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Veröffentlicht am 15.06.2020

Herzzerreißend, zart und süß. Verstörend und abstoßend

Das Seidenraupenzimmer
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Ich wünschte, ich hätte das Buch nicht gelesen. Das Ende ist so abstoßend, dass ich kein Interesse daran habe, weiter darüber nachzudenken oder irgendetwas hineinzuinterpretieren, sondern alles nur vergessen ...

Ich wünschte, ich hätte das Buch nicht gelesen. Das Ende ist so abstoßend, dass ich kein Interesse daran habe, weiter darüber nachzudenken oder irgendetwas hineinzuinterpretieren, sondern alles nur vergessen will.

Dies ist schade, denn die ersten drei Viertel des Buches sind herzzerreißend und auf eine bittere Weise lustig. Sie geben einen Einblick in die Gesellschaft Japans, der Machtlosigkeit von Kindern und dem Leben von Außenseitern.

Natsuki hat in ihrer Familie die Rolle des schwarzen Schafes inne. Die Mutter und die Schwester reagieren sich an ihr ab. Ihre Gespräche mit dem Stofftier Pyut und die Freundschaft zu dem Jungen Yu, der weit entfernt auf dem Land lebt, helfen ihr die Misshandlungen zu überstehen.

Natsuki wird außerdem von ihrem Lehrer über lange Zeit missbraucht. Niemand glaubt ihr. Sie zieht sich immer weiter in ihre Traumwelt zurück, in der sie eine Außerirdische ist, die sich über die Erdlinge wundert. Die Erdlinge, die funktionieren und wie Angestellte einer Fabrik Nachkommen produzieren. Später als Natsuki verheiratet ist, warten die Verwandten und Bekannten auf Nachwuchs. Natsuki bezeichnet sie als Handlanger der Fabrik, die sie überreden sollen, sich in ihre Rolle einzufügen.

Ich war sehr verärgert, dass ich im Klappentext nicht vorgewarnt wurde, dass es um sexuellen und emotionalen Missbrauch gehen würde. Eine Situation im ersten Viertel der Geschichte hat mich sehr stark getroffen.

Ich stimme mit den Aussagen der Autorin überein, kann jedoch nicht nachvollziehen, was sie mit dem schockierenden Ende bezweckte. Meiner Meinung nach hat sie die Leser, die sowieso auf ihrer Seite stehen, abgeschreckt. Ich kam mir vor, als hätte man mich auf eine Party eingeladen, und als zum Schluß das Buffet eröffnet wird, sehe ich, dass die Schüsseln mit Maden und Menschenfleisch gefüllt sind.

Also, ich hab Sie gewarnt.

Das perfekte Geschenk für alle, die Sie fragen: “Na, wann bekommen Sie denn Kinder?” oder “Immer noch Single?”.

Lesen Sie das Buch besser selbst nicht oder nur bis maximal 90%.

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Veröffentlicht am 09.04.2020

Ein Wohlfühl-Roman mit Rezepten

Eine Prise Marrakesch
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Für vier Menschen wendet sich in Marrakesch das Schicksal:
Klara, begeisterte Hobbyköchin, hat eine Reise nach Marrakesch gewonnen. Dort entdeckt sie die Gewürzmärkte und neue Gerichte.
Charlotte steht ...

Für vier Menschen wendet sich in Marrakesch das Schicksal:
Klara, begeisterte Hobbyköchin, hat eine Reise nach Marrakesch gewonnen. Dort entdeckt sie die Gewürzmärkte und neue Gerichte.
Charlotte steht vor der Scheidung von ihrem Mann. Einst gefeierte Fotografin, kehrt sie im Urlaub zu ihrer alten Leidenschaft zurück und fotografiert Menschen und die einzigartige Architektur der Stadt.
Alain kämpft damit, sein Restaurant über Wasser zu halten.
Und Karim beherbergt alle in seinem Hotel. Nach einem schweren Schicksalsschlag gibt es für ihn neue Hoffnung.

Der Roman besteht zum größten Teil aus Erzählung und den Gedanken der Protagonisten. Es gab recht wenig Dialog und spannende Handlung.
Die Geschichte könnte Leserinnen ab 40 gefallen, die gern über fremde Länder lesen, Interesse am Kochen haben und ein Happy-End mögen. Mich hat der Plot an Traumschiff und Rosamunde Pilcher erinnert.

Veröffentlicht am 09.04.2020

Ein Wohlfühl-Roman mit Rezepten

Eine Prise Marrakesch
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Für vier Menschen wendet sich in Marrakesch das Schicksal:
Klara, begeisterte Hobbyköchin, hat eine Reise nach Marrakesch gewonnen. Dort entdeckt sie die Gewürzmärkte und neue Gerichte.
Charlotte steht ...

Für vier Menschen wendet sich in Marrakesch das Schicksal:
Klara, begeisterte Hobbyköchin, hat eine Reise nach Marrakesch gewonnen. Dort entdeckt sie die Gewürzmärkte und neue Gerichte.
Charlotte steht vor der Scheidung von ihrem Mann. Einst gefeierte Fotografin, kehrt sie im Urlaub zu ihrer alten Leidenschaft zurück und fotografiert Menschen und die einzigartige Architektur der Stadt.
Alain kämpft damit, sein Restaurant über Wasser zu halten.
Und Karim beherbergt alle in seinem Hotel. Nach einem schweren Schicksalsschlag gibt es für ihn neue Hoffnung.

Der Roman besteht zum größten Teil aus Erzählung und den Gedanken der Protagonisten. Es gab recht wenig Dialog und spannende Handlung.
Die Geschichte könnte Leserinnen ab 40 gefallen, die gern über fremde Länder lesen, Interesse am Kochen haben und ein Happy-End mögen. Mich hat der Plot an Traumschiff und Rosamunde Pilcher erinnert.

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Veröffentlicht am 31.01.2020

Sollte ich dem Fuchs trauen, der bewachte Hühnerställe vermietet?

Die Datendiktatur – Wie Wahlen manipuliert werden
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Ich bin auf das Buch durch ein Interview auf SRF Kultur aufmerksam geworden. (youtube: “Brittany Kaiser: Rezepte gegen die drohende Daten-Diktatur | Gespräch | SRF Sternstunde Philosophie”)

Brittany Kaiser ...

Ich bin auf das Buch durch ein Interview auf SRF Kultur aufmerksam geworden. (youtube: “Brittany Kaiser: Rezepte gegen die drohende Daten-Diktatur | Gespräch | SRF Sternstunde Philosophie”)

Brittany Kaiser machte dort einen überlegten, engagierten Eindruck - ganz anders als in dem Buch. Nach der Hälfte des Buches habe ich mir auf Netflix “The Great Hack” angesehen. Ein Film über Cambridge Analytica, der als eine von 15 Dokumentationen für einen Oscar nominiert war und in dem Brittany Kaiser als Hauptfigur auftritt.

Worum geht’s überhaupt?
Cambridge Analytica ist eine Firma, die mit illegalen Methoden die Wahlen in vielen Ländern beeinflusst hat, u.a. die Wahl Trumps und den Brexit. Grundlage dafür waren Daten, die die Firma von Facebook erworben hatte. Diese Daten stammten jedoch auch von Personen, die keine Zustimmung zur Nutzung gegeben hatten.

Alexander Nix, der Chef der Firma erklärte das Prinzip seiner manipulativen Methoden so: Wir erhöhen die Temperatur im Kino, damit wir mehr Cola verkaufen.

Daten wurden benutzt, um psychologische Profile von Personen zu erstellen. Neurotischen Personen wurden zum Beispiel Anzeigen gezeigt, die ihre Angst erhöht haben. Andere Personen wurden dazu gebracht, nicht zur Wahl zu gehen.


Was bedeutet es für eine Gesellschaft, wenn unnötig Angst und Hass geschürt werden? Wenn die Gemeinschaft gespalten wird?

Die Autorin - Brittany Kaiser
»Um die Leute zum Handeln zu bringen, schafft man die Umstände, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sie tun, was sie tun sollen. Die Einfachheit dieses Konzepts haute mich um.« (Brittany Kaiser über Alexander Nix’ Kino-Analogie)

Die junge Frau arbeitete als Freiwillige beim Wahlkampf Barack Obamas mit und wechselte später zu Cambridge Analytica. Ihre Zweifel mit Steve Bannon und Trump zusammenzuarbeiten, schob sie beiseite, da sie Geld verdienen musste. Sie blieb, weil sie den Eindruck hatte, dass sie endlich etwas bewirken könne und sich Hoffnung auf ein Aktienpaket der Firma machte.

Brittany Kaiser unterstützte, dass Trump Präsidenten wurde, schrieb aber an anderer Stelle, dass sie gerne in einem Land mit guter staatlicher Krankenversicherung leben würde, wie zum Beispiel England.

Ihre abschließende Message
Die Autorin ist Mitbegründerin der Organisation “Own your Data”, bei der man seine Daten speichern, kontrollieren und selbst verkaufen kann.
Sie schließt das Buch mit Hinweisen darauf, was jeder Bürger tun kann, um seine Daten zu schützen.

Meine Meinung zu Autorin
Mein persönlicher Eindruck nach der Lektüre der ersten Hälfte des Buches war, dass die Autorin kein moralisches Empfinden hat, obwohl sie dies immer wieder beteuert. Sie scheint mir wie eine Opportunistin, die rein extrinsisch motiviert ist.

Sie sei ihr Leben lang eine unentwegte Aktivistin gewesen, dann aber pragmatischer geworden, und sie überlegte, ob für Trump zu arbeiten, nicht auch eine Möglichkeit sei, Mitgefühl für andere zu entwickeln.

Sie hat nicht dazugelernt
Wie man am Ende des Buches sieht, nutzt sie weiterhin Emotionen. Dieses Mal, um den Leser zu beeinflussen.
Sie fordert zum Handeln auf und schreibt, was zu tun sei. Sie schreibt von “wir”, von “Zeitdruck”, vom “Schutz der Demokratie”, von “Vertrauen” und “gemeinsam”. Sie preist eine “einmalige Chance” für “eine strahlende Zukunft”. Aber “wir müssen rasch handeln”!
Nach diesem aufrüttelnd emotionalen Feuerwerk macht sie dann gleich noch Werbung für einige Tech-Startups. Mein Vertrauen für die Autorin ist jedoch verbrannt.

Ihre Vorschläge für den Schutz unserer Daten halte ich nicht für umfassend genug.
Profitiert ihre Organisation “Own your Data” von dem Datenbrokering?
Diese Plattform funktioniert nach dem gleichen Prinzip, wie Airbnb und Uber. Personen haben Wohnungen oder Autos (oder Daten) und können über eine Plattform damit Geld verdienen. Die Plattformen streichen eine Provision ein. (“Own your Data” auch?)

Wieso ist es überhaupt erlaubt, so viele Daten zu sammeln?
Wieso müssen mir facebook und google und Amazon nicht auf einer Webseite alle meine Daten anzeigen und mir ermöglichen, sie zu löschen oder zu sperren?

Fazit
Die Aussagen über emotionale Manipulationen, Datenverwendung und politische Kampagnen waren sehr erhellend und erschreckend. Ich werde online sicher keine Persönlichkeitstests wie “Big Five” mehr machen.
Das Buch war streckenweise anstrengend zu lesen, da die Autorin oft versuchte, ihre eigene Rolle positiv darzustellen. Ich fragte mich laufend, was davon wahr ist. Kaiser dient auch als Beispiel einer Angestellten, die von Status und Geld geblendet und von ihrem kriminellen Chef manipuliert wurde.
Ich hätte mir gewünscht, dass das Buch von einem neutralen Journalisten geschrieben worden wäre. Und man auch einen Datenschützer zu Wort hätte kommen lassen.

Ich empfehle, die Netflix-Doku “The Great Hack” anzusehen, um einen alternativen Blick auf Brittany Kaiser und die Situation zu bekommen.

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Veröffentlicht am 06.01.2020

Die tragische Geschichte einer schönen Frau

Jesabel
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»O Marie-Thérèse, versprich mir, dass du mich an dem Tag, an dem du mich alt, wirklich alt siehst, im Schlaf töten wirst.«

Paris in den 30ern, die immer noch attraktive, reiche Gladys Eysenach wird beschuldigt, ...

»O Marie-Thérèse, versprich mir, dass du mich an dem Tag, an dem du mich alt, wirklich alt siehst, im Schlaf töten wirst.«

Paris in den 30ern, die immer noch attraktive, reiche Gladys Eysenach wird beschuldigt, einen jungen Mann erschossen zu haben.
Der Roman beginnt mit dem Verhör der Angeklagten. Schnell sind sich die Zuschauer einig, dass der Ermordete Glayds’ Liebhaber gewesen sein muss. Denn sie brauchte die Bewunderung der Männer, wie die Luft zum Atmen.

Irene Nemirovsky erzählt von der Jugend der Protagonistin, der alle Männer zu Füßen lagen. Sie beschreibt das Älterwerden und die damit aufkeimende Angst allein zu enden.

»Im Grunde gibt es nur ein einziges Glück auf der Welt, nämlich die Jugend.«

Glayds hat keine Arbeit, der sie nachgeht, sie betätigt sich nicht karitativ. Alle Befriedigung zieht sie aus den Blicken und Huldigungen der Männer. Selbst für ihre Tochter empfindet sie keine Zuneigung. Denn sie sieht diese als Konkurrentin.

Zum Ende des Buches löst sich das Rätsel, und wir erfahren warum Gladys den Mann erschossen hat. Doch vorher konfrontierte er sie mit sich selbst.

Es war teilweise anstrengend, den weinerlichen Ausführungen der Protagonistin zu lauschen, die sich klein macht und um Anerkennung bettelt und nicht sieht, wie gut es ihr im Vergleich zu anderen geht. Die Figuren fand ich durchweg unsympathisch - oberflächlich, nur auf sich bedacht, Verantwortung von sich weisend.

Die Autorin Irene Nemirovsky wuchs selbst in sehr behüteten und luxuriösen Verhältnissen auf. Ihre Eltern interessierten sich nicht für sie. Während der Russischen Revolution floh die Familie nach Paris. 1942 wurde Nemirovsky nach Auschwitz deportiert.
Den vorliegenden Roman wurde 1936 veröffentlicht. Ich könnte mir vorstellen, dass die Autorin darin das Aufwachsen in der Oberschicht Russlands schildert, wenn nicht sogar in ihrer eigenen Familie.

Heute, 80 Jahre später, lese ich aus diesem Roman die starke Abhängigkeit der Frauen von den Männern ab. Dazu erzogen, zu gefallen, ohne berufliche Tätigkeit, die Befriedigung schenkt, sinkt der Wert der Frau mit ihrer schwindenden Jugend. Des Weiteren wird ein Kulturwandel, die Frustration der jungen Menschen über fehlende Zukunftsperspektiven und die Macht des Geldes thematisiert.

Für mich zeigt der Roman nur die dunkle Seite der Medaille: Neid, Rache, Ohnmacht, Sexismus, Doppelmoral. Alle sind ausnahmslos von der Schönheit fasziniert. Nur darf sie eine Frau nicht für sich nutzen, darf ihre Lust nicht ausleben, sonst wird sie als Verführerin, als Jesabel angesehen. So wie Isebel aus dem Alten Testament, die den falschen Gott anbetete und mit vielen Männern schlief. Die Männer im Roman dagegen wählten immer neue, immer jüngere Frauen, und wurden dafür nicht verurteilt.

Ich frage mich, warum die Autorin nicht auch die helle Seite, die Konzentration auf etwas Dauerhaftes, die Unabhängigkeit von oberflächlicher Anerkennung und Vergnügen geschildert hat. Hat Nemirovsky diese selbst nicht gesehen, nicht erlebt?

Eine Anklage, ohne Erlösung.
Der Roman hat mich persönlich wenig positiv berührt, da ich keine Identifikationsfiguren gefunden habe und auch das Thema sehr weit von meiner Lebenswelt entfernt ist. Bei den Protagonisten hat keine Erkenntnis, keine Weiterentwicklung stattgefunden.
Ein tragisches Zeitdokument mit einem befriedigenden Spannungsbogen.