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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2020

Pageturner

Bluthölle (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 11)
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Robert Hunter und Carlos Garcia ermitteln wieder. Zum elften Mal. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Thrillerfan erst jetzt Chris Carter entdeckt, ist wohl gering. Aber sollte es doch noch jemanden geben, ...

Robert Hunter und Carlos Garcia ermitteln wieder. Zum elften Mal. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Thrillerfan erst jetzt Chris Carter entdeckt, ist wohl gering. Aber sollte es doch noch jemanden geben, der ihn nicht kennt, so sei derjenige gewarnt. Der Autor, der einige Jahre selber Profiler für Serienverbrechen in den USA war, ist bekannt für seine grausamen Mörder, die extrem blutig und bösartig töten. Dabei ist Carter so kreativ, dass ich regelmäßig geschockt von seinen Plots bin und Ekel und Gänsehaut mich schütteln. So was muss man mögen. Das ist nichts für zarte Gemüter. Beschaulichkeit und ruhiges Tempo ist auch nicht gerade seine Stärke. Immerhin sind seine zwei Ermittler sympathische Typen ohne allzu große psychische Schäden.

Der Titel ist also Programm. Wer einen mitreißenden, turboschnellen Pageturner sucht, in dem neben Mord und Totschlag walten und erst am Ende die Gerechtigkeit siegt und wer keinen literarisch ausgefeilten Krimi sucht, der ist bei „Bluthölle“ genau richtig. Und Chris Carter hat mich noch nie enttäuscht. So auch dieses Mal nicht.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es ist vielleicht nicht das beste der Reihe, aber dennoch fünf Sterne, denn ich bekam das, was ich bei einem Carter-Roman erwartet habe. Einen hervorragenden superspannenden Thriller, den ich atemlos gelesen habe mit einem Plot, der keine Fragen offen lässt.

Veröffentlicht am 26.07.2020

berührend und wahrhaftig

Und auf einmal diese Stille
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Ich lese sehr selten Sachbücher, denn oft sind sie langatmig oder zu emotionslos, haben keinen Spannungsbogen, sind überfrachtet mit überflüssigen Erklärungen und Beschreibungen und wenn sie Themen und ...

Ich lese sehr selten Sachbücher, denn oft sind sie langatmig oder zu emotionslos, haben keinen Spannungsbogen, sind überfrachtet mit überflüssigen Erklärungen und Beschreibungen und wenn sie Themen und Geschehnisse aus der Vergangenheit behandeln, sind die Dinge unabänderlich und oft hinlänglich bekannt.

Manches trifft auch auf den 11. September 2001 zu. Gefühlt jeder erwachsene oder jugendliche Mensch weiß noch, wo er die Minuten und Stunden verbrachte und wie er von dem Attentat auf die Twin Towers erfahren hat. Ich war in der Küche beim Kochen und konnte das dann nicht mehr tun, weil ich nur noch vor dem Fernseher das Unglück verfolgte. Später habe ich mehrmals den Film der Feuerwehr über ihren grauenhaften Einsatz gesehen und das Buch 102 Minuten von Jim Dwyer gelesen. Und dennoch oder gerade deswegen musste ich „Und auf einmal diese Stille“ von Garrett M. Graff unbedingt lesen.

Akribisch hat der Autor in langen Monaten unendlich viele Versatzstücke der vielen Beteiligten dieses Anschlags zusammengesucht und sie in einen zeitlichen und emotionalen Kontext gesetzt. ER beginnt bei Piloten und Flugpassagieren (solchen, die in den Flugzeugen saßen aber auch solchen die durch Zufall nicht an den Flügen teilnahmen), von Menschen deren Liebste morgens in die Twin Towers zum Arbeiten gingen, von Polizisten, Anwohnern, Einsatzkräften… Unendliche viele Schicksale, unendliche viele Tragödien. Es wird gelacht und geweint, Alltäglichkeiten erzählt, die im nachträglichen Scheinwerfer des Dramas eine ganz andere tiefere Bedeutung erhalten. Die Menschlichkeit in all ihren Facetten steckt in diesem Buch. In den kleinen und großen Geschichten, die zusammen ein großes Ganzes ergeben. Der Anschlag auf die Twin Towers war ein Anschlag auf Tausende von Menschen, eine ganze Stadt, ein ganzes Land, die ganze Erde. Die Möglichkeit durch die Medien hautnah dabei gewesen zu sein und dann die Filme und Bücher über die Schicksale berühren immer wieder aufs Neue und sie sind wichtig und wertvoll. Niemand und nichts soll vergessen werden.

Ein unglaublich berührendes und wahrhaftiges Buch.

Veröffentlicht am 21.07.2020

genialer Erzählstil

Daisy Jones and The Six
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»Das Buch ist die Geschichte einer fiktiven Band in der echten Welt.« The New York Times
Dieser Satz hat mich magisch angezogen. Ich konnte mir nichts drunter vorstellen, dachte vorher, es wäre eine echte ...

»Das Buch ist die Geschichte einer fiktiven Band in der echten Welt.« The New York Times
Dieser Satz hat mich magisch angezogen. Ich konnte mir nichts drunter vorstellen, dachte vorher, es wäre eine echte Band und eine Art Biographie. Und das ist das Witzige, dass dieser Eindruck hier im Buch verstärkt wird. Nein, es ist sogar das Programm dieser Geschichte, dass man glaubt, es handelte sich um eine reale Gruppe, um reale Ereignisse. Die Autorin spielt mit dem Leser. Sie gibt vor, das Buch wäre aus diversen Interviews entstanden. Die Akteure – einschließlich der namensgebenden Daisy Jones – berichten über ihr Leben, über die Band, die Erfolge und wie es zur Trennung kam. Das liest sich wunderbar locker und intensiv und man kann vermuten, dass diverse andere Bands Pate standen und in die Story eingeflossen sind.

Ich war total geflasht von diesem Buch. Der Erzählstil der Autorin ist einfach wunderbar. Direkt und wild, romantisch und so ungestüm und verdreht wie die Protagonisten teilweise sind. Ich bin zum Fan dieser Band geworden, ohne ihre Musik gehört zu haben. Ich bin zum Fan dieser Autorin geworden, die ich vorher nicht kannte. Deshalb musste ich mir sofort ein weiteres Buch von ihr bestellen (Emmas Herz).

Von mir eine ganz dicke Leseempfehlung zu diesem ungewöhnlichen Buch. Ein Bucherlebnis welches mir ohne netgalley entgangen wäre. Vielen Dank dafür.

Veröffentlicht am 13.07.2020

hervorragend

Schwarzer August
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Eigentlich ist Leander Lost ja nur befristet im Austausch für einen portugiesischen Kollegen nach Fuseta gekommen. Und eigentlich tut er sich immer schwer mit Kollegen – wie überhaupt mit Menschen – da ...

Eigentlich ist Leander Lost ja nur befristet im Austausch für einen portugiesischen Kollegen nach Fuseta gekommen. Und eigentlich tut er sich immer schwer mit Kollegen – wie überhaupt mit Menschen – da er am Asperger Syndrom leidet und sehr speziell ist, was seine Wahrheitsliebe und seine mangelnde Fähigkeit, die Emotionen anderer richtig einzuordnen, ist. Aber hier in Portugal hat er etwas gefunden, was ihm in Deutschland verwehrt geblieben ist. Kollegen die ihn schätzen und jetzt sogar eine Frau, die ihn liebt, so wie er ist. Kein Wunder, dass Lost zu Höchstform aufläuft.

Mir gefällt auch dieser 4.te Band wieder ausnehmend gut. Die Charaktere sind mir allesamt schon sehr ans Herz gewachsen in den letzten Fällen und ich freue mich, wie verständnisvoll und harmonisch alles abläuft, obwohl Leander so richtig schräg sein kann. Außerdem ist der Kriminalfall gewohnt spannend und hat ein paar überraschende Wendungen. Gerade das schätze ich so am Schreibstil des deutschen Autors. Genau wie in seinen Drehbüchern kann er mich auch hier fesseln und auf eine falsche Fährte locken. Großes Kopfkino ist hier sicher.

Ich hoffe sehr, es gibt noch weitere Teile dieser Reihe. Das Cover mit seinem tiefen Azurblau ist wie immer ein Hingucker und perfekt für einen heißen Sommer im tödlichen Fuseta zu lesen.

Veröffentlicht am 06.06.2020

Lesehighlight

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
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Francis Gleeson und Brian Stanhopes sind frischgebackene Police-Officers, als sie sich kennenlernen. Beide heiraten jung und ziehen in eine amerikanische Kleinstadt, wo sie Nachbarn werden. Ihre Kinder ...

Francis Gleeson und Brian Stanhopes sind frischgebackene Police-Officers, als sie sich kennenlernen. Beide heiraten jung und ziehen in eine amerikanische Kleinstadt, wo sie Nachbarn werden. Ihre Kinder gehen zusammen in die Schule, Brians Sohn Peter und die jüngste Tochter von Francis, Kate, sind beste Freunde und unzertrennlich. Im Laufe der Jahre gibt es immer wieder Probleme mit Peters Mutter Anne, die sich seltsam verhält, keinen Menschen an sich heranlässt und schließlich anfängt an Verfolgungswahn zu leiden. Eines nachts will sie verhindern, dass die Teenager sich treffen und greift zur Waffe ihres Ehemannes.


Nach dem Klappentext und dem Beginn der Handlung rechnete ich erst mal vor allem mit einer tragischen Liebesgeschichte. So eine Art Romeo und Julia vielleicht. Und der Titel des Buches versprach ja bereits, dass die beiden jungen Leute sich wiedersehen. Aber schnell war mir klar, dass es der Autorin Mary Beth Keane um viel mehr geht. Sie versteht es virtuos und mit unglaublichem Sprachgefühl, die psychischen und physischen Verletzungen zu beschreiben, die sowohl aus der Tragödie einer Nacht aber auch aus der Krankheit der Mutter, der Sprachlosigkeit des Vaters, dem Versuch aller Betroffenen, mit dem Drama umzugehen und zu leben, entstehen. Sie lotet die Gefühle der Liebenden aus, erzählt, wie Kates Eltern ums Überleben kämpfen. Jahre vergehen und Peters Versuche, seine schwierige Kindheit und die Tat seiner Mutter zu verdrängen, münden fast in eine neue Katastrophe. Wird es ihm gelingen, alles zu verarbeiten? Wird die Liebe zu Kate all das überstehen? Und ist es möglich Anne zu vergeben und sie wieder in das Leben der zwei Familien zu lassen?


Es ist ein sehr intensives und sehr berührendes Buch. Keane hat einen wunderbaren Erzählstil, findet Worte, die wie Bilder sind und die die Gefühle der Protagonisten so authentisch und nah beschreiben. Ich wollte immer wieder Sätze anstreichen, Szenen nochmals lesen, um sie ganz tief einwirken zu lassen. Es gab einige Abschnitte, die wirklich zum Heulen schön, tragisch und traurig waren.


".... Sie erzählte ihm eine Anekdote nach der nächsten, als würde sie Steine in einen See werfen, um zu beobachten, wie die kleinen Wellen aufs Ufer zuliefen..."


Ich habe das Buch als ebook gelesen und kann es kaum erwarten, wenn es im Herbst als gebundene Ausgabe in mein Bücherregal einziehen wird. Dann werde ich ganz viele gelbe Zettelchen plazieren, um all die schönen Sätze und Szenen nochmals markieren und genießen zu können. Das Cover ist wunderschön. Ich hoffe sehr, dass es tatsächlich zu einer Verfilmung kommt und dass es zumindest annähernd die emotionale Tiefe trifft, die in diesem Buch auf jeder Seite steckt. Und ich würde wahnsinnig gerne auch die vorhergehenden Bücher dieser Autorin in einer Übersetzung lesen.