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Veröffentlicht am 20.10.2020

Höllenritt

Das Tartarus-Projekt
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Der Industrielle Gregory Winter wird kurz nachdem er sein Unternehmen sehr erfolgreich verkauft hat brutal ermordet. Es geschah nach einer Party, zu der auch der momentan nicht ganz so erfolgreiche Autor ...

Der Industrielle Gregory Winter wird kurz nachdem er sein Unternehmen sehr erfolgreich verkauft hat brutal ermordet. Es geschah nach einer Party, zu der auch der momentan nicht ganz so erfolgreiche Autor Michael Landorff eingeladen war. Dessen neue Agentin Melissa, die manchmal zu dem Schluss kommt, nur ein toter Autor könne für Auflagen sorgen, gibt Landorff den Auftrag, Nachforschungen zu dem Mord anzustellen und dann ein Buch darüber zu schreiben. Landorff, der überrascht war, auf der Gästeliste zu stehen, weiß zunächst nicht, wo er anfangen soll. Wie auch ein Polizist beginnen würde, sucht er die Menschen aus dem näheren Umfeld des Toten auf.

Bei seinen Untersuchungen trifft Landorff auf die professionelle Pokerspielerin Alexandra Buschmann. Beide waren zu der Party eingeladen, obwohl sie keinen Bezug zu dem Gastgeber hatten. Wurde ihr Zusammentreffen absichtlich herbeigeführt. Jedenfalls ergänzen sich Landorffs journalistische Fähigkeiten mit der exakten Beobachtungsgabe und dem analytischen Denken Buschmanns, die immerhin von ihrem Spiel leben kann. Michael Landorffs Traum von einer großen Veröffentlichung, kann in Erfüllung gehen, wenn er und Alexandra es schaffen, die Suche nach dem Täter lebend zu überstehen. Das stellt sich als schwieriger heraus als geahnt, denn es gibt Beteiligte, die ihre Motive um jeden Preis verdecken wollen.

Ein Abenteuer mit ordentlich Thrill. Wenn man andere Bücher des Autors kennt, weiß man, das beste Unterhaltung garantiert ist. Es fängt recht harmlos an, da der Protagonist erstmal eingeführt wird. Ein Autor, der um die nächste Veröffentlichung kämpft und es dabei nicht leicht hat. Und eben dieser Autor gerät in eine brisante Ermittlung, bei der der Todesfall nur der Ausgangspunkt zu einer größeren Sache ist. Mit seinen neuen Hauptpersonen Michael Landorff und Alexandra Buschmann hat der Autor ein sympathisches Team zusammengebracht, deren abenteuerliche Ermittlung ausgesprochen packend ist. Noch im Laufe der Lektüre ist man geneigt, so einige der verwendeten Ausdrücke nachzuschlagen, um mit Erstaunen und Erschauern festzustellen, dass etliche Ansätze nicht so sehr weit hergeholt sind. Das Abenteuer nimmt seinen überraschenden Lauf und das rasant erzählte Finale lässt keine Wünsche offen.

Veröffentlicht am 27.09.2020

Biznes

Doppelte Spur
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Von zwei ihm unbekannten Quellen bekommt der Journalist Ilija Trojanow umfangreiches Material zugespielt. Das Material erscheint äußerst brisant, allerdings auch sehr umfangreich und unübersichtlich. Die ...

Von zwei ihm unbekannten Quellen bekommt der Journalist Ilija Trojanow umfangreiches Material zugespielt. Das Material erscheint äußerst brisant, allerdings auch sehr umfangreich und unübersichtlich. Die Quellen stehen sich quasi diametral gegenüber, die eine scheint aus den USA zu kommen, die andere aus Russland. Ilija überlegt, ob er einem Schwindel aufgesessen sein kann. Trotz seiner Unsicherheit beginnt er weiter in dem Material zu graben und den Spuren zu folgen. Dabei bekommt er in Amerika Hilfe von Boris, der einen anderen Ansatz verfolgt und dessen Erkenntnisse sich mit den Ilijas zu einem wahren Politthriller vereinen.

Es handelt sich hier um eines der Bücher, die sich eher als Printausgabe empfehlen, denn mehr als einmal möchte man einen Stift zücken, um eine bestimmte besonders prägnante Stelle zu markieren oder um etwas anzustreichen, das man sich selbst noch einmal genauer anschauen möchte. Auch empfiehlt sich dieses Buch gewiss für eine zweite Lektüre, in der man mal vor und zurück blättern kann und sich den Stellen widmet, die beim ersten Durchlauf wegen der fortlaufenden Lektüre vielleicht zu kurz gekommen sind. Man muss in einigen Passagen schon genau hinschauen, damit man wenigstens das Meiste mitbekommt. Leider kann man sich nicht alles merken.

Was für ein Roman. Oder ist es überhaupt ein Roman? Beim Lesen etlicher Stellen drängt sich der Gedanke auf, man könne dies doch in der ein oder anderen Form so oder so ähnlich schon mal in anderen Publikationen gelesen haben. Wie eine Wühlmaus gräbt man durch das Buch nach Indizien und Hinweisen, um die eigene Auffassung zu bestätigen oder einen anderen Blickwinkel eröffnet zu bekommen. Allerdings muss man immer wieder mal absetzen, weil die Fülle der Information einfach zu viel wird. Auch wird der Lesefluss etwas gehemmt, wenn der fiktive Autor tief in seine Quellen einsteigt und man tatsächlich Wort für Wort aufnehmen muss, um nichts zu verpassen. Dennoch ist dieses Spiel zwischen Wahrheit und Fiktion sehr gelungen. Schon während der Lektüre beginnt man sich zu fragen, wo die Grenze zwischen diesen beiden Polen liegt. Und nach dem Umblättern der letzten Seite arbeitet der Inhalt noch in einem nach und man fragt sich, welchen Manipulationen man wohl selbst ausgesetzt ist und welche Informationen man nur gefiltert präsentiert bekommt.

Zitat: „Woran erkennt man einen Präsidenten auf Lebenszeit? Er fälscht Wahlergebnisse. Sollte er trotzdem verlieren, annulliert er die Wahlen wegen „schwerwiegender Unregelmäßigkeiten“.“


Veröffentlicht am 15.09.2020

Arctic Henge

Kalmann
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In der nähe des Arctic Henge bei Raufarhöfn auf Island findet der fast 34jährige Kalmann eine Blutlache. Eigentlich will er das nicht an die große Glocke hängen, aber irgendwie rutscht es ihm doch raus. ...

In der nähe des Arctic Henge bei Raufarhöfn auf Island findet der fast 34jährige Kalmann eine Blutlache. Eigentlich will er das nicht an die große Glocke hängen, aber irgendwie rutscht es ihm doch raus. Das führt zu heller Aufregung im Dorf, denn kurz zuvor wurde Róbert McKenzie zuletzt gesehen. Handelt es sich bei der Blutlache um eine Spur? Der etwas zurückgebliebene Kalmann ist in heller Aufregung. Es sind viele Fremde im Ort, Polizei und Rettungskräfte. Auch Kalmann soll sich an der Suche beteiligen. Wie sehr fehlt im sein geliebter inzwischen im Seniorenheim lebender Großvater, der mit seiner Ruhe immer einen Zugang zu Kalmann fand.

Kalmann, der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn, ist eine spezielle Persönlichkeit. Zwar hat er mit einigen Einschränkungen zu kämpfen, aber er ist sehr naturverbunden und vor allem ist er nach seinem Großvater, der ihm so viel beigebracht hat, einer der letzten Grönlandhaifischer. Kalmanns Gammelhai ist der Beste Islands nach dem des Opas. Das Verschwinden des Dorfvorstehers ist schon eine seltsame Geschichte. Nach Meinung Kalmanns könnte Róbert auch von einem Eisbären verschleppt worden sein. Das will ihm aber keiner so recht glauben, auch nicht die Polizistin Birna, der er Rede und Antwort stehen muss.

Dieser Roman hat auch etwas von einem Krimi, zumindest würde das Blut und die vermisste Person dafür sprechen. Mit Kalmann gibt er Autor eine liebenswerte Beschreibung eines nach Aussage der Mutter bei der Geburt geschädigten etwas einfältigen jungen Mannes. In der Stadt würde Kalmann vielleicht untergehen, doch im Dorf unter den Fittichen seines Großvaters hat er seinen Platz gefunden. Dumm ist Kalmann nicht, er weiß viel über die Natur und er ist in der Lage den Gammelhai herzustellen. Seine Sicht auf die Dinge ist ein wenig anders manchmal, aber auch sehr geradlinig und unverstellt. Kalmann führt den Leser mit seiner besonderen Art in eine leicht andere Welt ein, von der man mit Staunen erfährt. Aber auch einiges an Hochachtung gewinnt man vor Kalmann, der leicht unterschätzt werden kann. Da wird eine Lanze gebrochen für Menschen, die es schwer haben. Ein spannender Roman mit Krimielementen und einem zauberhaften Helden.

Veröffentlicht am 14.06.2020

Sturmbrausen

Vardo – Nach dem Sturm
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Um Weihnachten 1617 wird die kleine norwegische Insel Vardø von einem starken Sturm getroffen. Die Frauen standen auf ihre Männer wartend am Ufer und mussten mit ansehen, wie die gestandenen Seeleute umkamen. ...

Um Weihnachten 1617 wird die kleine norwegische Insel Vardø von einem starken Sturm getroffen. Die Frauen standen auf ihre Männer wartend am Ufer und mussten mit ansehen, wie die gestandenen Seeleute umkamen. Fast alle Familien sind betroffen. Einige - wie Maren - haben mehrere Familienmitglieder verloren. Vater, Bruder, Verlobter, die wie ausgelöscht sind. Zwar gibt das Meer die Toten zurück, aber das ist nur ein geringer Trost. Anstatt die Leichen aufzubahren und mit ihnen auf den Sommer zu warten, um die Erde für die Bestattungen aufbrechen zu können, würden die Frauen lieber gemeinsam mit ihren Lieben das neue Jahr begrüßen.

Maren leidet sehr unter dem Verlust. Obwohl sie froh ist, dass Dimma, die Frau ihres Bruders da ist, fühlt sei auch etwas Neid auf die Schwangere. Doch Kristin ist eine Frau, die vorwärts denkt. Da große Hilfe von außen nicht zu erwarten ist, schlägt sie vor, die Dorfbewohnerinnen sollen selbst aufs Meer hinausfahren und die Netze ausbringen. Bald kommt ein neuer Pfarrer in den Ort, dem das Treiben nicht so gefällt. Und spätestens jetzt kommt ein Keil zwischen die Frauen, die einen, die zur Kirche gehen, und die anderen, die dies eben nicht für nötig halten.

In ihrem ersten Roman für Erwachsene nimmt die Autorin ein Ereignis, welches tatsächlich stattgefunden hat, als Ausgangspunkt für ihre ungewöhnliche Geschichte. Im Jahr 1617 ist es durchaus ungewöhnlich, das die Frauen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Aus der Not heraus sind sie ihrer Zeit voraus. Doch nicht einmal im Dorf gefällt das allen. Mit den dramatischen Ereignissen um den Sturm beginnt das Buch, um dann recht behäbig weiterzugehen. Gerade, wenn man sich ein Urteil bilden will, bekommt die Handlung eine überraschende Wendung, aus der die ganze Kraft des Romans hervorscheint. Die Frauengestalten haben es wirklich in sich, sie strahlen förmlich. Wie schade, dass es Missgunst, Neid und Bigotterie gibt. Die Menschheit könnte so viel besser sein, wenn sie Positives einfach anerkennen würde, auch wenn es anders ist als üblich.

Ein packender Roman, dessen wahrer Gehalt sich aus dem Klappentext leider oder zum Glück nicht erschließt.

Veröffentlicht am 16.05.2020

Das Tagebuch

Die verlorene Frau
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Bei Jessica haben vorzeitig die Wehen eingesetzt und ihr Mann ist beruflich im Ausland. Verängstigt wendet sich Jessica an ihren Vater Harvey, der mit ihr ins Krankenhaus eilt. Die Geburt ist schwieriger ...

Bei Jessica haben vorzeitig die Wehen eingesetzt und ihr Mann ist beruflich im Ausland. Verängstigt wendet sich Jessica an ihren Vater Harvey, der mit ihr ins Krankenhaus eilt. Die Geburt ist schwieriger als erwartet und auch ganz anders als erhofft. Die kleine Elisabeth ist ein perfektes Baby, allerdings bekommt sie gleich einen Infekt und muss behandelt werden. Jessica ist krank vor Sorge und ihre Reaktion fällt heftiger aus als normal. Sie verschwindet mit ihr er neugeborenen Tochter aus dem Krankenhaus. Auch Jessicas Mutter hatte nach der Geburt ähnliche Probleme und Harvey macht sich sofort auf die Suche nach seinem Kind.

In jeder Familie gibt es Geheimnisse. Und auch Jessicas Mutter hat ihr und ihrer Schwester nie alles erzählt. Vor der Geburt ihres Kindes hatte Jessica den Wunsch, von der Vergangenheit zu erfahren. Doch leider gab es nicht nur positive Neuigkeiten. Was ihre Mutter Rebecca ihr erzählt, ist nicht leicht zu verdauen. Die Mütter und Töchter der Familie haben sie nie leicht mit ihren Familien getan. Schon ihre Großmutter und Mutter Harriet hatte es nach dem Krieg sehr schwer. Ihr Mann war nach seiner glücklichen Heimkehr nie wieder der, der er vorher war.

Diese mehrere Generationen umspannende Familiengeschichte wirkt am Anfang so als seien die Reaktionen zu heftig, doch je weiter man liest, desto mehr zieht sie einen in ihren Bann. Die Schicksale der Frauen so unterschiedlich sie auch sind, sie ähneln sich doch. In keiner Generation ist es nur leicht. Doch die Frauen entwickeln eine besondere Stärke, die sie vieles ertragen lässt. Doch erst muss auch noch das letze Geheimnis gelüftet werden, bis die Familie zusammenfindet und ihre Besonderheiten zu verstehen lernt. Mit ihren überraschenden Wendungen reißt die Story wirklich mit und offenbart, wie übel den Frauen früher mitgespielt werden konnte. Gerade der Ansatz der Handlung bildet einen Teil der Wirklichkeit ab. Froh macht es einen, dass gewisse Dinge heutzutage doch anders sind. Diese gefühlvolle Geschichte kann wärmstens empfohlen werden.