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Veröffentlicht am 21.06.2020

Außergewöhnliches Buch, für das man etwas Gewöhnungszeit benötigt.

Der unsichtbare Garten
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Inhalt: Vincent wird erblinden und er kann nichts dagegen tun. Sein altes Leben mit Freundin und festem Job ist unwiederbringlich vorbei. Können eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, ein Garten, eine neue Liebe ...

Inhalt: Vincent wird erblinden und er kann nichts dagegen tun. Sein altes Leben mit Freundin und festem Job ist unwiederbringlich vorbei. Können eine Rückkehr zu seinen Wurzeln, ein Garten, eine neue Liebe und Freunde, die zu ihm halten, ihm helfen, die Veränderung zu bewältigen und seinen Platz im Leben wiederzufinden?

Meinung: Dieses Buch ist vom Schreibstil her sehr ungewöhnlich, einen auktorialen Erzähler trifft man nicht allzu häufig an! Auch das Cover ist ein echter Eyecatcher – es zeigt eigentlich ein farbiges Blumenmotiv, das aber durch den milchigen Umschlag verdeckt wird. Super Einstimmung zum Thema!

Am Anfang habe ich mich mit dem Lesen etwas schwer getan, da die Sichten zwischen den Charakteren oft hin und her springen. Auch die Zeitwechsel waren teilweise dezent verwirrend, es war schwer herauszufinden, wie viel Zeit nun wieder vergangen ist oder an welchem Ort man sich nun befindet. Das hat den Lesefluss etwas behindert, weil man gerade zu Beginn in das Buch erstmal hineinfinden muss, sich anfreunden will, und Verwirrung trägt nicht gerade dazu bei. Nach und nach geht es jedoch einfacher, die Charaktere, insbesondere Arnaud und Coline, sind mir sehr ans Herz gewachsen. Sie unterstützen Vincent in dieser schweren Zeit wo sie nur können, ohne ihn anders zu behandeln als vorher. Mit Protagonist Vincent habe ich mir erst etwas schwer getan. Als ich damals die Inhaltsangabe gelesen habe, dachte ich aus unerfindlichen Gründen, dass Vincent ein Kind/Teenager ist und so wirklich kam ich auch während des Lesens nicht davon weg - ich weiß wirklich nicht, warum. Seine Verzweiflung zu erblinden ist förmlich greifbar. Ablehnung nahestehenden Personen gegenüber, Hoffnungslosigkeit, unrealistische Wünsche, Wut und Trauer begleiten ihn. Seine Stimmungen schreibt er in einem Tagebuch nieder. Die Einblicke in seine Gedanken sind viel intensiver und eindrucksvoller als es der normale Schreibstil zu beschreiben vermag. Die Dialoge hingegen wirken teilweise etwas zu steif, ob man sich wirklich so unterhalten würde? Mehr Tiefe wäre hier wünschenswert.

Das letzte Drittel des Buches hat mir am besten gefallen. Der Schreibstil ist flüssiger, die verschiedenen Szenen nicht mehr abgehackt. Außerdem kommt hier nun endlich dem Garten aus dem Titel mehr Bedeutung zu, denn bisher war dieser noch sehr losgelöst vom Inhalt. Die Bedeutung für Vincent wird klar, unsere Hauptfigur scheint angekommen zu sein. Das Erblinden sorgt dafür, dass Vincent auch mit zerstrittenen Personen wieder ins Reine kommt, er ist offen für die einfachen Dinge im Leben. Diese Entwicklung war sehr schön zu lesen, nun konnte ich ihn wirklich als Mann sehen.

Als Fazit bekommt das Buch von mir 4 von 5 Sternen – es gibt zwar literarisch noch Luft nach oben, doch der Schreibstil und das Cover sind wirklich außergewöhnlich.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

Vor der Vergangenheit kann man nicht davonlaufen

Denn das Leben ist eine Reise
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Inhalt: Aimée lebt schon seit sie denken kann mit ihrer Mutter Marielou in einem Wohnwagen. Doch die Alkoholsucht ihrer Mutter bringt die beiden mehr und mehr auseinander. Nun ist Aimée Ende Dreißig und ...

Inhalt: Aimée lebt schon seit sie denken kann mit ihrer Mutter Marielou in einem Wohnwagen. Doch die Alkoholsucht ihrer Mutter bringt die beiden mehr und mehr auseinander. Nun ist Aimée Ende Dreißig und wohnt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einem schicken Haus. Die Stimmung aber ist alles andere als gut. Als sich die negativen Ereignisse häufen, steigt sie mit ihrem Sohn in ihren alten Bulli und fährt nach St. Ives, wo sie hofft, ein neues Leben aufbauen zu können. Doch vor der Vergangenheit kann man nicht davonlaufen.


Meinung: Mir hat das Buch wirklich gefallen und hat mich von einem Leben träumen lassen, in dem man wirklich nur das tut, was einen glücklich macht. Die Protagonistin Aimée und ich haben gut zueinander gefunden. Sie ist eine starke Frau, die unglaublich viel gibt für die Leute, die ihr am Herzen liegen. Auf ihre Mutter Marielou beispielsweise achtet sie so viele Jahre lang, wenn diese nach einem Alkoholrausch mal wieder in ihrem Wohnwagen liegt. Für mich als Leser war das teilweise echt unverständlich, denn sind wir mal ehrlich: zumindest in der ersten Hälfte des Buches ist sie wirklich eine grässliche Mutter. Ich konnte nicht verstehen, wieso sie ständig Alkohol trinken und sich derart wenig um ihre Tochter kümmern konnte. Als sie in der 2. Hälfte des Buches wieder auftaucht, hätte ich sie am Liebsten dahin geschickt, wo der Pfeffer wächst. Merkte sie nicht, dass ihre Tochter nichts von ihr wissen wollte? Im Laufe der Geschichte werden ihre Motive zwar aufgedeckt und am Ende durchlebte auch ihre Persönlichkeit einen großen (positiven) Wandel, doch so richtig konnte ich ihr nie verzeihen.

Wem ich auch nie verzeihen und wen ich sogar noch weniger leiden konnte als Marielou, war Aimées Exmann Per. Ich setze hier mal verschiedene Flüche ein. Wie kann ein Mensch derart manipulativ, eigensüchtig und herzlos sein? Jedes Mal dachte ich mir: "Das hast du jetzt nicht wirklich getan?!" Dass Aimée jeweils vergleichsweise ruhig geblieben ist - Respekt. Ich als Leser bin wirklich jedes Mal durch die Decke gegangen und übersehe auch mal ganz gewollt seinen Versuch, es halbwegs wieder gut machen zu wollen. Das hat leider wirklich gar nicht zum Charakter gepasst, wie er am Anfang präsentiert wurde.

Kommen wir aber nun zu Charakteren, die ich leiden konnte. Neben Aimée waren das auch ihre große Jugendliebe Daniel und ihr Sohn Len. Daniel ist einfach der perfekte Zuhörer, ist als Tischler handwerklich begabt und scheint immer genau zu wissen, wie er Aimée Gutes tun kann. Ganz abgesehen davon, dass er im Gegensatz zu Per hervorragend mit Len umzugehen weiß. Der ist eher ein stiller Junge, tut sich schwer, Freundschaften zu schließen, blüht aber in St. Ives richtig auf. Als dann herauskam, warum er immer eine Puppe namens Lenna dabei hat, musste ich doch kurz weinen.

Den einen Stern Abzug gibt es also für die Charaktere - sie waren teils nicht nachvollziehbar/aufgefeilt/tiefgründig genug. Ich meine damit, dass Figuren wie z.B. Per plötzlich eine Wandlung durchzogen, die im Kontrast zu ihrer Persönlichkeit stand und auch irgendwie motivlos war. Der Grund wurde nicht genug erläutert. Andere Charaktere wiederum waren zu oberflächlich, sie schienen bloß kreiert worden zu sein, damit Aimée mal ein kleines Schwätzchen mit ihnen halten kann. Ich hätte gerne mehr zu ihren Hintergründen erfahren, zu ihren Geschichten.

Ansonsten aber ist Hanna Millers Schreibstil sehr flüssig, Beschreibungen der Umgebung sind nicht zu lang, nicht zu kurz, die Emotionen kommen super rüber und die Sprache der Charaktere ist an das jeweilige Alter angepasst. Auch haben mir die kleinen Rückblicke am Anfang jedes Kapitels gefallen, die dann meist im Kontext des Kapitels erklärt wurden.

Mir hat das Buch sehr gefallen; es war eine Geschichte mit Hochs und Tiefs und einer Reise, die Zukunft und Vergangenheit vereint und zu einem glücklichen Ende geführt hat.

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Veröffentlicht am 29.11.2024

Wer wir sein können.

Unsere Zukunft flirrt am Horizont
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„Du siehst jetzt schon ziemlich verloren aus, Marcin.“ „Da irrst du dich. Ich richte gerade meinen Kompass neu aus.“

Da ich schon einige (Jugend)Bücher von Popescue gelesen habe, wusste ich, was auf mich ...

„Du siehst jetzt schon ziemlich verloren aus, Marcin.“ „Da irrst du dich. Ich richte gerade meinen Kompass neu aus.“

Da ich schon einige (Jugend)Bücher von Popescue gelesen habe, wusste ich, was auf mich zukommt. Hier war ich jedoch auch froh, dass es diesmal „nur“ drei Protagonisten gab, die alle ihre aus ihrer Perspektive berichten, und nicht noch mehr. So konnte ich wesentlich besser den Überblick behalten.

Das Buch beinhaltet viele schöne Gedankenansätze, die in dem gesprochenen Jugendslang (teilweise etwas zu viel des Guten) fast schon unnatürlich gewirkt haben. Wenn man aber die Authentizität beiseite lässt, kann man aus diesen Gedanken und Handlungen viel lernen: Es geht um Zukunftswünsche, Hoffnungen, für sich einzustehen, wie wichtig Freundschaft ist und dass man immer neu anfangen kann. Seine Zukunft selbst gestalten kann. Klar sind das alles keine neuen Themen, aber ich denke gerade für die entsprechende Zielgruppe ist das Buch sehr wertvoll.

Was mich gestört hat waren die langatmigen Szenen zwischendurch, wenn sich Gedanken oder Gespräche immer wiederholt haben, nur weil es jetzt ein anderer Gesprächspartner vor. Auch gab es für meinen Geschmack etwas zu viele Klischees: Alle drei Charaktere hatten ein schlechtes/toxisches Elternhaus und Marcin mit seinem Bad-Boy-Aussehen muss natürlich auch was verbrochen haben - denkt man zumindest.

“Unsere Zukunft flirrt am Horizont“ liest sich schnell weg und ist ein schönes Buch für Zwischendurch - nicht zu seicht, nicht zu tiefgründig. Es ähnelt sehr den anderen Büchern der Autorin, was durchaus nichts schlechtes ist. Aber man weiß eben, was kommt. Gefühlstechnisch geht es trotzdem sehr emotional daher, handlungstechnisch weniger. Ich vergebe 3,5/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 22.11.2024

Über Gut und Böse.

Zeit des Sturms
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"It’s good to feel fear. If you feel fear it means there’s something to be feared, so be vigilant. Fear doesn’t have to be overcome. Just don’t yield to it. And you can learn from it."

Obwohl dieser Band ...

"It’s good to feel fear. If you feel fear it means there’s something to be feared, so be vigilant. Fear doesn’t have to be overcome. Just don’t yield to it. And you can learn from it."

Obwohl dieser Band der zweite der Vorgeschichten ist, ist er unbedingt erst nach der Hauptreihe zu lesen! Aus Spoiler- sowie aus Interpretationsgründen. Während des ganzen Buches kam kein einziger Spoiler für die Hauptreihe, weshalb ich mich schon immer gefragt habe, warum nicht davor lesen? Die letzten zwei Seiten haben es dann aber erklärt; hier wird Bezug genommen auf das Ende der Hauptreihe und lässt einiges an Interpretationsspielraum zu. Für mich persönlich war es sehr positiv und hoffnungsvoll! Aus dem Grund hat wohl Sapkowski diesen Band auch geschrieben, weil die Leser unzufrieden mit dem Hauptende waren. Diese Weitererzählung am Ende hat auch mich wieder froh gestimmt und alleine dafür lohnt sich das Buch.

Ansonsten ist "Zeit des Sturms" eine interessante Kurzgeschichte für zwischendurch. Die Handlung ist nicht besonders spannend und wartet auch mit einigen kleinen Fragezeichen auf, hat aber trotzdem zwischendurch seine Höhen. Man kommt hier vor allem in den Genuss von Hexerarbeit, Geralt gegen die Ungeheuer, auch wenn es gar nicht die klassische Hexerart ist. Viel mehr werden in diesem Buch die Morale und Werte von Hexern, inbesondere von Geralt, philosophiert und dargelegt, was die Handlungsminuspunkte wieder wettmacht. Die Diskussion über Gut und Böse, Ungeheuer und Mensch, haben mir sehr gut gefallen.

"Zeit des Sturms" ist ein guter Zusatzband mit Höhen und Tiefen und bekommt 3,5/5 Sterne.

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Veröffentlicht am 27.10.2024

Wo ist Geralt?

Die Zeit der Verachtung
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“Always takes action. Wrongly or rightly; that is revealed later. But you should act, be brave, seize life by the scruff of the neck. Believe me, little one, you should only regret inactivity, indecisiveness, ...

“Always takes action. Wrongly or rightly; that is revealed later. But you should act, be brave, seize life by the scruff of the neck. Believe me, little one, you should only regret inactivity, indecisiveness, hesitation. You shouldn’t regret actions or decisions, even if they occasionally end in sadness and regret.”

In diesem Band geht es handlungstechnisch gut voran, vor allem, was Ciri betrifft. Jedes Mal, wenn man denkt, dass ihre Reise nun doch gewiss bald in diese oder jene Richtung schlägt, kommen noch ganz andere Zwischenschritte, die Ciris Figur mehr und mehr formen. Vom Hexerdasein bei Geralt, zum Zaubererdasein bei Yennefer zum Banditendasein bei den Ratten. Es bleibt auf jeden Fall spannend, zumal nebenher, zumindest offiziell, eine zweite Ciri existiert! Ich bin sehr gespannt, wie sich dieser Umstand noch in der Kriegsgeschichte niederschlagen wird!

Denn darum geht auch auch vor allem in diesem Buch: Um Krieg. Die Nilfgaarder rücken immer weiter vor, vernichten ein Königreich nach dem anderen. Dazu kommen, wie für die Hexer-Reihe typisch, unzählige Sichtweisen von Dutzenden Charakteren, die alle an und für sich nicht relevant für die Handlung sind, aber alle wichtige kleine Puzzleteile erzählen oder sind. Das macht das Ganze außerordentlich spannend, aber auch leider sehr verwirrend. Insbesondere die Zaubererintrigen und ihre Spaltung in Loyalitätengruppen auf der Insel Thanedd haben es mir schwer gemacht, noch den Überblick zu behalten, so dass ich extern im Internet lesen musste, wie das Ganze jetzt gewertet werden soll. Die Welt, die der Autor hier erschafft, ist unglaublich komplex, das war mir schon vorher klar, aber durch die ganzen Figuren und Namen macht es das leider nicht übersichtlicher. Der rote Faden kommt etwas abhanden.

Das ist mir in dem Buch besonders aufgefallen, was sich insbesondere darin niederschlägt, dass Geralt kaum vorkommt?? Ist er nicht die zentrale Figur der Hexer-Reihe? Es gab keinen einzigen Kampf mit einem Ungeheuer, und wenn Geralt eine Rolle gespielt hat, war er wie ein liebeskrankes, verzaubertes Schoßhündchen von Yennefer. Es hat mir durchaus gefallen, dass er hierbei als “normaler Mensch“ mit Emotionen abgebildet wird, auch in Bezug auf Ciri, aber dann wäre er eben nicht Geralt, der Hexer, wegen dem man die Reihe liest. Ich hoffe, dass sich das im nächsten Band wieder bessert!

Deswegen bekommt dieser Band „nur“ 3,5/5 Sterne. Ansonsten hat er sich mit ein wenig Startschwierigkeiten wieder gewohnt fesselnd gelesen.

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