Ich hatte mich auf das Buch Das Geheimnis der Schwimmerin von Erika Swyler sehr gefreut. Der Klappentext versprach Spannung, eine ordentliche Portion Mysterium und eine ganz besondere Geschichte und Atmosphäre.
Mit eben diesem Gefühl und den Erwartungen bin ich in die Story eingestiegen. Zu Beginn hat mich das Buch auch nicht enttäuscht, was das angeht. Die Sprache, der Schreibstil ist gut. Nicht wirklich anspruchsvoll, aber leicht zu lesen und ja, auch angenehm. Doch im weiteren Verlauf der Geschichte, besonders ab dem letzten Drittel ließ erwähntes nach. Langsam versiegte und stagnierte die Spannung und die Atmosphäre. Und on top kam eine Vorhersehbarkeit, die sich erst beim Lesen offenbart.
Vor einer Weile schon ist mir die Geschichte im Vorschauprogramm des Limes Verlags aufgefallen und nachdem ich Runa aus dem gleichen Verlag gelesen hab und es auch so etwas schwammig, mysteriös klang, war ich wieder in Stimmung für so eine Geschichte. Denn damals war ich am Schluss begeistert von Runa. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass so im Bloggerumfeld nur wenige weitere das Buch auf dem Schirm haben und ich deswegen mir ganz eigen eine Meinung dazu bilden kann. Wie ich gerade schon erwähnte, hatte ich das Buch so ein bisschen (trotz eines komplett unterschiedlichen Settings, einer anderen Geschichte und Autorin) mit Runa in Verbindung gebracht. Anfangs sah ich mich sogar in dem Gefühl dazu bestätigt.
Das Geheimnis der Schwimmerin beginnt düster, mysteriös und irgendwie so undurchsichtig, dass ich hier und da wieder diese ganz leichte und unterschwellige Beklemmung gespürt habe. Und das passt zu dem Buch. Obwohl es auch anfangs irgendwie idyllisch, ruhig und irgendwie urig wirkt. Es ist so ein kleines Potpourri an kontrastreichen Akzentuierungen. Da ist eben dieses Mysteriöse, dann das Idyllische, etwas Spiritualität und auch ganz normale Alltags- und Familiengeschichten.
Dieser Kontrast im Inhalt spiegelt sich ganz deutlich in den zwei Handlungssträngen wider, die man als Leser, durch multiple Perspektiven, erlebt. Da ist zum einen Simon, der seit gefühlt Ewigkeiten, allein in seinem Elternhaus lebt, was aber mehr einer Ruine als einem Heim gleicht. Er hat kein Geld um das alles in Schuss zu halten, denn sein Job in der städtischen Bibliothek gibt auch nur das Nötigste her. Seine Schwester tingelt mit einem Zirkus durchs Land, um mit Tarotkarten und Wahrsagerei ihre Brötchen zu verdienen; und mit Glück sehen sich die Geschwister auch hin und wieder, wenn sie in der Nähe ist. Die beiden eint ein schwieriges Schicksal, denn ihre Mutter nahm sich vor Jahren das Leben und seitdem scheint alles den Bach herunterzugehen.
Auf der anderen Seite haben wir den Jungen Wilden. Anfangs ist er Namenlos, dann stößt auf einen Wanderzirkus und bekommt dort letztendlich seinen Namen. Amos. Um Amos herum kommt auch die größte mysteriöse Atmosphäre auf. Denn seine Sicht der Geschichte beginnt schon so geheimnisvoll. Er ist stumm, wurde aus seinem Zuhause verjagt und scheint sich, wie auch immer das real oder eben nicht möglich ist, sich unsichtbar machen zu können. Er streift durch die Wälder in seiner Einsamkeit und findet in diesem Zirkus seine Familie. Vor allem der Direktor Peabody oder die Wahrsagerin Ryschkowa nehmen so ein wenig die Zieheltern-Funktion ein.
Doch damit nicht genug. Diese beiden Handlungsstränge erzählen sich in verschiedenen Zeiten. Simon lebt sozusagen in der Gegenwart, Amos in der Vergangenheit. So erlebt der Leser eine bunte, schillernde Zirkusgeschichte, die aber auch mysteriös und gefährlich zu sein scheint; und daneben auch eine sehr ruhige, familiäre und doch geheimnisvolle Geschichte aus der Gegenwart. Man muss nicht besonders schlau sein, um hier zu erkennen, dass beide Handlungsstränge irgendwann im Verlauf miteinander verknüpft werden. Die Gemeinsamkeit durch das Wahrsagen und das Leben im Zirkus ist unübersehbar. Wie genau diese beiden Geschichten miteinander verwebt sind, werde ich hier natürlich nicht weiter ausführen. Trotzdem möchte ich mein Lob dazu aussprechen, dass es der Autorin so gut gelungen ist, die Geschichten auf so besondere Art zu verknüpfen.
Und doch hatte ich das Gefühl, dass ein Handlungsstrang irgendwie locker wegbleiben könnte. Nämlich der von Simon. Dass Simon so seinen Part macht, gibt der Geschichte einen kleinen Kick, wie es in der Gegenwart ausschaut. Aber das Drumherum um Simon, seine Beweggründe seine Schwester vor einem weiteren Selbstmord in der Familie (siehe Klappentext) zu bewahren, ist so blass gegenüber der Geschichte von Amos. Amos‘ Geschichte wirkt um Trilliarden Male schillernder, mysteriöser und fesselnder, als das bei Simon je hätte sein können. Ich habe jede Seite in der Erzählung von Amos genossen. Es hatte eine stimmige und dichte Atmosphäre, die den Leser packt und bannt. Simons Erzählungen hingegen waren lasch. Blass. Unspektakulär. So sehr sich die Autorin an gewissen Stellen um Spannung bemüht hat. Das liegt vielleicht auch an der Natur von Simon, die dem Leser als sehr ruhig, introvertiert und ja, ein bisschen melancholisch, fast depressiv, erscheint. Ich hatte auch das Gefühl, dass Simon generell sehr viele Baustellen hat, und man in seiner Erzählung mit den Problemen, mit denen er so kämpft, kaum hinterherkommt.
Im Nachhinein habe ich den Eindruck, dass Das Geheimnis der Schwimmerin selbst in sich beim Lesen schon stimmig und unterhaltend ist, aber man in dieser Blase zwischen Buch und Leser sein muss, damit man es mag. Damit das für einen stimmt. Sobald man diese Blase verlässt, drüber nachdenkt, das Gelesene wirken lässt, hat das Buch so ein paar atmosphärische Löcher, zu ruhige Parts, die einfach auch weg können. Die nicht spannend sind, die fast schon zu ruhig sind und eigentlich nicht viel mit der Geschichte machen, außer ihr ein paar weitere Seiten zu schenken.
Klar, das Gesamtpaket ist sehr interessant, weil man als Leser doch auf die Auflösung von allem hinfiebert. Aber als Leser muss man z. B. die Mitte der Geschichte schon durchwaten, damit man diese Belohnung bekommt. Und das ist mir nicht immer leicht gefallen. Obwohl ich die Parts von Amos so sehr mochte. Schließlich sollte der Handlungsstrang von Amos nur den von Simon unterstützen, nicht andersherum.
Fazit
Das Geheimnis der Schwimmerin von Erika Swyler hatte einen guten Start, überzeugte mit Spannung, Mystery und einer dichten Atmosphäre. Zum Ende hin löste sich all das aber in Wohlgefallen auf. Deswegen kann ich es leider nur um des Lesens willen und einer besonderen Zirkusgeschichte, die sich in diesem Buch finden lässt, empfehlen. Darüber hinaus empfand ich es doch als zu unspektakulär und wurde in meinen Erwartungen nicht bestätigt.