Profilbild von kati-katharinenhof

kati-katharinenhof

Lesejury Star
offline

kati-katharinenhof ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit kati-katharinenhof über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.05.2020

Ganz großes Kino

Die Lilienbraut
0

Ein Ende kann auch ein neuer Anfang sein und so hat Liv den Schritt ins Ungewisse gewagt und den Traum von einem eigenen Laden mit unwiderstehlichen Düften und Seifen im Kölner Stadtteil Ehrenfeld eröffnet. ...

Ein Ende kann auch ein neuer Anfang sein und so hat Liv den Schritt ins Ungewisse gewagt und den Traum von einem eigenen Laden mit unwiderstehlichen Düften und Seifen im Kölner Stadtteil Ehrenfeld eröffnet. Die zufällige Begegnung mit einer alten, weißhaarigen Dame lässt sie sprach- und fassungslos zurück, denn diese betagte Frau hat sie beschimpft und gezetert. Doch wer ist sie, dass sie sich alleine durch Livs Anwesenheit in Rage versetzen lässt? Liv beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen und ahnt nicht, dass von nun an ihre eigene Familiengeschichte umgeschrieben wird…

Wer die Bücher von Teresa Simon in die Hand nimmt, der bekommt Historisches, Romantisches und Aufwühlendes in Vollendung und kann in gefühlsbetonte, leidenschaftliche Geschichten mit Tiefgang eintauchen. In ihren neuen Roman „Die Lilienbraut“ widmet sie sich ganz den Düften und Wohlgerüchen und entführt so den Leser in eine magische Welt, die sich wie ein gutes Parfüm nach und nach entfaltet. Die Basis ist eine aufregende Geschichte, die im Köln der Gegenwart beginnt und weit zurückführt in das Köln des Zweiten Weltkrieges, als die hirnverbrannten Ideologien eines Einzelnen die Welt in Atem gehalten und das Grauen über die Menschheit gebracht haben. Hier begegnen wir Nellie, einer neugierigen jungen Frau, die nicht nur das untrügliche Gespür für Düfte hat, sondern auch ein Herz, das vor Liebe überquillt. Leider darf sie ihren Liebsten nicht öffentlich lieben, denn er ist katholischer Priester und ihre Situation mehr als aussichtslos.
Vor dem realen Hintergrund der Bombenangriffe, den aufwieglerischen Reden der Nazi-Bozen im Radio und den Versuchen der Edelweisspiraten, ein Zusammenschluss von Widerständlern, erzählt hier die Autorin eine bittersüße Liebesgeschichte, die den Leser gefangen nimmt.
Nach und nach entdeckt Liv in der Gegenwart die Zusammenhänge zu ihrer eigenen Familiengeschichte, muss sich einem feigen Stinkbombenanschlag gegen ihr Geschäft stellen und verliert dabei ihr Herz an den gutaussehenden, smarten Jan, dessen Familiengeschichte ebenfalls dazu beiträgt, dass die Karten im Leben von Liv neu gemischt werden. Ihre Beziehung, ihre Geschichte ist die Herznote des Romans, denn hier verbinden sich ausgewählte, perfekt kombinierte Ingredienzen zu einer warmherzigen Romanze, die mit Kindermund gespickt ist. Der kleine Thijs ist ein herziges kleines Kerlchen, das man am liebsten nur noch knuddeln und liebhaben möchte. Er hat sich sofort in mein Leserherz geschlichen 😊
Ähnlich wie bei einem guten Parfüm, geht diese Geschichte die enge Verbindung mit dem Leser ein und man kann sich dem Sog, den die beiden Erzählstränge ausüben, nur ganz schwer entziehen.
Teresa Simon weiß, wie sie ihre Leser glücklich machen kann und so entführt sie uns mit außergewöhnlichen Duftkompositionen, aber auch mit dem Grauen und Schrecken des Krieges in die Trümmer der Stadt am Rhein, die normalweise voller Lebensfreude und Fröhlichkeit steckt.
Die Auflösung der einzelnen Familienbande, das Zusammenfügen der Tagebucheinträge und den Erzählungen von Jans Oma geben dem Leser das Gefühl, alles hautnah mitzuerleben und einer von ihnen zu sein.
Das historische Nachwort und die angehängten Rezepte vervollständigen den Roman und lassen ihn nicht nur zu einem echt duften Werk werden, sondern ihn noch lange nachklingen.
Terese Simon hat es wieder geschafft, ein Buch zu schreiben, dessen Geschichte sich wie ein zarter Duft durch die Räume bewegt und dich mit den einzelnen Komponenten verwöhnt und liebevoll umhüllt.
Chapeau !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.05.2020

Geht unter die Haut und klingt lange nach

Auschwitz
0

Vor ein paar Tage war der 75. Jahrestag zum Ende des Zweiten Weltkrieges und dieses Buch ist Mahnmal und Erinnerung an die Opfer zu gleichen Teilen.
Ich habe schon viele Bücher über Auschwitz gelesen, ...

Vor ein paar Tage war der 75. Jahrestag zum Ende des Zweiten Weltkrieges und dieses Buch ist Mahnmal und Erinnerung an die Opfer zu gleichen Teilen.
Ich habe schon viele Bücher über Auschwitz gelesen, aber noch nie ist mir mit solchen detailreichen Schilderungen das Ausmaß der Todesmaschinerie so deutlich vor Augen geführt worden. Endlich hat sich jemand ein Herz gefasst und hat noch genauer beleuchtet, mit welcher Akribie hier das Morden vorangetrieben wurde.
Ablichtungen von Originalzeichnungen, Schriftverkehr, Dokumenten - all das legt Zeugnis ab über die Geschichte eines Ortes, der mit aller Gewalt aus seinem unschuldigen Dasein gerissen wurde und für alle Zeit mit dem Inbegriff des Grauens verbunden ist.
All meine Worte können nicht das ausdrücken, was ich während des Lesens empfunden habe - Wut, Trauer, Fassungslosigkeit. Das Bildmaterial ist beeindruckend und zeigt dem Leser das ungeschönte Grauen.
Dieses Buch geht unter die Haut und klingt lange nach- ein Buch gegen das Vergessen !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 16.05.2020

Ein Highlight 2020 !

JuniNebel
0

Bernard hat vor Jahren seiner Heimat an der Küste den Rücken zugekehrt, denn nichts hat ihn mehr dort gehalten, was man eigentlich als Zuhause bezeichnet. Der Anruf seines Bruders, dass der Vater verschwunden ...

Bernard hat vor Jahren seiner Heimat an der Küste den Rücken zugekehrt, denn nichts hat ihn mehr dort gehalten, was man eigentlich als Zuhause bezeichnet. Der Anruf seines Bruders, dass der Vater verschwunden sei, lässt ihn zurückkehren und auf den Spuren dessen wandeln. Eine mysteriöse Zeichnung, die sein Vater angefertigt hat, zeigt das Gesicht eines jungen Mannes und wirbelt den Staub auf, der sich jahrzehntelang wie ein Mantel des Vergessens über die Familie gebreitet hat. Erst die Gespräche mit Robert, Vaters Freund aus alten Tagen, lässt den Nebel lichten…

„JuniNebel“ ist ein intensiver Roman, der sich mit den Folgen des Schweigens und der Verdrängung auseinandersetzt. Bernard hat von je her keine gute Beziehung zu seinem Vater gehabt und sich mehr oder weniger darüber gewundert, dass es in seiner Familie so etwas wie Gefühlskälte gibt.
Erst die Gespräche mit Robert bringen nach und nach Licht ins Dunkel und so erlebt Bernard die intensivste Begegnung mit seinem Vater, ohne ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen.
Ute Ziskah setzt wirkungsvoll Metaphern ein, um ihre – manchmal fast schon poetischen – Worte in ausdrucksstarke Bilder umzuwandeln.
Ihre Figuren sind starke Persönlichkeiten, die sich aber alle erst noch finden müssen. Dieses Suchen und Finden, egal ob das eigene Ich, der Liebe oder dem Platz im Leben, wird von ihr mit eindringlichen, leisen Worten erzählt und führt so zurück in das dunkelste Kapitel Deutschlands.
Bernard muss erkennen, dass Verdrängung und Verleugnung nicht das Wahre im Leben ist und man sich seinen Aufgaben, egal wie schmerzhaft sie sein werden, stellen muss.
Erst als alle Puzzleteile geordnet und an ihren vorgesehenen Platz geschoben sind, entdeckt Bernard den Sinn des Lebens.
Für mich ist dieser kleine Roman ein überraschendes Leseerlebnis, das ich so definitiv nicht erwartet hätte. Die Nebel der Küste stehen hier für die Lügen und Schleier im Leben von Bernard, die sich nach und nach verziehen und ein klares Bild ergeben. Wenn man hinter die Kulisse blickt, öffnet sich stückweise der Zugang zu den einzelnen Charakteren, die den Leser mit ihrer Lebensgeschichte in ihren Bann ziehen.
Für mich ein Highlight 2020!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.05.2020

Bewegend, berührend- unbedingt lesen !

Der Junge aus dem Trümmerland
0

1947 - Mitten in den Trümmern von Berlin hat sich eine kleine Bande zusammengetan und erlebt einige Abenteuer. Paul ist einer von ihnen und er versucht tapfer, gegen die Nachwirkungen des Krieges anzukämpfen. ...

1947 - Mitten in den Trümmern von Berlin hat sich eine kleine Bande zusammengetan und erlebt einige Abenteuer. Paul ist einer von ihnen und er versucht tapfer, gegen die Nachwirkungen des Krieges anzukämpfen. Lebensmittel organisiert er meist auf dem Schwarzmarkt und er ist da schon ein richtiger Fuchs, weiß wie man die besten Sachen ertauschen kann. Pauls vermisst seinen Vater, der bisher noch nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist, doch Paul gibt die Hoffnung nicht auf, dass der Vater eines Tages doch noch vor der Tür steht. Getragen von dieser Hoffnung muss Paul aber mit der Enttäuschung fertig werden, dass sich seine Mutter mit einem GI tröstet und diesen heiraten möchte. Paul will unter keinen Umständen, dass Bill den Platz seines Vaters einnimmt und deswegen muss Bill verschwinden – um jeden Preis…

„Der Junge aus dem Trümmerland“ erzählt mit sehr lebhaften und eindrücklichen Bildern von der Kindheit zwischen den Trümmern und lässt die schwarzen Gerippe der zerbombten Häuser , die immerzu existierende Staubschicht aus Schutt und Asche für den Leser lebendig werden. Man streift mit Paul und seinen Freunden durch das Nachkriegsberlin und erlebt das ein oder andere aufregende Abenteuer mit. Die Situation, auch zwei Jahre nach Kriegsende, ist immer noch nicht für die Kinder zu begreifen und die Nachwirkungen des Krieges, die Bombennächte und die eigenen Erfahrungen aus den letzten Kriegstagen sind immer noch präsent.
Paul ist hin und hergerissen, denn er möchte um jeden Preis verhindern, dass ausgerechnet ein GI den Platz seines heldenhaften Vaters einnimmt und so setzt er alles daran, Bill loszuwerden. Angestachelt durch Falke, die als Anführerin die Truppe noch mit dem braunen Gedankengut regelmäßig versorgt, schmiedet Paul diverse Pläne, wie man dem Amerikaner am besten zu Leibe rückt.
Als sich eine überraschende Wendung ins Pauls Leben ereignet, ist nichts mehr so, wie es war. Paul muss feststellen, dass sich seine schönsten Träume in Albträume verwandelt haben und er erkennt, dass eine Kindheit ein jähes Ende nimmt.
Sarah Bergmann spricht in ihrem Jugendbuch erstaunlich offen die Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit an und scheut auch nicht davor, Gewalt, Verherrlichung der Nazi-Ideologien und Kriegstraumata zu thematisieren. Einfühlsam und mit leisen Worten schildert sie die Ereignisse und genau diese leisen Töne schleichen sich ins Herz, lassen das Gelesene intensiv nachwirken und mich so an den Schicksalen der Trümmerkinder teilhaben.
Paul ist mir ans Herz gewachsen, auch wenn ich manchmal mit seinem Handeln nicht ganz einverstanden bin. Aus heutiger Sicht nur schwer zu beurteilen, denn wir sind alle Kinder des Friedens und können uns kaum vorstellen wie es ist, umzudenken. Denn was jahrelang als gut und richtig galt, ist von einem Tag auf den anderen falsch und böse. Dass das nicht immer ohne Querelen, Missverständnisse und Zankerei abläuft, ist verständlich.
Die Autorin bringt dem Leser die innere Zerrissenheit und das Aufbegehren von Paul nahe und lässt ihn dadurch zum Kumpel werden, mit dem man durch die Trümmerberge streift.
Pauls Entscheidung zum Ende des Buches zeigt, wie sehr er gereift ist.
Ein Jugendbuch, das man definitiv gelesen haben muss !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.05.2020

Nervenkitzel und Adrenalin pur !

Das Haus am Moor
0

Der elfjährige Theo wird Opfer einer akribisch geplanten Entführung. Die Täter haben ihn in ein altes verlassenes Haus im Herrenmoor verschleppt. Doch damit nicht genug, denn auch in der bestgeplanten ...

Der elfjährige Theo wird Opfer einer akribisch geplanten Entführung. Die Täter haben ihn in ein altes verlassenes Haus im Herrenmoor verschleppt. Doch damit nicht genug, denn auch in der bestgeplanten Tat können sich Dinge ereignen, die man nicht vorsehen kann. Im Versteck tauchen plötzlich zwei Ausreißerinnen auf, die die Täter vollkommen aus dem Konzept bringen und die Situation eskaliert. Ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt….

„Das Haus am Moor“ ist mein erster Krimi von Heike Denzau und ich bin restlos begeistert, denn bisher habe ich die Schreibende nur als Autorin von Romanzen gekannt.
Der Wechsel in dieses Genre ist ihr hervorragend gelungen und ich ertappe mich häufig dabei, dass ich vor atemloser Spannung tatsächlich vergesse Luft zu holen.
Der Plot ist extrem fesselnd und nervenaufreibend, hat ganz viele unerwartete Wendungen zu bieten und kettet den Leser regelrecht an die Seiten. Einmal angefangen, kann man das Buch nur sehr schwer wieder aus den Händen legen.
Ein psychopathischer Täter treibt sein blutiges Unwesen und zieht somit seine Komplizen immer weiter in einen Strudel aus Gewalt und psychischen Machtspielen. Der Leser kann, wie die Ermittler, bald nicht mehr erkennen, wer hier zu den Guten gehört und die ersten Zweifel an Integrität und Loyalität sind gesät. Die Saat geht nach und nach auf, denn die Autorin streut immer mehr Hinweise, die die Zwietracht blühen lassen.
Oft führen diese Hinweise aber auf den Holzweg und ich irre in diesem Dickicht aus Tatverdächtigen, Opfern und möglichen Tathintergründen umher. Der Fall ist so komplex, atmosphärisch dicht und manchmal ganz schön unheimlich, denn die Lage des Verstecks im Herrenmoor ist schon ein wenig gruselig. Die Autorin spielt hier gekonnt mit den unheimlichen und angsteinflößenden Szenen, die die beklemmende Situation im Haus für den Leser erlebbar macht.
Das Martyrium von Theo geht mir sehr nahe – ich möchte den Jungen einfach nur in den Arm nehmen, trösten und ihm sagen, dass alles gut wird.
Auch gefallen mir Figuren, die hier zum Leben erweckt werden -allen voran Hauptkommissarin Lyn Harms. Ihr Spagat zwischen Familie und Beruf ist für den Leser nachvollziehbar geschildert und man kann sich in ihre Gedanken- & Gefühlswelt sehr gut hineinversetzen. Dazu ihre Kombinationsgabe und die menschliche Seite, die sie, dank der Autorin, ausleben darf. Das macht sie nahbar und führt dazu, dass man sich mit ihr verbunden fühlt.
Die Charaktere sind facettenreich angelegt und man findet von der liebenden Stiefmutter über den smarten Stiefsohn, die eifrige Assistentin der Geschäftsführung bis hin zum Täter mit blankliegendem Nervenkostüm alles, was es zu einem spannenden Krimi braucht. Die Figuren lassen sich nämlich nicht so leicht in die Karten schauen und bei manch einem/einer fällt die Maske, je weiter Kommissarin Lyn ermittelt.
Die Szenen wirken alle sehr echt und authentisch, laufen wie ein spannender Farbfilm vor meinem inneren Auge ab und ich beginne so unweigerlich, auf eigene Faust zu ermitteln und eigene Vermutungen anzustellen.
Für mich ist „Das Haus im Moor“ ein schaurig-spannender Regio-Krimi, der Nervenkitzel und Adrenalin pur bietet.
Absolute Leseempfehlung !

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere