Schockierend! Fesselnd! Abartig!
Zum Buch:
Ein namenloses Mädchen lebt mit ihrem kleinen Bruder und den Eltern einer trostlosen, unscheinbaren Reihenhaussiedlung. Auf den ersten Seiten beschreibt sie ihre Mutter, die unter ständiger Angst ...
Zum Buch:
Ein namenloses Mädchen lebt mit ihrem kleinen Bruder und den Eltern einer trostlosen, unscheinbaren Reihenhaussiedlung. Auf den ersten Seiten beschreibt sie ihre Mutter, die unter ständiger Angst vor dem Ehemann lebt, als „Amöbe“. Sie selbst sieht ihre Aufgabe darin, ihren kleinen Bruder vor den bösen Dingen des Lebens, u.a. den Vater, zu schützen und ihm beizubringen, was sie weiß. Ihr Vater ist ein brutaler Typ, mit unberechenbarem Charakter, der es liebt fernzusehen, zu trinken und Tiere zu jagen. Die Kinder sind im Grunde immer sich selbst überlassen. Eines Tages kommt es zu einer grauenvollen Tragödie, nach welchem das Lachen aus dem Gesicht des kleinen Bruders für immer verschwindet. Von da an setzt das namenlose Mädchen alles daran, ihm das Lächeln wieder zurückbringen und beweist in ihren Handlungen unglaubliche Stärke. Die Jahre vergehen und sie versucht es weiter, reift aber auch zur Frau heran, und steht dann unwillkürlich im „Fokus“ des Vaters. Nun ist es an der Zeit sich selbst zu schützen. Zu dieser Zeit ändert sich auch das Verhalten des Bruders Gilles, der natürlich auch heranwächst.
Fazit:
Schockierend! Fesselnd! Atemraubend! Die Leser*innen werden hier keinesfalls mit Details verschont.
Wer mit Gewaltszenen, egal ob an Mensch oder Tier, nicht „umgehen“ kann, sollte dieses Buch nicht lesen. Es waren hier einige Szenen beschrieben, die mich schon zu Beginn extrem wütend machten. Doch dies ist ein Aspekt, der im Buch eine große Rolle spielt und ist somit nichts für schwache Nerven. Die Brutalität einiger Szenen ist schwer auszuhalten. Und solche Dinge passieren. Täglich. Mitten unter uns hinter verschlossenen Türen.
Im Mittelpunkt stehen das junge Mädchen, ein traumatisierter kleiner Junge, ein machtgieriger Vater und eine unsichtbare, angstbehaftete Mutter. Ausdrucksstark schildert das Mädchen wie es zu Hause läuft, welche Verantwortung sie auf sich nimmt, obwohl sie selbst noch Kind ist, und wie psychische Krankheit das Umfeld beeinträchtigen kann.
Die Autorin greift hier wichtige Themen auf: Gewalt, Macht, Gier, Aggression in der Familie, gebrochene (Kinder-)seelen, Erwachsenwerden, Ignoranz, Alkoholismus, u.v.m. auf, obwohl das Buch nur sehr kurz ist.
Die Sprache der Buches weist ein vielen Stellen eine Art Leichtigkeit auf, da sie aus der kindlichen Perspektive des Mädchens geschildert wird und aufgrund der bildhaften Vergleiche, musst ich auch das eine oder andere Mal wirklich auflachen. Ein wunderbares, mutiges, schlaues Mädchen; ja eine Heldin kristallisiert sich hier heraus. An anderen Stellen ist es so abartig, dass man glaubt, man kriegt keine Luft mehr.
Das Buch ist zwar schnell gelesen. Doch die Geschichte hallt definitiv nach. Die Hauptprotagonistin ist ob der grauenhaften Situation zu Hause immer voller Zuversicht und Liebe, stark, für ihren Bruder.
Was es noch sagen sollte: NICHT WEGSEHEN, wenn möglich!
[… Ich war keine Beute mehr. Damit war Schluss. Und auch kein Raubtier. Ich war ich und dieses Ich war durch nichts totzukriegen. …]
Von meiner Seite eine klare Leseempfehlung! 5/5 Sternen.