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Venatrix

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Veröffentlicht am 11.06.2020

Leider nicht das beste Krimi rund um Leander LOst

Schwarzer August
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Dieser Krimi ist der vierte Fall für den den sympathischen Austauschkommissar aus Deutschland, Leander Lost.

Leanders Leben hat sich grundlegend geändert. Er darf weiter im Dienst der portugiesischen ...

Dieser Krimi ist der vierte Fall für den den sympathischen Austauschkommissar aus Deutschland, Leander Lost.

Leanders Leben hat sich grundlegend geändert. Er darf weiter im Dienst der portugiesischen Polícia Judicária in Faro ermitteln. Außerdem genießt er die traute Zweisamkeit mit seiner Herzensdame Soraia Rosado, der Schwester seiner Vorgesetzten Graciana.

Die romantische Idylle wird durch einen Bombenanschlag auf eine Bank jäh unterbrochen. Miguel Duarte, der einzige Spanier im Team vermutet entgegen aller Wahrscheinlichkeit einen islamischen Terrorakt. Leander Losts analytischer Verstand bezweifelt das allerdings. Warum dann ein paar Tage später drei Tunfisch-Trwaler in die Luft fliegen, ist allen vorerst ein Rätsel. Die Bekennerschreiben, die eintreffen geben wenig Information zu Motiv und Täter.

Meine Meinung:

Dieser vierte Band ist leider nicht ganz so spannend wie die drei Vorgänger. Leander, der als Aspi über außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt, muss sie diesmal nicht zwingend einsetzen. Das Team rund um Garciana hätte den Kriminalfall auch ohne ihn lösen können. Vielleicht hätten sie ein, zwei Tage länger benötigt.

Auch fehlt in diesem Fall die Spritzigkeit, die sich aus dem Unvermögen Leanders, die Zwischentöne in den Anmerkungen seiner Umgebung zu deuten, ergibt. Es scheint als würde sich Lost seinen Mitmenschen zu sehr anpassen.

Der Fokus liegt diesmal auch nicht ausschließlich auf Leander Lost, sondern das Gefühlsleben von Graciana und Carlos spielt eine größere Rolle. Das hat mich schon ein wenig irritiert. Dass Garciana, als Leiterin der Ermittlung, mit einem Verdächtigen ein Pantscherl eingeht, ist höchst unprofessionell und aus meiner Sicht, durchaus verzichtbar.

Ein unerwarteter Neuzugang ist Gracianas neuer Dienstwagen: Ein grüner Ford Mustang.


Fazit:

Leider nicht der beste Krimi aus der Leander-Lost-Reihe. Mit viel Nachsicht gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 05.06.2020

Die Dokumentation eines Unrechts

Die Akte Leopoldskron
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Johannes Hofinger, Historiker und Experte zum Thema „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“ zeichnet in seinem neuen Buch „Die Akte Leopoldskron“ den Weg des Schlosses von Ankauf durch Max Reinhardt ...

Johannes Hofinger, Historiker und Experte zum Thema „Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus“ zeichnet in seinem neuen Buch „Die Akte Leopoldskron“ den Weg des Schlosses von Ankauf durch Max Reinhardt bis zur Enteignung und schließlich zur Restitution an Reinhardts Erben, seine Witwe Helene Thimig und die beiden Söhne aus erster Ehe 1947 nach.

Max Reinhardt, Theaterintendant und Mitbegründer der Salzburger Festspiele hat das Schloss Leopoldskron 1918 in schlechtem Zustand erworben und zu einem echten Schmuckstück renovieren lassen. Die Salzburger Gesellschaft stand Reinhardt immer reserviert gegenüber und so ist es auch nicht verwunderlich, dass nach der Vertreibung Reinhardts, der jüdische Wurzeln hatte, aus Österreich sofort Begehrlichkeiten geweckt wurden. So feilschen mehrere deutsche Dienststellen mit der Salzburger Landesregierung um die kostbare Bibliothek. Man lässt Skulpturen demontieren und an unterschiedliche Orte verbringen.

Ein Großteil der Inventarlisten sind in verschiedenen Archiven unauffindbar. Doch einiges kann Johannes Hofinger einsehen und für dieses Buch verwenden. So erhält der interessierte Leser Einblick in die Bürokratie des NS-Staates. Schmunzeln musste ich über die zahlreichen Tipp- und Rechtschreibfehler im Briefverkehr mit Gauleitern, Ministern und Museumsdirektoren.

Der Leser erhält auch einen Seitenblick auf eine schillernde Figur: auf die Kurzzeit-Schlossherrin von Leopldskron Stéphanie zu Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst.

Zahlreiche Fotos ergänzen diese Dokumentation.

Interessant finde ich, dass der Immobilienbesitz wie das Schloss Leopoldskron und die meisten Fahrnisse bereits 1947 restituiert worden sind. Andere Familien mussten Jahrzehnte um ihren arisierten Besitz kämpfen und bekamen oft nur Teile zurück.

Max Reinhardt sollte seinen Besitz in Salzburg nicht mehr wiedersehen. Er starb 1943 verarmt in den USA.

Veröffentlicht am 30.05.2020

Ein gelungener Auftakt einer Krimi-Reihe

Nur tote Schwaben schweigen
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„Amsel, Drossel, Fink und Star...“ so kennt man den Text aus der „Vogelhochzeit“. Mit Vogelnamen sind die Opfer eines als „Schwarze Henne“ agierenden Serien-Mörders bezeichnet. Allerdings nennt der Täter ...

„Amsel, Drossel, Fink und Star...“ so kennt man den Text aus der „Vogelhochzeit“. Mit Vogelnamen sind die Opfer eines als „Schwarze Henne“ agierenden Serien-Mörders bezeichnet. Allerdings nennt der Täter seine Opfer Kiebitz, Eisvogel, Marabu, Kuckuck oder Pfau und kündigt die einzelnen Verbrechen bei der Polizei auch noch an, um wenig später eine „Vollzugsmeldung“ nachzureichen.

KHK Eugen Querlinger, von seiner Frau Gemahlin wegen des Übergewichtes auf gesunde Reduktionskost gesetzt, hat alle Hände voll zu tun. Seine ständige Unterzuckerung und der Hunger auf bodenständige Kost lassen ihn grantig erscheinen. Seine Notration: Erdnüsse. Die stärken ja bekanntlich die Nerven, denn der Fall zieht dem KHK und seinem Team ständig dieselbigen.

Welche Schlüsse das Team aus den Ermittlungen zeiht und wie es gelingt, die „Schwarze Henne“ unschädlich zu machen, lest am besten selbst.

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist der erste Band einer Reihe rund um den Ulmer KHK Eugen Querlinger. Man sagt ja den Schwaben angebliche Geschwätzigkeit nach, was auch der Titel zu bestätigen scheint. Nur ein toter Schwabe hält den Mund. Ich mag ja Krimis mit viel Lokalkolorit in denen auch so gesprochen wird, wie den Ortsansässigen der Schnabel (Sic!) gewachsen ist, doch hier war mir das Schwäbische ein wenig zu viel. Wobei, fast alle Dialoge im richtigen Dialekt zu schreiben, ist bestimmt anstrengend. Dieser Kunstgriff ist gut gelungen!

Querlinger ist ein Genussmensch und so dürfen wir ihn auch bei seinen Einkehrschwüngen in die diversen Gasthäuser begleiten, Diät hin oder her. Knifflige Ermittlungen brauchen genügend Brennstoff in Form von einem g’scheiten Mittagessen. Weder Tofu noch Eisbein ist so nach dem Geschmack des Herrn Kriminalhauptkommissar, aber zum Glück gibt es ja auch in Berlin, wohin es ihn zu Recherchen verschlägt ein anständiges Wirtshaus.

Lachen musste ich über die Übung „Schnarch-Yoga“, die Querlinger pflegt.

Max Abele ist es gelungen, mich trotz eines handfesten Anfangsverdachtes vom wahren Täter abzulenken und in die Irre zu führen. Letzten Endes bin ich mit meiner Vermutung doch richtig gelegen.

Das schlichte Cover weckt sofort das Interesse der potenziellen Leser. Viele denken an Alfred Hitchcocks „Vögel“.

Fazit:

Ein gelungener Regionalkrimi aus dem Haus Emons, dem ich gerne 4 Stern gebe.

Veröffentlicht am 21.05.2020

Eine gelungene Fortsetzung

Whisky mit Schuss
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Abigail Logan, seit einem Jahr Erbin einer kleinen, aber feinen
Whisky-Destillerie, nimmt erstmals an einer prestigeträchtigen Whisky-Prämierung teil. An ihrer Seite Patrick, Grant und Hund Liam. Schauplatz ...

Abigail Logan, seit einem Jahr Erbin einer kleinen, aber feinen
Whisky-Destillerie, nimmt erstmals an einer prestigeträchtigen Whisky-Prämierung teil. An ihrer Seite Patrick, Grant und Hund Liam. Schauplatz dieser Leistungsschau ist ein formidables Hotel in den Highlands, das seinen Gästen allerlei Bequemlichkeiten und Belustigungen anbietet. So gibt es eine Greifvogelschau, den unvermeidlichen Golfplatz und eine Hundeschule.

Das Personal ist ausgesucht höflich und muss regelmäßig die „Steckbriefe“ der Gäste, in denen deren Vorlieben und Marotten verzeichnet sind, auswendig lernen.

Just in diesem Tempel der Vornehmheit, werden zwei der Preisrichter tot ausgefunden. Das ruft natürlich DI Michaelsen auf den Plan, der zu Abigail ein ambivalentes Verhältnis hat. Zum einen schätzt er ihren Verstand und die präzise Fragestellung, der ehemaligen Kriegsberichterstatterin, andererseits gehen ihm ihre Alleingänge, die nicht selten zu einer brenzligen Situation führen auf die Nerven. Doch diesmal ist Michaelsen auf Abigail angewiesen, befindet sich doch die Mehrzahl seiner Mitarbeiter im Krankenstand.

Auf der Suche nach einem plausiblen Motiv gehen allerdings die Meinung der beiden weit auseinander. Während der Polizist den schnöde Geldgier vermutet, glaubt Abi, dass die Morde mit der Whisky-Prämierung zu tun haben.

Wie weit beide daneben liegen, lest bitte selbst.

Meine Meinung:

Melinda Mullet ist wieder ein gut lesbarer Krimi rund um das „uisge beatha“, das „Wasser des Lebens“, gelungen. Der LEser erfährt völlig unaufgeregt einiges über Whisky abseits des schottischen oder irischen. Die Traditionalisten unter den Preisrichtern verabscheuen zwei Sorten: Whisky, der von Frauen bzw. von Ausländern destilliert wird. Die Wortgefechte dazu sind recht aufschlussreich, den in der Zwischenzeit gibt es ausgezeichnete Whiskys aus Japan oder Indien. Was gerade bei Indien, keine große Überraschung ein darf, denn die Briten waren ja lange Jahrzehnte Herren über den Subkontinent.

Abigail zeichnet sich nicht nur durch Scharfsinn aus, sondern darf diesmal ein wenig eifersüchtig sein, als Brenna, eine Verflossene von Grant auftaucht. Doch noch mehr als die Beziehung zu Grant, kränkt Abigail, dass Brenna bei ihrem verstorbenen Onkel Ben, in die Lehre zur Whisky-Brennerin gegangen ist, und sie (Abigail) nichts davon wusste.

Der Krimi ist wie seine beiden Vorgänger unterhaltsam und lässt sich leicht lesen.

Ich hatte relativ bald einen vagen Verdacht, der sich erhärtet hat. Die Frage nach dem WARUM ist recht eindeutig, beim WIE hätte ich mir ein wenig präzisere Angaben gewünscht.

Was für mich, obwohl Hunde nicht so sehr mag, unverständlich ist, dass Liam häufig Häppchen vom Tisch der Menschen erhält. Dass Spürnase Liam gerne Whisky schlürft, mag vielleicht ein witziges Blitzlicht sein, geht aber für mich gar nicht. Ein betrunkener Hund, der durch das Hotel torkelt? Gut, dass die Autorin am ENde der Buches erklärt, dass Hunde (Tiere) und Alkohol sich nicht vertragen.

Fazit:

Eine gelungene Fortsetzung der Reihe. Gerne gebe ich 4 Sterne.

Veröffentlicht am 11.05.2020

Eine Hommage an eine zu unrecht Vergessene

Das Mädchen mit der Leica
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Als Gerda Taro 1937 auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise beigesetzt wird, folgen ihrem Leichenzug tausende Menschen.

Wer ist diese Frau?

1910 als Gerta Pohorylle, Tochter einer jüdischen Familie aus ...

Als Gerda Taro 1937 auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise beigesetzt wird, folgen ihrem Leichenzug tausende Menschen.

Wer ist diese Frau?

1910 als Gerta Pohorylle, Tochter einer jüdischen Familie aus Ostgalizen in Stuttgart geboren, wächst sie u.a. in der Schweiz und ab 1929 in Leipzig auf. Dort schließt sie sich sozialistische Gruppen an, wird verhaftet und flieht 1933 nach Paris. Dort lernt sie den ebenfalls jüdischen Flüchtling und Fotografen Endre „André“ Friedman kennen. Als Friedman seinen Namen in Robert Capa ändert, zieht Gerta gleich und nennt sich fortan Gerda Taro. Gemeinsam ziehen sie in den Spanischen Bürgerkrieg, machen Foto um Foto, die weltbekannt sind. Das Leben der Gerda Taro endet am 26. Juli 1937, als sie in Madrid von einemrepublikanischen Panzer überrollt wird. Gerda Taro wird nur knappe 27 Jahre alt.

Soweit die historischen Fakten.

In ihrem Roman flicht die italienische Autorin Helena Janaczek der Toten im Nachhinein Kränze. Sie verknüpft gekonnt historische Fakten mit Fiktion und betrachtet die Fotografin durch die Brillen dreier Weggefährten: Willy Chardack, Arzt und Erfinder des Herzschrittmachers, der Gerda rettungslos verfallen und b seiner Leidensfähigkeit „Dackel“ genannt, ihrer Freundin Ruth Cerf und Georg Kuritzkes, der aus Liebe zu Taro ein Spanienkämpfer wurde.

Diese beiden Männer sind nicht die einzigen, denen die schöne, charismatische Gerda den Kopf verdreht. Doch Gerda ist nicht nur „Femme Fatale“ - sie ist eine engagierte, kompromisslose Frau. Der Trauerkondukt, den Robert Capa gemeinsam mit Louis Aragon und Pablo Neruda anführt ist ein Zeichen des Widerstandes gegen den Faschismus.

Schade, dass sie bereits kurz nach ihrer Beisetzung in Vergessenheit geraten ist. Wahrscheinlich auch deswegen, weil ein Teil ihrer, die harte Realität des Bürgerkriegs gekonnt in Szene gesetzten Fotografien, unter Capas Namen veröffentlicht wurden.

Erst als man 2007 einen lang verschollenen Koffer mit Negativen der Fotografin findet, ist ihr Werk wieder in aller Munde.

Meine Meinung:

Der Autorin ist ein bemerkenswerter Roman gelungen. Aus vielen Splittern der Erinnerung setzt sie ein Bild von Gerda Taro zusammen, das weit über die Fakten hinausgeht. Manchmal hätte ich mir mehr Gerda gewünscht, denn im Rückblick wird auch sehr viel von den Leben ihrer Weggefährten wie „Dackel“ eingeflochten. Das schweift Helena Janeczek für meinen Geschmack ein wenig zu weit von Gerda ab.

Sprachlich ist dieser biografische Roman ein echter Genuss.

Eine Hommage an eine zu Unrecht vergessene Frau. Wie prosten sich Capa und Chardack, die beiden Konkurrenten um Gerdas Liebe, nach Gerdas Tod an der Bürgerkriegsfront, mit einem Schluck aus der Feldflasche zu? „Auf unsere Gerda!“

Fazit:

Dieser Roman ist eine Hommage an eine zu Unrecht vergessene Frau.
Gerne gebe ich hier 4 Sterne.