Gute Idee, langweilig umgesetzt
RavenhurstMan nehme: Die ewige Jugend des Dorian Grey, den Fluch aus ‚Die Schöne und das Biest‘, die innere Zerrissenheit von Dr. Jekyll und Mr Hyde, mixe das Ganze gut durch und garniere es mit altbritischem Landsitz-Charme ...
Man nehme: Die ewige Jugend des Dorian Grey, den Fluch aus ‚Die Schöne und das Biest‘, die innere Zerrissenheit von Dr. Jekyll und Mr Hyde, mixe das Ganze gut durch und garniere es mit altbritischem Landsitz-Charme – heraus kommt ein Dorian Graves, dessen Nachname Programm ist. Ihn soll die Londoner Vollwaise Lady Eleonore Warrington ehelichen, damit sie nicht, trotz ihrer bereits 24 Jahre, verarmt auf der Straße landet. Bereits kurz nach ihrer Ankunft auf Ravenhurst bereut sie ihre Entscheidung, doch dann kommt alles ganz anders….
Auch wenn die Idee im Ansatz gut ist, konnte ich beim Lesen keinen richtigen Gruselcharme feststellen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Autorin sich dafür entschieden hat, Eleonore als Ich-Erzählerin zu verwenden. In meinen Augen ein Fehler, da mich der ausführliche Austausch von Höflichkeitsfloskeln oder die Dialoge, wenn der Bedienstete den Herrschaften Tee einschenkt, ebensowenig interessiert wie detaillierte Bekleidungsrituale oder sonstige Nebensächlichkeiten, die hier leider allesamt die Handlung unnötig in die Länge zogen. Da wäre es besser gewesen, sich mehr auf eine gruselige Atmosphäre zu konzentrieren und die Protagonistin auch entsprechend handeln zu lassen. Dass Eleonore sich hingegen nicht mal ihrer einzigen Freundin anvertraut aus Angst, man könne sie für verrückt halten, konnte ich nicht nachvollziehen, da die Freundin als Bedienstete wohl kaum anderen Menschen davon erzählt hätte. Überhaupt erschien mir Eleonore viel zu passiv und angepasst und ihre Enttäuschung, dass ein charakterliches Scheusal ihr das Bett verweigert, war mir einfach unverständlich – jede normale Frau wäre darüber froh gewesen, von eventuellen Übergriffen verschont zu bleiben. Das war mir zu sehr Bad-Boy-Schwärmerei, muss an seinen schönen blauen Augen gelegen haben, auf welche wiederholt hingewiesen wurde.
Gut, es gibt ein paar Wendungen, aber wirklich überraschend waren die einfach nicht. Zudem gestaltete sich das Buch durch die bereits oben erwähnten unnötigen Details eher als langatmig, ohne großen Grusel- oder Spannungsfaktor. Und das letzte Kapitel fällt in die Kategorie „diese Anspielung hätte man weglassen können“. Von mir keine Leseempfehlung.