Die Löwin hält, was sie verspricht
Die rote Löwin
Runja und ihr Bruder sind nach dem grausamen Mord an ihren Eltern auf sich allein gestellt und schlagen sich nach Magdeburg durch. Dort angekommen geraten sie zwischen die Finger des machthungrigen Domdekans ...
Runja und ihr Bruder sind nach dem grausamen Mord an ihren Eltern auf sich allein gestellt und schlagen sich nach Magdeburg durch. Dort angekommen geraten sie zwischen die Finger des machthungrigen Domdekans Laurenz, der seine ganz eigenen Pläne mit den beiden jungen Geschwistern hat. Beide geraten in einen Strudel aus Gewalt und Intrigen, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint.
Ich entdeckte das Buch in der Vorschau des letzten Jahres und der Klappentext fiel mir sofort ins Auge. Er hörte sich nicht so an, und (was mir wichtig ist) so als würde es in diesem Buch nicht allzu viele (unnötige) Schnäbeleien und Liebesgeflüster geben. Außerdem kenne und schätze ich Thomas Ziebulas Bücher, seine fantastischen muss ich zugeben ein wenig mehr als seine historischen. Die rote Löwin war überraschend schlank im Vergleich zu Ziebulas vorherigen historischen Romanen. Eigentlich - eigentlich! - bevorzuge ich die dicken Wälzer, aber ich wurde eines besseren belehrt. Zum Glück!
Doch beginnen wir dort, wo auch die Geschichte beginnt. Im Mittelalter - ich liebe gut recherchierte historische Romane und bei diesem Buch spürt man schon auf den ersten Seiten, dass der Autor viel Mühe in die historische Genauigkeit gelegt hat. Er war ziemlich gründlich bei der Recherche, betrieb jedoch zu keiner Zeit Infodumping. Bei manch anderen Autoren hat man manchmal das Gefühl, sie wollen möglichst viel an Wissen in die Geschichte pressen. Thomas ist stets dem Plot gefolgt und an der Seite seiner Charaktere gewandelt. Nicht jeder Autor schafft es, das Gleichgewicht zwischen der Geschichte, die erzählt werden soll, und historischen Fakten zu wahren. Thomas ist das in diesem Buch famos gelungen. Immer wieder webt er die Fakten geschickt in die unterschiedlichen Erzählperspektiven, die „Die rote Löwin“ vorantreiben, mit ein.
Hauptsächlich verfolgen wir Runjas und Laurenz’ Erzählperspektive, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Runja ist voller Zorn und Rachegedanken, da ihre Familie ermordet wurde und sie nun nach Gerechtigkeit sinnt. Die Gefühle, die sie hegt, sind nachvollziehbar und verständlich. Ich mochte auch ihren Bruder sehr gern, der auch eine große Rolle einnimmt. Laurenz giert nach Macht und ist bereit dazu, über die ein oder andere Leiche zu steigen. Was habe ich über diesen Lustmolch geflucht und seine Intrigen und Spiele verdammt. Mit ihm hat der geneigte Leser seine Freude, glaubt mir.
Die beiden Perspektiven treffen sich recht rasch, und wo ich vorher die beiden Handlungen mit Interesse verfolgt habe, steigert sich die Spannung nun ungemein, da sich die Handlungen verflechten und neue Bindungen entstehen.
Der Plot an sich wies keine Längen auf, er ließ mich eher zum Schluss kaum noch zu Atem kommen.
Ziebula hat einen außergewöhnlichen Stil, das muss man eingestehen. Ich brauchte ein paar Seiten um mich an seine Sprache zu gewöhnen, aber das ging bei mir schnell und dann bereitete mir die Sprache unglaublich viel Freude. Das Buch ist nichts für zarte Wesen, um gleich eine Warnung anzuschließen. Es fließt viel Blut, es gibt Tote zu betrauern - das Buch birgt so manches Thriller-Element in sich (gerade jene konnten mich begeistern).
Auf den Umschlagseiten findet sich eine liebevoll gestaltete Karte. Auch eine Zeittafel zur besseren zeitlichen Einordnung und ein Dramatis Personae hat noch Platz im Buch gefunden (über so etwas freue ich mich ja persönlich immer besonders).
Was gibt es noch groß zu sagen? Das Buch konnte mich überraschen, trotz seiner Kürze begeistern und mich (die ich vielleicht die ein oder andere Schwierigkeit mit Ziebulas’ früheren historischen Werken hatte) doch noch zu einem Fan heranwachsen lassen.
Dieser tolle historische Roman hat seine fünf Sterne verdient.