Crach auf den harten Boden der Enttäuschung
Fritz Graber ist normalerweise jemand, der sich gerne dem technischen Forstschritt versperrt und eher in den guten alten Zeiten schwelgt, als sich mit technischer Finesse und den Errungenschaften der digitalen ...
Fritz Graber ist normalerweise jemand, der sich gerne dem technischen Forstschritt versperrt und eher in den guten alten Zeiten schwelgt, als sich mit technischer Finesse und den Errungenschaften der digitalen Welt zu beschäftigen. Sein Herz schlägt für Oldtimer und genau diese wecken noch mehr seine Aufmerksamkeit, als zwei Autos in tödlich Unfälle verwickelt sind. Denn die Oldtimer hatten die neueste Technik unter der Haube und gehörten zu den Autos, die autonom fahren. Fritz‘ Interesse ist mehr als geweckt und seine Recherchen ziehen ihn in einen Strudel aus Macht, Geld und Gier in dem ein deutsches Unternehmen kräftig mitmischt…
Ein Thriller, der zum Teil in Frankfurt spielt, weckt als Hessin natürlich sofort mein Interesse. Auch die Thematik hat mich angesprochen und so habe ich begeistert angefangen zu lesen. Nach den ersten Seiten ist aber für mich klar, dass dieses Buch und ich keine Freunde werden, denn ich habe nicht nur mit dem Schreibstil des Autors mächtig zu kämpfen.
Martin Brückner verliert sich in detailverliebten Schilderungen, geizt nicht mit Klischees und protzt regelrecht mit seinem Wissen über Autos. Wenn ich mich ausführlich über Autos informieren möchte, dann lese ich entsprechende Fachzeitschriften und weiß, dass ich mich auf Schwerpunktthemen wie Technik, Verkehr und Wirtschaft einstellen muss.
Wenn die Handlung schon in Frankfurt angesiedelt ist, so erwarte ich zumindest ein bisschen authentisches Setting – Szenenkneipen, der glitzernde Charme der Bankenmetropole und regionaler Bezug, aber all das ist hier nicht zu finden.
Auch habe ich hier die charakteristische Eigenschaften eines Thrillers schmerzlich vermisst – Nervenkitzel, die ständig steigende Spannungskurve, die mich über die gesamte Dauer des Buches in Atem hält und der wiederkehrende Wechsel zwischen Anspannung und weniger reißerischen Szenen suche ich in diesem Roman vergebens. Der Fall stellt eine Handlung im großen Haifischbecken der Korruption dar, überall die unstillbare Gier nach Geld und Macht – somit ist genügend Potenzial vorhanden, um den Plot rasant zu gestalten und den Puls schneller schlagen zu lassen, aber leider bleiben diese Möglichkeiten alle ungenutzt.
Die Idee, Oldtimer mit neuester Technik aufzumotzen und sie somit zu Gefährten den 21. Jahrhunderts zu machen, ist in den Grundzügen richtig gut. Jedoch kann ich mir die Umsetzung, wie sie im Buch beschrieben ist, nicht wirklich vorstellen. So ein altes Auto hat doch eine Seele und wird liebevoll restauriert, die Mechanik zu hegen und zu pflegen erfordert schon einiges an handwerklichem Geschick. Da mal schnell ein bisschen digitale Technik einbauen und schon klappt es mit dem autonomen Fahren – in meinen Augen sehr unglaubwürdig und somit nicht nachzuvollziehen.
Die kleine Marotte von Fritz, sich mehr oder weniger intensiv mit seinem Idol Steve McQueen zu befassen, ihm seine Sorgen und Nöte zu schildern, mag ja für ein oder zwei Szenen ganz okay sein. Aber als Running Gag läuft sich dieser Tick schnell tot und fängt an zu nerven.
So verliere ich zunehmend die Neugier auf die Geschichte, die sich immer mehr in die Länge zieht, weil mich weder die Figuren noch die Handlung in ihren Bann ziehen können. Es reicht eben nicht aus, ein bisschen Hightech in den Topf zu werfen, eine gute Idee dazuzugeben, einmal kräftig durchzurühren und schon ist ein genialer Roman fertig.
Für mich ein echter Crash auf den harten Boden der enttäuschenden Tatsachen ☹