Cover-Bild Wie die Schweine
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15,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften - Soziale und ethische Themen
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 236
  • Ersterscheinung: 20.01.2020
  • ISBN: 9783518470237
Agustina Bazterrica

Wie die Schweine

Die deutsche Ausgabe des Tiktok-Phänomens "Tender is the flesh"
Matthias Strobel (Übersetzer)

Marcos verantwortet die Produktion einer Schlachterei. Er kontrolliert die eingehenden Stücke, kümmert sich um den korrekten Schlachtvorgang, überprüft die Qualität, setzt die gesetzlichen Vorgaben um, verhandelt mit den Zulieferern … Alles Routine, Tagesgeschäft, Normalität. Bis auf den Umstand, dass in der Welt, in der Marcos lebt, Menschen als Vieh zum Fleischverzehr gezüchtet werden.
Dieser Roman hält uns Fleischfressern kompromisslos den Spiegel vor. Er stellt Fragen in den Raum - nach Moral, Empathie, den bestehenden Verhältnissen. Und er verschafft, was nur die Literatur verschafft: neue Einsichten, neue Gefühle, nachdem alle Argumente längst ausgetauscht sind.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.01.2021

Der Mensch ist des Menschen Wolf!

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Eine Zukunft, in der es keinerlei Tabus bei der Ernährung mehr gibt, ist keine lohnens- und lebenswerte Zukunft!

Ein hochliterarischer Horrorroman, ohne dass das Blut hektoliterweise fließt. Das Buch ...

Eine Zukunft, in der es keinerlei Tabus bei der Ernährung mehr gibt, ist keine lohnens- und lebenswerte Zukunft!

Ein hochliterarischer Horrorroman, ohne dass das Blut hektoliterweise fließt. Das Buch ist echt erschreckend und unglaublich beklemmend.

Marcos ist der Verantwortliche für die Produktion einer Schlachterei. Ein angeblicher Virus hat sämtliches Fleisch von Tieren nicht mehr essbar gemacht. Marcos hat eine persönliche Krise. Sein Kind ist gestorben, sein Vater dement in einem Pflegeheim und von der Frau getrennt. 

Nach der Viruskrise ist man dazu übergegangen, Menschenfleisch zu essen. Das wirkt so schön der Überpopulation entgegen. Immigranten, Obdachlose, Arme verschwinden spurlos. Man geht dazu über, Menschen wie Vieh zu züchten, um sie sich vermehren zu lassen, eben als Fleischlieferant, die Muttermilch gilt wie einst die Kuhmilch als unglaublich lecker, sogar für Organspenden müssen sie herhalten und die Haut wird zu Leder verarbeitet.

Damit die Menschen mit ihrem amoralischen, unethischen Verhalten klarkommen, werden diese anderen Menschen entmenschlicht, ihnen werden die Stimmbänder entfernt, Lesen und Schreiben lernen sie natürlich nie und Denkfähigkeit wird ihnen abgesprochen. So gehen Menschen bekanntlich auch mit Schweinen und Rindern, Schafen, Ziegen, Hühnern, Puten, Pferden um. Man behauptete lange und behauptet das zum Teil immer noch, dass Tiere keinerlei Schmerzempfinden hätten ( wer einer Katze aus Versehen auf den Schwanz getreten ist, weiß, dass diese Behauptung blödsinniger Quatsch ist! ) und keine Emotionen hätten sowie nicht denken könnten. 

Das sind typische Verdrängungsmechanismen von Menschen, um besser damit umgehen zu können, Lebewesen zu töten. Jene, die psychopathische Tendenzen haben und sadistische Freude am Töten, brauchen das selbstredend nicht. Das war ja dann klar, dass Schlachter und Co. beim Töten von Menschen die gleichen Verdrängungsmechanismen anwenden würden. Diese Menschen werden "Stücke" genannt und bekommen keine Namen. Es kommt aber auch vor, vor allem auf dem Schwarzmarkt, dass auch Fleisch mit Vor- und Zunamen gegessen wird. Gefressen wäre ein passenderer Ausdruck! 

Marcos wird von seinem Gewissen geplagt. Er stellt vieles, was nicht ausgesprochen werden darf, infrage. Bis er eines Tages als Geschenk ein "Weibchen", ein "Stück" bekommt. Wie wird er jetzt handeln? Wird er sie als gleichwertigen Menschen anerkennen und selbst ein besserer Mensch werden? Oder fällt er in die allgemein herrschende Barbarei zurück?

Welch ein ( Zukunfts ? ) Szenario, das hier entworfen wird. Kein Wunder, dass so viele Personen im Buch Suizid vollziehen. Es wird nicht einmal davor zurückgeschreckt, das Fleisch alter, verstorbener Menschen zu verarbeiten, obwohl eigentlich illegal. 

In solchen Gesellschaften ist kein Mensch mehr sicher. Unter Umständen kann jeder verwurstet werden. Ein Alptraumszenario wie im "Texas Kettensägenmassaker" oder wie bei kannibalischen Serienkillern. Übrigens ist es in jener argentinischen Gesellschaft verboten, das Ding beim Namen zu nennen, sprich: Kannibalismus. Schon kurios!

Agustina Bazterrica hat eine distanzierte, aber manchmal auch schmerzhaft nahe Sicht auf diese schier ungeheuerlichen Ereignisse. Es ist wie ein Bericht aus der wahrhaften Hölle auf Erden. Propaganda und andere Lügen haben die Hirne der Menschen vernebelt. Offenbar gibt es keinerlei Anstand, Moral, Empathie oder Ethik mehr. Gott scheint ferner denn je.

Erschreckend ist, dass solch ein Szenario durchaus einmal Realität werden könnte und die Autorin schafft es, den heutigen Fleischfressern gnadenlos den Spiegel vorzuhalten. Ich bin Vegetarierin. Diejenigen jedoch, die jeden Tag Fleisch fressen und das möglichst billig sein soll, sollten mal in sich gehen und überlegen: grauenvolle Tierhaltung, Antibiotika, gräßliche Tiertransporte, Tierquälerei, das Töten der Tiere und das widerwärtige Verhalten so mancher Mitarbeiter im Schlachthaus. 

Vielleicht sollten Fleischfresser mal im Schlachthaus zusehen müssen, vielleicht vergeht ihnen dann der Appetit. Fleischlos zu leben ist die beste Vorbeugung auch gegen Gicht, Herzkranzgefäßverstopfung, ergo: Herzinfarkt, Schlaganfällen, Diabetes und Adipositas, natürlich haben die letztgenannten vier Erkrankungen auch noch andere Ursachen, aber übertriebenes Fleischessen kann durchaus verstärkt dazu führen.

Denkt also daran, bevor es euch eventuell erwischt!

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Veröffentlicht am 17.06.2020

Ein unbedingt nötiges literarisches Aufbegehren gegen den Egoismus unserer heutigen Gesellschaft

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„Schließlich essen wir uns schon seit Anbeginn der Zeiten gegenseitig auf. Und nicht nur symbolisch, sondern wortwörtlich. Der Übergang hat uns nun die Möglichkeit beschert, nicht mehr so heuchlerisch ...

„Schließlich essen wir uns schon seit Anbeginn der Zeiten gegenseitig auf. Und nicht nur symbolisch, sondern wortwörtlich. Der Übergang hat uns nun die Möglichkeit beschert, nicht mehr so heuchlerisch zu sein.“ [S. 164]

Zugegeben, wäre ich noch regelmäßige Fleischkonsumentin, hätte ich mich mit diesem Buch nicht auseinandergesetzt. Essen bedeutet nicht nur Nahrung, sondern eben auch Genuss, und mit dem Genuss haben viele von uns ein sehr spezielles, komplexes aber eben auch fragwürdiges Verhältnis, was wir aber aller Widrigkeiten zum Trotz nicht so einfach aufzugeben bereit sind. Da rollen wir uns lieber den steinigen ausgetretenen Pfad der Ignoranz hinauf, anstatt das zu hinterfragen, was sich direkt vor unseren Augen oder eben in unseren Körpern abspielt.
Aber genau das lässt „Wie die Schweine“ nicht zu: Ignoranz. Agustina Bazterrica holt den literarischen Spiegel und Vorschlaghammer raus, und haut dem Leser ihre Wahrheiten ins Gesicht, immer und immer wieder, bis man am Ende mit offenem Mund dasitzt und sich am liebsten mit einer Kuscheldecke in irgendeiner sicheren Ecke seines Zimmers einrollen und leise „Alle meine Entchen“ vor sich hinsummen möchte. Das Buch ist unbequem, anstrengend und emotional herausfordernd, und das ist auch gut so. Was den Inhalt angeht, sagt der Klappentext eigentlich alles, was man wissen muss. Für mich ein sehr mutiges Gedankenexperiment, und aktueller denn je.
„Wie die Schweine“ ist eine Dystopie durch und durch. Voller Hoffnungslosigkeit, schrecklicher Taten, Gedanken und Fakten, Düsternis und Verzweiflung. Bazterrica`s Schreibstil ist von einer schonungslosen Poesie, die ich in der Form noch in keinem anderen Buch gelesen habe. Kritisch und klug führt sie dem Leser menschengemachte Grausamkeiten vor Augen und lässt dabei nichts aus. Das Schlachten, das Töten, das Fressen, und das gefressen werden. „Wie die Schweine“ rüttelt auf, macht fassungslos und wütend und ist ein unbedingt nötiges literarisches Aufbegehren gegen den Egoismus unserer heutigen Gesellschaft.

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Veröffentlicht am 19.04.2020

Geniales, krasses, brutales & schockierendes Buch über Menschen, die Menschen essen

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Das Cover:
Das Cover zeigt ein unter Folie abgepacktes Stück rotes Fleisch. Als Aufkleber auf der Verpackung sind der Titel und der Name der Autorin zu lesen. Ebenso Verlag, Gewicht (des Buches, nehme ...

Das Cover:
Das Cover zeigt ein unter Folie abgepacktes Stück rotes Fleisch. Als Aufkleber auf der Verpackung sind der Titel und der Name der Autorin zu lesen. Ebenso Verlag, Gewicht (des Buches, nehme ich mal an), ISBN und Preis. Über dem Preis steht noch die Zahl 100 % und daneben ist die Silhouette eines Menschen abgebildet. Das Cover passt unheimlich gut zur Geschichte und erregt erst einmal Aufmerksamkeit. Und wenn man eben genau hinsieht, entdeckt man Hinweise auf die Geschichte. Ich finde die Coveridee sehr gut und auch den Titel 'Wie die Schweine' klasse. Denn Menschen werden hier 'wie die Schweine' behandelt.

Die Geschichte:
Marcos hat eine große Verantwortung in der Schlachterei, in der er arbeitet. Er sorgt dafür, dass gute Ware geliefert wird, dass die Schlachtung ordnungsgemäß und ohne Probleme verläuft und dass der Firma nie die Mitarbeiter ausgehen. Doch das Besondere an Marcos Arbeit ist, dass er in einer Schlachterei arbeitet, in der Menschen geschlachtet werden. Durch ein unbekanntes Virus konnten Schweine, Rinder und andere Tiere nicht mehr zum Verzehr geschlachtet werden. Also haben die Menschen nach anderen Alternativen gesucht: Menschenfleisch. Sie züchten also Menschen heran, die gemästet, geschlachtet und gegessen werden, um die Fleischgier zu befriedigen. Als Marcos dann ein eigenes 'Weibchen' geschenkt bekommt, verändert sich für Marcos alles ...

Meine Meinung:
Ich war mir am Anfang nicht sicher, ob ich zu diesem Buch eine Rezension schreiben soll. Letztendlich habe ich mich doch dazu entschieden, weil mir die Geschichte nicht aus dem Kopf geht und ich so viel dazu und darüber sagen bzw. schreiben möchte. Für alle, die sich nicht sicher sind, ob sie das Buch interessiert oder abkönnen, empfehle ich einen Blick in die Leseprobe (aber Achtung, es ist schon sehr krass beschrieben). Schon gleich am Anfang wird einiges erklärt, da bekommt ihr einen guten Einblick in die Geschichte und den Schreibstil. Und so geht es noch über 200 Seiten weiter. Da dieses Buch nichts für schwache Nerven (und Mägen) ist, empfehle ich das wirklich dringend, denn es ist meiner Meinung nach harte Kost.

Nun aber zum Inhalt: Die Geschichte spielt in einer Welt, in der ein unbekanntes Virus alle Tiere tötet bzw. fast alle. Es gibt keine Schweine mehr, keine Rinder, Schafe oder Ähnliches. So sucht sich die Menschheit einen Ersatzstoff, und kommt auf die 'glorreiche' Idee, Menschen zum schlachten zu züchten. Wer bis hier gelesen hat, sollte nicht zimperlich sein. Es wird echt krass ekelig und brutal, und darauf möchte ich eingehen. Ich möchte da nur noch einmal vorwarnen. Also, weiter im Text. Es werden Menschen gezüchtet, die dann geschlachtet und als Premiumfleisch gegessen werden. Dies wird der 'Übergang' genannt. Es ist so krass, das zu lesen und zu wissen, dass es bei Tieren, z. B. den bereits angesprochenen Schweinen oder Rindern, genau so gemacht wird.

Die Geschichte dreht sich um Marcos, der in der Schlachterei arbeitet. Früher hat er in der Tierschlachterei seines nun dementen und verwirrten Vaters gearbeitet, nun ist er Angestellter in einer Menschenschlachterei. Er hat vor kurzem einen Schicksalsschlag erlitten, und seinen kleinen Sohn Leo verloren. Seine Frau konnte dies nicht verkraften und ist vorübergehend zu ihrer Mutter gezogen, um von Marcos und dem Haus Abstand zu bekommen. Marcos scheint seine Tätigkeit und die Tatsache, dass Menschen zum Verzehr gezüchtet werden, übrigens nicht zu gefallen. Er hegt Zweifel an dem System, an dem, was er tut. Er isst selbst kein Fleisch mehr, was schon so ein Zeichen ist, und von anderen kritisch gesehen wird. Aber Marcos weiß eben, wo das Fleisch herkommt, wie es mal aussah und wie es getötet wurde.

Geschrieben ist das Buch aus der Erzählerperspektive, also nicht aus Marcos Sicht oder in der Ich-Form. Es sind meist kurze Sätze. Auch den Titel 'Wie die Schweine' finde ich sehr passend gewählt. Menschen werden wie die Schweine gezüchtet und geschlachtet. Ihnen werden die Stimmbänder entfernt, damit sie nicht schreien können. Sie werden zur Fortpflanzung gezwungen, um neues Premiumfleisch zu produzieren. Es ist so krank und krass und ekelig. Aber das Schlimme ist, dass es mir persönlich bei Menschen abartig und grausam vorkommt. Bei Tieren allerdings ... ist es 'normal'. Jedenfalls fühlt es sich (für mich) natürlicher an. Genau so, wie es hier mit Menschen oder Stücken gemacht wird, ergeht es täglich vielen Millionen Tieren. Die Grausamkeit der Menschen, die Brutalität ... Es ist einfach schockierend.

Ich finde, jeder, der Fleisch konsumiert, sollte dieses Buch mal gelesen haben. Warum? Weil es auf die perverse Maschinerie hinter dem Schnitzel, der Bratwurst oder dem Braten hinweist. Weil wir nur das Stück Fleisch sehen, namenlos, ohne daran zu denken, dass ein Schnitzel nicht am Schnitzelbaum wächst, sondern von einem lebenden Tier stammt, das vermutlich vor seinem Tod gelitten hat. Sei es durch den Transport oder die gewaltsame Tötung. Auch wenn mit 'von glücklichen Kühen/Schweinen' irgendwo geworben wird, ist das Tier trotzdem tot. Denkt daran, wenn ihr das nächste Mal Fleisch esst. Esst verantwortungsbewusst, nicht jeden Tag Fleisch. So kann auch der kleine Betrieb überleben, denn gerade in der industriellen Fleischherstellung geht es so grausam zu. Das ist Massenabfertigung und Haltung in viel zu kleinen Ställen, sprich Tierquälerei oder hart an dessen Grenze. Schaut euch die Dokus an, die es darüber gibt. Sie werden euch die Augen öffnen.

Entschuldigt, ich schweife ab. Das Buch ist definitiv ein sehr gutes und lesenswertes Buch für alle, die an dem Thema interessiert sind und/oder (viel) Fleisch essen. Und die Geschichte nimmt einen Verlauf, mit dem ich so nicht gerechnet habe. Es zeigt die Abgründe der Menschen, wozu sie in extremen Situationen fähig sind. Sie verzehren Menschen, halten sich Menschen, jagen Menschen. Menschen gehen für ihren Fleischkonsum über Leichen, nur sind es hier keine Tierleichen, sondern Menschenleichen. Das ist Kannibalismus. Die Geschichte lässt die Gefühle der Menschen (oder 'Stücke', wie sie häufig genannt werden) häufig erahnen. Die Welt, in der Marcos lebt, kann einen Verbrecher auch zur Bestrafung in die Schlachterei schicken: als Opfer. Ich meine, wie krass ist das denn?

Und auch Tiere haben Gefühle, können Schmerzen spüren und leiden. Das sollte den Tieren erspart bleiben. Ein verantwortungsbewusster Fleischkonsum kann den Tieren viel Leid und Qualen ersparen. Denn je wenige Fleisch gegessen wird, desto weniger Tiere werden gezüchtet und somit geschlachtet. Die Industrie reagiert auf die (große) Nachfrage mit einem entsprechend großen Angebot. Jedes Umdenken, jede positive Verhaltensänderung hilft, dass Tiere besser behandelt werden, und nicht so viele Tiere gezüchtet werden müssen. Kauft, wenn möglich, Fleisch bei einem lokalen Fleischer, nicht beim Supermarkt zum Schleuderpreis. Auch wenn es teurer ist, ihr tut etwas fürs Tierwohl. Esst weniger Fleisch, es gibt heutzutage schon so gute Alternativen.

Zusammengefasst ist 'Wie die Schweine' ein wirklich geniale dystopische Geschichte, die noch lange nachwirkt und mir definitiv im Gedächtnis bleiben wird. Ich werde mein Fleischverhalten auf jeden Fall überdenken und auch ändern. Und das ist meiner Meinung nach schon ein großer Erfolg des Buches.

Meine Bewertung:
'Wie die Schweine' ist ein wirklich geniales, krasses, brutales und schockierendes Buch über Menschen, die für den Verzehr gezüchtet und geschlachtet werden. Menschen vergessen, von wo das Fleisch herkommt, und was dafür getan werden muss. Es geht um Kannibalismus, denn Menschen essen hier Menschen. Von mir gibt es fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 09.03.2020

Toller Roman

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Ein Leben ohne Fleisch können sich die wenigsten Menschen vorstellen- obwohl sie um die Problematik derZucht der Tiere, Schweine/Kühe/Hühner, wissen und doch sind unter 10% der Deutschen Vegetarier.....

Somit ...

Ein Leben ohne Fleisch können sich die wenigsten Menschen vorstellen- obwohl sie um die Problematik derZucht der Tiere, Schweine/Kühe/Hühner, wissen und doch sind unter 10% der Deutschen Vegetarier.....

Somit dürfte die Anzahl der lesenden Karnivoren, die diesen Buch in Händen halten und lesen, groß sein. Bei diesem Roman geht es, wie man am Einband sehe kann, um Fleisch.

Es geht um Marcos, er verantwortet die Produktion einer Schlachterei. Er kontrolliert die eingehenden Stücke, prüft die Qualität, setzt die gesetzlichen Vorgaben um und verhandelt mit den Zulieferern. Tagesgeschäft und Routine für ihn. Mit dem einzigen Unterschied, dass es in der Welt in der Marcos lebt, Menschen zum Fleischverzehr gezüchtet werden.

Fazit:
So faszinierend wie gleichzeitig abstoßend direkt ist dieser Roman. Einmal zu lesen angefangen, kann man sich seinem Sog nicht mehr entziehen, denn die Autorin, Augustina Bezterrica, hält den Fleischessern kompromisslos den Spiegel vor.
Kurz, knackig und grausam ist man mit Marcos in der Schlachterei, bei Züchtern und in den Versuchslaboren dabei. Stück für Stück wird einem dabei unser Egoismus in Bezug auf Fleisch bewusst. Denn die Grausamkeit scheinen keine Grenze zu kennen- und auch wenn die Überbevölkerung in diesem Roman keine Rolle mehr spielt- so gibt es auch in diesem System wenige Gewinner und viele Verlierer.
Marcos ist dabei auch mehr ein Rädchen im System, der diesen Job nur macht, da er gut bezahlt wird und er das Geld für das teure Pflegeheim seines Vater braucht. Er selbst fühlt sich immer unwohler in diesem System, in der er zwar erfolgreich agiert und aus dem er für ihn kein Entkommen zu geben scheint.

Die Autorin hat eine kurze, prägnante Schreibe, die genug darstellt ohne weichzuzeichnen oder auch den Zeigefinger zu erheben. Das Urteil bleibt auf Seiten des Lesers.
Ja, so könnte unsere Zukunft aussehen, das ist das Erschreckende was mir im Kopf bleibt.

„Wie die Schweine“ ein toller Roman, der unbedingt gelesen werden sollte.

5 STERNE

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Kannibalismus wird hoffähig

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Die Argentinierin Agustina Bazterrica hat für ihren dystopischen Roman „Wie die Schweine“ die bedeutendste Literaturauszeichnung ihres Landes verliehen bekommen. Ich weiß nicht genau, ob ich es ironisch ...

Die Argentinierin Agustina Bazterrica hat für ihren dystopischen Roman „Wie die Schweine“ die bedeutendste Literaturauszeichnung ihres Landes verliehen bekommen. Ich weiß nicht genau, ob ich es ironisch oder grandios finden soll, dass das Buch aus einem Land kommt, das bekannt ist für besonders exquisite Steaks. In Bazterricas Roman wird Kannibalismus nämlich salonfähig, man darf es dann nur nicht so nennen – falls man nicht vor hat selbst im Schlachthof zu enden.
„Alle machen den Kannibalismus hoffähig, denkt er. Kannibalismus, noch so ein Wort, das ihn in große Schwierigkeiten bringen könnte.“ Seite 12
„Wie die Schweine“ ist ein Roman, der klar auf Schock ausgerichtet ist. Die Autorin möchte Entsetzen erzeugen, die Menschen anregen nachzudenken. Dabei schreckt sie weder vor bildhaften, brutalen Szenen zurück, noch vor einigen Passagen, in denen die Gefühle die Hauptfigur Marcos schier übermannen. Er arbeitet als rechte Hand eines Schlachthof-Besitzers und kümmert sich um Zulieferer, Kunden aber auch den Schlachtbetrieb als solchen. Man begleitet ihn während des Lesens in kurzen Kapiteln und einer neutralen Erzählweise durch seinen Alltag. Einen Alltag, der ihn nach einem persönlichen Schicksalsschlag nur noch anekelt, da sich sein komplettes Sein fast ausschließlich um den Tod (bzw. um das Kind beim Namen zu nennen: um die Ermordung von Menschen!) dreht.
Die Geschichte spielt dabei in einem Argentinien, das der Zensur unterliegt. Regiert von einem Regime, das keine Kritiker zulässt. Sollte man das Schlachten von „Stücken“ als Mord bezeichnen oder gar von Kannibalismus reden, landet man selbst auf dem Teller seiner Mitbürger. Grund für all diese Abscheulichkeiten ist ein Virus, mit dem sich alle Tiere weltweit infiziert haben. Ein Virus, der für die Menschen tödlich endet – egal, ob sie das Fleisch der infizierten Tiere essen oder von ihnen gekratzt oder gebissen werden. Als Vorsichtsmaßnahme wurden aus diesem Grund alle Tiere getötet: Haustiere, Nutztiere, Wildtiere - alle Tiere, die man auffinden konnte. Marcos jedoch vermutet, dass der Virus von der Regierung erfunden ist oder gezielt in Umlauf gebracht wurde, um sich durch den Verzehr von „Spezialfleisch“ auch von Problemen wie Überbevölkerung und Armut loszusagen.

Dialog-Auszug zwischen Marcos und Urlet, Seite 164:
„Warum bezeichnen Sie das menschliche Tun dann als scheußlich?“
„Weil es scheußlich ist. Aber das ist ja das Wunderbare, dass wir unsere Maßlosigkeiten akzeptieren, dass wir uns mit ihnen arrangieren, dass wir unseren primitiven Kern mit Wohlwollen betrachten.“

„Wie die Schweine“ zeigt auf, was wir Menschen schon jahrelang den Tieren antun und hält unserer Konsumgesellschaft erschreckend realitätsnah einen Spiegel vor! Es gibt im Roman so viele „interessante“ Einblicke in diese grausame Zukunftsversion, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Katastrophale Haltungsbedingungen, Besamungen, Melkmaschinen, Wachstumshormone, Labor-Versuche, Schlachthof-Bewerber, die Spaß am Töten empfinden… ein Schockmoment jagte wirklich den nächsten. Es gibt Jagdreviere, in denen nun statt Tieren „Stücke“ gejagt werden – am liebsten sind den Jägern trächtige Weibchen, da diese sich mehr wehren (ekelhaft!). Selbst alte Menschen werden in dieser dystopischen Welt nicht mehr auf dem Friedhof bestattet. Es gibt nur noch Scheinbestattungen, da selbst Friedhöfe von Aasfressern geplündert wurden. Besonders wohlhabende Personen halten sich Heimstücke, die sie dann nach und nach essen. Das heißt auf gut deutsch: In einer gekühlten Vorratskammer steht ein lebendes „Stück“, dem man heute einen Arm abschneidet und in der nächsten Woche ein nächstes Körperteil, um möglichst frisches Spezialfleisch auf den Tisch zu bringen! Es ist echt ein krank!
Ich weiß nicht, ob ich froh oder traurig war, als der Roman endete. Ein bisschen von beidem vermutlich. Froh, weil das Schrecken ein Ende hatte; traurig, weil dieses Buch echt großartige Literatur und Gesellschaftskritik ist. Das Ende hat mich überrascht – auch wenn ich mir noch mehr Informationen zum Fortgang gewünscht hätte und die Geschichte auf keinen Fall auserzählt scheint, so war ich doch sehr angetan vom kompletten Roman!

„Wie die Schweine“ regt zum Nachdenken an – auf sehr vielen verschiedenen Ebenen. Politik,Tierhaltung und Tierwohl, Profitgier, Konsumverhalten, Armut, Überbevölkerung, Moral und Ethik. All das spielt eine Rolle und trotzdem ist es ein spannender Roman, der beim Lesen mitfühlen und mitfiebern lässt. Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung, für alle, die sich diese Themen zutrauen. Ich habe mein erstes großes Jahreshighlight gefunden!

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