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Veröffentlicht am 20.06.2020

Interessanter Ansatz zum Weltuntergang

Das Dorf (Finsterzeit 1)
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„Wie auch so vieles andere nicht mehr funktionierte. Allem voran der Gerechtigkeitssinn und die Moral.“ (S.21)

„Und Macht war es, was den Menschen am meisten veränderte. Sie brachte das Schlimmste zutage, ...

„Wie auch so vieles andere nicht mehr funktionierte. Allem voran der Gerechtigkeitssinn und die Moral.“ (S.21)

„Und Macht war es, was den Menschen am meisten veränderte. Sie brachte das Schlimmste zutage, was in der menschlichen Seele verborgen war.“ (S.66)

Das Dorf ist der erste Teil einer Endzeittrilogie. Der Zusammenbruch des Stromnetzes ist der Beginn der sogenannten Finsterzeit, in der Menschen ihre Menschlichkeit verloren haben und um die simpelsten Dinge kämpfen. Dabei entwickeln sich unter anderem zwei gegensätzliche, vermeintlich sichere Orte: Das Dorf und die Festung. Es geht um die unterschiedlichen Arten, wie sich Menschen in einer Gemeinschaft entwickeln können und wie sie mit Not und Macht umgehen.

Das Buch beginnt mit Lara, die auf der Flucht hinfällt und keine Kraft mehr hat, sich aufzuraffen und weiter zu machen. Dabei denkt sie daran, wie sie in diese Situation überhaupt geraten ist. Sie ist schon seit Tagen mit Thomas und ihrem Hund „Katze“ auf dem Weg zur „Festung“. Diese ist unabhängig und verspricht Schutz. Sie gehört Thomas Großvater und ist der vereinbarte Treffpunkt seiner Familie im Falle einer Krise.
Im nächsten Kapitel beschreibt Walter das Leben in der Festung. Die Regeln seines Vaters sind hart und die Zwei-Klassen-Gesellschaft, die etabliert wurde, missfällt ihm sehr.
Der dritte Charakter Viktor kann sich nicht erklären, wie er 160 Menschen auf der Flucht zusammen halten konnte. Doch jeder findet in dem Dorf seinen Platz und hat eine Aufgabe. Und alle blicken zu ihm auf, dabei hat er ebenso wenig Ahnung, wie sie. „Er (Viktor) war es, der alles zusammenhielt. Nicht, in dem er ihnen drohte, sie zwang oder beherrscht, sondern dadurch, dass er war, wie er war.“ (S. 157)
Alle drei Erzählstränge finden zusammen und beschreiben vor allem das Leben in dem Dorf. Im Vordergrund steht dabei die friedliche Gemeinschaft, in der alle gleichberechtigt sind und feste Aufgaben haben. Im starken Kontrast steht dazu Walters Erfahrungen in der Festung, die streng militärisch, fast schon diktatorisch geführt wird.

Selbst in der Krise darf eine Liebesgeschichte nicht fehlen. Thomas und Lara waren Nachbarn und kennen sich schon eine Weile. Obwohl beide Gefühle füreinander hegen, müssen sie sich diese erst noch eingestehen. Lara lebte schon lange allein in einem Haus, in dessen Garten sie Heilkräuter angebaut hat. Sie hat früh gelernt selbstständig zu sein und weiß sich zu helfen. Nachdem die beiden sich gegenseitig ihre Liebe erklärt haben, wird aus Lara ein emotional abhängiges Mädchen. Ohne Thomas leistet sie undenkbares in der Gemeinschaft, doch sobald er anwesend ist, lässt ihre Kraft nach. Thomas ist besitzergreifend, doch anstatt sich zu wehren, hält Lara um des Friedens willen den Mund und die angestaute Wut wird zur Begierde. Positiv ist, dass die Liebesgeschichte nicht im Vordergrund steht und die Geschichte sich auf das Dorf konzentriert.

Das Dorf gibt einen interessanten Ansatz zum Weltuntergang, da er von Menschenhand herbeigeführt wurde. Die unterschiedlichen Erzählperspektiven ergeben ein genaues Bild des Dorfes. Die Liebesgeschichte ist für die Handlung nicht wichtig, stört aber auch nicht. Dafür ist der Name des Hundes (Katze) unlustig und irritierend, wie auch seine spätere Abwesenheit bei den Geschehnissen im Dorf. Im Großen und Ganzen ist Das Dorf jedoch ein guter Einstieg in eine hoffentlich weiterhin unterhaltsame Reihe.

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Unterhaltsam

MAGIC: The Gathering - Die Kinder des Namenlosen
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„>>Ihr müsst ihnen helfenIhr seid ihr Fürst.[…]
Wenn ihr es nicht tutwerde ich … Ich ...>Ich freue mich schon darauf, diese Drohung zu hören.>Ich werde dafür sorgen, dass Ihr nie wieder in Nickerchen machen ...

„>>Ihr müsst ihnen helfen<<, sagte sie. >>Ihr seid ihr Fürst.[…]
Wenn ihr es nicht tut<<, sagte Tacenda, >>werde ich … Ich ...<<
>>Ich freue mich schon darauf, diese Drohung zu hören.<<
>>Ich werde dafür sorgen, dass Ihr nie wieder in Nickerchen machen könnt.<<“ (S. 68)

Die Kinder des Namenlosen ist eine dämonische Detektivgeschichte aus dem MAGIC: The Gathering-Multiversum. Er ist in sich abgeschlossen und kann ohne Vorkenntnisse gelesen werden.

Das Dorf Verlasen wird von zwei Mädchen geschützt, die die Macht des Sumpfes in sich tragen. Die Zwillinge Tacenda und Willia halten das Böse mit Hilfe ihrer Stimmen fern. Der Preis ist ihre Sehkraft. So ist Tacenda tagsüber blind und kann nachts sehen, bei Willia ist es andersherum. Eines Nachts versagt Tacendas Lied und alle Dörfler werden Opfer von den Wisperern. Tacenda, als einzige Überlebende, macht sich auf den Weg, um Rache zu üben.

Das Buch beginnt nach einem Prolog, in dem die Gaben der Zwillinge erklärt werden, gleich mit der Schreckensnacht in Verlasen. Tacenda ist noch blind, da die Sonne noch nicht vollständig untergegangen ist. Daher muss sie sich auf ihr Gehör verlassen. So kommt sie zu der Annahme, dass der Herr vom Herrenhaus Schuld am Tod aller Dorfbewohner ist. Ohne eine umständliche Einleitung kommt das Buch gleich zum Punkt.
Der exzentrische Herr vom Herrenhaus, Davriel Crane beschwert sich über die Unannehmlichkeit des beschmutzen Hemdes, nachdem acenda ihm einen Eispickel durch die Brust gestoßen hat. Außerdem gilt seine größte Sorge die ausbleibende Ernte seines Lieblingstees, als er vom Tod des ganzen Dorfes erfährt.

„>>Außerdem ist uns der Tee ausgegangen.<<
>>Eine Katastrophe!<<, rief Davriel.“ (S. 46)

Davriel Crane ist Diabolist und hat Verträge mit verschiedenen Dämonen geschlossen, um sie in seine Dienste zu nehmen. Es gibt die Dämonin Fräulein Hochwasser, die sich um seine Bücher und Einnahmen kümmert, den Krieger Knirschgnar, der als Bodyquard dient, und zahlreiche niedere Dämonen. Sie bieten eine Auflockerung der furchtbaren Geschehnisse, ohne die düstere Atmosphäre der Nacht zu zerstören.
Davriels exzentrische Art und die Dämonen im Haus lassen ihn genau so wirken, wie die Dorfbewohner ihn sehen: böse und herzlos. Doch im Verlauf des Abends zeigt sich der wahre Davriel Crane und macht ihn zum Lieblingscharakter.

Die Spannung wird durchweg gehalten. Der ganze Abend ist wie eine Detektivgeschichte. Davriel und Tacenda werden von einem Hinweis zum nächsten geführt, immer auf der Spur der toten Dorfbewohner und mit dem Wisperern im Nacken. Dabei wird Stück für Stück die Geschichte des Sumpfes offenbart, der alles in dieser Gegend durchdringt.

Die Kinder des Namenlosen ist ein spannendes Buch für Zwischendurch. Der Zeitraum, in dem das Buch spielt, erstreckt sich über eine Nacht, sodass keine großen Charakterentwicklungen zu erwarten sind. Trotzdem sind sie ausgeklügelt und nicht langweilig. Die Protagonisten werden von Dämonen begleitet, die die Handlung vorantreiben, ohne im Mittelpunkt zu stehen. Besonders Davriel sticht hervor, da er ganz anders ist, als er auf den ersten Blick scheint. Selbst als MAGIC-Unkenntlicher ist dieses Buch unterhaltsam und empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 03.03.2020

Der Altersangabe entsprechend gruselig und spannend

Die Ungeheuerlichen - Das Böse ist auf deiner Seite
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„Hausregel Nr. 1: Bring dich nicht um Kopf und Kragen,
meide Männer, die Masken tragen. […]
Hausregel Nr. 2: Shady darf laufen, schlafen, prassen,
aber nie das Haus verlassen. […]
Hausregel Nr. 3: Beim ...

„Hausregel Nr. 1: Bring dich nicht um Kopf und Kragen,
meide Männer, die Masken tragen. […]
Hausregel Nr. 2: Shady darf laufen, schlafen, prassen,
aber nie das Haus verlassen. […]
Hausregel Nr. 3: Beim Schwarzen Mond am Himmelszelt:
Schließ ab die Tür, schließ aus die Welt. […]
Hausregel Nr. 4: Ob am Tag oder bei Nacht,
nie wir das Halsband abgemacht. […]
Hausregel Nr. 5: Wenn die Runen versagen und Nobolde dich plagen,
verletz nicht eine, sondern alle.“ (S.296-297)

Riley lebt mit ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester in Morderfurt und hat einen Vater, der als Soldat des Fürsten Hinter dem Schiefer im Wald verschwunden ist. Mit ihren beiden Freunden Quinn und Folley treibt sie ihr Unwesen in Morderfurt und hofft, dass die Ungeheuerlichen zurück kommen.

Laut den Geschichten im Dorf haben die Ungeheuerlichen einst Morderfurt von den Nobolden befreit. Doch der Fürst hat, obwohl er ihnen Frieden versprochen hat, den Pakt gebrochen und sie als Verbrecher vertreiben lassen. Die Dorfbewohner leben seitdem in großer Angst. Sie fürchten nicht nur die Rückkehr der Nobolde, sondern auch die ungerechten Gesetze des Fürsten.

„Bewohner von Moderfurt […]. Es wurde bestätigt, dass ein Halbwasser-Tiefland.Nobificus – allgemein bekannt als Nobold – von glaubwürdigen Quellen im und um das Dorf herum gesichtet wurde.“ (S. 124)

Nobolde sind die „übelsten und bösartigsten“ (S. 30) Geschöpfe, die Hinter dem Schiefer hausen. Sie haben „ledrige Haut, große Ohren und eine spitze Nase“ (S. 93). Sie sind sehr groß, knochig und haben lange Bärte. Oft tragen sie Ketten mit menschlichen Fußpaaren um den Hals und Fischhaken in Ohren und Nase. Sie plündern Ställe und Gärten und niemand ist vor ihnen sicher.
Als Riley einem Nobold begegnet, setzt das eine Reihe merkwürdiger Ereignisse in Gang, die sie am Ende sogar auf die Burg des Fürsten führt. Dabei entdeckt sie, dass viele Geschichten unwahr und manche Lügen wahr sind.

Die vom Verlag vorgegebene Altersempfehulng ab 11 Jahren ist angemessen. Denn obwohl die Erzählweise sehr einfach ist, gibt es gruselige Stellen, die für Jüngere nicht geeignet sind. Einige Zusammenhänge sind zu abstrakt, als dass Kinder sie erkennen können. Doch mit elf Jahren gehört einem die Bücherwelt, es gibt vieles zu entdecken und zu lernen. Riley ist genau der richtige Charakter, um die Welt in Morderfurt zu erforschen und die Geheimnisse aufzudecken. Damit man in dem Dorf nicht verloren geht, gibt es in dem Buch eine detaillierte Karte, die alle wichtigen Orte zeigt. Buch auf und abtauchen in die Welt von Riley und den Ungeheuerlichen.

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Veröffentlicht am 20.07.2019

Zum mehrmals lesen

Wir und Es
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Wir und Es von Larissa Schwarz zieht den Blick durch das farbenfrohe Cover auf sich. Die Farbgestaltung und der Titel lassen auf ein Genderbuch schließen. Dabei enthält dieses Buch Geschichten über die ...

Wir und Es von Larissa Schwarz zieht den Blick durch das farbenfrohe Cover auf sich. Die Farbgestaltung und der Titel lassen auf ein Genderbuch schließen. Dabei enthält dieses Buch Geschichten über die Kindheit, das Erwachsen werden, Außenseiter sein, die eigene Identität, Mobbing und Reue. Es geht um die Leben von Ketchupkopf, Mister Softie, Robin, Der Geiger und Die Anwaltstochter. Dass Robin der einzige Charakter mit einem richtigen Namen ist, verdeutlicht, welche Rolle Robin spielt.

„Sie nennen ihn Es, wie den Clown aus Stephen Kings gleichnamigen Roman.

Wie wir damals Robin.

Was soll man dazu sagen? Geschichte wiederholt sich. Auch im Kleinen.“ (S.71)

Robin ist „das burschikose Mädchen aus der letzten Reihe“ (S.7), die „Freundin, die keine sein wollte. Eher ein Freund. Oder etwas, für das es keinen Namen gab.“ (S. 8) Durch Sonderbehandlungen gerät Robin ungewollt in den Mittelpunkt, denn die Mitschüler verstehen nicht, warum Robin eine eigene Umkleide braucht oder den Schlüssel für die Lehrertoilette hat. In den Neunzigern ist eine derartige Identitätskrise noch unbekannt, unerkannt und stößt auf Unverständnis und Abneigung.
Trotz der Unsicherheit über die eigenen Identität und das eigene Sein, kommt Robin nicht umhin in Schubladen zu denken. „In diesem Augenblick denke ich zwar nicht darüber nach, aber ich weiß jetzt, dass ich keine Lesbe bin.[…] Wieder ertappe ich mich dabei, dass ich mich in eine Schublade zu stecken gedenke, in die ich nicht gehöre“ (S.40) Für Robin scheint es nur eine Lösung zu geben: „Wenn ich mich endlich entscheiden würde, richtig entscheiden, dann hätte ich es so viel einfacher. Dann würden sich alle meine Probleme lösen. Weil ich ja dann eine Frau wäre. Oder eben ein Mann. Und dann eben auch jemanden lieben könnte.“ (S.65)

„Für mich war Robin immer mein bester Kumpel. Mit Periode, Brüsten, maskuliner Attitüde und Jungs-Styling. So weit, so normal.“ (S.24)

Eine gute Freundin von Robin während der Schulzeit ist Ketchupkopf. Sie wurde als Kind schon beim Spielen ausgeschlossen, weil sie immer früh zu Hause sein musste und lieber ihre Nase in Bücher gesteckt hat. Weil Kinder gemein sind, lässt Ketchupkopf sich von deren Meinung beeinflussen: „Ich fand mich fortan nicht mehr nur hässlich, sondern auch dumm.“ (S.6)
Sie wird sogar von den Lehrern als Außenseiter behandelt, weil sie nur mit den Außenseitern (Robin und Der Geiger) befreundet ist. So fördert sie das Bild, was andere von ihr haben. Fortan ist sie die „eigenbrötlerische Buchnärrin mit der Vogelnest-Frise und der großen Klappe.“ (S.25)
Während Robin mit der eigenen Identität hadert, kämpft Ketchupkopf mit ihrer Außendarstellung: „Ihr süßes Köpfchen hat nämlich mehr zu bieten als das rote Fell und diese fiese, spitze Zunge.“ (S.34)

Mister Softies Vater starb, als er gerade 12 und in England in einem Vergüngungspark war. Ihm wurde erst von dem Tod berichtet, als er wieder zurück nach Hause kam. „Was blieb, war[…] Verdrängung“ (S.10), sowohl von seiner Mutter, als auch von ihm. Er lernt schnell, Rücksicht zu nehmen. „Na gut, Mama, dann halt nicht. Ich war es ja gewohnt, Rücksicht zu nehmen.“ (S.11) Nachdem er von der Schule flog und den Wehrdienst verweigerte, landet er bei der Freiwilligen Feuerwehr, wo er auf Ketchupkopf traf. „Ich würde in Teufels Küche kommen, wenn ich mich ihr nähere. Und in den Knast. Ans Ende der Nahrungskette.“ (S.29)

Die Anwaltstochter gehört auf den ersten Blick zu den begünstigten Kindern in dieser Geschichte. Der Vater ist Anwalt, die Mutter Lehrerin und Malerin. Sie hat zwei jüngere Brüder, ist aber „ihr liebstes Kind. […] Schließlich war ich der Grund, warum sie geheiratet haben und es meine beiden Brüder überhaupt gibt.“ (S.18) Dass nicht alles Gold ist, was glänzt, wird auch hier deutlich. Es gibt Anspielungen, die man erst beim erneuten Lesen begreift. „Der Kleine hat nie seine Strafe erhalten. Wenn Papa mit uns fertig war, durfte er mit ihm ins Arbeitszimmer. Sie hörten laut Musik und Papa trug ihn schlafend ins Bett.“ (S.19-20)

Der Geiger ist sonderbar, ein Außenseiter mit einem Nischen-Talent. Er ist der Sohn einer alleinerziehenden Ordnungsbeamtin, hat den Ruf als Streber und Lehrerliebling und ist schon immer in die Anwaltstochter verliebt. Er steht sehr unter der Fuchtel seiner Mutter: „Meine Mutter hatte sie [Jacke, Anm. der Bloggerin] mir rausgelegt und mir bestätigt, dass sie mich bestens kleide. Wie mir auch der Pottschnitt ganz wundervoll stand. Und das Geigenspiel.“ (S.15) Als Erwachsener ist er Musiklehrer und erlebt aus einer anderen Perspektive, wie es Kindern mit einer Identitätskrise ergeht. Das lässt ihn viel über seine Vergangenheit nachdenken. „Wir hatten in die Privat-, nein fast schon in Robins Intimsphäre eingegriffen, als wir nach Hygieneartikeln gesucht hatten.“ (S.57)

Jede Person erzählt ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive in der eigenen Umgangssprache. Vor allem bei Ketchupkopf sticht diese sehr hervor. Robin ist dabei eine Nebenperson, deren Werdegang durch die Augen der anderen beschrieben wird. Wie alle Protagonisten miteinander verbunden sind, wird erst am Ende deutlich.
Wir und Es ist nicht, wie es den Anschein macht, ein Genderbuch. Es ist ein Buch über Mobbing und das Erwachsen werden aus unterschiedlichen Perspektiven, unter anderem auch aus der Perspektive des Mobbingopfers und der Täter.

„In diesem Moment beschließe ich, mich mehr an dem zu erfreuen, was wir haben, und achtsamer mit dem Glück umzugehen, das uns beschieden ist. Ich nehme mir vor, mich nicht schuldig zu fühlen, sondern dankbar dafür zu sein, dass ich weiß, wer ich bin, und mich damit identifizieren kann.“ (S.79)

Veröffentlicht am 13.07.2019

Guter zweiter Teil

Magus
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„Kol verdarb alles und jeden. Die Adligen waren die Quintessenz des Bösen, das die Metropole am Laufen hielt.“ (S. 25)

In zweiten Teil der Bestien Chroniken geht es vor allem um den Ursprung der Magie ...

„Kol verdarb alles und jeden. Die Adligen waren die Quintessenz des Bösen, das die Metropole am Laufen hielt.“ (S. 25)

In zweiten Teil der Bestien Chroniken geht es vor allem um den Ursprung der Magie in der Welt. Dieser wird zwischen den Kapiteln durch Auszüge aus verschiedenen Schriften näher beleuchtet. Sie beschreiben den Weg von den ersten Experimenten, Magie in die Welt zu bringen, bis hin zur Etablierung der sieben mächtigsten Familien in Kol, die die letzte Stadt der Menschen beschützen sollen.

Da Kol die letzte Stadt der Menschen ist, zentriert sich die Aufmerksamkeit der Geschichte auf genau diese. Balger durchquert allein die weiten Lande, nicht wissend, was aus Tarl, Ceres und Magnus geworden ist. Sie finden sich in der Arena als Gladiatoren wieder. Da die Kaiserwahl unmittelbar bevor steht, nutzt Gaius Acilius, Lucas Vater, die Spiele für seine Zwecke. Um als Kaiser gewählt zu werden, ist ihm jedes Mittel recht.

„Bei diesen Sonderspielen galt die spezielle Regel, dass alle Kämpfe an einem Tag stattfanden und nicht wie üblich an dreien. Das Volk sollte danach schließlich so schnell wie möglich zu den Wahlurnen schreiten. Wählen durften zwar nur diejenigen, die es sich leisten konnten, aber es war dennoch eine schöne Tradition, den Schein von Demokratie und Mitbestimmung aufrechzuerhalten, und glücklicherweise dachte fast niemand darüber nach, weil die Wahlspiele so besonders schön blutig und aufregend waren.“ (S.254)

Während sich die Gladiatoren auf die Spiele und die sieben Familien auf die Kaiserwahl vorbereiten, herrschen Unruhen in einigen Stadtteilen Kols. Niemand weiß, woher die Unruhen so plötzlich kommen. Die Stadtwache ist machtlos. „Ich habe von einer der Wachen gehört, dass Tiburtina und Aurelia, die Viertel der Aufstände, von Mauern umschlossen wurden. Niemand darf heraus oder hinein.“ (S.182)
Tarl, gefangen in der Arena, weiß jedoch durch sein Talent des Fühlens ganz genau, warum die Menschen verrückt spielen: der Weiße Schatten treibt sein Unwesen in Kol. Ein Ammenmärchen, um den Kindern Angst zu machen, weswegen niemand Tarl Glaube schenkt. Einzig sein alter Lehrmeister Mammercus hat eine Ahnung und versucht alles, um Kol vor dieser Bestie zu beschützen.
Nicht nur Tarl lernt seine Gabe besser kennen, auch Ceres, die stotternde Magi lernt ihre Fähigkeiten besser zu nutzen, kann sie jedoch nicht ausreichend vertiefen, da in den Katakomben der Arena zaubern verboten ist.
Nur bei dem Zwerg Magnus scheint sich nichts geändert zu haben: er ist wieder der Narr der Arena und wird in die Intrigen der Familie Acilius hineingezogen. Ohne seine Freunde Tarl, Ceres und Balger, scheint er allen Lebensmut verloren zu haben.
Neben den zahlreichen Geschehnissen in Kol, rücken Balgers Abenteuer in den Hintergrund. Das Cover des dritten Bandes lässt jedoch vermuten, dass er dort eine größere Rolle spielen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die homoerotischen Beschreibungen seiner Muskeln in den Hintergrund treten oder sogar ganz verschwinden.

Im ersten Teil hat Tarl eine Bindung zu einem Acidum aufgebaut und es Pila genannt. Pila spielt in diesem Teil eine wichtige Rolle: es verstärkt Tarls Fühlfähigkeit und unterstützt ihn außerhalb der Arena. Es hat sogar gelernt sich mit Tarl zu unterhalten. „Die Bestie rollte wieder vor und zurück, so als würde sie dadurch ein Kopfnicken imitieren.“ (S.197) Die Kapitel aus Pilas Sicht sind gelungen, da sein Denken einfach und zielorientiert ist. Seine Bindung zu Tarl kommt dabei sehr deutlich hervor und seine außergewöhnliche Liebe für Katzen macht es niedlicher, als es in Bestias bereits war.

Die Entwicklung von Ceres, Tarl, Balger und Magnus ist gut zu verfolgen und nachvollziehbar. Die Kapitel einiger Antagonisten bringen etwas Licht ins dunkle Treiben von Kol. Die Auszüge aus den Alten Schriften geben Hintergrundinformationen, die die Reichen der Stadt dem Volk enthalten. So schafft der Autor ein stimmiges Gesamtbild, welches nur von den Bestien gestört wird. Sie stellen eine greifbare Bedrohung dar, die niemand wahrzunehmen scheint. Obwohl alles an das alte Rom erinnert, gibt es einige Parallelen zu der heutigen Gesellschaft. Die wichtigste Frage in diesem Buch bleibt jedoch bestehen: Wer sind die wirklichen Bestien?

„Deswegen sehen wir die Bestien nicht als Feinde oder Monster. Sie sind genauso Opfer wie wir und wurden mit Gewalt aus ihrer Welt in unsere verfrachtet. An einen Ort, den sie nicht kennen und der sich vermutlich stark von ihrem wirklichen Zuhause unterscheide. Sie taten das, was jede Lebensform in dieser Situation tun würde: überleben.“ (S.242)