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Veröffentlicht am 23.05.2020

Extremismus ist kein Weg

Töchter des Todes
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Eigentlich könnte alles so einfach sein – Aylin hat ihr Abitur geschafft und überlegt was sie studieren oder arbeiten möchte. Ihre Schwester Semina arbeitet und studiert in Köln, auch wenn es in letzter ...

Eigentlich könnte alles so einfach sein – Aylin hat ihr Abitur geschafft und überlegt was sie studieren oder arbeiten möchte. Ihre Schwester Semina arbeitet und studiert in Köln, auch wenn es in letzter Zeit ruhig um Semina geworden ist. Doch dann erfährt Aylin durch die sozialen Medien dass ihre Schwester sich dem IS angeschlossen hat, die Familie stürzt ins Chaos. Und nicht nur das, sie werden in ihrer kleinen Stadt verurteilt, ausgeschlossen, angefeindet und als Bedrohung angesehen. Doch die Gefahr kommt aus einer ganz anderen Ecke… die ein leichtes Spiel hat weil sie niemand beachtet…

„Hab keine Angst, möchte ich ihr sagen. Wer etwas Böses vorhat, hält sich nicht damit auf, an Türen zu klingeln. Glaub mir, ich weiß es. Damals in Bosnien habe ich es selbst erlebt. Ich weiß, wie sie es machen. Sie treten die Türen ein oder werfen Brandsätze durch die Fenster. Sie kommen nachts. Sie…Entsetzen überrollt mich.“(Seite 122)

Ich möchte an dieser Stelle erstmal der Autorin meinen Respekt aussprechen für ihren Mut und ihre Weitsichtigkeit. Denn vieles was in diesem Buch behandelt wird, gerade in Punkto Anfeindungen, Drohungen per persönlich, per sozialen Medien ist der Autorin so widerfahren, samt Familie, sie hat sich aber nicht geschlagen gegeben sondern den Spieß umgedreht. Und in diesem Buch verarbeitet sie auch ihre Erlebnisse und Geschehnisse.

Der Schreibstil ist zu Beginn sehr ruhig und wir lernen die Schwester und Mutter von Semina kennen – Aylin und Kristina Hodzic´. Ebenso Jordan hat seinen Platz, er ist der Freund und Mitarbeiter von Aylin. Stefanie ist die gemeinsame Freundin der Familie von Kristina, Aylin hat immer auf den Sohn Tim von Stefanie aufgepasst. Und Star….die sich dem IS angeschlossen hat und nun ihre Geschichte in kurzen Kapiteln zur Sicht freigibt. Sie alle haben ihren Platz in der Geschichte, fügen immer wieder Puzzleteile der Geschichte zu. Die Kapitel sind kurz, knackig und leicht zu lesen.

Die Familie Hodzic´ hat den Hauptpart in diesem Buch. Jeder hat seine Geschichte in dieser Familie, auch die Eltern die hier erzählt und erwähnt wird. Zeigt auf was die Eltern auf sich nehmen mussten, was Politik und Religion mit ihnen gemacht hat, warum den Eltern die Religion nicht wichtig ist. Und dann Semina, die immer als intelligent, zurückhaltend und gesittet galt, die sich plötzlich dem IS zugewendet hat. Wieso, Weshalb, Warum bleibt ein Geheimnis, aber umso näher die Geschichte dem Ende kommt, umso mehr lichtet sich das WirrWarr und lässt den Leser mehr als einmal überrascht und schockiert zurück.

Jordan hat ebenso ein schlimmes Erlebnis hinter sich, aber auch noch andere Gemeinsamkeiten mit der Familie Hodzic´- sie sind in Deutschland geboren, haben ihren Schulabschluss, gehen arbeiten und sind integriert in der Gesellschaft. Doch wie sieht es die Gesellschaft? Kann man sagen dass Extremismus und Vorurteile nicht vorhanden sind? Wie weit haben sich die Gesellschaften entwickelt?

Stefanie ist Deutsche, steht aber für viele Menschen in Deutschland die sich nicht der Hetze hingeben wollen und werden. Die in der eigenen Familie, Freundeskreis oder Ehe Diskussionen führen über den Extremismus, die hohe Zahl der Flüchtlinge, wie der Weg weitergeführt werden soll. Diskussionen die in Streit, Bruch und eigenen Ansichten zerstören oder führen zusammen, sind aber nicht mehr wegzudenken.

Wie reagiert die Gesellschaft wenn sich jemand dem IS angeschlossen hat? Die Gesellschaft? Die sozialen Medien, die Presse im Allgemeinen? Was macht die Politik wenn IS Kämpfer geläutet zurückkehren möchten? Wie sind ihre Chancen? Wem kann man vertrauen?

Die Autorin hat sich auch mit Familien getroffen die davon betroffen sind/waren – ihre Kinder haben sich dem IS angeschlossen und was nun? Wie geht es für sie weiter? Wie geht es mit den Kindern weiter? Wie kommt man an Informationen? Was kann man selbst machen um die Kinder wieder zurückzubekommen? Und wie sicher ist das? Gibt es ihr den „goldenen“ Weg.

Doch es ist kein Buch welches Stimmung macht, ob jetzt für oder gegen den IS. Nein, in diesem Buch geht es um mehr. Es geht um jegliche Art von Extremismus, dass dieser nie unterschätzt werden darf, aber gerne unterschätzt wird. Dass diese Seiten, egal wo man hinschaut, mit den gleichen Lockmitteln und Argumenten arbeitet. Und vor allem – das wir hier in Deutschland an unserem Ton arbeiten müssen, an was wir meinen vorverurteilen zu können und dürfen und dass wir gerade auf dem rechten Auge sehr blind erscheinen, nach wie vor.

Mich hat dieses Buch sehr beschäftigt, schockiert und erneut aufgerüttelt. Und ich empfehle es daher dringend und an jeden weiter!

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Für alle Fans des hohen Nordens

Hamburg und andere Gelegenheiten
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„Was Mona sagt, ist schön“, so das Hamburger Abendblatt zu diesem Buch. Und ja, ich kann dieser Aussage im Ganzen auf jeden Fall zustimmen.
Mona Harry ist Poetry Slammerin, Autorin & Bühnenpoetin und das ...

„Was Mona sagt, ist schön“, so das Hamburger Abendblatt zu diesem Buch. Und ja, ich kann dieser Aussage im Ganzen auf jeden Fall zustimmen.
Mona Harry ist Poetry Slammerin, Autorin & Bühnenpoetin und das mit einer absolut tollen und mitreissenden Leidenschaft. Diese Leidenschaft merkt man in ihrem Buch „Hamburg und andere Gelegenheiten“ auf jeden Fall an!
Nicht nur die Worte bestechen, lassen einen schmunzeln, träumen, wagen aber auch innehalten und nachdenken, sondern auch die schönen, oft in Blau gehaltenen Zeichnungen und Bilder der Autorin runden dieses kleine Buch perfekt ab. Als Geschenk für alle die Hamburg lieben, es durch Worte und Bilder kennenlernen wollen, Hamburg im Bücherschrank halten möchten.
Die Autorin schreibt nicht nur über die Stadt selbst, sondern auch über das Wetter, die Kühle die man dem Norden nachsagt, dem Seemannsgarn, den Schiffen und Schafen, den Städten und Kulturgütern, aber auch was eine Großstadt wie Hamburg es ist bedeutet, wie einsam man sich fühlen kann, wie kalt und unwohl, aber dann wieder mit der Heimat und den Menschen verbunden.
Und doch auch Dinge die man in jeder Schicht der Gesellschaft findet, in jeder großen und jeder kleinen Stadt oder Dorf. Dass man manchmal gar nicht so verschieden ist, egal woher man kommt, gewisse Denkweisen gut und manche nicht von Vorteil sind.
Ein Buch welches mir viel Spass gemacht hat es zu lesen. Poetry Slam folgt nicht immer einer direkten Linie, schweift manchmal ab, legt den Finger direkt in die Wunde und bringt einen doch zum Lachen, das sollte man mögen und sich auch darauf einlassen können. Ich liebe den Norden, und ich habe auch Hamburg schon ein paar Mal besucht, finde es einer der schönsten Städte Deutschlands. Auch wenn man mit dieser Stadt keine Gefühle und Bilder verbindet, so ist das Buch über Hamburg und andere Gelegenheiten doch eine sehr gute Gelegenheit dies zu ändern und sich sinnlich nach Hamburg zu begeben.
Ich bin von diesem kleinen Büchlein sehr angetan und empfehle es gerne weiter!

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Home Girl sucht Zuhause

Home Girl
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Naomi ist erst 14, hat aber schon einiges mitgemacht. Nachdem ihre Mutter verstorben ist kümmerte sie sich alleine um den Haushalt und ihren alkoholkranken Vater…bis das Jugendamt sie in Obhut nahm. Seitdem ...

Naomi ist erst 14, hat aber schon einiges mitgemacht. Nachdem ihre Mutter verstorben ist kümmerte sie sich alleine um den Haushalt und ihren alkoholkranken Vater…bis das Jugendamt sie in Obhut nahm. Seitdem hat Naomi schon viele Heime und Pflegefamilien erlebt, mit Enttäuschungen und viel Wut. Doch mit der neuen Pflegefamilie, den Goldings, läuft es anders, besser…wäre da nicht ihre Freundin Kim die sie ständig vor den Pflegefamilien warnte und dass die Goldings schwarz sind..
„Ich steh auf der Adoptionsliste, seit ich zwölf bin. Genauso gut hätten sie mich auf die Warteliste für den ersten Flug zum Mars setzen können. Jetzt will ich gar nicht mehr adoptiert werden.“ (Seite 116)
Alex Wheatle ist, größtenteils, in Kinderheimen aufgewachsen. Man kann also sehr gut annehmen dass vieles was der Autor hier in diesem Buch be – und aufschreibt, der Wahrheit entspricht, das Innenleben eines Kindes widergibt welches eigentlich nur einen sicheren Hafen sucht.
Der Schreibstil ist cool, locker, manchmal frech, zum schmunzeln, zum aufregen, mitfühlen und hier und da möchte man das Buch einfach an die Wand werfen, man erlebt als Leser auch einiges an Gefühlsfacetten.
Naomi. Mit ihren 14 Jahren. Schon viel erlebt, was genau wird im Laufe der Geschichte deutlich, ihre Kindheit endete sehr abrupt als ihre Mutter verstarb und sie die Verantwortung des Erwachsenen in der Familie übernehmen musste. Man fühlt mit ihr mit und gleichzeitig ist es schwer Naomi von Beginn an zu mögen denn sie mault, meckert, zetert und jammert an allem und jedem, manchmal möchte man sie schütteln und doch in den Arm nehmen und ihr die gewünschte Sicherheit geben.
Die Goldings fand ich im Gesamtbild sehr interessant dargestellt, alleine weil auch die Eltern Golding einiges in ihrer Kindheit mitgemacht haben, also sich in viele Situationen von ihren Pflegekindern hineinversetzen können. Auch die Vergleiche mit anderen Familien die Naomi aufgesucht hat waren interessant, liebevoll und hier und da erschreckend aus welchen eigennützigen Gründen Menschen Pflegekinder aufnehmen möchten.
Es ist kein Buch welches Sympathien wecken wird, schon gar nicht von Beginn an. Man hat nicht nur mit Naomi zu kämpfen sondern auch mit ihren zwei Freundinnen Kim und Nats die ihr viele Ohrwürmer ins Ohr setzen nur damit sie die Oberhand behalten, die Macht der Freundschaft, auch in die falsche Richtung, wenn auch gut gemeint, wird hier sehr klar. Eben Kinder in allen Altersklassen die einfach nur eine Familie suchen wie es selbstverständlich in der Gesellschaft sein sollte.
Das System ist kaputt, es ist marode, hat seine Lücken und Fehler, seine Vorurteile und zu wenig Hilfe, Geld, Mitarbeiter und den offenen Blick für das oft Offensichtliche. Dies prangert der Autor nicht direkt an, nein, es fließt mit in die Geschichte und lässt einen den Kopf sehr oft schütteln. Gerade diese Kinder, egal in welchem Alter sie sich befinden, brauchen Sicherheiten und keine warmen Worte und Taten die erst folgen wenn zig Formulare ausgefüllt und genehmigt wurden. Wie wichtig und verletzlich dieses System ist wird von Alex Wheatle sehr einfühlsam, doch mit aller Wucht und der kalten Realität in seinem Buch „Home Girl“ umgesetzt.
Äusserst Lesenswert!
„ In dem Ganzen müssen solche wie wir aufeinander aufpassen. Zu viele Pflegeeltern interessiert nur, wie sie selbst dabei aussehen, nicht das Wohl der Kinder, um die sie sich ja angeblich kümmern wollen.“ (Seite 117)

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Veröffentlicht am 23.05.2020

Die Sprache der Blumen

Der Liliengarten
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Der plötzliche Tod des Großvaters trifft die junge Schauspielerin Lilly schwer. War der doch ihr Held der Kindheit, hatte immer für sie Zeit, lenkte sie von der eher kühlen Liebe der eigenen Mutter ab ...

Der plötzliche Tod des Großvaters trifft die junge Schauspielerin Lilly schwer. War der doch ihr Held der Kindheit, hatte immer für sie Zeit, lenkte sie von der eher kühlen Liebe der eigenen Mutter ab die Lilly erfahren hat. Und nun hat sie sein Guthaus in Holstein geerbt und möchte ein paar Tage dort verbringen. Doch dann findet sie ein Tagebuch ihrer verstorbenen Großmutter…ein Thema was in der Familie nie angeschnitten werden durfte…und Lilly versucht Licht in das dunkle Geheimnis ihrer Familie zu bringen.
Ein Roman der für ein kurzweiliges Lesevergnügen sorgt, der das ein oder andere Thema aus anderen Epochen anspricht und sich viel mit der Sprache beschäftigt- gerade mit der Sprache der Blumen.
Und das muss man mögen, sich dafür interessieren, sonst könnte das Buch eher langweilig und nicht ganz überzeugend auf den Leser wirken.
Der Schreibstil hat die Autorin sehr schön und gefühlvoll umgesetzt, sie beschreibt sehr bildhaft die Landschaften, die Blumen, die Begebenheiten. Durch den Wechsel zwischen Lilly, die aktuell das Tagebuch der Großmutter Isabelle aus dem Jahr 1959 liest, wird die Geschichte aus zwei Perspektiven erzählt und gestaltet sich im Ganzen sehr spannend.
Mit Lilly hatte ich sehr lange meine Probleme, dabei würde ich ihr nicht mal Absicht unterstellen. Sie ist jung, als gefeierte Schauspielerin abgestürzt und versteckt sich vor der Welt. Man merkt diesen Druck den Lilly an sich hat, es allem Recht zu machen, immer die zu sein die alle sehen wollen. Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist ebenso nicht als Gut zu bezeichnen, Lilly kann schon gar nicht als mit ständigen Gefühlsschwankungen leben und das macht sie auf der einen Seite interessant, unter den Umständen sehr authentisch, aber sie kostet auch viele Nerven.
Isabelle hatte es schon in ihrer Kindheit schwer, als Frau hat man eh nichts zu wollen und ohne verheiratet zu sein, ohne Mann der einem alles „erlaubt“ kann man nicht mal den Führerschein machen oder ein Konto eröffnen. Vieles was die Autorin hier erzählt war mir nur am Rande bewusst, zeigt es aber doch auf wie die Frauen nach dem Zweiten Weltkrieg und in den 60iger Jahren behandelt wurden, welchen Stellenwert sie hatten.
Was sich bei der Familie wie ein roter Faden zieht ist die Liebe zu den Blumen. Gerade die Großmutter und Mutter von Lilly haben einen besonderen Bezug zu den Blumen, verstehen die „Sprache der Blumen“ und können somit vieles deuten wenn sie Blumen pflanzen oder geschenkt bekommen. Ich persönlich habe von dieser Sprache schon gehört und war daher sehr neugierig wie dies umgesetzt wird. Mich konnte das Wissen überzeugen und es hat sich gekonnt in die Geschichte eingefügt.
Natürlich wird das Geheimnis zum Ende gelüftet, es ist jetzt kein Roman wo man lange überleben muss was es denn sein könnte, mit der Zeit kann man sich gewisse Dinge und Geschehen zusammenreimen, trotzdem ist man natürlich neugierig was sich zwischen den einzelnen Parteien intern abgespielt hat.
Es ist ein Roman der zum kurzweiligen Lesen und Abschalten einlädt, der aber nicht zu kitschig oder überladen daherkommt oder den man abwertend beurteilen sollte. Nein, die Autorin hat einige interessante Themen, auch aus der Nachkriegszeit sehr gut umgesetzt. Nicht mit dem großen Tiefgang, aber das ist auch nicht nötig. Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und von daher empfehle ich es gerne weiter.


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Veröffentlicht am 23.05.2020

Eine große Stadt ist aus dem Anlitz Europas getilgt.

Die Nacht, als das Feuer kam
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„In den 1930er-Jahren erklärte Lord Tiverton, dass „das Mädchen, das eine Granate in einer Fabrik herstellt, genauso Teil der Kriegsmaschinerie ist wie der Soldat, der sie wirft“. (Seite 156)
Jeder kennt ...

„In den 1930er-Jahren erklärte Lord Tiverton, dass „das Mädchen, das eine Granate in einer Fabrik herstellt, genauso Teil der Kriegsmaschinerie ist wie der Soldat, der sie wirft“. (Seite 156)
Jeder kennt die Bilder aus Geschichtsbüchern, aus Dokumentationen, aus Museen, von Erzählungen – Dresden völlig zerstört im Februar 1945, ein Feuersturm ohnegleichen, ausgebrochen durch verschiedene Arten von Bomben, hat grausam durch die Gassen gewütet.
Wer trägt Schuld?
Wurde dadurch der weitere Verlauf über Sieg und Niederlag des Zweiten Weltkrieges bestimmt?
Wie erging es der Bevölkerung die diese schreckliche Nacht erleben musste?
Wem geben sie die Schuld?
Wie gingen die Piloten mit diesen Bildern und Geschehnissen um als sie über das schon brennende Dresden erneut flogen?
Kann man verzeihen und auf diesen Grundlagen neu beginnen?
Das Buch besticht durch Bilder die Dresden vor dieser Nacht zeigen, es gibt Fotos von den Menschen die hier zu Wort kommen, es gibt ebenso die Bilder nach dieser Nacht. Karten zu Beginn des Buches zeigen auf wie der Angriff wo erfolgte, gibt genaue Einblicke.
Der Autor hat sein Buch in 3 Kapitel unterteilt.
Im Ersten lernen wir Dresden kennen, seine Geschichte, seine Architektur, seinen Glanz, die Kunst und Musik die in dieser Stadt schon immer herrschte, die vielen Kirchen mit ihren Türmen, ihrem Inneren, wie es Menschen begeistert durch Museen und die Oper zu schlendern, schöne Einkaufsgassen, berühmte Künstler und Komponisten, Architekten die ihre Liebe zu Dresden in Bilder, Noten, Gebäude, Worte fassen. Der Autor bringt einem das Dresden von damals unglaublich nah, sehr bildgewaltig flaniert man ebenso im Kopf durch die Stadt und kann sich den Worten und diesem Zauber nicht entziehen.
Im Zweiten erfolgt die Schreckensnacht. Wann der erste Bombenangriff begann, wie die Bevölkerung sich darauf vorbereitet hat, konnte, musste. Wie hoch waren die Sicherheitsmaßnahmen, wie viele Bunker standen Dresden zur Verfügung? Zeitzeugen, die damals diese Schreckensnacht erleben musste kommen zu Wort, geben einen tiefen und sehr aufwühlenden Einblick in die Geschehnisse was am 13. Februar 1945 passierte. Der Autor erklärt gekonnt, realistisch und eindringlich was dieses ganze Arsenal von Bomben anrichten konnte und auch tat. Welche Art von Bomben ihren Einsatz fanden, wie sich daraus dieser Feuersturm durch die Strassen entfachen konnte, welche Auswirkungen er auf Gebäude, Strassen, Natur, Tier und Mensch hatte.
Im Dritten beginnt der Wiederaufbau, die Zeit der Erholung, des Nachdenkens, der Diskussionen über das Geschehene. Die Schuldfrage. Der Aufbau durch die Besatzungsmacht der Sowjetunion, das Entstehen der DDR, wie sich Dresden gewandelt hat. Wie nach dieser Bombennacht die Welt zu diskutieren begann, ob und wie weit dieser Angriff seine „Richtigkeit“ hatte. Kann man diese Tausende von Opfern entschuldigen weil man den Krieg unbedingt gewinnen wollte? Hatte es den „gewünschten“ Effekt wie von den Alleierten erhofft? Wie gehen die Generationen damit um? Wie und wo hat sich Dresden verändert, gerade nach dem Ausbau?
Der Schreibstil ist fesselnd, einfach aber gut erklärt, ich war schnell von diesem Buch eingenommen und fand es bewundernswert wie Sinclair McKay diese ganzen Eindrücke bildlich geschaffen hat. Da einige Personen zu Worte kommen wäre ein Personenregister manchmal sehr hilfreich gewesen. Auch sehr bewundernswert war das nicht nur die Bevölkerung ihre Zeit bekam, sondern auch die Politik, egal ob durch die Machtschergen der Nazis die in Dresden damals das Sagen hatten, wie sie gewisse Dinge handhabten. Oder in England und Amerika, als Politiker, Militär und oberste Generäle stritten, überlegten, überzeugten wie und ob der Krieg gewonnen werden kann mit solchen Bombennächten. Ebenso gibt es noch den ein oder anderen Piloten der damals nach Dresden fliegen musste, ihre inneren Gefühlskämpfe kamen ebenso zu Wort wie auch die hohe Belastung und Gefahr als Bomberpilot damals im Krieg zu fliegen.
Die Schuldfrage ist gar nicht das große Thema in diesem Buch, die kann sich jeder selbst beantworten, wenn die Antwort denn so leicht wäre. Denn „von Deutschland ging ein Feuer aus, machte einen großen Bogen um die Welt und kehrte zurück nach Deutschland“. (Seite 419)
Vielleicht sollte man sich hier ein großes Beispiel an den Generationen der Dresdner nehmen die heute Partnerstädte in England haben, die darüber reden und diskutieren ohne Hass und Vorurteile, die versuchen aufeinander zuzugehen. Dies gelingt, wie auch der Autor weiß, nicht überall, gerade auch in Dresden, aber es gibt, zum Glück genug Menschen die diesem „neuen“ Gedankengut entgegenstehen.
Ein Buch, ein Tag dem wir alle gedenken sollten, auf dass es nie wieder passieren möge und von daher empfehle ich es wirklich jedem!

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