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Veröffentlicht am 16.01.2017

Absolute Leseempfehlung

Die Vermissten
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"Die Vermissten" von Caroline Eriksson ist 2016 im Penguin Verlag erschienen.

Zum Inhalt: Greta, Alex und Tochter Smilla machen während ihres Urlaubs eine Bootstour. Als Alex und Smilla von einem Inselausflug ...

"Die Vermissten" von Caroline Eriksson ist 2016 im Penguin Verlag erschienen.

Zum Inhalt: Greta, Alex und Tochter Smilla machen während ihres Urlaubs eine Bootstour. Als Alex und Smilla von einem Inselausflug nicht zurückkehren, macht sich Greta zunächst beunruhigt, später zutiefst verzweifelt auf die Suche nach den beiden und wendet sich schließlich an die Polizei. Doch dann wird deutlich, dass Gretas eigene Geschichte Rätsel aufweist, ebenso wie das Verschwinden von Alex und Smilla und der Leser fragt sich, ob Greta nicht sogar etwas damit zu tun hat….

„Ein Mann und ein Mädchen gehen auf einer kleinen Insel an Land. Sie kommen nicht zurück. Was kann da passiert sein? Es gibt Unmengen an denkbaren Erklärungen, rede ich mir ein.“

Die Autorin hat Sozialpsychologie studiert – das merkt man. Die Geschichte um Greta ist psychologisch äußerst gut durchdacht. Nichts ist so, wie es scheint …

Als Leser wird man direkt in eine düstere und spannende Handlung hinein geworfen und fragt sich über die gesamte Dauer des Buches, was da eigentlich passiert ist und wie alles zusammenhängt. Warum verschwinden Alex und Smilla? Warum geht Greta nicht direkt zur Polizei? Wer ist der Anrufer, der Greta anruft? Diese Spannung wird auch die ganze Zeit aufrechterhalten, indem uns die Autorin in die Gedankenwelt Gretas eintauchen lässt. Mit Andeutungen aus Gretas Vergangenheit bleibt das Geschehen undurchsichtig.

„Wieder packt mich dieses Gefühl, als würde ich das alles nur spielen, als hätten meine Gedanken und Taten etwas Gekünsteltes. Als wäre meine Suche nichts als ein Fantasiegebilde. Als hätte ich im Grunde Zugang zur Wahrheit, würde sie aber bewusst ignorieren.“

Einige Kapitel sind in kursiver Schrift geschrieben. Hier bleibt bis kurz vorm Ende offen, wer diese Zeilen schreibt.

Das führt natürlich auch zu Verwirrungen. Wahn oder Wirklichkeit – was ist real?

„Was geschieht eigentlich gerade mit mir? Verliere ich die Fähigkeit, zwischen Wirklichkeit und Traum zu unterscheiden? Vernunft und Wahnsinn?

Doch kurz vor Schluss fügen sich die Puzzleteilchen zu einem überraschenden Finale.

Obwohl ich gerade im Mittelteil Schwierigkeiten hatte, der Handlung zu folgen, hat mich dieses Buch komplett überzeugt. Der Spannungsbogen, der wirklich die ganze Zeit aufrecht erhalten wurde, brachte mich fast dazu, an meinen Fingernägeln zu knabbern. Und die düstere Atmosphäre, die die Autorin durch ihren Schreibstil schafft, untermalt das Geschehen aufs feinste.

Eine absolute Leseempfehlung für jeden Thriller-Fan!

Veröffentlicht am 16.01.2017

Ein Buchladen zum Verlieben ...

Ein Buchladen zum Verlieben
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"Ein Buchladen zum Verlieben" von Katarine Bivald, ist in gebundener Ausgabe 2014 bei btb erschienen.

Worum geht es: Die 65-jährige Amy aus Iowa und die 28-jährige Sara aus Schweden verbindet nicht nur ...

"Ein Buchladen zum Verlieben" von Katarine Bivald, ist in gebundener Ausgabe 2014 bei btb erschienen.

Worum geht es: Die 65-jährige Amy aus Iowa und die 28-jährige Sara aus Schweden verbindet nicht nur ihre Brieffreundschaft, sondern auch die Liebe zu Büchern, die oft größer ist als die zu Menschen. Eines Tages beschließt die arbeitslose Sara ihre Freundin zu besuchen. Als sie jedoch in Iowa ankommt, ist Amy tot und Sara allein in der Einöde. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen und eröffnet mit Amys Büchern einen Buchladen.

Der Anfang war vielversprechend. Ganz deutlich sah ich die arme Sara auf dem Bürgersteig der kleinen Mini-Stadt stehen, hinter ihrem Buch versteckt, wartend auf Amy, die nicht kommt. Und dann wird das Buch so staubig wie die Landstraße, auf der Sara fährt, um in die noch kleinere Stadt Broken Wheel zu kommen.

Sara selbst wird als das typische Klischee einer Buchhändlerin dargestellt - verhuscht, schüchtern, unfähig, die Welt und das Leben zu meistern. Und dann plötzlich eine Wandlung. Innerhalb von zwei/drei Seiten mutiert sie zur selbstbewussten Frau, die sich als Ziel gesetzt hat, einen Buchladen in der Kleinstadt zu eröffnen, um den Menschen dort, etwas von ihrer Großzügigkeit zurück zu geben. Das wirkt auf mich - vorsichtig ausgedrückt - etwas unrealistisch ....

Doch dann passierte etwas ganz wundervolles: So wie Sarah beginnt, sich auf die Menschen in Broken Wheel einzulassen (oder die Einwohner auf sie), so konnte ich mich auf das Buch einlassen. Die Personen wurden plastisch, kamen mir nahe, hatten Charakter. Ich sah diese Menschen vor mir, fühlte und lachte mit ihnen. Ein leichtes Schmunzeln lag beim Lesen auf meinen Lippen.

Und absolut genial finde ich die Szene, in der die Autorin darüber schreibt, wie unterschiedlich Bücher riechen können. Da wird unterschieden in gebundene Ausgaben und Taschenbücher, aber auch zwischen englischen und schwedischen Taschenbüchern gibt es Geruchsunterschiede. Oder Klassiker, Lehrbücher, neue Bücher ....

Ich bin also nicht alleine mit meinem Tick, erstmal die Nase in ein Buch zu stecken und eine Geruchsprobe zu nehmen ...
Und wie es mit Sara und ihren Büchern in der kleinen Stadt weiter geht? Das lest am besten selbst ...

Veröffentlicht am 16.01.2017

Waschen, schneiden und verkuppeln ...

Das Schicksal wartet beim Friseur - Waschen schneiden lieben
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"Das Schicksal wartet beim Friseur" von Anna Jansson ist 2016 bei btb erschienen.

Zum Inhalt: Die Autorin Anna Jansson schreibt sonst eher Kriminalromane, die auch verfilmt worden sind. Hier erzählt sie ...

"Das Schicksal wartet beim Friseur" von Anna Jansson ist 2016 bei btb erschienen.

Zum Inhalt: Die Autorin Anna Jansson schreibt sonst eher Kriminalromane, die auch verfilmt worden sind. Hier erzählt sie über Angelika Lagermark, eine leidenschaftliche Friseurin Ende vierzig und seit sieben Jahre Witwe, die in ihrem eigenen Salon nicht nur Haare schneidet, sondern so ganz nebenbei auch noch ihre Kundinnen und Kunden verkuppelt. Das läuft auch ganz wunderbar, bis Angelika eines Tages Opfer eines Betrügers wird. Dieser verkauft sowohl ihr Haus, als auch teilweise die Häuser der anderen Bewohnern von Visby im Internet. Und auf einmal ist sie sich auch nicht mehr sicher, ob dieser Betrüger nicht sogar der Mann ist, in den sie sich Hals über Kopf verliebt hat…..

„In den sieben Jahren, die ich den Salon d`Amour nun schon betreibe, habe ich nicht weniger als sechsundzwanzig Brautpaare zusammengebracht. Ich habe zu Hause auf dem Klavier ein Album liegen.“

Angelika und ihr Mitarbeiter Ricky lieben es, ihre Kundinnen und Kunden zu verkuppeln. Dafür haben sie sich ein eigenes System ausgedacht, nach dem sie Männlein und Weiblein einteilen und ihnen dann möglichst zeitgleich Termine zum Waschen, schneiden, föhnen geben. Und durch dieses System werden hier alle Protagonisten zu Hauptpersonen. Nicht nur die Besitzerin und ihr Mitarbeiter werden überaus plastisch geschildert, sondern eben auch die zu verkuppelnden Personen stehen vor meinem inneren Auge Spalier. Jeder strahlt eine gewisse Persönlichkeit aus, ob verschroben, skurill, liebenswert oder abstoßend.

Dadurch wird das Buch lebendig und faszinierend mit einem großen Hauch von augenzwinkerndem Humor. Und dann kommt noch die Spannung hinzu, die aber auch eher leicht daher kommt. Trotzdem fragt man sich: Wer ist wohl Sindbad, der unbekannte E-Mail-Schreiber? Und wer ist der Betrüger, der die Menschen um ihr Hab und Gut bringt? Ist es tatsächlich der Unbekannte, in den sich Angelika verliebt?

„In vielerlei Hinsicht tut es weniger weh, das Leben der anderen zu leben, statt sich über das eigene den Kopf zu zerbrechen, wenn ohnehin alles Schiffbruch erlitten hat. Es ist kein einziger Tag vergangen, an dem ich nicht an Joakim gedacht hätte, die Liebe meines Lebens, meinen Mann.“

Jansson ist hier ein ganz wundervoller Schmöker gelungen, voller Humor und Leichtigkeit geschrieben. Ein perfektes Buch zum Abschalten, wenn die Tage – so wie jetzt – nass und grau sind und man ein wenig Helligkeit und ein Lächeln braucht ….

Veröffentlicht am 16.01.2017

Ein wunderbarer Schmachtfetzen ...

Morgen kommt ein neuer Himmel
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"Morgen kommt ein neuer Himmel" von Lori Nelson Spielman ist 2014 bei Fischer Krüger erschienen.

Zum Inhalt: Brett ist zutiefst traurig, als ihre Mutter nach kurzer und schwerer Krankheit stirbt. Und ...

"Morgen kommt ein neuer Himmel" von Lori Nelson Spielman ist 2014 bei Fischer Krüger erschienen.

Zum Inhalt: Brett ist zutiefst traurig, als ihre Mutter nach kurzer und schwerer Krankheit stirbt. Und dann auch zunehmend verwirrt, als sie bei der Testamentseröffnung erfährt, dass nicht sie, sondern ihre Schwägerin die Leitung der großen Firma für Naturkosmetik übernimmt. Und schließlich soll sie auch noch innerhalb von einem Jahr Lebensziele erfüllen, die sie mit 14 Jahren mal aufgeschrieben hat. Dabei hat sie doch eigentlich mit Freund, Job und schicker Wohnung schon viel erreicht. Zumindest sieht sie es bis dahin so. Andererseits würde ansonsten ihr Erbe flöten gehen und so manche Ziele von damals klingen ja doch recht interessant …..

„Werde ich je damit leben können, den Menschen in meinem Leben zu vermissen, der mich bedingungslos geliebt hat?“

Hier ist nichts neues zu erwarten – es geht um die klassische Geschichte von „Wer bin ich und was will ich eigentlich wirklich vom Leben?“ Diesmal eben mit Hilfe einer Liste von früheren Lebenszielen, die Brett innerhalb eines Jahres erfüllen muss, um ihr Erbe antreten zu können. Da wäre dann so etwas leichteres, wie Anschaffung eines Hundes oder eine alte Freundschaft wieder aufleben lassen. Aber die Beziehung zu ihrem Vater kitten, der schon seit einigen Jahren tot ist oder ein Baby bekommen – das klingt schon etwas schwieriger. Aber weil Brett das klassische nette Mädchen von nebenan ist, stellt sie sich den Herausforderungen. Ob sie es schaffen wird, mit Hilfe alter und neuer Freunde, ihre eigentlichen Ziele und sich selbst wieder zu finden? (Ich glaube, diese Frage kann sich jeder selber beantworten….)

Sprachlich und inhaltlich ist dieses Buch bestimmt kein Überflieger, strotzt teilweise nur so vor Klischees und ist m. M. nach absolut vorhersehbar.

Aber entgegen all meinem „Gemecker“ fand ich das Buch nicht schlecht.
Manchmal brauche ich sowas: Kitschig, weichgespült, vorhersehbar – kurz, ein Schmachtfetzen. Wenn um mich herum alles grau ist, nicht nur äußerlich, sondern vor allem auch innerlich. Dann will ich nichts schweres oder nachdenkliches. Dann lese ich, ohne großartig darüber nachdenken zu müssen. Und genieße es….

Veröffentlicht am 16.01.2017

Wenn dein Kind verschwindet ....

Anders
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"Anders" von Anita Terpstra ist 2016 bei Blanvalet erschienen.

Zum Inhalt: Eine ganz normale, glückliche Familie – bestehend aus Alma, ihrem Mann Linc und den Kindern Iris und Sander. Doch eines Tages ...

"Anders" von Anita Terpstra ist 2016 bei Blanvalet erschienen.

Zum Inhalt: Eine ganz normale, glückliche Familie – bestehend aus Alma, ihrem Mann Linc und den Kindern Iris und Sander. Doch eines Tages verschwindet der elfjährige Sander aus einem Ferienlager und sein Freund wird tot aufgefunden. Sechs Jahre später taucht ein junger Mann auf, der behauptet, er sei der verschwundene Sander. Zunächst scheinen alle überglücklich, doch dann tauchen Zweifel und Fragen auf …..

„Alma kam es vor, als befänden sie und Iris sich im Auge eines Orkans, und alles um sie herum würde sich drehen. Ohne Richtung, ohne Ziel. … Aber auch sie waren der zerstörerischen Kraft ausgeliefert, die Leben ohne Vorwarnung von einer Minute zur anderen zugrunde richtete.“

Das ist der Albtraum einer jeden Familie – dein Kind verschwindet. Die Autorin schafft es meisterhaft zu verdeutlichen, wie sich die einzelnen Familienmitglieder damit fühlen und zurecht finden. Dabei kommt dieser Thriller recht leise daher. Er ist weder blutrünstig noch actionreich. Tatsächlich nimmt er in meinen Augen erst kurz vor Schluß Tempo auf und endet sehr abrupt.

Was mir gut gefallen hat, ist die Zeichnung der einzelnen Charaktere mit all ihren Facetten und Abgründen und wie unterschiedlich jeder der Familie mit dem Verschwinden von Sander umgeht. Dabei ist mir Alma, die Mutter, tatsächlich unsympathisch. Bei ihr dreht sich alles um Sander: Als er noch da ist, als er weg ist und auch als er wieder auftaucht. Ihre erstgeborene Tochter läuft eher am Rande mit und wird mit ihren Ängsten überhaupt nicht ernst genommen. Das dritte Kind wird erst nach Sanders Verschwinden gezeugt und geboren – hier drängt sich mir der Verdacht des „Ersatzkindes“ auf.

Auch die Beziehungen der Familie untereinander wird sehr deutlich und fast schon psychologisch gezeichnet. Und auch die Situationen, als Sander zurück ist und bei allen Familienmitgliedern Zweifel an ihm wach werden, werden durch Rückblenden hervorragend geschildert. Die Fragen, die sich alle stellen oder wenn sie anfangen, den Sander von früher und den von jetzt gegenüberzustellen, Bilder nebeneinander legen und Charakterzüge vergleichen. Da erst wird deutlich, wie tief die Abgründe bei Sander selbst sind.

Gerade dieses psychologische und genau gezeichnete macht für mich dieses Buch aus. Ansonsten war es mir in einigen Dingen zu sehr vorhersehbar und auch die Stimmung des Buches konnte mich nicht vollkommen überzeugen. Vielleicht habe ich auch schon zu viele Thriller mit ähnlicher Thematik gelesen, die einfach besser und packender waren.

Wer allerdings einen ruhigen Thriller sucht, der das Hauptaugenmerk auf die psychologische Darstellung der einzelnen Figuren legt, der ist bei diesem Buch genau richtig und wird bestimmt gefesselt sein.