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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.06.2020

Fesselnd bis zur letzten Seite

Sturmfeuer
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Während einer Segelregatta in der „Optimisten-Klasse“ für Kinder, verschwindet der zehnjährige Nils Michelsen aus seinem Boot. Man hat ihn bei einem Wendemanöver, wie die Auswertung von Videas und Fotos ...

Während einer Segelregatta in der „Optimisten-Klasse“ für Kinder, verschwindet der zehnjährige Nils Michelsen aus seinem Boot. Man hat ihn bei einem Wendemanöver, wie die Auswertung von Videas und Fotos später zeigt, noch im Blick und dann findet man nur mehr das leere Boot. Eine Suchaktion bleibt ohne Erfolg. Wenig später wird der Vater des Kindes tot am Fuße der Klippen von Helgoland gefunden. Unfall oder Selbstmord? Und warum verhält sich Frau Michelsen so seltsam?

Für Anna Krüger, die Polizistin auf der Insel, sind dies ein wenig zu viele Zufälle. Als sie dann noch den verschwundenen Jungen zu sehen glaubt, beginnt sie intensiv zu recherchieren.

Dabei stößt sie auf ein lange gehütetes Geheimnis, das auch sie in Gefahr bringt.

Meine Meinung:

In diesem zweiten Fall für Anna Krüger und Paul Freitag bleibt die Spannung die ganze Zeit recht hoch. Obwohl ich recht bald die Zusammenhänge zwischen den fett gedruckten historischen Einschüben und dem Tod von den beiden Michelsens in der Gegenwart erkannt habe, hat mich die Auflösung gefesselt.

Die Charaktere sind gut ausgearbeitet. Jede bzw. jeder hat so sein eigenes Schicksal zu tragen. Anna leidet nach einem traumatischen Erlebnis seit Jahren an schwerer Migräne, die sie „Stalin“ nennt. Ihr Tablettenkonsum steigert sich ins Bedenkliche. Manchmal ist nicht klar, ob sie überhaupt diensttauglich ist. Aufgrund ihren eigenen Dämonen kann sie sich in andere recht gut hineinversetzen.

Tim Erzberg lockt seine Leser immer wieder auf Fährten, die sich als Sackgassen herausstellen.

Sehr gut haben mir die Rückblicke in die letzten Tage und Wochen der NS-Diktatur gefallen. Sind die Spuren des Flächenbombardements der Briten wirklich noch immer auf der Insel sichtbar?

Fazit:

Ein gelungener Regional-Krimi mit interessanten Charakteren, der für spannende Lesestunden sorgt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 07.06.2020

"Zäh wie ein sibirischer Häuslratz"

Das schwarze Band
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Man schreibt das Jahr 1921 und Wien wird von einer noch nie da gewesenen Hitzewelle heimgesucht. Zahlreiche Menschen sterben an Dehydrierung. Doch nicht nur natürliche Ursachen kosten einigen Menschen ...

Man schreibt das Jahr 1921 und Wien wird von einer noch nie da gewesenen Hitzewelle heimgesucht. Zahlreiche Menschen sterben an Dehydrierung. Doch nicht nur natürliche Ursachen kosten einigen Menschen das Leben. Es wird auch weiter gemordet. Kriminalinspektor August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter werden in die Brigittenau gerufen. Zwei Frauen sind in ihrer Wohnung erschlagen worden, die dritte Mitbewohnerin ist verschwunden. Ist sie die Täterin oder ein Opfer?

Doch bevor die Ermittlungen so richtig in Fahrt kommen, wird August Emmerich zu einem „Benimm-Lehrgang“ in die Schwarzenbergkaserne abkommandiert. Er soll bitte endlich, seine ruppige Art ablegen und nicht immer das sagen, was er sich denkt. Doch als er die anderen Kursteilnehmer sieht und sein Widersacher in der Abteilung „Leib und Leben“ Peter Brühl als Ausbildner erscheint, kommt ihm dieser Kurs ziemlich „spanisch“ vor. Als dann noch ein Kursteilnehmer vor seinen Augen in den Tod gestoßen wird, ist ihm klar, dass hier etwas ganz gewaltig stinkt. Will man seine Karriere bei der Polizei nun endgültig ruinieren oder gibt es ein weit größeres Intrigenspiel mit weit reichenden Folgen für die junge Republik?

Meine Meinung:

Emmerich ist ein „Sau-Prolet“, wie Veit Kolja, sein einstiger Waisenhaus-Kumpel, Unterweltsboss und nunmehriger Neo-Parlamentarier zu sagen pflegt, während Ferdinand (von) Winter als seines Vermögens und Titel verlustiger Adeliger stets höflich und mitunter auch ein wenig zu zurückhaltend auftritt. So würde Ferdinand niemals über den neuen Bundeskanzler Johann Schober sagen, dass „er vielleicht ein guter Polizeipräsident war, aber als Bundeskanzler nichts tauge, weil er wie viele andere ein Geldsack und Emporkömmling sei.“ (S. 15) Ja, Ferdinand würde so etwas nicht einmal denken, geschweige denn, auf einem Empfang laut aussprechen und dabei noch von einigen Leuten belauscht werden.

Doch kann man Emmerich sehr gut verstehen. Er ist eben nicht auf der Butterseite des Lebens aufgewachsen. Derzeit kämpft er mit der steigenden Inflation, die ihm und den drei Kindern seiner ermordeten Freundin kaum das Nötigste zum Leben lassen.

Auch in ihrem vierten Fall für das ungleiche Ermittler-Duo flicht die Autorin wieder historische Fakten ein. So sind die steigende Teuerung, die Wohnungsnot und die unsichere politische Lage ein großes Thema. Interessant auch der Blick auf die wenigen weiblichen Abgeordneten im Parlament. Eine fiktive Figur sticht hier besonders heraus: Adelheid Rupert, die mit ihrer Aktion sogar Veit Kolja einen aufrichtigen Respekt abnötigt (S. 324).

Sehr spannend ist auch der zweite, abermals misslungene Restaurationsversuch von Ex-Kaiser Karl I. in den Krimi integriert.

Gut gelungen ist die langsame Weiterentwicklung Ferdinands, der ja in Abwesenheit von Emmerich, den Doppelmord aufklären soll und dem dabei jede Menge Prügel vor die Beine geworfen werden. Dabei hält er sich an den Rat, den ihm sein Vorgesetzter gegeben hat: „Machen Sie genau das Gegenteil davon, was Sie sonst machen würden.“ Ganz unbeschadet kommt der Assistent natürlich nicht davon. Denn das „Paradies“ ist kein solches sondern der Vorhof zur Hölle, auf den man ihn bei der adeligen Erziehung nicht vorbereitet hat.

Diese Krimi-Reihe besticht durch ihre authentischen Figuren und Beschreibungen des Alltags. Die Zahlen, Daten und Fakten sind penibel recherchiert. Das eine oder andere historische Ereignis ist dem Verlauf des Krimis angepasst worden. Im Nachwort vermerkt Alex Beer, die im bürgerlichen Leben Daniela Larcher heißt, diese Freiheiten.

Dass die Reihe noch nicht zu Ende ist, lässt uns die Autorin auch wissen. August Emmerich erfährt endlich, nach langer Suche, den Namen seiner Mutter bzw. seines Vaters. Darauf freue ich mich, denn die Suche nach dem Vater wird bestimmt kein Honigschlecken.

Ich habe diesen vierten Band nicht aus der Hand legen können und in einer Nacht gelesen.

Fazit:

Spannend bis zur letzten Seite - eine gelungene Fortsetzung der Reihe rund um August Emmerich & Ferdinand Winter. Schade, dass hier maximal 5 Sterne zu vergeben sind.

Veröffentlicht am 06.06.2020

SEK sind keine Erfindung der Neuzeit

Fürsten im Fadenkreuz
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Dieses Buch von Yuval Noah Harari unterscheidet sich deutlich von seinen anderen Bestsellern wie „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ oder „Homo deus“.

Der Militärhistoriker hat sich in diesem Werk, ...

Dieses Buch von Yuval Noah Harari unterscheidet sich deutlich von seinen anderen Bestsellern wie „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ oder „Homo deus“.

Der Militärhistoriker hat sich in diesem Werk, das bereits 2007 unter dem Titel „Special Operations in the Age of Chivalry, 1100-1550“ erschienen und erst jetzt ins Deutsche übersetzt worden ist, einem interessanten Thema gewidmet: Militärische Spezialeinheiten im Mittelalter. Wobei er das Mittelalter nicht wie üblich mit 1492 (Entdeckung Amerikas) enden lässt, sondern bis 1550 erstreckt.

Das Buch ist in die folgenden Kapitel unterteilt:

Spezialkommandos, Strategie und Politik im Zeitalter der Ritter - ein analytischer Überblick
Das Tor zum Nahen Osten: Antiochia, 1098
Die Rettung König Balduins: Kharpurt, 1123
Die Ermordung König Konrads: Tyros, 1191
Für einen Sack Goldmünzen: Calais, 1350
Fürsten im Fadenkreuz: Aufstieg und Fall des Hauses Valois-Burgund, 1407-1483
Die Mühle von Auriol: Auriol, 1536

Mit der Darstellung seiner Betrachtungen wendet er sich, wie er schreibt, an die interessierten Laien. Daher liest sich dieses Sachbuch stellenweise eher wie ein Augenzeugenbericht denn als wissenschaftliche Expertise, was ja nicht unbedingt ein Nachteil sein. Vor allem für Einsteiger in diese Materie ist dieses Buch gut geeignet. Der detailverliebte Schreibstil lässt das Mittelalter wieder farbenprächtig auferstehen. Allerdings werden blutige Schlachten nicht ausgespart.

Zwischendurch geht Harari der Frage der Ritterlichkeit („Chivalry“) oder dem, was wir dafür halten, nach. Dabei fällt auf, dass mit der im Minnelied besungenen Tugend nicht ganz so weit her war. Ohne Spitzeldienste, Vorauskommandos und Verrat, der mittels klingender Münze einhergeht, ist auch im Mittelalter kein Blumenstrauß bzw. eine Schlacht zu gewinnen. Der Autor zeigt die schmutzige Seite des Krieges: Belagerung und Aushungern von Burgen oder Städten sind das Mittel der Wahl.

Fazit:

Ein populärwissenschaftlicher Einblick in Kriege des Mittelalters abseits der romantischen Balladen. Für Einsteiger in die Materie sehr gut geeignet, daher 5 Sterne.

Veröffentlicht am 06.06.2020

Eine gelungene Fortsetzung

Die Henkerstochter und der Fluch der Pest (Die Henkerstochter-Saga 8)
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Man schreibt das Jahr 1679, Gerüchte über die Ausbreitung der Pest von Wien kommend sind im Umlauf. Die ersten Maßnahmen wie Abriegelung der mancher Städte werden getroffen, denn die Erinnerung an die ...

Man schreibt das Jahr 1679, Gerüchte über die Ausbreitung der Pest von Wien kommend sind im Umlauf. Die ersten Maßnahmen wie Abriegelung der mancher Städte werden getroffen, denn die Erinnerung an die Seuche, die vor 50 Jahren einen Gutteil der Bevölkerung dahingerafft hat, ist in diversen Chroniken noch präsent.

Just in dieser unruhigen Zeit beschließt die Familie des Schongauer Henkers Jakob Kuisl ein Familientreffen. Auch Magdalena, Jakobs Tochter und nunmehrige Fronwieser, macht sich mit ihrem Mann Simon und den Kindern Paul und Sophia Richtung Schongau auf. Peter, der zweite Sohn, der mit dem zukünftigen Kurfürsten Max Emanuel in der Münchener Residenz Schach spielt, muss zuvor für Max noch eine geheime Nachricht nach Kaufbeuren überbringen.

Als dann der Kaufbeurer Henker Conrad Nährer in das Familienfest platzt, wirre Andeutungen von sich gibt: In Kaufbeuren, so Conrad, spiele ein schwarzer Reiter mit einer Pfeife auf, damit die Ratten tanzten und der Mörder habe zwei Gesichter. Er, Kuisl, müsse Kaufbeuren retten. Sprach’s und stirbt wenig später an der Pest.

Grund genug für Jakob mit Magdalena und ihrer Familie nach Kaufbeuren zu reisen und den kryptischen Bemerkungen nachzugeben. Dabei könne man ja auch auf Peter warten, der nach wie vor nicht eingetroffen ist.

Jakob ist als Henker nicht wirklich wohl gelitten und so erkundet er das Terrain auf seine Weise, während Simon und Magdalena vorgeben als „Fürstliche Kommission“ in der Stadt nach dem Rechten sehen zu müssen. Und in der Tat, gehen einige seltsame Dinge in Kaufbeuren vor. Ausgerechnet Mitglieder des Hohen Rates sterben nacheinander und punktuell an der Pest. Dem Arzt Simon kommt das ebenso spanisch vor wie seiner Frau und so werden Nachforschungen angestellt. Allerdings auf unterschiedliche Weise. Bald ist klar, dass die Familie Kuisl-Fronwieser niemandem außerhalb der Familie trauen kann....

Meine Meinung:

In diesem achten Band der Familiengeschichte der Kuisls bekommen es Magdalena und Jakob, der diesmal beinahe eine untergeordnete Rolle spielt, mit einem beinahe übermächtigen Gegner zu tun: Mit der Pest. Man kennt die Art der Ansteckung nicht, sieht nur, dass die Krankheit die Menschen innerhalb weniger Tage hinwegrafft. Damit ist allerlei Aberglauben Tür und Tor geöffnet. Doch auch einige vernünftige Maßnahmen wie Abschottung der Stadt Kaufbeuren werden veranlasst. Natürlich ist die Quarantäne nicht lückenlos. Das erinnert frappant an die aktuelle Situation durch Covid-19, von der Oliver Pötzsch bei der Recherche zu diesem Buch noch nichts gewusst hat. Seuchen kehren wieder. Gegen die Pest ist, nachdem man den Verursacher kennt, nun doch ein Kraut gewachsen. Im 17. Jahrhundert, das gerade den 30-jährigen Krieg überstanden hat und die Katholiken den Protestanten nach wie vor nicht über den Weg Trauen, ist man den Krankheiten hilflos ausgesetzt. Zumal die Pest, wie man lesen kann, für politische Zwecke eingesetzt werden könnte.

Wie immer sind die Familienmitglieder sehr gut charakterisiert. Im Lauf der Zeit haben sie sich weiterentwickelt. Dass Jakob mit zunehmendem Alter schwieriger wird, ist nicht nur seinem übermäßigen Alkoholgenuss, sondern auch seiner Erkenntnis geschuldet, nicht mehr ein junger Mann zu sein. Was früher mit links und ohne Mühe funktionierte, bedarf nun einer besonderen Kraftanstrengung.

Simon, ganz fortschrittlicher Arzt, vernachlässigt, in seinen Bemühungen der Seuche Herr zu werden, seine Ehefrau, die ihre eigenen Gedanken zur Krankheit hat. Fesselnd erzählt der Autor in seinem opulenten Schreibstil, die unterschiedlichen Theorien der Ansteckung und Verbreitung der Seuche. Dass daneben noch ein Komplott aufgedeckt wird und Max Emanuel doch nicht so ein netter Kerl ist, sondern ehrgeizig und machtbesessen, erstaunt die Leser, die die komplexen historischen Geschichten von Oliver Pötzsch kennen, nicht weiters.

Geschickt werden die historischen Details in die Geschichte der Kuisl hineinverwoben.

Dieser achte Band der Reihe ist trotz seiner 736 Seiten im Nu gelesen. Spannend bis zur letzten Seit. Ich denke, die Reihe wird weitergehen.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung der Henkerstochter-Reihe mit Bezug zu Gegenwart, der weder beim Schreiben noch bei der vorangehenden Recherche absehbar war. Gerne gebe ich hier wieder 5 Sterne.

Veröffentlicht am 05.06.2020

Kunstraub und Raubkunst beflügelt die Fantasie der Krimi-Autoren

Die Flucht der blauen Pferde
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Wenig befeuert die Fantasie von Krimiautoren mehr, als Kunstraub und Raubkunst. Auch in diesem Buch ist ein Bild, nämlich Franz Marcs „Der Turm der blauen Pferde“ zentrales Thema. Das Werk, das lange in ...

Wenig befeuert die Fantasie von Krimiautoren mehr, als Kunstraub und Raubkunst. Auch in diesem Buch ist ein Bild, nämlich Franz Marcs „Der Turm der blauen Pferde“ zentrales Thema. Das Werk, das lange in Hermann Görings Besitz war und damals als „entartete Kunst“ galt, ist seit Kriegsende verschollen. Deshalb ranken sich immer wieder Krimis rund um dieses Bild.

Konstantin Neumann, ein Ex-Häftling auf Bewährung, stolpert kurz nach dem er in seine neue Wohnung einzogen ist, über eine weibliche Leiche. Aufgrund seiner Vorgeschichte (er wurde wegen Totschlags verurteilt) ist er natürlich sofort im Fokus der ermittelnden Beamtin, KHK Finke.

Seine Neugierde und auch sein Bestreben seine Unschuld zu beweisen, lassen ihn zum Ermittler wider Willen werden. Er entdeckt eigenartig anmutenden Abhängigkeiten und Zusammenhänge zwischen den Hausbewohnern. Wieso ist sein Vorgänger als Mieter verschwunden? Was haben die Fotos von Raubkunst zu bedeuten? Was spielt Antonius Adler, einer der Hauseigentümer für eine Rolle?

Unversehens ist er mitten in einem komplexen Kriminalfall, der ihn zu einer zweiten Tote und völlig falschen Annahmen führt.

Meine Meinung:

Mir hat dieser Krimi sehr gut gefallen. Zu Beginn wird der Leser gemeinsam mit Konstantin Neumann in eine eigenartige Hausgemeinschaft gestoßen. Die Stimmung ist seltsam. Die Bewohner scheinen alle über genügen Geld zu verfügen, aber so richtig zur Arbeit geht keiner. Die Damen machen ihm, ob alleinstehend oder nicht, mehr oder weniger verstohlen Avancen. Der alte, an den Rollstuhl angewiesene Antonius Adler, in dessen Wohnung zahlreiche Bilder hänger, weckt Neumanns Neugier, obwohl er schroff und unnahbar wirkt.

„Sie geraten als neuer Bewohner dieses Hauses ja in ganz schön turbulente Situationen. Sie haben zwei Leichen gefunden, wurden von einer Kugel gestreift und spüren vermeintliche Einbrecher auf.“ Soweit das Resümee das alten Herren (S. 209).

Der Autorin ist es sehr gut gelungen, die Leser auf falsche Fährten zu locken. Besonders die Erwähnung, dass Adler sich eine Tätowierung hat entfernen lassen, lässt bei Neumann nur einen Schluss zu: Der Greis muss ein Altnazi sein.

Die Auflösung des komplexen Kriminalfalles hält einige Überraschungen bereit. Dabei wird alles schlüssig erklärt. Das einzige was nach wie vor offen bleibt, ist der Verbleib des Bildes.

Der Schreibstil ist fesselnd und die Charaktere sind gut angelegt. Sie haben alle möglichen Ecken und Kanten. Er bei näherer Betrachtung ist zu sehen, dass es nicht nur schwarz und weiß, sondern auch jede Menge Zwischentöne gibt.

Geschickt ist auch der Einblick in die Geschichte der Raubkunst eingeflochten. Neumann, der anfangs wenig darüber weiß, erfährt von einem ehemaligen Mitgefangenen, dem Kunsthändler Brenner, der vorzeitig entlassen worden ist, einiges über Kunst, Raubkunst und Fälschungen. Diese Informationen werden dem Leser nebenbei und sehr subtil dargeboten. Wer sich bis jetzt mit diesem Thema noch nicht beschäftigt hat, wird einiges darüber erfahren.

Die Autorin verbindet Fakten gekonnt mit Fiktion. So stimmt die Geschichte rund um Franz Marcs Bild „Der Turm der blauen Pferde“, das seit 1945 als verschollen gilt. Es soll das letzte Mal im "Haus Waldsee" gesehen worden und von dort verschwunden sein. Auch die Geschichte des Fälschers Wolfgang Beltracchi ist ebenso wahr wie die des als „Schwabinger Kunstfund“ bekannte Sammlung von Cornelius Gurlitt.

Fazit:

Kunstraub durch Nazis, ein verschollenes Gemälde und ein Ex-Häftling auf Bewährung, der über Leichen stolpert und eine ungezügelte Neugier auf seine Nachbarn hat, sind die Zutaten für einen raffinierten, überzeugenden und spannenden Kriminalroman.