Cover-Bild Tage ohne Hunger
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11,00
inkl. MwSt
  • Verlag: DuMont Buchverlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Seelenleben
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 176
  • Ersterscheinung: 13.09.2018
  • ISBN: 9783832164690
Delphine de Vigan

Tage ohne Hunger

Roman
Doris Heinemann (Übersetzer)

Laure ist neunzehn Jahre alt und magersüchtig. Als die Krankheit ihr Leben bedroht, wird sie in eine Klinik eingewiesen. Dort taucht Laure in eine ganz eigene Welt ein und begreift, dass sie nicht die Einzige ist, die sich in eine Krankheit flüchtet. Und so beginnt sie zu schreiben: über Monsieur Hundertdreißigkilo, dem genau das Gegenteil von ihr gelingen muss, über die Blaue, ein grausam-gehässiges Klatschweib, deren Krankheit ihre Boshaftigkeit ist, über Fatima, die sich nicht zum ersten Mal in der Klinik aufhält. Alle kämpfen, so wie sie. Laure hasst die Kalorien, das Fett, das sie zunehmend auf ihrem Körper spürt. Es gibt Tage, da hasst sie ihren Arzt, der sie dafür lobt, dass sie allmählich wieder aussieht wie ein ‚normaler‘ Mensch. Sie weint, sie tobt, sie plant die Flucht zurück in die Krankheit. Doch sie bleibt, denn Dr. Brunel ist der Einzige, der wirkliches Interesse an ihr zeigt und der hartnäckig um sie ringt. Nach langer Zeit ist er der erste Mensch, dem sich Laure öffnet. Ihm erzählt sie, was die Ursache für ihren Zustand ist: das Zusammenleben mit ihrer psychisch kranken Mutter und die angstmachenden Auseinandersetzungen mit ihrem cholerischen Vater. Es sind nicht nur die Gespräche, sondern auch sein stilles Verstehen, seine behutsames Beharren, seine aufrichtige Verzweiflung, die ihren Lebenswillen wieder wecken.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.11.2019

sehr einfühlsam

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Laure ist magersüchtig. Als sie sich nach langer Zeit dazu entscheidet, in eine KLinik zu gehen, ist sie mehr tot als lebendig, kann sich kaum auf den Beinen halten und spürt nichts mehr außer der Kälte, ...

Laure ist magersüchtig. Als sie sich nach langer Zeit dazu entscheidet, in eine KLinik zu gehen, ist sie mehr tot als lebendig, kann sich kaum auf den Beinen halten und spürt nichts mehr außer der Kälte, die sich in ihrem Körper ausgebreitet hat. Doch sie will leben, um jeden Preis und nimmt so auch die Maßnahmen in der Klinik bedingungslos an.

"Tage ohne Hunger" war erst mein 2. Buch von Delphine de Vigan, doch sie hat mich wieder so in ihren Bann geschlagen, dass sie zu meinen liebsten Autorinnen gehört. Sie hat einen ganz einzigartigen Schreibstil meiner Meinung nach. Nicht ausschweifend, eigentlich sehr knapp und nüchtern, aber trotzdem schafft sie es mit nur wenigen Worten solch große Gefühle in mir auszulösen. Sie schildert den Weg von Laure in der Ich-Perspektive und erzählt von der Kindheit und den Gefühlen, die sie in die Magersucht getrieben haben. Ich hatte das Gefühl, alles am eigenen Leib zu erfahren. Dabei hat es mich auch nicht gestört, dass nicht alles bis ins Detail erläutert wird, im gegenteil, das Auslassen von Hintergründen hat es für mich noch intensiver gemacht. Laure beschreibt sehr eindrücklich, warum sie aufgehört hat zu essen, beschreibt, die Macht, die Kontrolle, die sie dadurch empfindet, je dünner sie wird, desto lebendiger fühlt sie sich. Auch die Angst, über einen bestimmten Punkt hinaus zuzunehmen, beschreibt sie sehr einfühlsam und klar. Für sie bedeutet jedes Gramm Fett einen Verlust über ihr Leben.Die wenigen anderen Klinikbewohner, die sie trifft spielen zwar nur eine untergeordnet Rolle, doch auch sie werden so authentisch beschrieben, dass ich sie mir gut vorstellen kann.

Man mag daran zweifeln, ob sich ein Magersüchtiger wirklich so bedingungslos seiner Heilung hingeben würde, ganz ohne Widerstand. Doch ich glaube Laure hat begriffen, dass sie nur diese eine Chance hat, wenn sie weiterleben möchte, sie hat den Schritt aus eigenem Willen heraus getan. Und auch sie muss kämpfen, mit dem Ekel und dem Wunsch, die Kontrolle über ihren Körper zurückzubekommen, die beide dem Weiterleben im Weg stehen. Immer wieder muss sie sich zwingen nicht in alte Verhaltensmuster zu verfallen und ich finde diese Zwigespaltenheit wird sehr gut dargestellt.

Alles in allem hat mich Dephine de Vigan mit "Tage ohne Hunger" wieder nach nur wenigen Sätzen in ihren Bann gezogen. Es ist ein Buch, das einen Einblick gibt in die Gedanken und Gefühle einer Magersüchtigen, das mich zustiefst berührt hat und das sich zu lesen lohnt!

Veröffentlicht am 07.11.2019

Schonungslos Geschichte einer Magersucht

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"Tage ohne Hunger" ist ein über Magersucht handelnder Roman der französischen Schriftstellerin Delphine de Vigan welcher das erste Mal 2001 – unter ihrem Pseudonym Lou Delvig – erschien. 2018 veröffentlichte ...

"Tage ohne Hunger" ist ein über Magersucht handelnder Roman der französischen Schriftstellerin Delphine de Vigan welcher das erste Mal 2001 – unter ihrem Pseudonym Lou Delvig – erschien. 2018 veröffentlichte der Dumont Verlag den Titel nun auf deutsch. Laure ist neunzehn Jahre alt, als sie sich ins Krankenhaus einweisen lässt um wegen ihrer Magersucht behandelt zu werden. Sie wiegt bei einer Körpergröße von einem Meter fünfundsiebzig nur noch sechsunddreißig Kilogramm.

Laure entscheidet sich, als sie dem Tod näher scheint als dem Leben, in eine Klinik zu gehen. Dort trifft sie auf Gleichgesinnte und wird tagtäglich mit ihrer Krankheit konfrontiert. In der ernährungsmedizinischen Abteilung dreht sich alles immerzu ums Essen. Laure wird über eine Sonde ernährt um zuzunehmen. Die junge Frau versucht ihre Krankheit differenziert zu betrachten, zu ergründen, wie es mit ihr so weit kommen konnte.

Ähnlich wie in Vigans anderen Romanen weist auch Tage ohne Hunger autobiografische Züge auf. Laure hat eine Schwester, Louise. Die Mutter der Beiden ist psychisch krank und wird, als die Schwestern noch klein sind, in eine geschlossene Abteilung eingewiesen. Der Vater ist ein ausgesprochener Choleriker und hat für Laure wenig nette Worte übrig. Er sieht in ihr Unheil bringendes. Das schwierige Verhältnis zu ihren Eltern wird das ganze Buch hinweg immer wieder thematisierst und scheint einer der Gründe für Laures Magersucht zu sein.

Delphine de Vigan berichtet authentisch, klar und schonungslos von der Krankheit ihrer Protagonistin. Ihre detaillierten und treffenden Beschreibungen lassen vermuten, dass sie aus Erfahrung spricht. Als gesunder, als von Magersucht nicht betroffener Mensch, kommt man dieser äußerst nah. Obwohl die Thematik eine sensible, traurige ist, gelingt es de Vigan ihren Leser ans Buch zu fesseln. Man möchte nicht aufhören, man möchte wissen, was mit Laure geschieht. Beachtlich ist zudem, dass sie es schafft, auf weniger als zweihundert Seiten wachzurütteln und auf die Krankheit aufmerksam zu machen.

Laure ist mir durch die Geschichte hinweg sympathisch geblieben. Ich habe bis zum Ende mitgelitten, mitgefühlt, mitgedacht. Tage ohne Hunger hat eine, wie ich finde, angemessene Länge, denn obwohl das Buch großartig geschrieben ist, macht das ausgewählte Thema betroffen. Die Familiengeschichte hat mich am Meisten erschüttert. Die Eltern haben es Laure sehr schwer gemacht, ein selbstbewusster Erwachsener zu werden. Erst als Laure unerträglich kalt wird, sie mehrere Schichten Kleidung tragen muss, um diese Kälte zu ertragen, begreift sie, dass sie Hilfe braucht und spürt ihren Lebenswillen.

Auf kluge, intensive und eindringliche Art und Weise schildert Delphine de Vigan den Leidensweg von Laure und die Entwicklung ihrer Essstörung. Ihr neuer Roman ist sprachlich auf hohem Niveau und fachlich überzeugend.

Veröffentlicht am 13.07.2019

Große Literatur!

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Ein einnehmendes, trauriges und erschreckendes Buch, welches noch lange in meinem Gedächtnis verweilen wird. Man merkt in jeder Zeile, dass die Autorin Delphine de Vigan aus eigener Erfahrung heraus weiß, ...

Ein einnehmendes, trauriges und erschreckendes Buch, welches noch lange in meinem Gedächtnis verweilen wird. Man merkt in jeder Zeile, dass die Autorin Delphine de Vigan aus eigener Erfahrung heraus weiß, was sie schreibt. Dieses Buch ist einfach nur beeindruckend und macht vor allem MUT!

Veröffentlicht am 10.01.2021

ziemlich harter Stoff...

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Das Buch ist ziemlich harter Stoff. Es geht um Laure, die 19 Jahre alt ist und bei einer Körpergröße von 1,76m nur noch 36 Kilo wiegt. Sie geht in eine Klinik und vertraut sich einem Arzt an. Die Autorin ...

Das Buch ist ziemlich harter Stoff. Es geht um Laure, die 19 Jahre alt ist und bei einer Körpergröße von 1,76m nur noch 36 Kilo wiegt. Sie geht in eine Klinik und vertraut sich einem Arzt an. Die Autorin erzählt die Geschichte von Laure aus der auktorialen Erzählperspektive. Das dürfte die größte Hürde für viele Leser sein. Es mangelt an Dialogen, die Erzählperspektive wirkt dadurch eher passiv. Das unterstreicht den Schreibstil von Delphine de Vigan jedoch einmal mehr: besonders, echt und detailreich. Das ist es, warum ich so gerne von Delphine de Vigan lese. Zusätzlich habe ich "Tage ohne Hunger" vor allem zu Beginn als sehr kühl empfunden. Klar, die Protagonistin springt dem Tod von der Schippe - nichts, was grundsätzlich herzerwärmend ist. Ganz im Gegenteil: ich musste nach mehreren Seiten immer mal wieder stoppen und Inne halten.

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Nicht sterben, nur verschwinden

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„Der zweifelnde Gesichtsausdruck scheint Pflicht zu sein. Das soll sie ruhig aushalten, es kann ihr nicht schaden, ihren verblüfften und mitleidigen Blick auf ihr kränkliches Aussehen zu ertragen – ein ...

„Der zweifelnde Gesichtsausdruck scheint Pflicht zu sein. Das soll sie ruhig aushalten, es kann ihr nicht schaden, ihren verblüfften und mitleidigen Blick auf ihr kränkliches Aussehen zu ertragen – ein bisschen vernünftiger Realitätssinn, angemessen verpackt, der die Dinge wieder zurechtrückt.“

Inhalt

Laure hat sich seelisch und emotional komplett in sich zurückgezogen, menschliche Nähe lässt sie nicht mehr zu – warum auch? Es wird nicht mehr lange dauern, bis sie ihren Körper endgültig zum Schweigen, zum Verhungern gebracht hat, die Zwangseinweisung in das Krankenhaus mit künstlicher Ernährung über eine Magensonde ist eigentlich nicht das, was sie vorhatte. Doch Dr. Brunel begegnet ihr gerade noch im letzten möglichen Augenblick vor der Katastrophe und nimmt sich ihrer an. Er holt sie zurück aus dem Gedankenkarussel, bei dem jede Nahrungsaufnahme einem Verbrechen gleichkommt und jedes gewonnene Kilo ein schwerer Schicksalsschlag ist. Nun muss sie sich mit dem Gedanken arrangieren, dass sie erst wieder nach Hause kann, wenn sie die magische Gewichtsgrenze von 50 kg erreicht hat – doch bis dahin ist es ein weiter, beschwerlicher Weg …

Meinung

Bisher konnte mich jedes Buch der französischen Autorin Delphine de Vigan ansprechen, so dass ich beschlossen habe, mich den noch fehlenden Büchern in meiner Bibliothek zu widmen, um ihr Gesamtwerk kennenzulernen und die Thematik Magersucht kenne ich zudem noch aus eigener Perspektive, nachdem eine gute Freundin von mir in ihrer Jugend ebenfalls im Krankenhaus zwangsernährt wurde.

In diesem Roman begibt sich der Leser tief hinein in das Gedankengut einer gestörten Seele, für die alles Schöne aus dem Leben verschwunden ist. Der Körper selbst hat keinen Wert mehr, er ist nur Ausdruck für das andauernde Verkümmern einer Seele und auch die Krankheit selbst hat kaum etwas mit einem angestrebten Schönheitsideal zu tun, denn es geht nicht um die Kilos an sich, sondern darum, die Kontrolle zu behalten und den Zeiger der Waage mittels Willenskraft immer weiter in die Knie zu zwingen. Was zunächst harmlos mit dem profanen Wunsch beginnt etwas weniger Gewicht zu haben, steigert sich in einen Wahn bei dem die Gesundheit ebenso wie die Schönheit schon lange auf der Strecke geblieben sind.

Laure durchläuft nun in der Gegenwart nicht nur die Schmerzen, die mit einer erzwungenen Kalorienzufuhr verbunden sind, sondern auch das Dilemma, das ihr Körper voller Dankbarkeit annimmt, was ihre Seele schon längst aufgegeben hat, die Chance auf ein mehr an Kraft und Lebensqualität. Bisher wollte Laure zwar nicht wirklich sterben (als logische Konsequenz ihrer Anorexie wäre das zwar denkbar, es gibt aber deutlich effektivere Wege), nein sie möchte aus dieser Welt verschwinden, ganz langsam, ganz bewusst und deutlich sichtbar für alle anderen – weil sie nichts mehr hält, für das es sich zu leben lohnt.

Erneut gelingt es der Autorin ein für mich erschütterndes Beispiel für vergeudete Lebenszeit greifbar werden zu lassen, die Ängste und Beklemmungszustände sind schonungslos, ehrlich und voller Traurigkeit. Dabei führt sie ganz allmählich die Ursachen aus dem familiären Umfeld ein, beurteilt nicht, warum es gerade dieser Leidensweg geworden ist und zeigt dennoch Möglichkeiten auf, aus dieser Endlosschleife an Hungern, Abnehmen und Verfallen herauszukommen, wenn man den Strohhalm ergreift, der sich bietet. Ein kleiner Kritikpunkt für mich: der Krankenhausalltag steht hier zentral im Mittelpunkt, die innere Arbeit, die Laure noch leisten muss, um wirklich geheilt zu werden, wird ausgeklammert. Sicherlich findet der Umstand Erwähnung, dass eine Rückkehr zu alten Verhaltensmustern nicht ausgeschlossen ist, und für Laure der Vorsatz zählt, ihr Versprechen nicht zu brechen, was sie Dr.Brunel gegeben hat: am Leben zu bleiben. Aber es hätte mir noch besser gefallen, wenn auch die Zeit danach mehr Aufmerksamkeit bekommen hätte. Selbst wenn das Ende des Buches einen erfreulichen Punkt benennt, so schenkt der Roman keine Einblicke in diese Zeit danach.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne, für einen interessanten, innigen Blickwinkel hinein in die Untiefen der menschlichen Seele, die doch so verschiedenartige Krankheitsbilder hervorrufen können. Ich weiß nicht, ob sich diese Lektüre wirklich für Betroffene eignet, für Außenstehende aber durchaus, denn die Ängste und Bedenken sind bestens greifbar und vielseitig gestrickt, so dass man nicht im Mitleid versinkt aber durchaus nachvollziehen kann, welche Mechanismen hier wirken. Was bleibt ist diese Bedrückung und innere Verzagtheit, aber auch die Hoffnung gemeinsam mit Hilfe von außen die Dämonen zu besiegen. Vielleicht hätte ich mir auch gewünscht, dass irgendwo sichtbar wird, wie viel Last dem Körper zugemutet wird, wie schwerwiegend und irreparabel manche Spätfolgen der Magersucht sind und das es nur wenig bringt, die Wochen im Krankenhaus zu überstehen, wenn man den Ursachen nicht mittels einer Therapie begegnet. Meine Freundin hat sich nie mehr von der Krankheit richtig erholen können, trotz zweier Kinder ist sie selbst mit 34 Jahren an multiplem Organversagen gestorben und rein äußerlich hat sie es nie mehr auf ein gesundes Normalgewicht gebracht.

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