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Veröffentlicht am 12.06.2020

Erstaunlich ausgeklügelt und spannend!

Beastmode 1: Es beginnt
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Der Sprung in die Geschichte stellt bereits die erste Überraschung dar. Rainer Wekwerth hat sich für einen mehr als sinnvollen, interessanten Prolog entschieden, der die Figuren geschickt vorstellt und ...

Der Sprung in die Geschichte stellt bereits die erste Überraschung dar. Rainer Wekwerth hat sich für einen mehr als sinnvollen, interessanten Prolog entschieden, der die Figuren geschickt vorstellt und gleichzeitig schon genügend Fragen aufwirft, um neugierig zu machen. Diese Herangehensweise war für mich gänzlich neu, räumte aber jeden Zweifel aus dem Weg, von gleich fünf Protagonisten auf einmal überschwemmt zu werden. Auch die Thematik ist eine ganz andere, als erwartet. Denn während ich mit einer gängigen Jugendbuch-Handlung rechnete, ist es hier das Militär, das eine tragende Rolle spielt und der Dreh,- und Angelpunkt darstellt. Während ich grundsätzlich kein Fan von Kommandanten, Soldaten & Co. bin, schafft es der Autor hier, mir das ganze binnen kürzester Zeit unheimlich schmackhaft zu machen und mich dafür zu begeistern. Ein mehr als perfekter Einstieg in eine komplexe, plotreiche Geschichte, die so viel mehr birgt als der Klappentext vermuten lässt. Abwechslungsreiche Twists, durchgehende Spannung auf höchstem Niveau und etliche, verschiedene Settings, die sprachlos machen.
„Beastmode“ glänzt durch Vielfältigkeit und einer Handlung, in der Tempo, Action und spannungsgeladene Szenen großgeschrieben werden. Immer wieder auftretende Richungswechsel lassen den Leser zu keiner Sekunde zur Ruhe kommen, sondern fordern vollste Aufmerksamkeit. Gleichzeitig blieb der weitere Verlauf dadurch undurchsichtig und alles drum herum unvorhersehbar. Selten konnte mich ein Buch derart packen, dass ich es wortwörtlich nicht aus den Händen legen wollte. Ich fühlte mich unendlich mitgerissen, im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Spannung war so einnehmend, so packend, voller Geschwindigkeit einfach.
Eine richtige Auflösung gibt es allerdings nicht – heißt, die Geschichte endet mehr oder weniger mitten drin. Grundsätzlich kein Problem, Band 2 wird wohl nahtlos an diesen Auftakt anschließen und die Storyline einfach weiterführen. Auch der finale Schlussteil dieses Bandes ist nochmal mit einer guten Portion Action und Spannung gewürzt, sodass trotz des aprupten Cuts eine Art Finale entstand, das überzeugte. Für mich eine 100% runde Geschichte, die mich über Stunden komplett in Beschlag nahm und mich auf ganzer Ebene begeisterte und faszinierte.

Rainer Wekwerth hat einen wahnsinnig bildhaften, atmosphärischen Schreibstil, der den Leser problemlos in die Welt der fünf außergewöhnlichen Jugendlichen hineinziehen kann. Als Teil der Truppe durchlebt man die Geschichte in einem sehr rasanten Tempo und bekommt kaum Zeit, um Luft zu holen. Dabei setzt der Autor auf eine sehr interessante Art und Weise, wie er erzählt. Wir lesen aus der dritten Person, switchen aber immer wieder zwischen den verschiedenen Blickwinkeln und bekommen jeden einzelnen der Jugendlichen näher beleuchtet. So gibt es nicht nur tiefere Einblicke, sondern auch die Möglichkeit, jeden von ihnen besser nachvollziehen und seine Beweggründe näher kennen lernen zu können. Kurze, knackige Kapitel bis einigen bösen Cliffhangern an den Enden animieren zusätzlich, immer weiter und weiter lesen zu wollen – ganz egal wie spät es auch bereits sein mag.

Wie bereits angeteasert sind es gerade die Charaktere, die eine Menge Tiefgang verpasst bekommen haben und deshalb Lebendigkeit ins Geschehen bringen. Durch den sehr einfachen Einstieg fällt es einem nicht schwer, die fünf auseinander zu halten. Dazu kommt, dass sie alle sehr unterschiedliche, einprägsame Fähigkeiten und Charakterzüge mitbringen, die ebenfalls für Durchblick sorgten. Erstaunlicherweise funktionierte die Kombination aber echt gut. Während sie sich zu Beginn noch Spinne Feind waren, entwickelten sie sich alle nach und nach und bildeten über kurz oder lang ein harmonisches Team, in dem es aber trotzdem hin und wieder zu Spannungen kam. Sie agierten alle fünf sehr glaubhaft, mutig und ihrem Wesen angepasst, sie zeigten aber auch Schwäche, was für den Verlauf der Geschichte sehr zuträglich war.
Ich denke, ein jeder Leser pickt sich seinen Favoriten heraus. Jeder kann sich mit einem der Jugendlichen identifizieren. Von schüchtern und schweigsam zu aufbrausend und temperamentvoll ist alles vertreten und jeder Leser findet in einem der Fünf sein perfektes Gegenstück. Ich für meinen Teil tu mir aber schwer, einen Liebling zu benennen. Sie alle waren sympathisch, authentisch und glaubhaft. Selbst die größte Zickereien waren auf einen simplen Grund zurückzuführen, sodass man das Verhalten verstehen konnte.
Ich habe sowohl Amanda als auch Damon enorm gerne gehabt. Doch auch Malcom, Wilbur und Jenny überzeugten mich von sich. Sie alle waren einfach derart interessant, dass man sie alle gern verfolgt und begleitet. Jede Infos über sie und jedes Handeln brachte neue Erkenntnisse und Spannung mit sich und sorgte für weiteren Wirbel.
Selbst die Randfiguren begeistern. Sie alle waren einzigartig und greifbar; ausreichend detailliert und wichtig für die Geschichte. Falls noch irgend ein Fakot bei den Protagonisten fehlte, so konnte man sich sicher sein, dass bald eine Randfigur auftauchen würde, die genau das mitbringt, was man eventuell vermisst haben könnte. Auch in Sachen Charaktergestaltung hat Rainer Wekwerth ins Schwarze getroffen und so dieses Highlight an Geschichte perfekt abgerundet.


FAZIT:
„Beastmode: es beginnt“ von Rainer Wekwerth ist eine fulminante, actionreiche und hochgradig spannende Geschichte, die voller Überraschungen und Wendungen steckt. Geschickt platzierte Plots und einzigartige Elemente machen das Buch zu etwas Besonderem; die Charaktere und der bildhafte, mitreißende Schreibstil zu einem Highlight. Komplett geflasht und völliger Außerstande meine Begeisterung in Worte zu fassen kann ich nicht anders als euch alle zu animieren, dem Buch eine Chance zu geben. Die Geschichte beinhaltet so viel mehr, als man anfangs denkt (und auch mehr, als der Klappentext vermuten lässt) und überzeugt auf einer ganz neuen Ebene.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Minimal schwächer als der Vorgänger, aber immer noch grandios!

Love Challenge
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Ich finde es mehr als bemerkenswert, dass sich Helen Hoang einem so wichtigen Thema angenommen hat. Autismus ist zwar inzwischen nichts Unbekanntes mehr, doch bin ich mir sicher, dass der Großteil der ...

Ich finde es mehr als bemerkenswert, dass sich Helen Hoang einem so wichtigen Thema angenommen hat. Autismus ist zwar inzwischen nichts Unbekanntes mehr, doch bin ich mir sicher, dass der Großteil der Gesellschaft noch immer nicht weiß, was er sich unter dieser Entwicklungsstörung vorstellen soll. Umso schöner, dass es nun auch Bücher gibt, die darauf aufmerksam machen und uns ein Bild dieser Krankheit vermitteln. Meines Erachtens nach hat es die Autorin geschafft, die Besonderheiten der Betroffenen einzufangen und wiederzugeben und auch die Unterschiede deutlich aufzuzeigen, die es von Autist zu Autist geben kann. So ist unser Protagonist Khai zum Beispiel fast das pure Gegenteil von Stella, der Protagonistin aus Band 1. Natürlich gibt es Überschneidungen, doch die Eigenheiten der Beiden unterscheiden sich nicht nur charakterlich voneinander, sondern auch in Bezug auf ihr Krankheitsbild.
Khai ist ein jedoch, ebenso wie Stella es war, von der ersten Sekunde an unglaublich sympathisch. Schon nach wenigen Seiten hatte ich ihn tief ins Herz geschlossen und durchlebte seine und Esme’s Geschichte wirklich gern an seiner Seite. Durch seinen Autismus, unterscheidet er sich erheblich von anderen, männlichen Hauptfiguren und hebt sich durch einige Besonderheiten deutlich von der Mehrheit ab. Endlich mal kein fieser Bad Boy, der tief in seinem Inneren doch eigentlich nur nach Liebe bettelt, sondern ein durch und durch anständiger, unbescholtener Bürger. Durch einen kurzen Rückblick in seine Vergangenheit erlangt Khai einiges an Tiefgang und wird dadurch umso nachvollziehbarer und lebendiger. Natürlich fällt es mir als „Nicht-Betroffene“ schwer, ihn komplett zu verstehen und sein Denken und Handeln zu teilen, aber eben das machte diesen jungen Mann so einzigartig und interessant. Mit seinem großen Herz und der bedingungslosen Loyalität seiner Familie gegenüber beeindruckte er zusätzlich und mauserte sich schnell zum Liebling. Es war mir eine Freude, ihn zu begleiten; immer mehr und mehr über ihn zu erfahren und ihm immer näher zu kommen. Ich kann mich nur wiederholen und sagen, dass ich Khai wahnsinnnig gerne hatte; ihn trotz Eigenheiten sehr attraktiv fand und mir niemanden vorstellen kann, der auch nur annähernd so gut gepasst hätte, wie er. Diese unperfekte Perfektion begegnete mir schon bei Stella – doch bei Khai war sie nochmal greifbarer und liebenswerter.
Esme hatte einen eher holprigen Start. Nicht nur, dass sie einfach ihre Tochter im Vietnam zurückließ, sie nahm es auch mit der Ehrlichkeit nicht so genau. Dazu kam ein Verhalten, das ich anfangs wirklich befremdlich und wenig sympathisch fand. Esme ist eine liebenswerte, glaubhafte Persönlichkeit, doch so richtig für sich gewinnen konnte sie mich erst ganz zum Ende hin – leider. Ich fand einige ihrer Handlungen und Entscheidungen nur bedingt nachvollziehbar, teilweise fast ein wenig fragwürdig und konnte mich zu lange nicht mit ihr identifizieren. Im Laufe der Zeit verflüchtigte sich das das Glück komplett, doch diese Unbeholfenheit blieb.
Eine absolute Erleichterung, dass Khai einiges von Esme’s Verhalten auffangen und ich dadurch über manches leichter hinwegsehen konnte. Besonders gefreut hab ich mich auch über das Wiedersehen mit Stella und Michael, auch wenn mir dieser Gastauftritt fast ein bisschen zu kurz war. Nun denn – man kann nicht alles haben. Dafür dürfen wir als Leser schon einen recht genauen Blick auf den Protagonisten vom nächsten Band der Reih werfen: Quan! Ein sehr interessanter, vielversprechender Charakter, der sicher noch einiges zu bieten hat. Alle anderen beteiligten Figuren empfand ich als ausreichend detailliert dargestellt; sodass es mir leicht fiel, sie mir vorzustellen und mir eine Meinung zu jedem einzelnen zu bilden.

Helen Hoang’s Schreibstil fällt schon in Band 1 positiv auf; doch in Band 2 empfand ich ihn noch einmal eingehender und bildhafter. Die Emotionen wurden wieder enorm gut eingefangen und transportiert und es war ein Leichtes, sich davon gefangen nehmen und mitreißen zu lassen. In typischer Kyss-Manier birgt auch „Love Challenge“ eine wunderbar heimelige Wohlfühl-Atmosphäre, die einen umhüllt und den Alltag vergessen lässt. Dabei schafft es die Autorin aber auch, eine gewisse Spannung zu erzeugen, die zwar eher ein Auf und Ab, aber doch deutlich spürbar ist. Ich mag die Art, wie die Geschichte erzählt wird. So ganz alltäglich, unaufgeregt und bodenständig; aber auch emotionsgeladen und intensiv. Die Gliederung spielt dem Buch und der Handlung natürlich auch in die Karten. Dadurch, dass wir aus den Sichten beider Protagonisten lesen, werden uns die Gedankengänge und Beweggründe noch einmal ganz anders vermittelt als es ohne diese Perspektive möglich gewesen wäre. So wird vieles nachvollziehbarer und logischer; der Blickwinkel variiert und zu sehen wie sich die beiden Erzähl-Sichten immer mehr angleichen, macht einfach Spaß.

Die Umsetzung dieser wundervollen Idee ist Helen Hoang auch hier wieder komplett geglückt. „Love Challenge“ unterscheidet sich trotz gleichem Grundgedanken ganz erheblich von seinem Vorgänger und besticht durch eine vollkommene andere Handlung. Während sich Stella damals dazu entscheidet, einen Schritt weiter zu gehen ist es hier eine Mutter, die ihren Sohn dazu drängt, endlich eine Frau zu finden und zu heiraten. Das ganze Konzept hat mir enorm gut gefallen; allein auch der Tatsache wegen, dass der Autismus so wunderbar eingewoben wurde und der Geschichte das gewisse Etwas verlieh. Autismus wird so manches Mal als Krankheit gesehen, betrachtet man aber mal unseren Protagonisten, so wird klar, dass nicht jeder Autist gleich ist bzw. nicht jeder die selben Besonderheiten hat. Das hat Helen Hoang nahezu perfekt eingefangen und wiedergegeben.
Von der ersten Seite an fühlte ich mit Khai mit; fieberte auf das erste Treffen mit Esme hin und war gespannt, wie sich die Sache so entwickeln würde. Dass nicht sofort alles Friede, Freude, Sonnenschein sein würde, ist klar, doch die Autorin hat ein paar sehr interessante, neuartige Twists eingebaut und damit zusätzlich noch für weiteren Tiefgang gesorgt. Zugegeben, die Geschichte rund um Khai und Esme ist nichts bahnbrechendes, doch sie überzeugt durch Realitätsnähe, Emotionen und einer mitreißenden Atmosphäre. Die Handlung packte mich komplett und als es langsam dem Ende entgegen ging, spürte ich förmlich, wie sich die ein oder anderen Veränderung einstellte, ehe sie tatsächlich dann stattfand. Ein unheimlich atmosphärisches Buch, das mit einem Ende aufwartet, das gleichermaßen überraschen wie berühren kann. Absolut gut eingefädelt und die Plots und Twists an genau den richtigen Stellen platziert, um jegliche Langeweile im Keim zu ersticken.

FAZIT:
„Love Challenge“ ist ein mehr als würdiger Nachfolger für das große Highlight „Kissing Lessons“. Wieder schafft es Helen Hoang, mich von der ersten Sekunde an zu begeistern und mitzureißen und mir das Krankheitsbild Autismus näher zu bringen. Atmosphärisch, gefühlvoll und mit wunderbar sympathischen Figuren besetzt reiht sich dieser zweite Band fast nahtlos in meine Highlight-Liste ein. Und obwohl ich ein paar kleinere Probleme mit Esme hatte, tat das meinem Empfinden der Handlung gegenüber keinen Abbruch. Für alle, die Kissing Lessons genau so liebten wie ich: ihr müsst auch Khai’s Geschichte erfahren.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Eine Nuance schwächer als Band 1 - aber immer noch ein klares Highlight!

SommerSturm
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Vorweg: Die Autorin betont, dass man den zweiten Band problemlos ohne Vorkenntnisse lesen kann. Das kann ich nur bestätigen. Es ist eine komplett eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte. Allerdings ...

Vorweg: Die Autorin betont, dass man den zweiten Band problemlos ohne Vorkenntnisse lesen kann. Das kann ich nur bestätigen. Es ist eine komplett eigenständige, in sich abgeschlossene Geschichte. Allerdings empfehle ich trotzdem jedem, „Abendgewitter“ vorher zu lesen, weil man sich ansonsten sehr viel von Alessio und Samira vorwegnimmt. Und glaubt mir, wenn ihr erstmal ein Buch der Reihe gelesen habt, seid ihr süchtig genug, um alle anderen auch lesen zu wollen.

Die Reise zurück nach Panama beginnt, ganz wie wir es von der Autorin kennen, schon enorm packend. Die Prolog schildert, wie unsere Protagonistin kurz davor steht, sich das Leben zu nehmen. Keine Zeit, sich mit ihr auseinander zu setzen oder sie kennen zu lernen, sondern gleich die knallharte Wahrheit. Neben dieser erschreckenden Tatsache, dass ein 17-jähriges Mädchen Suizid begehen will, werfen wir aber auch gleich einen Blick auf den ominösen Schutzengel, der bereits auf der ersten Seite einfach neugierig zu machen weiß. Und diese Neugier wird gestillt, aber erst nach einem Zeitsprung von 7 Jahren. Nämlich dann, wenn die eigentliche Geschichte beginnt.

Wir begegnen Lilith erneut, bekommen erst einmal ein wenig Zeit und Raum, um uns ein Bild von ihr und ihrem Leben zu machen und einen Eindruck zu gewinnen. Lilith ist von der ersten Sekunde an unglaublich greifbar. Durch ihre schwere Vergangenheit erhält sie enorm vor Tiefgang und wurde von Seite zu Seite immer bewundernswerter. Was diese junge Frau bereits alles erleben musste, ohne daran zu zerbrechen, ist schockierend wie faszinierend zugleich. Ich konnte mich, trotz unserer unterschiedlichen Lebensweisen enorm gut mit ihr identifizieren und spürte von Beginn an eine Verbindung zwischen uns. Lilith ist nicht sympathisch im herkömmlichen Sinne, aber ihr freches Mundwerk und die Tatsache, dass sie ihr Herz am rechten Fleck trägt, machen sie liebenswert. Immer wieder brachte sie mich in den ungünstigsten Momenten zu Schmunzeln und erreichte mich so viel mehr, als es jede Art von Sympathie je gekonnt hätte. Ich fieberte mit ihr mit, fühlte ihre Gefühle am eigenen Leib und konnte ihre Handlungen und Gedankengänge problemlos zu jeder Zeit nachvollziehen. Lilith ist eine riesige Bereicherung fürs Geschehen und gerade ihr Charakterzug, dass sie eben nicht zu allem Ja und Amen sagte, spielte der Handlung perfekt in die Karten.
Eine wirklich passende Hauptfigur, die eine unterschwellige Entwicklung an den Tag legte und einfach zur Freundin für mich wurde.
Das männliche Gegenstück zu Lilith konnt in Form von gleich zwei Männern daher. Es gibt sowohl Zero als auch Iron, die beide gleichermaßen eine mehr als tragende Rolle spielen. Beide äußerst geheimnisvoll, aber ebenso ansprechend. Ich konnte mich bis zuletzt überhaupt nicht entscheiden, wen von den beiden ich lieber mochte. Während Iron wohl eine Spur näher am Leser war, war es Zero, der durch seine Durchtriebenheit überzeugte. Diese Undurchsichtigkeit der beiden erzeugte so viel Stoff zum Überlegen, zum Rätseln – es war nie sicher, ob man ihnen nun vertrauen konnte oder nicht und jedes Mal, wenn man meinte, man hätte sie durchschaut, wurde ich eines besseren belehrt. So; und nur so müssen Charaktere gestaltet und dargestellt werden.
Übrigens kennen wir Iron ja bereits aus Band 1 der Panama-Reihe, und auch einige andere Wiedersehen gab es. So freute ich mich irrsinnig, Samira und Alessio wieder zu sehen; und auch Ciprian und Zahra. Nichts desto trotz spielen alle, die wir schon kennen, eine absolut untergeordnete Rolle spielen und sich das Geschehen definitiv nur um die drei Hauptfiguren dreht. Besonders Samira und Zahra, die Protagonistinnen aus „Abendgewitter“, haben hier in „Sommersturm“ nur kurze Gastauftritte, was ich ein klein wenig schade fand.

Die Art, wie D.C. Odesza uns eine Geschichte erzählt, ist phänomenal. Mit einer Leichtigkeit baut sie eine derart gewaltige Spannung auf und erzeugt ganz nebenbei auch noch glasklare Bilder der Figuren, Kulissen, der Szenerien – einfach von allem. Es fühlt sich jedes Mal an, als würde man einen Film schauen; als wäre man mittendrin in Panama und ein Teil des Geschehens. Auch in Sachen Atmosphäre macht man der Autorin nichts vor. Die Stimmung schwankt zwischen absolut emotional und actiongeladen – nimmt einen aber zu jedem Moment komplett in Beschlag.
Gegliedert in wechselnde Perspektiven erlangt der Leser einen noch tieferen Einblick in die einzelnen Figuren und deren Beweggründe sowie in die einzelnen Erzählstränge. So erlangte nicht nur alles weitere Tiefe, sondern auch die Spannung wurde immens angekurbelt und weiter nach oben getrieben. Ideal gelöst!

Immer und immer wieder hört man, dass im Dark Romance Genre alles irgendwie gleich ist. D.C. Odesza zeigt, dass das nicht stimmen muss. Zwar greift auch sie auf durchaus bekannte Elemente zurück, setzt diese aber in völlig innovativer und erfrischender Art und Weise ein. Während man denkt, Band 1 seie schon an Genialität nicht zu überbieten, wird man von Lilith Geschichte wortwörtlich umgehauen. Die Autorin gewährt uns noch einmal einen Einblick in das Gangleben in Panama, bedient sich aber eines ganz anderen Blickwinkels, sodass die beiden verfeindeten Gangs noch einmal in ganz neuem Licht erstrahlen. Wieso stehen sie so auf Kriegsfuß? Wie weit gehen sie? Mord, Totschlag, Entführung, Folter – alles Alltag bei den Terequeraz und den Muerte Negras. Und mitten drin unseren Protagonistin. Keine Frage also, dass diese Geschichte einiges an Potential bietet – und so wie wir Odesza kennen, schöpft sie es aus, in vollen Zügen. Perfekt geplottete Twists, eine mehr als saubere Ausführung des roten Fadens und das Talent, das Interesse des Lesers immer weiter anzuheizen. Das ist das, was die Autorin ausmacht. Spannung von der ersten bis zur letzten Seite; interessante Randinformationen, etliche; ja unzählige überraschende Wendungen und immer wieder auftretende Richtungswechsel innerhalb der Handlung. Mehr kann man von einem Highlight-Buch nicht erwarten und mehr, als ich es getan habe, kann man nicht mitfiebern und sich fesseln lassen. Dabei muss ich aber zugeben, dass die Erotik, die ja doch eine tragende Rolle in diesem Genre spielt, gar nicht mal so präsent war, wie erwartet. Stört aber in diesem Fall überhaupt nicht, denn man ist gezwungenermaßen viel zu sehr damit beschäftigt, nach Atem zu ringen und zu hoffen und zu bangen. Allein wenn man mal drüber nachdenkt, wie oft unsere Protagonistin in Lebensgefahr schwebt .. da bleibt nunmal keine Zeit sich darüber zu wundern, dass es verhältnismäßig wenige Sex-Szenen gibt.
Das Ende bzw. die finale Auflösung toppte schließlich dann nochmal alles. D.C. Odesza schickte den Leser auf exakt den selben Holzweg wie Lilith; denn ich hatte während der ersten beiden Drittel exakt den Gedanken, den die Hauptfigur dann ebenfalls äußert – doch wir lagen falsch, alle beide. Das muss man erst einmal schaffen, denn die Überraschung hätte dadurch nicht größer sein können. Actionreich und spannungsgeladen abgehandelt wurde das Finale dieses Bandes zu einem wahren Pageturner. Das Buch nochmal schnell zur Seite legen um auf die Toilette zu gehen, was zu essen zu suchen – Fehlanzeige. Man muss – MUSS – einfach weiterlesen. Ein 100% rundes, zufriedenstellendes Ende, das alle Fragen zu dieser Geschichte beantwortet, aber noch genügend Spielraum für Band 3 offen lässt.

FAZIT:
„Sommersturm“ steht seinem Vorgänger in nichts nach. Eine wirklich packende, undurchsichtige Geschichte rund um drei vielschichtige, interessante Figuren, die zu überzeugen weiß; vor der traumhaften Kulisse Panamas. Neue, innovative Aspekte verbinden sich mit bekannten Elementen und ergeben eine Handlung, die nur wenig mit dem ersten Band der Reihe gemein hat und deshalb umso wendungsreicher ausfällt. Obwohl die Erotik deutlich hinten ansteht, ist dieses Buch trotzdem eins der besten Dark Romance Bücher, die ich jemals lesen durfte. Für mich persönlich zwar keine große Überraschung, dass D.C. Odesza wieder ein Highlight geliefert hat; aber allemal erwähnenswert. Ich möchte mehr, so viel mehr von der Autorin, von Panama, von Dark Romance. Vielleicht – aber nur vielleicht – eine winzige Spur schwächer als „Abendgewitter“, aber immer noch weit über allem, was sonst so am Markt zu finden ist.

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Veröffentlicht am 12.06.2020

Ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht!

Scythe – Der Zorn der Gerechten
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Das Wiedersehen mit Citra und Rowan verlief genau so, wie man es sich wünsch. Die beiden wieder zu treffen sorgte für den nötigen Flashback und ließ die Bilder, die in Band 1 der Reihe entstanden sind, ...

Das Wiedersehen mit Citra und Rowan verlief genau so, wie man es sich wünsch. Die beiden wieder zu treffen sorgte für den nötigen Flashback und ließ die Bilder, die in Band 1 der Reihe entstanden sind, wieder aufleben. Sofort hatte ich die Geschehnisse, die Kulissen und vor allem die Figuren wieder vor Augen und erinnerte mich problemlos an das imposante Finale des Auftakts. So hatte ich trotz der langen Zwischenzeit zwischen den beiden Büchern keine Probleme damit, in die Geschichte zurückzufinden. Ein absolut gelungener Einstieg also, der Spaß macht und die Neugier anfacht. Dennoch in es kein Geheimnis, dass die mittleren Bände von Reihen oft durchhängen und lediglich als Überbrückung zum Finale dienen. In diesem Fall aber beweist Neal Shusterman, dass das nicht sein muss. Mit „Scythe – Der Zorn der Gerechten“ liefert er eine mehr als geglückte Fortsetzung des bahnbrechenden Auftakts und zieht den Wow-Effekt, den vor allem das Ende von Band 1 erzeugte, einfach mit in den nächsten Teil. Wieder sind es mehrere Erzählstränge, die wir hier begleiten dürfen, wodurch die Spannung, die ohnehin bereits jede Skala sprengt, noch weiter anschwillt. Die verbauten Elemente und Einfälle unterscheiden sich wieder grundlegend vom Vorgänger und sorgen so dafür, dass der Grundgedanke zwar bekannte, die Geschichte an sich aber wieder völlig neuartig und erfrischend daherkommt. Durch geschickt platzierte Wendungen, undurchsichtige Handlungen und Vorkommnisse und einer Grundidee, die schon einmal überzeugte, fühlt man sich als Leser wortwörtlich an die Seiten gefesselt und fiebert in einem Ausmaß mit, das sprachlos macht. Immer und immer wieder denkt man sich, man hätte herausgefunden, worauf alles hinausläuft, doch jedes Mal belehrt einen die Handlung eines Besseren und überrascht so immer wieder aufs Neue. Unzählige, geschickt platzierte Wendungen machen die Geschichte unvorhersehbar und zu einem regelrechten Pageturner. Mir persönlich fiel es durchweg schwer, das Buch auch mal aus den Händen zu legen; zu groß war das Bedürfnis, endlich alles aufzudecken.
Dazu kommen die gesellschaftskritischen Aspekte, die vom Autor in Form von Passagen des Thunderheads eingebaut wurden. Während der „Computer“ im ersten Band eher einen Einblick in seine Gedankengänge gibt, gibt es hier einiges zwischen den Zeilen zu lesen, was definitiv zu Nachdenken und reflektieren animiert. Allgemein waren es besonders die Thunderhead-Abschnitte, auf die ich mich stets freute. Sie boten nochmal einen anderen Blick auf das, was in dem Kapitel zuvor passiert war, ließ es einen überdenken und das Geschehene nochmal anders wirken. Eine gute Möglichkeit, des Leser’s Kopf noch ein wenig mehr zu fordern, ohne sich wirklich zu wiederholen.
Während ich also im Laufe des Buches schon immer erstaunter und begeisterte wurde, katapultierte das Ende meine Meinung nochmal in die Höhe. Was für ein episches, unvergleichliches Finale dieses Bandes. Neal Shusterman hat noch einmal alles an Action, Spannung, Tempo, Brutalität und Kreativität in einen Topf geworfen und ein Ende geschaffen, das kein Leser jemals wieder vergisst. Überraschend und überwältigend in Szene gesetzt, detailliert ausgearbeitet und mit dem nötigen Cliffhanger versehen, um nicht anders zu können, als unverzüglich nach Band 3 greifen zu wollen. Ein regelrechter Kinofilm, der da über all die 544 Seiten in meinem Kopf ablief und mich schwer mitriss und überzeugte.

Auch in Sachen Figuren, gibt es nichts zu bemängeln. Citra und Rowan wieder zu treffen, erfüllte mich mit tiefster Freude, schon allein weil ich beide im Vorgänger sehr ins Herz geschlossen habe. Doch natürlich haben sich beide im Laufe der Zeit verändert und in gewisser Weise auch auseinander gelebt, immerhin haben sie nun komplett verschiedene Wege eingeschlagen. Während Citra als Scythe Anastasia ihrer Bestimmung nachgeht und dabei ganz deutlich zeigt, dass sie ein riesiges Herz hat und keineswegs die Ansichten der neuen Ordnung vertritt, ist Rowan ein wenig auf die schiefe Bahn geraten; aber nicht ohne nur das beste im Sinn zu haben. Ein Aufeinandertreffen von den zweien ist also eher selten, doch es kommt vor und sie zu beobachten macht einfach großen Spaß. Beide sind auf ihre Weise sympathisch, weiterhin absolut mitfiebernswert und ein wahrer Segen für die ohnehin schon großartige Geschichte. Sowohl Citra als auch Rowan sind greifbar, mit genügend Details und Tiefgang versehen und somit lebendig. Ich könnte, selbst wenn ich müsste, keinen benennen, den ich lieber habe, weil beide essentiell für das Buch sind und beide ihre Storys haben, die sie durchleben. Die Schnittstellen der beiden Erzählstränge sind nur kurz, aber dafür intensiv und die alten Gefühle, die ich für die beiden hegte und Wünsche, schlugen sofort wieder ein wie eine Bombe. Auch das Ende, an dem die beiden dann wieder zusammenkommen (im Sinne von Erzählstränge, die zusammenführen) war großes Kino in meinen Augen und einfach authentisch gegenüber der Geschichte UND dem Eindruck, den man im Auftakt gewann.
Doch neben Citra und Rowan spielen noch einige andere eine tragende Rolle. Vom höchsten Scythe bishin zum Straßenjunge bedient der Autor jede gesellschaftliche Schicht und gewährt so Einblicke in das Leben der unterschiedlichsten Menschen in Zeiten des Thunderheads. Während mir manche sofort sympathisch waren, fragte ich mich bei anderen, was sie überhaupt für die Geschichte tun sollen. Am Ende wird klar, dass nicht jeder mit offenen Karten spielt und dass auch der uninteressanteste Widerling am Ende einige Fäden in der Hand hält. Sehr gut gelöst und noch besser ausgearbeitet.

Zu Neal Shusterman’s Schreibstil bleibt aufgrund der vorangegangenen Lobeshymne also auch nicht mehr viel zu sagen. Dieser Mann hat ein unbeschreibliches Talent, Worte in Bilder, Sätze in Szenen und Bücher in Filme zu verwandeln. Wortgewaltig und dabei trotzdem bildhaft und vorstellbar erzählt er die Geschichte von greifbaren Figuren, die ein Leben in der Zukunft vor einer atemberaubenden Kulisse bestreiten. Für mich war es ein leichtes, in die Welt von Citra und Rowan abzutauchen, mich mitreißen und gefangen nehmen zu lassen und konnte das des Buches dem Alltag stundenlang entfliehen. Besonders die actionreichen Szenen sind dem Autor enorm gut gelungen, sodass die anhaltend spannende Atmosphäre einen dauerhaft und stetig intensiver werdend umgibt.
Dank der verschiedenen Erzählstränge bekommt der Leser einen klaren Einblick in das Leben aller beteiligten Figuren und obwohl Neal Shusterman sich für die dritte Person entschied, hatte ich kein Problem, die vorherrschenden Gefühle am eigenen Leib zu spüren. So macht Fantasy Spaß!

Fazit:
Auch der zweite Band von Scythe kann definitiv überzeugen. Obwohl der Grundgedanke durch den Auftakt der Trilogie bereits bekannt ist, schafft es Neal Shusterman wieder eine Menge Spannung und Action in die Geschichte zu packen und den Leser so abzuholen. Überraschende Wendungen sowie undurchsichtige Charaktere machen das Buch zu einem wahren Pageturner und das epische Ende dieses mittleren Bandes toppt einfach alles bisher gelesene um Längen. Was ein Erlebnis! Ganz klar wieder ein Highlight.

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Veröffentlicht am 10.03.2020

Überraschend mitreißend und ausgeklügelt - und poetisch!

Wenn das Feuer ausgeht
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Schon während des Prologs schafft es Colin Hadler, eine sehr beklemmende, düstere und vor allem packende Atmosphäre aufzubauen. Die Neugier des Lesers wird definitiv geweckt und ordentlich angekurbelt, ...

Schon während des Prologs schafft es Colin Hadler, eine sehr beklemmende, düstere und vor allem packende Atmosphäre aufzubauen. Die Neugier des Lesers wird definitiv geweckt und ordentlich angekurbelt, sodass aus meinem „kurz mal reinlesen“ schnell über 100 Seiten wurden. Das spricht auch definitiv für den Stil des jungen Autors. Mit einer gelungenen Mischung aus Bildgewalt, Sarkasmus, Humor und Tiefgang erzählt er uns von Camp Summerlake und bringt uns dabei auch noch die Charaktere näher. Es war beeindruckend zu verfolgen, wie gut sich die Szenen und Begebenheiten ineinanderfügten, ohne dabei überladen zu wirken. So verlor die Geschichte nichts an Glaubwürdigkeit durch den auftretenden Sarkasmus und auch die Figuren waren trotz tiefsinnigen Gesprächen größtenteils authentisch. Allgemein lässt sich das Buch unwahrscheinlich leicht und vor allem schnell lesen – man rauscht, nicht zuletzt auch wegen der immensen Spannung, nur so durch die Seiten. Ich für meinen Teil hatte dabei auch stets ein klares Bild vor Augen und konnte mich gut ins Geschehen hineindenken.

Ein weiterer Punkt, der ins Auge sticht, sind oben genannte Figuren. Grob betrachtet treffen wir auf 15 Jugendliche und 3 Teamleiter; doch die Geschichte an sich dreht sich eher um ein paar wenige – trotzdem fällt auf, dass selbst der unwichtigste Charakter seine eigene Geschichte bekam und so einiges an Tiefgang gewann. Das Augenmerk liegt aber definitiv auf Lukas, der uns als Ich-Erzähler durch die Geschichte führt. Lukas, der von der ersten Sekunde an als sehr sympathsich erscheint und den Leser problemlos für sich gewinnen kann. Seine Eigenschaften, seien sie auch noch so komplimentär, harmonieren miteinander und er wirkt glaubhaft und lebendig. Mir gefiel vor allen Dingen sein Mut, den er immer wieder an den Tag legte und so die Führung übernahm. Sein Background ist gut ausgeleuchtet worden, sodass er greifbar und authentisch war und seine Handlungen bzw. Gedankengänge nachzuvollziehen nicht schwer fiel. Die Entwicklung, die er ohne Frage an den Tag legte, machte Spaß – so blöd es auch klingen mag. Doch zu beobachten, wie aus leichtgläubig und unbefangen plötzlich misstrauisch und unsicher wurde, tat der Geschichte definitiv gut.
Gleich verhielt es dabei auch mit den anderen Jugendlichen bzw. eher mit dem Leser selbst. Während man anfangs noch alle als sympathisch und vertrauensvoll betrachtet, kommen recht schnell erste Zweifel auf. Mir gefiel die Vielschichtig,- und Undurchsichtigkeit aller enorm gut und es war beeindruckend zu sehen, wie Colin Hadler mit uns als Leser spielt. Am Ende tat man dann wohl dem ein oder anderen Unrecht, doch auch hier wurde eindeutig alles richtig gemacht und ausreichend falsche Fährten gelegt um die Spannung möglichst hoch halten zu können.
An dieser allerdings ein kurzer Kritikpunkt. Wie schon einmal angeteasert, herrscht in dem Buch eine Menge Tiefsinnigkeit. Dies drückt sich vor allem durch die Dialoge zwischen den Charakteren aus. An der ein oder anderen Stelle empfand ich es aber als zu viel. Die philosophischen Gespräche, die zum Teil doch sehr poetisch ausfielen, häuften sich und gerade wenn man sich mal vor Augen führt, dass diese Philosophen gerade mal 16-18 Jahre alt sind, erscheint es fragwürdig, ob sich Jugendliche in dem Alter wirklich so unterhalten. Trotzdem tat es dem Buch an sich keinen Abbruch, es fiel mir nur auf und ich wollte es der Vollständigkeit halber erwähnt haben.

Das Grundkonstrukt hinter „Wenn das Feuer ausgeht“ ist sicher bekannt – Sommercamp, Wald, ein paar Jugendliche, mysteriöse Vorkommnisse. Doch die Umsetzung, die glänzt! Nicht nur, dass sich der Plot enorm vielversprechend entfaltet und von Seite zu Seite mehr fesselt – er besticht durch jede Menge einfallsreiche Elemente. Immer wieder geschah unerwartetes, Wendungen an den unvorhersehbarsten Stellen und eine Atmosphäre, die einen mit Haut und Haaren umhüllt und nicht mehr loslässt. Die Spannung war also permanent, vom packenden Prolog bis zur überraschenden Auflösung, durchweg auf einem immens hohen Niveau gehalten und Ruhephasen wurden hier mit etwas ganz besonderem gefüllt: mit Dialogen, die an Tiefgang und Tiefsinnigkeit nicht zu überbieten sind. Immer wieder projezierte ich Gesagtes auf mich selbst und reflektierte; dachte nach und spürte den Nachhall des Ganzen. Während manche recht philosophisch ausfielen, waren manche einfach nur wunderschön und so aussagekräftig. Dazu kam, dass mich Colin Hadler mit seinen sarkastischen Beschreibungen immer wieder zum Schmunzeln brachte und so die Beklemmung kurzzeitig lösen konnte. Allerdings auch nur, um dann doppelt so hart zuzuschlagen und mich wieder erschrocken zusammenzucken und mit schreckgeweiteten Augen weiterhetzen zu lassen.
Neben der Spannung und dem sehr zügigen Erzähltempo gab es aber auch gruselige Momente, Horror-ähnliche Szenen, die mich, genau so wie der Rest auch, komplett abholen konnte. Die Gänsehaut die immer wieder entstand, spricht eindeutig dafür. Ein kalter Schauer jagte den nächsten und als Leser freute man sich einfach, wenn man wieder eine Nacht überstanden – oder sollte ich sagen überlebt – zu haben.
Nochmal alles etwas kompakter zusammengefasst: die Handlung baut sich sehr schnell und sehr einnehmend auf. Immer wieder kommen neue Fragen auf, die Zündstoff mit Miträtseln liefern. Fragen, die teilweise beantwortet, teilweise aber durch neue Fragen in den Hintergrund gerückt werden. Die dabei herrschende Atmosphäre spielt dem Buch ebenfalls in die Karten, denn loslassen tut sie einen während all den 328 Seiten keine einzige Sekunde. Man erwartet immer schlimmstes, erlebt dann aber einen noch viel schlimmeren Alptraum mit dem Figuren.
Letztlich gipfelt dieser Jugendthriller in einem atemberaubenden Showdown, der es definitiv in sich hat. An Überraschungen kaum zu überbieten, passiert plötzlich alles Schlag auf Schlag und schnürt dem Leser im wahrsten Sinne die Luft ab. Plötzlich scheint alles klar; wieso ist man nicht viel früher drauf gekommen – wieso ging man denn so blind durch das Buch? Ich verrate es euch: weil man viel zu sehr mit mitfiebern, mitzittern und mitdenken beschäftigt ist. Eine Auflösung, die überzeugt und ein würdiges Ende für diesen gelungenen Roman ist.

FAZIT:
„Wenn das Feuer ausgeht“ von Colin Hadler ist ein Jugendthriller, den jeder – wirklich jeder – gelesen haben sollte! Neben all der Spannung, der Action, dem Horror und den Geheimnissen, birgt die Geschichte so viel Tiefgang, so viele neue Ansichten und so viel Stoff zum Nachdenken. Auch Charaktere, Setting und Atmosphäre überzeugen! Außerdem ist der Stil des jungen Autors definitiv ein weiteres Highlight des Buches. Für mich eine riesige Überraschung, die noch lange – sehr lange – in mir nachhallen wird. Danke für dieses großartige Erlebnis – von mir zurecht die volle Punktzahl.

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