwachen einer Jugendlichen eingehen. Diese fehlerbehaftete Beziehung nimmt nun sehr viel Raum ein. Ich persönlich fand das aber sehr spannend, da die beiden, ohne irgendeine Einwirkung von außen, sich auf Gedeih und Verderb gegenseitig ausgeliefert sind.

Sprachlich hat mir dieses Buch sehr gut gefallen, es sind kurze Kapitel und die Autorin glänzt durch eine prägnante, ausdrucksstarke Erzählweise.
Ein durchaus unbequemes Buch, eine Dystopie, die klassisch beginnt und dann einen ganz anderen Verlauf nimmt. Trotz allem, ein Buch, das ich regelrecht verschlungen habe! Insgesamt ein sehr gelungenes Debüt.
5 Sterne



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