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Veröffentlicht am 14.06.2020

Gelungene Fortsetzung

Das Kind in mir will achtsam morden
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Nachdem ich schon dank Band 1 im letzten Jahr eine Einführung in das achtsame Morden bekommen habe, war ich sehr gespannt ,ob der 2. Teil dieses schwarzhumorigen Krimis wieder genauso viel Lesespaß bringen ...

Nachdem ich schon dank Band 1 im letzten Jahr eine Einführung in das achtsame Morden bekommen habe, war ich sehr gespannt ,ob der 2. Teil dieses schwarzhumorigen Krimis wieder genauso viel Lesespaß bringen würde. Dieses Mal lernt Björn Diemel von seinem Achtsamkeitstrainer Joschka Breitner, dass viele Verhaltensmuster im Alltag auf das innere Kind zurückzuführen sind. Daran muss bei dem Anwalt in der Tat noch gearbeitet werden. Denn eigentlich hatte er sich vorgenommen, das Morden sein zu lassen. Ausgerechnet im Urlaub lässt er sich dann aber von einem nervigen Almhüttenkellner so provozieren, dass dieser kurz nach dem heftigen Streit einen tödlichen "Unfall" erleidet.

Die Geschichte schließt nahtlos an den Vorgängerband an. Man trifft alte Bekannte wieder und bekommt nochmal eine Zusammenfassung der Ereignisse, so dass auch ein Leser der Band 1 noch nicht kennt, der Geschichte gut folgen kann. Nachdem Björn seinen ehemaligen Hauptmandanten den Mafiaboss Dragan vor einem halben Jahr getötet hat, was er erfolgreich geheimhalten konnte, hat er in Dragan's Namen dessen Geschäfte weitergeführt. Boris, der Erzfeind von Dragan ist Björn allerdings auf die Schliche gekommen und sitzt seither im Keller seines Hauses in Gefangenschaft. Weitere Problemfelder türmen sich auf und mit Hilfe des neuen Therapieansatzes vom inneren Kind versucht Björn diese mit gewohnt skurilen Lösungsansätzen zu bewältigen.

Sehr gefallen hat mir, dass der Autor sich auch aktuellen Themen wie Klimawandel, Ökobilanz und dem ökologischer Fußabdruck annimmt und dabei ganz nebenher die Scheinheiligkeit mancher Ökojünger aufdeckt. Ich habe Tränen gelacht ,als Björn einer Praktikantin im Kindergarten, die seiner Tochter erzählt hatte die Erde würde sterben, wenn sie weiterhin ihr Lieblingsgetränk in der Plastikverpackung trinkt, vorschlägt als Kompensation für jede konsumierte Packung "Fruchtquetschie" zwei Tulpen in Amsterdam zu pflanzen. Die tollen Einfälle des Autors, seine schier grenzenlose Fantasie, kann ich nur bewundern.

Leider gab es zwischendurch ein paar Längen und das Ende fand ich nicht so ganz überzeugend. Ansonsten war das Buch auf jeden Fall ein Lachmuskeltraining und hat großen Spaß gemacht.

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Veröffentlicht am 30.05.2020

Altfall neu aufgerollt

Enna Andersen und das verschwundene Mädchen
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Enna Andersen wird nach einer beruflichen Auszeit, die sie sich als alleinerziehende Mutter nach dem tragischen Unfalltod ihres Mannes genommen hat, die Verantwortung für eine neu gegründete Abteilung ...

Enna Andersen wird nach einer beruflichen Auszeit, die sie sich als alleinerziehende Mutter nach dem tragischen Unfalltod ihres Mannes genommen hat, die Verantwortung für eine neu gegründete Abteilung für ungelöste Altfälle übertragen. Sie ist wenig begeistert, nimmt ihre Aufgabe dann aber an und macht sich mit ihren neuen Kollegen Jan Paulsen und Pia Sims an die Arbeit.

Ich fand es interessant zu sehen wie aus 3 sehr unterschiedlichen Charakteren ganz langsam ein Team zusammenwächst. Dabei scheinen die Spannungen am Anfang zu überwiegen, was ein effektives Arbeiten kaum möglich macht.

Per Losverfahren wird ein Fall ausgewählt der inzwischen 9 Jahre zurückliegt. Damals war die 9jährige Marie Hansen bei einem Klassenausflug auf der Insel Wangerooge über Nacht verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Auch ihre Leiche wurde nie gefunden. Die Kommissare wühlen sich durch die alten Akten, befragen erneut die Zeugen und finden in einer Woche tatsächlich Dinge heraus, die entscheidene Fortschritte in der Suche nach dem Mädchen ergeben. Der Fall wird immer komplexer und bewegt sich zwischen Kinderpornogrfie, Missbrauch, Schutzgelderpressung, Geldwäsche, Kindesentzug im Zusammenhang mit der Mafia und wird durch diese Überfrachtung an Themen irgendwo leider etwas unglaubwürdig. Schade, hier hat es die Autorin ein bisschen übertrieben. Trotzdem hatte ich Spaß beim Lesen. Anna Johannsen hat es verstanden die Spannung konstant hoch zu halten. Sie hat sympathische Protagonisten erschaffen, auch wenn Kollege Paulsen zuweilen etwas genervt hat mit seinen Extratouren. Auch das Privatleben der alleinerziehenden Mutter hat seinen Platz in diesem Krimi, was mir ganz gut gefallen hat.

Am Ende ist aus dem anfänglich leicht chaotischen Haufen tatsächlich noch ein Team entstanden, dass sicher noch weitere Altfälle aufklären wird.


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Veröffentlicht am 24.05.2020

Vielversprechendes Debüt

Totwasser
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"Totwasser" von Julia Hofelich ist ein Debütroman und der Beginn des Anwaltskrimis rund um die Anwältin Linn Geller, die mit ihrem Anwaltskollegen Götz Nowak in Stuttgart eine Anwaltskanzlei neu eröffnet ...

"Totwasser" von Julia Hofelich ist ein Debütroman und der Beginn des Anwaltskrimis rund um die Anwältin Linn Geller, die mit ihrem Anwaltskollegen Götz Nowak in Stuttgart eine Anwaltskanzlei neu eröffnet hat. Es geht neben dem eigentlichen Fall, den man Linn als Pflichtverteidigerin zukommen lässt auch viel um die Startschwierigkeiten der kleinen Kanzlei,und die Hintergründe zu der gemeinsamen Selbstständigkeit . Linn hatte in der Vergangenheit einen Unfall und muss seither mit einer Narbe im Gesicht und den Folgen einer Beinverletzung leben, was sehr an ihrem Selbstbewusstsein geknabbert hat. Diese Selbstzweifel treten dann auch ein bisschen zu häufig in den Vordergrund und machen die ansonsten sehr sympathische und taffe Protagonistin ein wenig anstrengend.

Der Fall an sich scheint eindeutig. Das Opfer, ein beliebter Schauspieler wurde offensichtlich von seiner Frau in der Nähe des Feriendomizils in Cornwall von der Klippe gestossen. Die Beschuldigte, das Model Grace Riccardi, gesteht gegenüber ihrer Anwältin auch sofort diesen Mord begangen zu haben. Doch Linn ist nicht überzeugt und beginnt mit eigenen Ermittlungen in England und entdeckt Ungereimtheiten, die sie selbst in Lebensgefahr bringen.

Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und gut lesbar. Der Spannungsaufbau ist total gelungen, und die Spannung bleibt bis zum Schluss aufrechterhalten. Die Figuren wirken lebensecht und sympathisch, und auch der Fall ist nicht irgendwie künstlich aufgebläht. Ich habe Band 2 zuerst gelesen, der mir so gut gefallen hat, dass ich mich mit Band 1 direkt im Anschluss befasst habe. Man sollte natürlich besser mit dem 1. Teil beginnen aber in meinem Fall kann ich sagen, dass die Autorin sich mit der Fortsetzung noch verbessert hat. Für "Totwasser" gibt es einen Punkt Abzug, weil mir die Selbstzweifel von Linn etwas zu vordergründig waren. Trotzdem wieder ein toller Lesespaß und auf jeden Fall empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 08.05.2020

Ein Wimpernschlag vor dem Beginn des 2. Weltkrieges

Vor dem großen Sterben
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Mit der Tänzerin Marion Bendt, Protagonistin des Spionageromans "Vor dem großen Sterben" von Bernward Schneider taucht der Leser ins Berlin von 1939 ein. Die letzten Augusttage sind angebrochen. Das Wetter ...

Mit der Tänzerin Marion Bendt, Protagonistin des Spionageromans "Vor dem großen Sterben" von Bernward Schneider taucht der Leser ins Berlin von 1939 ein. Die letzten Augusttage sind angebrochen. Das Wetter ist wunderschön, und dennoch liegt das Unheil des nahenden Krieges schon in der Luft. Marion ist eine lebenslustige, junge Frau ohne Tabus und immer bereit zu sexuellen Abenteuern. Sie lebt ein gefährliches Doppelleben. Im Tanzlokal Coco ist sie als aufreizende Tänzerin bekannt, die mit dem Halbjuden Felix regelmäßig einen sehr freizügigen Tango auf Parkett legt und die männliche Zuschauerschaft regelrecht in Extase versetzt. Da sie mit ihrem gutausehenden Partner auch eine intime Beziehung hat, ist die Gefahr groß, dass man sie im Nazideutschland der Rassenschande bezichtigt. Desweiteren arbeitet sie für die Abwehr als Agentin und nutzt ihre Attraktivität,um ihrem Führungsoffizier Rolf Michalik Informationen zuzuspielen. So gelangt sie auch während eines Techtelmechtels mit Major Böhme an ein wichtiges Geheimdokument, dass Hitler's wahre Pläne bezüglich des Einmarsches in Polen offenbart. Als ihr Führungsoffzier kurz darauf stirbt, wird es eng für Marion und sie begreift allmählich den Ernst ihrer Lage. Man tritt an sie heran, droht ihr und erpresst sie zur Zusammenarbeit und nicht nur die Protagonistin weiß nicht mehr, wem sie noch trauen kann, auch der Leser ist verwirrt über das Auftauchen von SS, Gestapo und von geheimen Herrenclubs. Dieses "Im Dunkeln tappen", nicht wissen, wer Freund und wer Feind ist, habe ich als sehr authentisch empfunden, ein guter Schachzug von Bernward Schneider, die Spannung aufrechtzuerhalten.

Die Tänzerin Marion war mir nicht sonderlich sympatisch. So wie Schneider sie beschreibt, kommt man aber nicht umhin ihre Bauernschläue und ihre frechen Bemerkungen in brenzligen Situationen zu bewundern. Sie traut sich etwas und duckt sich nicht weg wie Andere.

Leider hat der Roman ein offenen Ende. Hier hätte ich mir einen eindeutigeren Abschluß gewünscht. Das Buch hat jetzt nicht 100%tig meinen Geschmack getroffen, war aber trotzdem eine spannende und solide historische Kriminalgeschichte, die mit Sicherheit viele Freunde finden wird.

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Cybercalypse

Influence – Fehler im System
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Student Amir, Deutscher mit tunesischen Wurzeln ist ein typisches Kind dieser Zeit. Er ist mit dem Internet aufgewachsen und verfolgt regelmäßig den Blog des Netzaktivisten Habakuk, den er verehrt und ...

Student Amir, Deutscher mit tunesischen Wurzeln ist ein typisches Kind dieser Zeit. Er ist mit dem Internet aufgewachsen und verfolgt regelmäßig den Blog des Netzaktivisten Habakuk, den er verehrt und dessen Streitgespräche mit dem Instagramsternchen Kalliope er aufmerksam im Netz verfolgt. Er kann es kaum glauben, dass ihm die Ehre zuteil werden soll, diesen geheimnisvollen Blogger, zu dem eigentlich Keiner Kontakt bekommt, zu treffen, um ihm einen Speicherchip mit brisantem Material eines Whistleblowers zu übergeben, der einen internationalen Internet-Skandal auslösen wird. Er ist schon auf dem Weg zum Treffpunkt nach Köln, als das Internet weltweit zusammenbricht und ein Chaos ohnegleichen losbricht.

Genüsslich lässt der Autor Christian Linker seine Leser mit seinem jugendgerechten, saloppen Schreibstil im plötzlichen Chaos versinken. Die Auswirkungen einer "Cybercalypse" sind durchaus realistisch dargestellt. Ich habe immer auch ein Stück Ironie empfunden, wenn der Autor zuweilen etwas über das Ziel hinausschiesst, um unsere Abhängigkeit heute vom Netz zu verdeutlichen. Neben jeder Menge Spannung und überraschenden Wendungen habe ich auch eine Menge gelernt über Influencer, Trollfabriken, Crowdworking und mehr. Plötzlich werden Bürgerwehren aktiv, errichten Straßensperren und nutzen aus, dass die Polizei hoffnungslos überlastet ist. Der Tauschhandel blüht auf, da sich Keiner mehr Geld am Automaten besorgen kann. An den Tankstellen gibt es keinen Treibstoff mehr. Den gibt es nur noch bei Menschen die frühzeitig gehamstert haben und jetzt Wucherpreise verlangen. Es ist ziemlich erschreckend, wie viele Menschen offensichtlich in ein Steinzeitverhalten zurückfallen, und man mag sich gar nicht ausdenken, was passieren würde, würde zusätzlich zu unserer augenblicklichen Coronakrise noch ein Internet - Blackout dazukommen würde.

Der Protagonist Amir erscheint zuweilen etwas verpeilt aber sehr sympathisch, und mit ihm bekommt der Leser Einblick in das große Ganze. Das Buch war jedenfalls keine Minute langweilig und nicht nur für die jugendliche Zielgruppe spannend zu lesen.

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