Mitreißend und traurig!
Mareice weiß eigentlich schon in der Schwangerschaft, dass irgendetwas nicht stimmt, obwohl die Ärzte eigentlich grünes Licht geben. Sie trägt es mit sich, behält es für sich. Doch nach der Geburt bestätigen ...
Mareice weiß eigentlich schon in der Schwangerschaft, dass irgendetwas nicht stimmt, obwohl die Ärzte eigentlich grünes Licht geben. Sie trägt es mit sich, behält es für sich. Doch nach der Geburt bestätigen sich ihre Befürchtungen, ihre Tochter könnte irgendwie nicht normal sein. und dann müssen sie und ihr Mann sehr schnell lernen, dass Schwangerschaft und Geburt nicht immer mit Glück und Freude verbunden sind. Ein Chromosomenfehler stellt das Leben der jungen Familie auf den Kopf. Damit verbunden ein unvorstellbarer Kampf im Alltag für das kleine Mädchen Greta und die beiden Eltern. Mareice beschreibt schonungslos und offen, was es wirklich heißt, ein mehrfach schwerbehindertes Kind betreuen zu müssen und sich immer wieder vom normalen Leben ausgegrenzt zu fühlen. Aber sie und ihr Mann wachsen hinein. Und werden mit der Zeit reifer und sicherer im Umgang mit der Behinderung.
Ein Zitat bleibt bei mir hängen: Eine ältere Dame geht während einer Geburtstagsfeier am Kinderwagen vorbei und sagt „Sowas gibt’s noch!?“. Und eigentlich trifft diese Frage den Nagel auf den Kopf. Denn wegen der großen Fortschritte in der Pränataldiagnostik werden immer weniger Kinder mit körperlichen oder geistigen Defiziten geboren. Ob das richtig ist, mag man gut oder schlecht heißen und wird gerne heiß diskutiert. Mareice steht wie eine Löwin für ihre Tochter Greta ein. Für sie wäre kein Schwangerschaftsabbruch in Frage gekommen, hätte man vorher Auffälligkeiten festgestellt. Aber sie sehnt sich auch nach einem gesunden Kind und den Erlebnissen, die mit dem Muttersein in 96 prozent der Fälle verbunden ist. Ein zweites Mädchen wird geboren, gesund. Und noch einmal wird klar, wie krass die Unterschiede zwischen dem Aufwachsen eines gesunden und kranken Kindes sind.
Weil ich selbst Mutter eines Kindes mit Einschränkungen bin, konnte ich mich in Mareice gut hineinversetzen. Die Momente, wenn Eltern glücklich das Krankenhaus verlassen konnten, aber man selbst bleiben muss, tun weh. Und das Abpumpen der Milch mit einer Maschine noch mehr. Das Buch zeigt auch, welches breite Spektrum es an Ärzten gibt, die eiskalt oder auch besonders liebevoll mit retardierten und kranken Kindern und Eltern sein können.
„Alles inklusive“ ist ein Buch, das uns einen Spiegel vorhält, wie dankbar wir sein sollten, wenn unsere Kinder gesund aufwachsen. Und dass es Schlimmeres gibt als Windpocken, eine verrotzte Nase oder die jährlichen Magen-Darm-Viren. Und dass wir froh sein dürfen, wenn wir stundenlang in der Notaufnahme eines Krankenhauses warten müssen, weil es unser Kind eben nicht so schlimm getroffen hat. Mir ist mehr als einmal eine Träne über die Wange gelaufen. Hut ab vor einem Buch, das nicht die Hand vor den Mund nimmt. Ich wünsche mir, dass solche Bücher dazu beitragen, dass Mädchen und Jungen mit einer Behinderung einen festen Platz in unserer Gesellschaft haben und wir lernen, sie noch mehr wertzuschätzen – auch in Zukunft!
Übrigens: In ihrem Blog „Kaiserinnenreich – der inklusive Familienblog“ erzählt Mareice noch mehr von ihrem Leben mit einem behinderten und nicht behinderten Kind, dem Alltag, den glücklichen Momenten und den Abschieden.
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