Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
online

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.02.2017

Kriminalgeschichte im Berlin der 20er Jahre

Noble Gesellschaft
1

Ein passionierter Krimileser bin ich nicht. Doch denke ich mit Fug und Recht sagen zu können, dass wir es hier mit einem eher untypischen, anspruchsvollen Kriminalroman zu tun haben. Ungewöhnlich ist schon ...

Ein passionierter Krimileser bin ich nicht. Doch denke ich mit Fug und Recht sagen zu können, dass wir es hier mit einem eher untypischen, anspruchsvollen Kriminalroman zu tun haben. Ungewöhnlich ist schon der lokale und zeitliche Hintergrund, in den die Geschichte eingebettet ist. Sie spielt im Berlin der 20er Jahre, das sich als recht dekadent präsentiert. Die gesellschaftlichen Schichten werden von der Autorin (im vorangestellten, angesichts der vielen Romanfiguren unentbehrlichen) Personenregister unterteilt in vier Stück: die Ermittler, die noble Gesellschaft, die nicht ganz so noble Gesellschaft und die überhaupt nicht noble Gesellschaft. Durch alle Schichten hindurch ziehen sich Übel wie außereheliche Verhältnisse, Drogenkonsum, Schmuggel und auch Mord. Oder war es doch Selbstmord, den der Patensohn des Reichspräsidenten begangen hat? Der Aufklärung widmen sich der Starschauspieler und Hobbydetektiv von Bäumer und dessen Lebensgefährte, der Kommissar Paul Genzer. Von Bäumer erinnert ein wenig an Sherlock Holmes. Überrascht hat mich, dass im Berlin der besagten Zeit so offen mit dem Thema Homosexualität umgegangen und sie offenbar toleriert wurde trotz des geltenden Unzuchtsparagraphen. Wissen sollte man noch, dass es einen Vorgängerband gibt („Feine Leute“).

Veröffentlicht am 17.01.2017

Die Eroberung des Himmels

Der Jahrhunderttraum (Jahrhundertsturm-Serie 2)
0

Unverkennbar handelt es sich um einen historischen Roman aus der Hand eines männlichen Autors. Sehr viel Raum wird der Darstellung technischer Vorgänge rund um die Herstellung erster Zeppeline, Heißluftballons, ...

Unverkennbar handelt es sich um einen historischen Roman aus der Hand eines männlichen Autors. Sehr viel Raum wird der Darstellung technischer Vorgänge rund um die Herstellung erster Zeppeline, Heißluftballons, Segelflieger und Flugmaschinen in Deutschland und mit Ausblick auch auf das Ausland Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts gegeben. Diesem Thema verschrieben haben sich vor allem die männlichen Protagonisten (die Brüder Otto und Levin von Briest). Mir persönlich sind die diesbezüglichen Erörterungen manchmal fast zu viel des Guten und ich kann sie mangels Sachverstands auch nicht immer gut nachvollziehen. Aber flug- und fliegerbegeisterte Leser werden sicherlich alles mit großem Interesse lesen, zumal es sehr gut recherchiert ist. Für mich interessanter sind die Einzelheiten zur Frauenrechtsbewegung im vorgenannten Zeitraum, dargestellt anhand der fast schon in diesem Thema verbissenen Mutter von Briest. Das Faszinierende ist die Verknüpfung zwischen historischem Handlungsstrang, Liebesroman (soweit es um Otto von Briest und seine der Arbeiterschicht entstammende Hermine und sogar - man staune - um die lesbische Beziehung zwischen seiner Schwester Amalie und ihrer sog. Gefährtin Emma geht) und Krimieinschüben (Sabotageakte des fanatischen Antisemiten Otto Glock, detektivische Ermittlungen Otto von Briests). Sehr gut gefallen hat mir, mit welcher Liebe zum Detail der Autor die Geschichte verfasst hat. So erwähnt er etwa die erste Kaffeefiltriermaschine, die Pompadourfrisur und spielt auf die Zeitung Berliner Morgenpost an, die dem Ullstein-(also seinem) Verlag zugehört. Sprachlich lässt sich der Text gut lesen. Hervorheben möchte ich noch, dass viele Dialoge im authentisch klingenden Berlinerisch gehalten sind. Bleibt noch zu erwähnen, dass diesen zweiten Teil der Trilogie unproblematisch auch derjenige lesen kann, der wie ich den ersten Band („Der Jahrhundertsturm“) nicht kennt.

Veröffentlicht am 26.12.2016

Ein erkenntnisreicher Weihnachtsurlaub mit der Familie

Schuld war nur der Mistelzweig
0

Eine Londoner Familie mit drei erwachsenen Kindern und Enkelkindern verbringt eine gemeinsame Woche Weihnachtsurlaub in einem Landhaus in Cornwall. Die Eltern wollen auf ihre beabsichtigte Scheidung einstimmen, ...

Eine Londoner Familie mit drei erwachsenen Kindern und Enkelkindern verbringt eine gemeinsame Woche Weihnachtsurlaub in einem Landhaus in Cornwall. Die Eltern wollen auf ihre beabsichtigte Scheidung einstimmen, unverhofft stoßen ihre beiden Liebhaber dazu, die eine Tochter ist in fortwährender Sorge, die andere Tochter Thea versucht Abstand zu gewinnen von der Trennung von ihrem Verlobten und verliebt sich ausgerechnet in den vermeintlich schwulen Hausverwalter.

Dieses Buch lässt sich gut in der Weihnachtszeit lesen und stimmt auf sie ein, spielt die Handlung doch auch in dieser Zeit. Der im Buchtitel in Bezug genommene Mistelzweig spielt auf den schönen englischen Weihnachtsbrauch an, dass Paare sich unter ihm küssen dürfen und kommt auch immer wieder in der Geschichte vor. Wenngleich der Ausgang der Geschichte ziemlich bald vorhersehbar ist, macht es Spaß, das Buch zu lesen. Das liegt vermutlich daran, dass die geschilderten Familienzwistigkeiten und -probleme in jeder Familie vorkommen. Freuen darf man sich schon auf die für nächstes Jahr angekündigte Fortsetzung „Trau dich unterm Mistelzweig“, in der es sicherlich um Theas Hochzeit gehen wird.

Eine gute Unterhaltung für zwischendurch.

Veröffentlicht am 19.12.2016

Eine erfundene, authentisch wirkende Geschichte aus dem Leben einer bekannten Politikerin

Die Kanzlerin
0

Im vorangestellten Gruß der Autorin stellt diese klar, dass es sich um eine durch und durch erfundene Geschichte handelt. Buchtitel, Coverbild und leicht abgewandelte Namen der Romanfiguren („Angelika ...

Im vorangestellten Gruß der Autorin stellt diese klar, dass es sich um eine durch und durch erfundene Geschichte handelt. Buchtitel, Coverbild und leicht abgewandelte Namen der Romanfiguren („Angelika Mörkel“, Vizekanzler „Sigmund Michael“) lassen aber nur den Schluss zu, dass Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel im Fokus steht. Durch die jedem Kapitel vorangestellten Orts-, Zeit- und Personenangaben sowie die vielen Dialoge an ein Theaterstück erinnernd, wird geschildert, wie die Kanzlerin, nichtsahnend einem Betrug aufsitzend, eines skandalösen Steuerbetrugs verdächtigt wird. Um der Jagd der Presse zu entgehen, taucht sie – bis zu ihrer erhofften Reinwaschung - in der WG des Sohnes ihres Pressesprechers unter und stellt am Ende ihre Betrüger.
Die Geschichte liest sich recht amüsant. Viele Charaktereigenschafen der Kanzlerin und viele Begebenheiten kommen einem bekannt vor. Und dass die „Mutti“ doch nur eine reine Weste haben kann, daran besteht kein Zweifel. Umso mehr verwundert es zu erfahren, wie leicht Frau Mörkel im wahrsten Sinne des Wortes die Hand ausrutscht und sie schon einmal Ohrfeigen verteilt. Auch erstaunt es zu lesen, dass ihr Ehemann sich auf außerehelichen homosexuellen Abwegen befindet. Da stellt sich schon die Frage, was ein Schriftsteller schreiben darf und wo Verunglimpfung anfängt. Ansonsten wird das Berliner Politleben gelungen auf die Schippe genommen und die Kanzlerin sehr menschlich dargestellt.

Veröffentlicht am 05.12.2016

Spannender historischer Liebesroman

Das Land der roten Sonne
0

Schon als Kinder in einem australischen Waisenhaus halten James und Leonora unverbrüchlich zueinander, bis sie aufgrund von Adoption voneinander getrennt werden. Leonora führt fortan ein lieb- und glückloses ...

Schon als Kinder in einem australischen Waisenhaus halten James und Leonora unverbrüchlich zueinander, bis sie aufgrund von Adoption voneinander getrennt werden. Leonora führt fortan ein lieb- und glückloses Leben bei reichen Amerikanern und James gelangt auf eine Farm zu armen Verwandten, wo er knechten muss. Die arrangierte Ehe mit einem gewalttätigen Minen- und Farmbesitzer ermöglicht Leonora die Rückkehr in die australische Heimat. Dort trifft sie erneut auf James, und aus der Kinderfreundschaft wird Liebe, zu der sich Leonora wegen Erpressungen ihres Mannes aber nicht bekennen will. Haben beide eine Chance?

Ein 522 starker historischer Liebesroman, der sich trotz seines Umfangs im Fluge lesen lässt. Sehr eindringlich und berührend werden die Schicksale von James und Leonora geschildert, denen im Leben kein rechtes Glück beschieden zu sein scheint. Eigentlich ist man frühzeitig geneigt zu sagen, für beide muss es doch ein Happy End geben. Allerdings scheint der Verlauf der Geschichte bis fast zum Schluss dagegen zu sprechen, bis dann ein völlig unerwarteter Clou eingebaut wird. Ein schönes Bild wird von dem heißen Kontinent Australien gezeichnet und seinen Bewohnern der verschiedenen Schichten. Dabei werden Themen angesprochen wie die Rolle der ausgebeuteten Minenarbeiter, die Rolle der Kirche, der Umgang mit den Aborigines. Etwas merkwürdig sind mir während des Lesens die Zeitspannen vorgekommen. Oftmals scheint es so, als müssten mittlerweile ganze Jahre vergangen sein, während dann zu lesen ist, dass der Erste Weltkrieg noch immer im Gange ist. Zudem ist es des Zufalls zu viel, dass immer wieder der ehemalige Minenarbeiter Ghan auftaucht und Verknüpfungen zu Leonora herstellt.

Insgesamt ein schöner historischer Liebesroman vor den Kulissen Australiens.