Tragische Geschichte
Der Autor startet in die Geschichte, wie ich es noch in einem Buch gelesen habe. Aus der Sicht von Trina, die eine fiktive Person ist. Sie lebte im Bergdorf Graun und schilderte ihrer verloren geglaubten ...
Der Autor startet in die Geschichte, wie ich es noch in einem Buch gelesen habe. Aus der Sicht von Trina, die eine fiktive Person ist. Sie lebte im Bergdorf Graun und schilderte ihrer verloren geglaubten Tochter in einem Notizbuch, was sich von Anfang der 1920er bis zum Anfang der 1950er dort ereignete. Emotionslos, direkt und klar schildert sie die harten Jahre der Bergbauern zu dieser Zeit. Der Spannungsaufbau geht von den Jahren des Ersten Weltkrieges bis zur Machtergreifung Mussolinis. Die Hoffnung Trinas, endlich als Lehrerin arbeiten zu dürfen. Die harte Erkenntnis, dass bei Machtübernahme alles Deutsche in Südtirol unerwünscht war. Anschießend daran der Zweite Weltkrieg, als man die Südtiroler in die Armee lockte, mit Emigration nach Deutschland und damit verbundener, vermeintlicher Verbesserung, da man dem „imaginären Fuß des Duce am Hals“ entkommen konnte. Sowohl Faschisten als auch Nazi machen vor dem kleinen Bergdorf nicht halt. Doch Trina und ihr Mann entscheiden sich, in ihrer Heimat zu bleiben. Doch wie sich herausstellen wird, ist der Preis des Bleibens sehr hoch.
Im Verlauf des Buches wird auch immer das Staudammprojekt miteinbezogen. In der Hoffnung der Protagonisten wird dieses nun vielleicht nicht mehr umgesetzt. Doch die Antagonisten lassen sich nicht von ihrem politischen Vorhaben abbringen. Der Kampf der Bergbauern aus Graun und den anderen Dörfer scheint aussichtslos. Die Enteignung der Bergbauern wird zum Thema. Es folgt Widerstand durch ihren Mann, Trina selbst und einige andere. Doch lässt sich dieser durchsetzen? Werden die Mächtigen einlenken? Oder siegt die Gier der Wirtschaft und der politischen Vertreter? Wie steht die Kirche dazu? Wie es mit Trina, ihrem Mann und ihrer Tochter verläuft, lest ihr am besten in diesem Buch.
Fazit:
Was für ein bewegendes Buch! Für Touristen ist der Reschensee ein beliebtes Fotomotiv und Touriziel, für die Einheimischen ein großes Stück trauriger Geschichte. Die meisten wissen vermutlich nichts über diese Geschichte. Die Geschichte ist unglaublich berührend und emotional. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was in Menschen vorgehen muss, die wissen, dass sie ihre Heimat verlieren können. Über den politischen Einfluss und Umgang mit Menschen … das würde hier den Rahmen sprengen, doch in Wahrheit ist es auch heute noch oftso, nach all der Zeit.
Der Autor hat extrem viel Recherchearbeit betrieben und dies in eine tolle Story verpackt. Dieser Teil Geschichte Europas ist wahr und extrem grausam, da Menschen als Spielball verwendet wurden. Man hat das Gefühl, während des Lesens alles hautnah mitzuerleben, den Schmerz und die Wut zu fühlen, die den Menschen dort widerfahren ist. Die Art der Erzählung lässt einen das Ausmaß fühlen. Fühlen wie sie bibberten vor Kälte, wie ihnen den Magen leer war vor lauter Hunger. Ich hatte das Gefühl, ich bin mitten drin in diesem furchtbaren Albtraum.
Der Glockenturm im Reschensee im wunderschönen Südtirol ist heute noch ein Mahnmal. Grandiose Geschichte, unglaublich genial verpackt, trotz der Traurigkeit.
Von meiner Seite eine klare Leseempfehlung! 5/5 Sternen.