Berührend und schnörkellos
“Das Ding mit dem Schmerz ist ja: Er kennt immer erstmal nur Stärke, der Auslöser ist egal. Schmerz fährt hoch, bis er einhundert Prozent hat, und dann steht man da und muss das irgendwie überleben, egal, ...
“Das Ding mit dem Schmerz ist ja: Er kennt immer erstmal nur Stärke, der Auslöser ist egal. Schmerz fährt hoch, bis er einhundert Prozent hat, und dann steht man da und muss das irgendwie überleben, egal, was der Auslöser ist.”
Depressionen, Trauer und Tod sind zentrale Themen dieses Romans. Der Marianengraben dient als Metapher für die Tiefe Paula’s Depressionen und ihrer Trauer, die sich wie die Arme eines Oktopusses in das Hirn und Herz graben, sie in 11000 Meter Tiefe ziehen. Es geht darum, zu lernen mit Trauer umzugehen, ich habe mich sehr auf den Roman gefreut, hatte jedoch Sorge, dass er allzu sehr auf die Tränendrüse drückt und ich nach wenigen Seiten aussehe wie ein Pandabär. “Marianengraben” ist einerseits sehr traurig, aber viel bunter, fröhlicher und lebhafter, witziger als erwartet. Paula richtet sich im Buch an Tim, es wirkt wie eine Art Tagebuch, in welchem sie Tim von ihren Erlebnissen mit Helmut berichtet. Die gemeinsame Zeit von Paula und Helmut verfliegt, Orte, Situationen ändern sich schnell, aber es kommt auch gar nicht darauf an, wo die beiden gerade anhalten, wie oft Helmut Harndrang hat und ihr Roadtrip pausiert, sondern darauf, was in den beiden Menschen, in deren Seele passiert durch die gemeinsame Zeit, was sie voneinander lernen, denn das Zusammentreffen der beiden hat einen tiefen Sinn.
Der Schreibstil ist sehr variabel, stellenweise recht poetisch und wunderschön, manches Mal jedoch alles andere als gebildet und überlegt. Ich nehme an, es soll so sein um Paula’s schwankende Gemütsverfassung zu spiegeln und ihre Worte sind an Tim gerichtet, der nun mal erst zehn ist und immer bleiben wird.
“Marianengraben” ist ein wirklich schönes Buch, außen wie innen, trotz schwerer Themen leichtfüßig und angenehm zu lesen. Ich habe das Buch mit einem Lächeln geschlossen, zufrieden und entspannt. Das Ende ist vorhersehbar, aber das habe ich nicht als störend empfunden, sondern als sehr positiv, keine schlimmen Überraschungen lauern auf den Seiten.