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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.08.2020

Warum ist es am Rhein so schön?

Ein Mann der Kunst
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Den Mitgliedern des Fördervereins des Frankfurter Museums Wendevogel fällt die Antwort darauf nicht schwer: am Rhein liegt die vom Künstler KD Pratt bewohnte und als Atelier genutzte Burg, die ...

Den Mitgliedern des Fördervereins des Frankfurter Museums Wendevogel fällt die Antwort darauf nicht schwer: am Rhein liegt die vom Künstler KD Pratt bewohnte und als Atelier genutzte Burg, die sie besuchen möchten. Sie sind in einer wahrhaft wichtigen Mission unterwegs:

Dieser seit Jahrzehnten bekannte Ausnahmekünstler soll mit einem eigenen Museum geehrt werden. Vor der endgültigen Entscheidung sollen Künstler und Werk einer ausgiebigen Betrachtung unterzogen werden. Doch KD Pratt, seit Jahr und Tag als öffentlichkeitscheu bekannt, macht ihnen gleich mehrere Striche durch die Rechnung.

Wer den deutschen Förder- (von egal was) und Kunstbetrieb auch nur am Rande kennt, wird einiges wiedererkennen und sich köstlich amüsieren. Denn Autor Kristof Magnusson verfügt nicht nur über Humor, sondern bietet auch die passenden (Überraschungs)Momente an den richtigen Stellen.

Ein paar Mal war es mir etwas zu viel des Guten, aber im Großen und Ganzen war ich begeistert. Wenn Sie einen Bücherwurm erfreuen und gleichzeitig sichergehen wollen, dass das Buchgeschenk Anspruch und Unterhaltung aufs Trefflichste vereint, greifen Sie zu diesem Roman.

Veröffentlicht am 04.08.2020

Einst, vor langer Zeit

Schatten der Welt
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Dieser Roman nimmt seinen Anfang in den alten Zeiten, nämlich denen, bevor Teile Europas demokratisch wurden, zumindest auf dem Papier. 1910 nämlich, also vor dem Ersten Weltkrieg, als Deutschland noch ...

Dieser Roman nimmt seinen Anfang in den alten Zeiten, nämlich denen, bevor Teile Europas demokratisch wurden, zumindest auf dem Papier. 1910 nämlich, also vor dem Ersten Weltkrieg, als Deutschland noch ein Kaiserreich war und Russland noch der Zar herrschte.

Wir befinden uns in Thorn in Westpreußen, wo wir drei Jugendliche kennenlernen: Carl, den Ich-Erzähler, der jedoch nicht allwissend ist und mit seinem verwitweten Vater, einem jüdischen Schneider aus Riga, wo er bessere Tage gesehen hatte, in einer winzigen Wohnung lebt. Doch so ärmlich sie es haben, so sehr sind sie einander zugetan, der Vater will für seinen Sohn nur das Beste und auch umgekehrt ist die Beziehung von Achtung und Zuneigung geprägt. Außerhalb der Wohnung jedoch ist Carl, ein zarter Junge, schüchtern und zurückhaltend und wird oft geärgert.

Was man von Artur nicht sagen kann - er tritt so selbstbewusst auf, als würde ihm die ganze Welt offenstehen, wenn nicht sogar gehören. Ein Wunder, dass er sich ausgerechnet Carl zum Freund nimmt. Bald wird Isi die Dritte im Bunde, beide Jungs sind vollkommen hingerissen. Sie werden ein unschlagbares Team, aber ihr Herz - das erobert mal wieder Artur.

Sie erleben eine ganz besondere Jugend (bzw. drei davon), mit Schmerz, aber vor allem gezeichnet durch wilde Lebenslust. Vor dem Ersten Weltkrieg bringt es Artur sogar zu gewissem Wohlstand - trotz seiner Jugend. Doch dann kracht der Krieg über sie hinein und sie werden in alle Winde zerstreut - Ob Carl endlich nach Riga kommt, dem Sehnsuchtsort seines Vaters? So viel sei gesagt - es geht sehr abenteuerlich zu und wie immer nimmt Autor Andreas Izquierdo seine Leser mit auf eine wilde (diesmal ganz besonders lebhafte) Jagd und berührt tief mit seiner Fähigkeit, Atmosphäre zu schaffen. Zum ersten Mal - und ich habe wirklich schon viel vom Autor gelesen - haperte es aus meiner Sicht beim Recherchieren. Aber möglicherweise nur aus dem Grund, das ich gerade bei diesem Thema eine besonders strenge Kritikerin bin, ob ich es nun will oder nicht.

Im Großen und Ganzen hat mich der Autor wieder mitnehmen können in den Osten Europas und in vergangene Zeiten und ich habe den Roman genossen. So sehr, dass ich hoffe, es gibt bald Nachschub. Und natürlich empfehle ich den Roman allen Lesern, die es auch bei historischen Romanen gerne etwas unkonventioneller angehen.

Veröffentlicht am 15.07.2020

Ein Blick über den Tellerrand

Ein Sonntag mit Elena
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Wie soll ich ihn nennen, den Protagonisten dieses Romans? Denn im Buch ist er grundsätzlich "mein Vater", denn die Erzählerin ist Giulia, seine iüngere Tochter, das mittlere von drei Kindern ...

Wie soll ich ihn nennen, den Protagonisten dieses Romans? Denn im Buch ist er grundsätzlich "mein Vater", denn die Erzählerin ist Giulia, seine iüngere Tochter, das mittlere von drei Kindern und das, mit dem ihn sein sehr emotionales und gleichzeitig schwieriges Verhältnis verbindet. Ich werde ihn also mit Blick auf die Erzählerin als "Giulias Vater" bezeichnen.

Dabei ist sie gar nicht bei allem, was sie uns, den Lesern verrät, zugegen. Aber wie auch immer, sie weiß es und sorgt dafür, dass uns genug Hintergrundwissen über die Familie vermittelt wird.

Eine originelle Konstellation also, aus der ein ausgesprochen atmosphärischer Roman entstanden ist, bei dem der besagte Sonntag nicht ganz so zentral ist, wie es durch den Titel vermittelt wird. Oder vielleicht doch, aber auf andere Art und Weise.

Giulias Vater ist nämlich vor recht kurzer Zeit verwitwet , vor acht Monaten erst, unerwartet noch dazu. Er, der bis vor kurzem als Ingenieur an internationalen Brückenbauten überall in der Welt beteiligt und mehr unterwegs als zu Hause war, sucht nun nach einem neuen Platz, einer neuen Bestimmung im Leben - und findet sich in der Situation einer Hausfrau. Er hat nämlich - zum ersten Mal überhaupt in seinem Leben - für einen Teil seiner Familie gekocht und erwartet sie zum Sonntagsessen, kurzfristig erfolgt eine Absage.

Durch Zufall trifft er Elena, eine junge Frau - nur wenig älter als seine eigenen Kinder - mit ihrem Sohn Gaston im Park, es kommt zu einem gemeinsamen Mahl in seiner Wohnung. Die etwas in jedem der drei Beteiligten anstößt. Auf eine gewissermaßen beiläufige Art, wie es oft so im Leben ist.

Der Autor Fabio Geda macht deutlich, dass sich die Bedeutung dieser gemeinsamen Zeit erst im Nachhinein zeigt. Wie es so oft im Leben der Fall ist. Aber ich habe es noch nie so lebensah dargestellt in einem Roman erlebt. Wenngleich ich die technischen Beschreibungen, wenn es um den Job des Vaters ging, jetzt nicht so spannend fand. Und einiges andere auch nicht. Insgesamt aber ein lebendiger, farbiger Roman über das Leben als solches - und darüber, wie sich gewisse Gemengelagen von einem auf den anderen Moment verschieben, einfach so, bei jedem von uns. Das ist mir im Rahmen dieser Lektüre erst so richtig klar geworden!

Veröffentlicht am 26.06.2020

Auf alten Pfaden

Die Taten der Toten
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In diesem in Schweden spielenden Kriminalroman - dem insgesamt achten der Reihe des Autorenpaares Roman Voosen und Signe Danielsson - steht einmal das ganze Team der Kripo Växjo im Fokus. Auch wenn die ...

In diesem in Schweden spielenden Kriminalroman - dem insgesamt achten der Reihe des Autorenpaares Roman Voosen und Signe Danielsson - steht einmal das ganze Team der Kripo Växjo im Fokus. Auch wenn die Chefin Ingrid Nyström und die deutsch-schwedische Kommissarin Stina Forss zentral agieren, nehmen alle anderen diesmal nicht nur Nebenrollen ein. Und es geht diesmal darum, das eigene Team, vor allem Stina Forss, aus der Schusslinie zu ziehen.

Diesmal hat mich ein bisschen gestört, dass der Mord am schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme im Jahr 1986 im Mittelpunkt stand und wie bereits bei der Lektüre des letzten Falles "Schneewittchenmord", wo diese Thematik eingeleitet wurde, befürchtet, ging es diesmal durchaus auch um eine mögliche Auflösung. Das war mir dann doch zu viel des Guten. Auch steht das Privatleben des gesamten Ermittlerteams immer stark im Fokus, diesmal teilweise auch in Verbindung mit dem alten Fall.

Doch wer könnte es sonst sein - wie auch immer, man ermittelt in alle Richtungen, auch wenn es nicht allzuviele Möglichkeiten zu geben scheint. Diesmal durfte der Leser dabei ausführlich einem jeden Teammitglied auf die Finger schauen - das war aus meiner Sicht ein wenig langatmig, stellenweise auch langweilig. Auch wenn es durchaus Passagen gibt, bei denen man den EIndruck hat, dass das schwedische Ermittlerteam Rambo oder Magnum, mindestens jedoch James Bond Konkurrenz machen will.


Dennoch habe ich diesen Band wie die Reihe insgesamt sehr gerne gelesen und kenne auch viele der vorherigen Fälle. Das deutsch-schwedische Autorenpaar versteht es, atmosphärisch und spannend zugleich zu schreiben, wodurch diese Reihe zu meinen Favoriten aus dem skandinavischen Raum gehört.



Was mich allerdings begeistert hat, war die überraschende Auflösung - logisch und absolut nicht vorhersehbar. Insgesamt also eine ausgesprochen lohnenswerte Lektüre für Freunde skandinavischer Kriminalliteratur!