Interessanter Roman über eine eigenwillige Frau
Die MarschallinINHALT
Die Slowenin Zora lernt ihren späteren Ehemann, den Radiologieprofessor Pietro Del Buono, am Ende des Ersten Weltkriegs kennen. Sie folgt ihm nach Bari in Süditalien, wo sie, beide überzeugte Kommunisten, ...
INHALT
Die Slowenin Zora lernt ihren späteren Ehemann, den Radiologieprofessor Pietro Del Buono, am Ende des Ersten Weltkriegs kennen. Sie folgt ihm nach Bari in Süditalien, wo sie, beide überzeugte Kommunisten, ein großbürgerliches und doch politisch engagiertes Leben im Widerstand gegen den Faschismus Mussolinis führen. Zora ist herrisch, eindrucksvoll, temperamentvoll und begabt, eine Bewunderin Josip Broz Titos, dem sie Waffen zu liefern versucht und dem ihr Mann das Leben rettet. Sie will mehr sein, als sie kann, und drückt doch allen in ihrer Umgebung ihren Stempel auf. Ihr Leben und das Leben ihrer Familie, ihrer Kinder und Enkelkinder, vollziehen sich in einer Zeit der Kriege und der Gewalt, erbitterter territorialer und ideologischer Kämpfe, die unsere Welt bis heute prägen. In einem grandiosen Schlussmonolog erzählt die alte Zora Del Buono ihre Geschichte zu Ende, eine Geschichte der Liebe, der Kämpfe, des Hasses und des Verrats.
(Quelle: C.H. Beck)
MEINE MEINUNG
In ihrem fesselnden historischen Roman „Die Marschallin“ hat sich die Schweizer Autorin Zora del Buono der eigenen, äußerst ereignisreichen Familiengeschichte und dem bewegten Leben ihrer Großmutter väterlicherseits Zora del Buono angenommen, von der sie ihren Vornamen geerbt hat. In vielen aneinandergereihten Episoden, die oftmals durch größere Zeitsprünge unterbrochen sind, erzählt die Autorin von den Geschicken der Familie del Buono über drei Generationen hinweg. Eine Menge Personen lernen wir dabei kennen; das dem Roman vorangestellte Personenverzeichnis hilft dabei, nicht den Überblick zu verlieren.
Gekonnt führt uns die Autorin zu unterschiedlichsten Schauplätzen in Slowenien und dem übrigen Jugoslawien, Deutschland und vor allem Italien. Sie lässt uns eintauchen in die wechselvolle Geschichte des vergangenen Jahrhunderts und spannt in ihrer Familiensaga einen weiten Bogen durch die ereignisreichen Zeiten - beginnend im Jahre 1919 nach Ende des verheerenden Ersten Weltkriegs, über den Zweiten Weltkrieg bis hin zum Jahr 1980, dem Todesjahr des großen „Marschalls“ Tito und zugleich dem der Protagonistin „Marschallin“ Zora del Buono, einer glühenden Tito-Verehrerin.
Die Autorin versteht es ein facettenreiches Panorama des bewegten und bewegenden 20. Jahrhunderts zu zeichnen und präsentiert uns einen äußerst faszinierenden zeitgeschichtlichen Hintergrund einer längst vergangenen Epoche.
So lässt uns sie an vielen historisch bedeutsamen Begebenheiten mit sehr aufschlussreichen weltpolitischen Einblicken teilhaben wie dem Aufstieg Mussolinis, den Folgen des Faschismus und dem erbitterten Kampf gegen die Faschisten, der Komintern sowie dem Lebensweg des einstigen Partisanengenerals und kommunistischen Staatschefs Tito, seinem umstrittenen Regime in dem faszinierenden Vielvölkerstaat Jugoslawien und seiner Beziehung zu Stalin.
Im Mittelpunkt ihres Romans steht jedoch «Die Marschallin» Zora del Buono, die Geschichte ihres Lebens und ihrer Familie, die eng mit den zeitgeschichtlichen Ereignissen verbunden und von diesen geprägt ist. Wir lernen eine faszinierende Frau mit einer eigenwilligen Persönlichkeit, bewundernswerter Stärke aber auch vielen Widersprüchlichkeiten kennen. Vom Aufstieg eines slowenischen Dorfkinds zur italienischen Arztgattin, der Geburt dreier Söhne begleiten wir sie und das Schicksal ihrer Familie und erleben sie an der Seite ihres Ehemanns als engagierte Kommunistin im Kampf gegen den Faschismus und inmitten eines kommunistischen großbürgerlichen Intellektuellenzirkels. Hierbei deckt die Autorin im Laufe der Geschichte schließlich auch ein dunkles und sehr verhängnisvolles Familiengeheimnis auf.
Der Autorin ist zwar ein äußerst schillerndes Portrait dieser faszinierenden Frauenfigur gelungen. Wegen des recht distanzierten Schreibstils blieb die Protagonistin jedoch stets wenig greifbar für mich, so dass ich mich nicht gut in ihren Charakter hineinversetzen und ihre Figur mich leider im Laufe der Geschichte nicht wirklich berühren konnte.
Dennoch werden mir diese unvergessliche Romanheldin und ihr bewegendes Schicksal in Erinnerung bleiben.
FAZIT
Ein interessanter historischer Roman über die wechselvolle Geschichte des vergangenen Jahrhunderts und eine bewegende Familiensaga mit einer faszinierenden, aber auch widersprüchlichen Protagonistin, die leider wenig greifbar für mich blieb!