Ausflug in die Bronzezeit
Schade eigentlich, dass sich noch nicht mehr Autoren der Bronzezeit angenommen haben – gerade der spektakuläre Fund der Himmelsscheibe von Nebra eignet sich doch hervorragend als Aufhänger. Ulf Schiewe ...
Schade eigentlich, dass sich noch nicht mehr Autoren der Bronzezeit angenommen haben – gerade der spektakuläre Fund der Himmelsscheibe von Nebra eignet sich doch hervorragend als Aufhänger. Ulf Schiewe zeigt hier jedenfalls, wie viel man aus dem Thema herausholen kann.
Er entführt die Leser ins Deutschland des zweiten Jahrtausends vor Christus. Die Gegend zwischen Elbe, Saale und Unstrut wird von dem in mehrere Klans aufgespaltenen Volk der Ruotinger besiedelt. Orkon aus dem Klan der Helminger herrscht als Fürst über alle anderen. Doch er und vor allem sein Sohn Arrak sind ob ihrer Grausamkeit in der Bevölkerung verhasst. Außerdem beten sie Hador, den Gott der Unterwelt, an und scheinen alle anderen Götter verdrängen zu wollen.
Genügend Gründe also für die18jährige Rana, die bald zur Priesterin der Fruchtbarkeits- und Liebesgöttin Destarte geweiht werden soll, die Herrschaft der Helminger abzulehnen. Sie überlegt fieberhaft, was sie dagegen unternehmen könnte.
Ihr Vater Utrik, ein weit gereister und geschickter Schmied, ist derweil damit beschäftigt, eine geheimnisvolle Bronzescheibe anzufertigen, welche eine Botschaft der Götter abbilden soll.
Der historische Hintergrund ist wie gesagt sehr interessant. Der Autor dürfte auch gründlich recherchiert haben, wie der ausführliche Anhang (inklusive Hinweisen auf weiterführende Literatur) zeigt. Dennoch konnte er sich einige dichterische Freiheiten erlauben, weist der Forschungsstand zu dieser Epoche doch schon allein aufgrund der fehlenden Schriftzeugnisse eine Reihe von Lücken auf, die gefüllt werden müssen - insbesondere was das damalige Glaubenssystem betrifft, welches im Roman eine große Rolle spielt.
Alles in allem ist es ihm jedenfalls gelungen, eine glaubwürdige und stimmige Geschichte darüber zu entwerfen, wie die Himmelsscheibe und auch einige andere archäologische Fundstücke entstanden sein und welche Bedeutung sie gehabt haben könnten. Auch die Lebensweisen und Herrschaftsverhältnisse der Bronzezeit werden anschaulich geschildet.
Diese Geschichte wird flott erzählt und weist einige Spannungsmomente auf. Für meinen Geschmack sind es vielleicht ein bisschen zu viele Gewaltszenen, was aber wohl auch zu dieser Zeit passt.
Die auftretenden Personen sind gelegentlich etwas eindimensional, im Großen und Ganzen aber doch gut gezeichnet. Ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten und Lebensumstände sorgen für Abwechslung und tragen ebenfalls zu einem umfassenden Protrait dieser Epoche bei.
Ich kann diesen Roman daher allen an der Frühgeschichte Interessierten nur weiterempfehlen. Er bietet auch einen angenehmen Kontrast zu den in historischen Romanen sonst behandelten Themen.