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Veröffentlicht am 30.05.2020

Auszeit auf Island

Der Sommer der Islandtöchter
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Auf den zweiten Islandroman von Karin Baldvinsson habe ich mich schon sehr gefreut, da mir der erste, von diesem inhaltlich vollkommen unabhängige, Roman sehr gut gefallen hat. Mich fasziniert Island ...


Auf den zweiten Islandroman von Karin Baldvinsson habe ich mich schon sehr gefreut, da mir der erste, von diesem inhaltlich vollkommen unabhängige, Roman sehr gut gefallen hat. Mich fasziniert Island und ich habe die Insel auch selbst schon einmal entlang der Ringstraße bereist, daher freute ich mich sehr darauf, nun zumindest beim Lesen in Gedanken wieder dorthin zu kommen.

Der Ort, in dem der Großteil der Handlung spielt, ist Húsavik, ganz oben im Norden Islands. Für nordisländische Verhältnisse schon ein recht großer Ort, aber dennoch leben dort nur gut 2000 Menschen. Viele Touristen kommen aufgrund der von dort startenden Whalewatching-Touren oder des neuen Geothermalbades nach Húsavik. Ein Teil der Geschichte spielt auch in und um Akureyri, der zweitgrößten Stadt Islands, die das Zentrum des Nordens ist. Zur Orientierung gibt es für den Leser im hinteren Umschlag eine Karte.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen, zwischen denen zunächst kein Zusammenhang besteht.
Im Sommer 1978 ist Monika aus Lüneburg mit ihren Eltern zu Besuch bei deren isländischen Geschäftspartnern in Akureyri, während ihr Verlobter in Deutschland geblieben ist. So ganz glücklich ist sie mit den Zukunftsplänen, die ihre Eltern für sie haben, aber nicht und so bringt sie ein junger Isländer ganz schön durcheinander.
Im Sommer 2018 kommt Hannah mit ihrem dreijährigen Sohn für ein Sabbatjahr nach Húsavik, da sie nach einer Operation nicht mehr professionell Geige spielen kann und auch ihre Ehe am Ende ist und sie sich darüber klar werden will, wie ihr Leben nun weitergehen soll. Dort stößt sie dann aber nicht nur auf Spuren aus ihrer Vergangenheit, sondern auch auf einen interessanten, aber nicht unkomplizierten Mann.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Dadurch, dass sich die verschiedenen Zeitebenen abwechseln, wird Spannung aufgebaut und der Ausgang der Geschichte ist nicht vollkommen vorhersehbar. Besonders Hannah ist mir sympathisch und ich kann mich gut in sie hineinversetzen. Isländische Eigenheiten und besondere Orte, das raue Wetter sowie typische Spezialitäten spielen ein Rolle, so dass auch ausreichend Lokalkolorit vorhanden ist und zumindest bei mir die Lust geweckt wurde, bald einmal wieder nach Island zu reisen.

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Zeitreise durch die deutsch-deutsche Vergangenheit

Margos Töchter
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An diesem Roman hat mich die Kurzbeschreibung definitiv mehr angesprochen, als die Covergestaltung und der Titel. Bücher, die sich mit der jüngeren deutschen Vergangenheit beschäftigen, finde ich aber ...

An diesem Roman hat mich die Kurzbeschreibung definitiv mehr angesprochen, als die Covergestaltung und der Titel. Bücher, die sich mit der jüngeren deutschen Vergangenheit beschäftigen, finde ich aber sehr spannend und so war mein Interesse geweckt. Bei "Margos Töchter" handelt es sich eigentlich um die Fortsetzung von "Ab heute heiße ich Margo", ich konnte den Roman aber auch gut lesen, ohne den ersten Band zu kennen.

Im Jahr 2011 versucht die 34-jährige Jana Seliger mehr über die Vergangenheit ihrer Adoptivmutter Leonore herauszufinden, deren Tod im Jahr 1991 angeblich ein Selbstmord gewesen sein soll, nachdem Janas Adoptivvater sie für eine andere Frau verlassen hat. Das, was sie am Sterbebett von Leonores Mutter Margo und beim Einblick in Leonores Stasiakte erfahren hat, lassen sie immer mehr zweifeln. Der Roman befasst sich dann ausführlich mit Leonore, ihrem Verhältnis zu ihren Eltern, ihrer Jugend- und Studienzeit in Westdeutschland und schließlich auch der Zeit nach der Adoption Janas bis zu Leonores Tod. Dabei spielen immer wieder geschichtliche Ereignisse und ihre Einflüsse auf das tägliche Leben der damaligen Zeit eine Rolle, wie die RAF und der Deutsche Herbst, Tschernobyl und die Wiedervereinigung.
Außerdem lernt man Clara kennen, die in der DDR aufwächst und dort schon in jungen Jahren eine zuverlässige Genossin ist und später für die Stasi arbeitet. Leonore und Clara haben mehr miteinander zu tun, als es anfangs scheint.

Ich fand es sehr spannend, mit diesem Roman auf Zeitreise in die jüngere Vergangenheit zu gehen und aus Sicht der Protagonistinnen einschneidende Ereignisse mitzuerleben, die ich selbst, aufgrund meines Alters noch nicht oder nur am Rande mitbekommen habe. Der Roman bleibt auch lange spannend, manches löst sich erst ganz am Schluss auf. Der Schreibstil von Cora Stephan war für mich angenehm lesbar und alles wirkt, inklusive vieler Details, sehr sorgfältig recherchiert.

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Veröffentlicht am 20.05.2020

Zurück auf der Insel

Wiedersehen in der kleinen Inselbuchhandlung
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Im Mittelpunkt dieses Romans steht zum einen Krimiautor Hauke, der auf der kleinen Nordseeinsel aufgewachsen ist, nun aber in Berlin lebt und für eine Lesung in der Buchhandlung von Greta, die auch in ...

Im Mittelpunkt dieses Romans steht zum einen Krimiautor Hauke, der auf der kleinen Nordseeinsel aufgewachsen ist, nun aber in Berlin lebt und für eine Lesung in der Buchhandlung von Greta, die auch in den anderen Bänden der Bücherinsel-Reihe eine Rolle spielt, zurück auf die Insel kommt. Die weibliche Protagonistin ist Wiebke, seine Jugendfreundin, zu der er seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Sie ist auf der Insel geblieben, ist alleinerziehende Mutter von fast 6-jährigen Zwillingen und führt alleine den Bauernhof ihrer verstorbenen Eltern. Zu ihrer früheren Clique gehörten aber auch noch Kai und Nicole, die beide auch seit kurzem wieder zurück auf der Insel sind. Da sie vor 20 Jahren aber nicht gerade in Frieden auseinander gegangen sind, bleibt die Stimmung auch nach dem Wiedersehen bei Haukes Lesung angespannt und alle müssen sich erst wieder langsam annähern. Doch ganz egal sind sie sich, trotz aller ungeklärter alter Konflikte, nicht.

Ich fand es schön, mit diesem Buch wieder auf die Nordseeinsel reisen zu dürfen. Die Protagonist*innen sind mir sympathisch, besonders Hauke und Wiebke. Ich finde es gut, wie sie alleine den Hof führt und sich nicht so schnell unterkriegen lässt, obwohl das keine leichte Arbeit ist und sie mit allerlei Widrigkeiten, wie dem zu niedrigen Milchpreis zu kämpfen hat. Hauke wirkt sehr reflektiert und man merkt, dass er seine Insel der Kindheit und seine Clique vermisst. Allüren scheint er keine zu haben, obwohl er ein recht bekannter Schriftsteller ist und er scheut sich auch nicht, mit anzupacken.
Außerdem hat es mich gefreut, einige alte Bekannte aus den Vorgängerbänden als Nebenfiguren "wieder zu treffen". Auch der friesische Lokalkolorit und das Inselfeeling kommen nicht zu kurz. Der Schreibstil von Janne Mommsen ist wie immer lebendig und gut lesbar.

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Veröffentlicht am 15.05.2020

Sprachgewaltiges Debüt über Trauerbewältigung

Marianengraben
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„Marianengraben“ ist der Debütroman der Frankfurter Autorin Jasmin Schreiber. Die Covergestaltung ist auffällig und eher ungewöhnlich, etwas düster in der Farbgestaltung mit dunkelrot-schwarzen Tentakeln ...

„Marianengraben“ ist der Debütroman der Frankfurter Autorin Jasmin Schreiber. Die Covergestaltung ist auffällig und eher ungewöhnlich, etwas düster in der Farbgestaltung mit dunkelrot-schwarzen Tentakeln auf schwarzem Grund mit einer Art dunkelblauem Wellenmuster.

Der Titel „Marianengraben“ steht metaphorisch dafür, wie tief die Protagonistin Paula in ihrer Depression, ausgelöst durch den überraschenden Tod ihres kleinen Bruders Tim steckt, anfangs gefühlt elf Kilometer tief, so tief wie der Marianengraben. Nachts auf dem Friedhof, als sie sich nach langer Zeit, mit Hilfe ihres Psychologen überwinden konnte, das Grab ihres Bruders wieder zu besuchen, lernt sie, allerdings unbeabsichtigt, den schrulligen Rentner Helmut kennen. Die beiden bilden anschließend ein mehr oder weniger freiwilliges Team, das sich auf eine ungewöhnliche Mission, eine Art Roadtrip begibt und so langsam auch zu sich selbst zurück und einen Weg aus der Trauer findet.

Die Themen Trauer und Depression sind natürlich keine leichte Kost, aber Jasmin Schreiber ist es mit vielen tollen Metaphern, die die Gefühlswelt von Paula verdeutlichen und sehr liebevollen Erinnerungen an ihren Bruder Tim gelungen, dass man sich als Leser sehr gut in Paula hineinversetzen kann und mit ihr fühlt. Die Metapher mit dem Marianengraben, die sich durch das ganze Buch zieht und an der die aktuelle Gefühlslage von Paula aufgezeigt wird, passt einfach zur ihr, der Biologin und auch zu ihrem, immer wissbegierigen Bruder, den sie so schmerzlich vermisst. Jasmin Schreiber hat die Charaktere von Paula, Tim und Helmut sehr überzeugend ausgestaltet. Die sprachliche Gestaltung des Romans hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Er ist einerseits gut lesbar, anderseits enthält er aber auch so viele tolle sprachliche Bilder, von denen man sich am liebsten einige herausschreiben würde, um sie nicht wieder zu vergessen. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf weitere Bücher der Autorin!

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Zufluchtsort für Frauen in Not

Das Haus der Frauen
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Die französische Autorin Laetitia Colombani erzählt in das „Haus der Frauen“ die Geschichte eines besonderen Hauses mitten in Paris und die zweier Frauen in verschiedenen Jahrhunderten, in deren Leben ...

Die französische Autorin Laetitia Colombani erzählt in das „Haus der Frauen“ die Geschichte eines besonderen Hauses mitten in Paris und die zweier Frauen in verschiedenen Jahrhunderten, in deren Leben dieses Haus und seine Bewohnerinnen eine wichtige Rolle spielen.

Blanche Peyron lebte vor gut 100 Jahren für die Heilsarmee und ihre Ideale und half den Ärmsten der Armen. Dabei fiel ihr auf, dass es für notleidende, Schutz suchende Frauen viel zu wenige Notunterkünfte gab, um dem Elend zu entkommen. Daher setzte sie, obwohl sie selbst ein schweres Lungenleiden hatte, alles daran, einen leer stehenden Gebäudekomplex in Paris für ihre Organisation zu erwerben, um sehr viel mehr Frauen einen Zufluchtsort bieten zu können.

Solène ist eigentlich eine erfolgreiche Anwältin im Paris von heute. Nachdem sich einer ihrer Mandanten nach einem verlorenen Prozess vor ihren Augen das Leben nimmt, leidet sie an Burn-Out und landet in einer Klinik. Ihr Psychologe rät ihr, sich ehrenamtlich zu engagieren und so landet sie als Schreiberin im Haus der Frauen, das auch heute noch Frauen aller Altersgruppen und Nationalitäten ein Zuhause für kurze oder auch lange Zeit bietet. Sie verfasst auf Wunsch Briefe für die Frauen, die nicht richtig schreiben können oder nicht sicher in der französischen Sprache sind. Im Verlauf des Romans lernt man so viele verschiedene Frauenschicksale kennen und erfährt, wie sie im Haus der Frauen gelandet sind. Diese Geschichten lassen auch Solène nicht kalt. Zugleich wächst sie aber mit ihrer neuen Aufgabe und überwindet so ihre Depression.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen, auch wenn die Schicksale der einzelnen Bewohnerinnen oft keine leichte Kost darstellen. Laetitia Colombani schildert diese sehr detailliert und ungeschönt. Sie zeigt auch auf, dass das Zusammenleben so unterschiedlicher Persönlichkeiten und die Arbeit mit den Frauen alles Andere als einfach ist und dass man niemanden aufgrund des ersten Eindrucks verurteilen sollte. Gleichzeitig würdigt sie mit ihrem Buch, die fast in Vergessenheit geratene Blanche Peyron, die etwas Großartiges für Generationen von Frauen in Not geschaffen hat. Und auch Solène ist eine Frau, in die ich mich gut hineinversetzen kann, die starke Anwältin, die sich insgeheim aber doch oft schwach fühlt und sich nach Liebe und danach, dazuzugehören, sehnt. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm zu lesen.

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