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Veröffentlicht am 24.07.2020

Zwei Frauen auf der Suche nach Wahrheit

Zwei fremde Leben
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Was für ein Roman! Ich habe das neue Buch von Frank Goldammer vorablesen dürfen und wahrlich verschlungen. Ich konnte einmal angefangen, kaum aufhören zu lesen!
Normaler Weise schreibt der Autor historische ...

Was für ein Roman! Ich habe das neue Buch von Frank Goldammer vorablesen dürfen und wahrlich verschlungen. Ich konnte einmal angefangen, kaum aufhören zu lesen!
Normaler Weise schreibt der Autor historische Krimis, die in der Nachkriegszeit spielen. Nun hat er sich an eine andere Zeit gewagt und ein anderes Genre, auch wenn hier ein bisschen Kriminalität durchbricht....denn dreißig Jahre nach dem Mauerfall gibt es noch mehr als genung Aufarbeitung und Themen, die sich für Romane eignen....

Wir befinden uns in den 1970er Jahren in der DDR. Thomas Rust, Polizist und werdender Vater, erhält die Nachricht, dass seine Frau wegen frühzeitiger Wehen im Krankhaus liegt. Als er im Garten der Dresdner Klinik eine Rauchpause macht, trifft er auf Steffen, der verzweifelt zu seinem Auto geht. Thomas Rust spricht ihn an und erfährt, dass das gemeinsame Kind, das Steffens Verlobte Ricards zur Welt gebracht hat, verstorben ist. Er musste eben eine Unterschrift unter das Formular für die Bestattung setzen. Laut Vorschrift darf die Mutter ihr totes Kind nicht sehen, doch Ricarda glaubt nicht an den Tod ihres Babies. Ihr Vater, ein renommierter Arzt an der Klinik, hat das Kind gesund entbunden und weggebracht. Er war gegen die Beziehung von Ricarda zu Steffen. Sie vermutet, dass ihr Baby zwangsadoptiert wurde. Auch Thomas Rust hegt diesen Verdacht, denn während er eine weitere Zigarette rauchte, beobachtete er einige seltsame Vorgänge beim Hinterausgang des Krankenhauses....

Frank Goldammer hat sich einem Thema angenommen, das mir Gänsehaut beschert: Zwangsadoption. Darüber habe ich bereits in einigen Romanen aus dem Zweiten Weltkrieg gelesen, wie den sogenannten Lebensborn-Einrichtungen. Aber auch in der DDR war dies ein Prozess, der vorallem bei Frauen, die als Staatsfeinde angesehen wurden und im Gefängnis saßen, gehandhabt wurde. Schließlich sollten die Kinder zu sozialistischen Mitmenschen erzogen werden, die das Regime nicht in Frage stellten...
Zusätzlich geht es um Furcht, Misstrauen und Angst...drei Dinge, mit der die Stasi Macht ausübte.

Bereits die ersten Seiten haben mich an das Buch gefesselt. Goldammer schreibt im Hauptstrang der Geschichte aus der Sicht von Ricarda. Ihr Leiden und die feste Überzeugung, dass ihr Kind noch lebt, wird vom Autor großartig dargestellt. Ricarda lässt nichts unversucht ihr Kind zu finden. Dabei kann man als Leser ihre Verzweiflung, aber auch ihren Mut und ihre Stärke fühlen, vorallem weil sich mit der Zeit wirklich alle gegen sie stellen....
In einem weiteren Handlungsstrang begleiten wir Thomas Rust. Der linientreue Polizist, der sich zu Beginn aus Neugierde der Sache annimmt und einen Kunstfehler oder Schlamperei hinter dem Tod des Kindes vermutet, verbeißt sich in den Fall. Hätte er sich trotzdem der Angelegenheit angenommen, wenn er zu Beginn gewusst hätte, dass er Jahrzehnte damit beschäftigt sein wird? Oder er am System zu zweifeln beginnt?

In einem dritten Handlungsstrang lernen wir Claudia Behling kennen, die 1989 beim Versuch aus der DDR zu flüchten, erwischt wird. Ihr Vater ist ein hohes Tier im Außenhandel und bekommt eine eindringliche Warnung von den Genossen. Im Zuge eines Streites rutscht Claudias Mutter heraus, dass sie gar nicht ihr Kind ist, sondern adoptiert wurde. Daraufhin nutzt Claudia kurz vor der Maueröffnung die Chance abzuhauen und ihre wahren Eltern zu suchen. Doch die Stasi hat bereits viele Unterlagen erfolgreich vernichtet. Auch nach der Öffnung lässt sich kaum rekonstruieren wo und wann Claudia geboren wurde....

Wer nun denkt, der Klappentext verrät doch schon einiges, der irrt! Es dauert 45 Jahre bis Ricarda und Claudia endlich mehr über ihre Vergangenheit erfahren. Ich will nicht vorausgreifen und auch nicht spoilern, aber der Autor lässt auf den 400 Seiten noch die eine oder andere überaschende Wendung einfließen. Das Tempo ist hoch, die Spannungskurve bleibt konstant. Ich kann diesen starken Roman einfach nur mit voller Überzeugung weiterempfehlen!

Fazit:
Ein packender und beeindruckender Roman, der für mich auf jeden Fall zu den Highlights dieses Jahres gehört. Liest selbst!

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Veröffentlicht am 08.07.2020

Geschichte lebendig erzählt

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Dieses Jahr gedenken wir dem Deutsch-Französischen Krieg, der vor 150 Jahren ausgebrochen ist. Die Menschen, vorallem in Lothringen und dem Saarland, waren davon besonders betroffen. Maria W. Peter, die ...

Dieses Jahr gedenken wir dem Deutsch-Französischen Krieg, der vor 150 Jahren ausgebrochen ist. Die Menschen, vorallem in Lothringen und dem Saarland, waren davon besonders betroffen. Maria W. Peter, die selbst im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Frankreich lebt und Familie auf beiden Seiten hat, hat mit ihrem neuen Roman eine sehr emotionale Geschichte geschrieben.

Die französische Arzttochter Madeleine Tellier und der deutsche Arzt Paul von Gerlach wollen gerade ihre Verlobung bekanntgeben, als Paul seine Einberufung erhält. Zwischen Preußen und Frankreich ist der Krieg ausgebrochen. Paul muss als Stabsarzt zurück zu seinem Regiment in Coblenz und anschließend an die Front. Madeleine und ihr Vater brechen eiligst Richtung Metz, ihrer Heimatstadt, auf. Ab sofort stehen Madeleine und Paul auf unterschiedlichen Seiten....

Schon nach wenigen Zeilen hat mich die Geschichte gefangen genommen. Der Schmerz der beiden Liebenden, die sich trennen müssen und nicht wissen, ob sie sich jemals wiedersehen, verleiht den Roman zu Beginn eine gewisse Tragik. Mit Madeleine und Paul hat die Autorin zwei fiktive Figuren erschaffen, die das Leid der Menschen der damaligen Zeit realistisch darstellen sollen. Zusätzlich hat Maria W. Peter auch weitere Figuren und Sichtweisen miteingeplant und erzählt insgesamt aus fünf verschiedenen Perspektiven. Aber keine Angst! Es gibt keinerlei Verwirrung, sondern macht die Geschichte noch authentischer. Neben Paul und Madeleine begleiten wir noch Djamila, das sanftmütige algerische Dienstmädchen der Familie Tellier und ihrem Bruder Karim, der für die Besatzer seines Landes in den Krieg ziehen muss. Auch Madeleines Bruder Clément, der sich den Revolutionären anschließt, spielt eine große Rolle. Er ist ein Getriebener und Anhänger der Republique. Er sucht noch seinen Platz im Leben. Sein revoluzzionäres Gedankengut macht ihn mit der Zeit immer mehr zum Fanatiker.
Durch die verschiedenen Sichtweisen erhält der Leser verschiedene Einblicke in Gesellschaftsklassen, sowie den Kriegsgegnern und Befürwortern.

Madeleine widmet sich im Lazarett den schwerverletzten und arbeitet unermüdlich. Doch der Loyalitätskonflikt zerreisst sie innerlich. Die sanftmütige Djamila ist Madeleine eine große Hilfe. Ihr Bruder Karim kommt als sogenannter Turco in den Einsatz der französischen Armee. Auch die Nebenfiguren sind wunderbar gezeichnet und vielschichtig.

Die Autorin hat akribisch recherchiert und hat uns bei der Leserunde noch mit Zusatzinformationen und Fotos verwöhnt. Die bildhaften Beschreibungen, die die Brutalität des Krieges darstellen, macht die Geschichte noch authentischer. Ist es zuerst nur der Hass auf den französischen König, wendet sich das Blatt nach dessen Sturz und der Ausrufung der Republik. Doch Franzosen und Deutsche kämpfen noch verbissener und brutaler um die Macht. Dieser Hass zwischen den Völkern schlummert noch heute in einigen Menschen ganz tief drinnen, denn besonders das Saarland und Elsass-Lothringen sind auch in den nachfolgenden Kriegen immer wieder zu umkämpften Gebieten geworden. Der Schrecken und die oftmalige Sinnlosigkeit des Krieges zeigt die Autorin sehr eindringlich auf. Tod, Neid und Hass, genauso wie Hunger und Krankheit sind allgegenwärtig. Die Stimmung ist dadurch oftmals düster, aber trotzdem hoffnungsvoll. Auch die Belagerung von Metz wird sehr drastisch beschrieben. Überraschende Wenungen erhöhen die Spannung. Ich konnte den Roman nur schwer aus der Hand legen.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist eingängig und bildgewaltig. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst und lässt sich trotzdem sehr flüssig lesen. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig, ebenso die Darstellungen im Lazarett. Der historische Anteil ist bis hin zu Kleinigkeiten, wie das halb gegessene Frühstücksei der Königin Eugénie in ihrem Palast in Paris, großartig recherchiert und erzählt. Neben den fiktiven Personen tummeln sich auch viele historisch belegte Figuren, wie Henri de Rochefort oder Otto von Bismarck.

Zusätzlich hervorheben möchte ich noch das Nachwort der Autorin über die historischen Ereignisse und ihre Hintergründe, sowie den persönlichen Bezug zur Geschichte.

Fazit:
Eine außerordentlicher Roman um den Deutsch-Französischen Krieg, der 1870/71 viel Leid über die Menschen brachte. Akribisch recherchiert mit facettenreichen Charakteren, bildgewaltigen Beschreibungen und einer Prise Menschlickheit - der Liebe zwischen den Fronten. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 03.07.2020

Vom Krimi zum Horror - vom Feinsten!

DER JUDAS-SCHREIN
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Wie die meisten von euch wissen, bin ich absoluter Andreas Gruber Fan. Nun habe ich mich erstmals an seinen aus dem Jahr 2005 neu aufgelegten Horrorroman "Der Judasschrein" gewagt und bin genauso begeistert.
In ...

Wie die meisten von euch wissen, bin ich absoluter Andreas Gruber Fan. Nun habe ich mich erstmals an seinen aus dem Jahr 2005 neu aufgelegten Horrorroman "Der Judasschrein" gewagt und bin genauso begeistert.
In die Stimmung, die in Grein am Gebirge herrscht, brauchte ich mich nicht wirklich einzustimmen, denn kurz bevor ich das Buch zu lesen begann, wurden auch unser Ort überflutet. Und wenn ich aus dem Fenster blickte, sah ich genau dasselbe regnerische und düstere Wetter, wie im Buch beschrieben. Die Stimmung war also schon mal gegeben!

Gemeinsam mit dem Wiener Kommissar Alex Körner, der mit knapp 14 Jahren seinen Geburtsort Grein am Gebirge verlassen hat, kehre ich das niederösterreichische Dorf zurück. Ein spektakulärer Mordfall an einem jungen Mädchen führt ihn und sein Team zurück an dem Ort, den er nie mehr betreten wollte. Vor 27 Jahren hat er ihn nach einem furchtbaren Vorfall verlassen. Zur selben Zeit tritt der Fluss über die Ufer und die Brücke, die aus Grein hinausführt, ist nicht mehr passierbar. Die Lage beginnt sich immer mehr zuzuspitzen....

Es beginnt als typischer Krimi mit Ermtittlungsarbeiten, während die düsteren und rätselhaften Anteile immer mehr zunehmen. Spannung und Mystik gehen Hand in Hand. Körner und seine Kollegen stoßen bei den Dorfbewohnern auf eine Mauer des Schweigens. Diese scheinen ein Geheimnis zu haben, denn sie stellen sich gegen die ermittelnden Polizisten. Zusätzlich fallen Körner und seinem Team einige verstörende Merkmale bei einigenBewohnern auf.

Die außergewöhnliche Verstümmelung weiterer Todesopfer hinterlassen bei Körner und seinem Team immer mehr Rätsel, aber auch ein sehr unheimliches Gefühl. Als Leser rätselt man mit den Ermittlern mit. Seltsame Tagebucheinträge eines Messdieners aus dem Jahre 1864 und weitere Rückblenden ins Jahr 1937 über ein großes Grubenunglück verdichten die gruselige Atmosphäre. Der Spannungsbogen steigt kontinuerlich an. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
Diese Stimmung im Dorf und unter den Einheimischen ist die ganze Zeit über greifbar und vom Autor perfekt insziniert. Viele Eigenheiten zeigen aber auch ganz normale Züge. Jeder, der je in ein kleines Dorf zugezogen ist, weiß wie schwierig es ist, dort angenommen zu werden.

Zum Ende legt Gruber noch ein Schäufelchen nach und zieht den Leser in einen Sog des Grauens.

In Anlehnung an H.P. Lovecraft und seinen Cthulhu-Mythos hat Andreas Gruber eine grandiose Geschichte geschrieben, die mich, die eigentlich keinen Horror liest, vollkommen überzeugen konnte.

Fazit:
Mein Ausflug ins Horror-Genre, allerdings mit einem wohlbekannten Autor, hat mir spannende Stunden bereitet. "Der Judasschrein" konnte mich mit düsterer Stimmung, seltsamen Dorfbewohnern, die vor nichts zurückschrecken und einem Vorfall in der Vergangenheit, der das Böse erweckt, überzeugen...einfach grandios!

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Veröffentlicht am 04.06.2020

Die Legende vom großen Bären

Der Schattengrizzly der Rocky Mountains
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Die Bücher von Natascha Birovljev über die Willow Ranch in den Rocky Mountains sind Herzensbücher für mich geworden. Aktuell habe ich nun den dritten Band beendet und kann es gar nicht erwarten das nächste ...

Die Bücher von Natascha Birovljev über die Willow Ranch in den Rocky Mountains sind Herzensbücher für mich geworden. Aktuell habe ich nun den dritten Band beendet und kann es gar nicht erwarten das nächste Buch in den Händen zu halten. Leider dauert es nun wieder ein Jahr...

Man kann Band 3 sicher auch alleinstehend lesen, doch habe ich in der Leserunde bemerkt, dass Einsteiger zu Beginn kleine Schwierigkeiten mit den Figuren haben, weil doch schon viele Hintergrundinfos zu den einzelnen Charakteren fehlten. Deswegen rate ich mit Band 1 zu beginnen!

Wie schon in den vorherigen Bänden wird im Prolog eine Indianerlegende erzählt. Diesmal geht es um den großen Bären am Firmament und seinen Jägern. Danach steigen wir direkt ein. Lee und Nick, die Eigentümer der Willow Ranch, sind sich noch immer nicht einig, wie die (finanzielle) Zukunft aussehen soll. Nick möchte mit den Plänen von Lee, ein Gästehaus zu eröffnen und Reittouren anzubieten, nichts zu tun haben. Er setzt rein auf die Pferdezucht. Daraufhin bietet Lee's Ehefrau Naira ihre Hilfe für die erste Zeit an. Lee's Schwester Lyla, die sich nach der Trennung von Nick eine Auszeit genommen hat, kehrt aus dem Yukon zurück. Auch sie steckt in einem Zwiespalt, was ihre Zukunft betrifft. Noch immer sucht sie nach weiteren Antworten zu ihren indianischen Wurzeln. Um sie auf andere Gedanken zu bringen und weil er Hilfe nötig hat, bietet ihr Lee die Leitung der Wildtierstation an. Dabei soll ihr Woodwind, der Bruder von Lonefather Jones, zur Hand gehen. Nach einem Gefängnisaufenthalt tauchte dieser plötzlich bei seinem Bruder unerwartet auf. Der Traumfänger-Knüpfer wollte eigentlich erneut auf Wanderschaft gehen, doch mit der Rückkehr seines Bruders kommt auch die Vergangenheit zurück, die ein Versprechen einfordert. Zusätzlich verwirren ihn seine Gefühle für Lyla immer mehr...

Woodwind kommt als neuer Charakter hinzu, der undurchsichtig bleibt und für so einige Spekulationen herhalten muss. Dorothy und ihre Tochter Sam, die auf der Ranch einen Neuanfang versuchen, bereichern ebenfalls als Neuankömmlinge die Geschichte. Sam wächst dem Leser sehr schnell ans Herz. Sie ist ein naturverbundenes Mädchen, die Pferde über alles liebt und sich schnell auf der Ranch einlebt. Doch schon bald kommen dunkle Wolken über die Willow Ranch. Ein Teil der First Natives, wie die Indianer genannt werden, stellen sich gegen Lee's Idee Ausritte in die Rocky Mountains anzubieten. Woodwinds etwas dubiose Aktivitäten lassen ebenfalls Ärger wittern und ein weiterer Neuankömmling hegt ebenfalls dunkle Pläne. Wohlbekannte Nebenfiguren, wie Tante Jeanne, Eric oder Lylas Freundin Sarah dürfen ebenfalls nicht fehlen.

Im Mittelpunkt steht diesmal Lyla. Sie ist jedoch nicht immer im Zentrum der Geschichte. In weiteren Handlungssträngen begeben wir uns auch in die Berge. Rund um geheimnisvolle Bärenspuren, langen Ausritten in der Natur oder Vorfällen in der Wildtierstation, kommt es auch zu Schicksalsschlägen und Auseinandersetzungen. Es wird spannend, aber auch sehr emotional.

Die bildhafte Beschreibung der atemberaubenden Naturlandschaft in den kanadischen Rocky Mountains beherrschen auch diesen dritten Band der Reihe rund um die Willow Ranch und ihren Bewohnern. Mystik und das geheimnisvolle Flair rund um die Indianerlegenden und das Leben mit der Natur sind immer wieder Bestandteil in den einzelnen Büchern, ebenso wie die Tierwelt.
Wie gewohnt baut die Autorin die Geschichte langsam auf. Für manche dauert es diesmal vielleicht etwas zu lange bis es spannend wird, doch für Nichtkenner der Reihe finde ich es positiv die Charaktere der Haupt- und Nebenfiguren zuerst intensiver kennenzulernen, indem man ihre Gedanken und Zweifel mitverfolgen kann. Man spürt ihre Sorgen und Ängste, aber auch Neid und Eifersucht durch die Zeilen. Es geht um Mut, Zusammenhalt und den Weg zu sich selbst.
Der spannende Showdown am Ende lässt einem den Roman nicht mehr aus der Hand legen. Jedoch gibt es diesmal auch ein etwas emotionales Ende, das mir Tränen in die Augen trieb - was bei mir sehr selten vorkommt.

Man merkt einfach mit jeder Zeile die Liebe der Autorin zu ihrer neuen Wahlheimat. Ich freue mich schon auf einen weiteren Band.

Fazit:
Die Autorin überzeugt auch im dritten Teil mit atmosphärischen Landschaftsbeschreibungen, mystischen Indianerlegenden und erzählt in gewohnter fesselnden Art vom Schicksal der Bewohner und Freunde der Willow Ranch.

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Veröffentlicht am 31.05.2020

Das stumme Mädchen

Stumm vor Angst
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Es geht weiter mit dem indischstämmigen Kommissar Surendra Sinha. Diesmal schreibt Ingrid Zellner wieder ohne ihre Autorenkollegin Simone Dorra, die beim lezten Fall "Mordshass" mit ihrem Ermittler Malte ...

Es geht weiter mit dem indischstämmigen Kommissar Surendra Sinha. Diesmal schreibt Ingrid Zellner wieder ohne ihre Autorenkollegin Simone Dorra, die beim lezten Fall "Mordshass" mit ihrem Ermittler Malte Jacobsen Surendra beistehen durften.
Auch "Stumm vor Angt" reiht sich mühelos an meine begeisterten Bewertungen zu den beiden Vorgängern "Adlerschanze" und "Mordshass" ein.

Noch immer ist Surendra Sinha vom Dienst suspendiert. Ihn quält die Unsicherheit, wie sein Verfahren ausgehen wird. Deswegen möchte er seinen ehemligen Vorgesetzten und Freund Frank Hasemann auf der Schwäbisch Alb besuchen und sich mit ihm aussprechen. Bei einem gemeinsamen Besuch auf der Burg Hohenzollern lernt Surendra Linnea kennen. Das zehnjährige Mädchen spricht nach einem schrecklichen Vorfall, bei dem ihr Vater im gemeinsamen Elternhaus verbrannt ist, nicht mehr. Der Täter wurde gefasst, doch eine der Hauptbelastungszeuginnen, Vanessa März, wurde nach dem Prozess ermordet und verbrannt. Sinha kannte die Zeugin aus einem früheren Fall und beginnt betreffend dem Feuer und dem Mord zu recherchieren. Da "stolpert" er über einen weiteren Toten, der ebenfalls einen Bezug zu Linneas Vater und dessen Firma aufweist. Außerdem war Linneas Mutter, Natalia Gruber, die ehemals beste Freundin der verbrannten Hauptentlastungszeugin.... Surendra ahnt, dass der Fall noch längst nicht abgeschlossen ist und nutzt die neue Freundschaft mit Linnea aus, mehr über das Umfeld der Familie zu erfahren. Kurze Zeit später flattert eine Anzeige wegen Kindesmissbrauch ins Haus. Nun ist sich Surendra sicher, dass der wahre Täter noch frei herumläuft...

Wie schon in den Vorgängerbüchern schreibt Ingrid Zellner wieder extrem spannend und fesselnd. Diesmal steht neben dem Fall das Thema Fremdenhass im Fokus. Surendra, der zwar indischstämmig ist, aber in Deutschland geboren wurde, wird immer wieder Zielscheibe von rassistischen Anfeindungen, die sogar handgreiflich werden. Gelungene Sozialkritik, denn auch Sterbehilfe und Kindesmissbrauch sind Themen, die die Autorin einfließen lässt.

Überraschende Wendungen und falsche Fährten, die die Autorin geschickt legt, halten den Spannungslevel oben. Ich habe während des Lesens fleißig mitgeraten, wer hinter den Morden stecken könnte und war ausschließlich auf dem Holzweg. Genauso muss Krimi sein! Einzig am Ende hatte ich einen kleinen Kritikpunkt, den ich hier aber nicht erklären kann, ohne zu spoilern.

Hinzu kommen die vielschichtigen Figuren, die oftmals nicht zu durchschauen sind. Alte Bekannte, wie meine Lieblingsfigur Zinobia, Surendras Mutter, die diesmal zwar nur einen eher kurzen, aber sehr intensiven Auftritt hat, runden das Bild ab. Ich liebe ihre Bemühungen Surendra unter die Haube zu bringen, ihre Kochkünste und ihren Mut sich gegen jeden zu stellen, der ihrem Sohn Böses will. Zusätzlich konnte das kleine Fellknäuel Saleti meine Herz erobern, die neu bei Surendra eingezogen ist.
Viel Lokalkolorit rund um die Schwabisch Alb und diverse indische Köstlichkeiten und Bräuche runden das Gesamtbild großartig ab. Wieder eine absolut gelungen Mischung mit Suchtpotential!

Schreibstil:
Ingrid Zellner schreibt fesselnd und sehr lebendig. Die Charaktere sind vielschichtig, mitten aus dem Leben gegriffen und werden beim Lesen zu Freunden. Ihre Emotionen, Gedanken und Gefühle erlebt man direkt mit. Immer wieder kommt es zu spannenden Wendungen, die den Leser überraschen.

Fazit:
Das dritte Buch um Kommissar Surendra Sinha konnte mich wieder genauso überzeugen, wie bereits die Vorgänger. Mit viel Lokalkolorit, exotischen Beigaben, Spannung und einer Prise Humor überzeugt die Autorin wieder auf ganzer Linie. Ich freue mich, wenn diese Reihe fortgesetzt wird und empfehle sie gerne weiter!

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