Die bekannte Jazzsängerin Lisa Winwood hat sich mit ihrem Pianisten und Ehemann John einen Traum erfüllt und sich ein Haus im Alten Land gekauft, nachdem sie ihre Karrieren in Kanada gemeinsam beendet haben, um dort ihren letzten Lebensabschnitt zu verbringen. Für Lisa ist es nach 40 Jahren auch eine Konfrontation mit ihrer Vergangenheit, denn in all den Jahren ist sie nicht in ihre deutsche Heimat zurückgekehrt und hat den Kontakt zu ihrer Familie die gesamte Zeit vermieden. Nun gestaltet sie mit ihrem Mann nicht nur einen Garten für ihre vor 40 Jahren geborene und verstorbene Tochter Ella, sondern versucht auch, den Graben zu ihrer Familie wieder zuzuschütten, indem sie nach ihrer Schwester sucht, um sich mit ihr auszusöhnen. Wird es Lisa gelingen, ihre Schwester und andere Verwandtschaft zu finden?
Susanne Lieder hat mit „Ellas Garten“ einen Roman vorgelegt, der sich mit Themen wie Trauerbewältigung und dem Bruch innerhalb Familien auseinandersetzt. Der flüssige, leise und eindringliche Erzählstil nimmt den Leser schnell mit in die Geschichte hinein, wo er als Beobachtungsposten Lisa und ihren Mann John dabei begleitet, wie sie sich in ihrem neugewählten Wohnsitz einleben und ihr Leben, das immer und ausschließlich von Musik geprägt war, neu ausrichten, wobei der Garten eine besondere Stellung einnimmt. Neue Bekanntschaften erleichtern ihnen den Einstieg, wobei auch die Musik nicht zu kurz kommt. Vier Jahrzehnte lang hat es Lisa nicht geschafft, die Konfrontation mit der Familie zu suchen und so manches aufs Tablett zu bringen. Leider ist die Auflösung nicht gut gelungen, denn da die Handlung schon eher unaufgeregt erzählt wird, hätte hier ein gut durchdachter Spannungsbogen notgetan, um den Lesefluss konstant und interessant zu gestalten. So wirkt die Geschichte leider sehr langatmig, zäh und pathetisch, was dazu führt, dass schon bald Langeweile aufkommt und der Leser die Seite nur noch überfliegt. Ein wenig mehr Pep steht auch älteren Semestern gut zu Gesicht und hätte hier Wunder bewirkt.
Die Charaktere sind zwar liebevoll gestaltet, wirken jedoch zu glatt poliert und durchgeplant. Ihnen fehlt neben etwas Impulsivität auch das gewisses Etwas, dass sie auszeichnet und unverkennbar macht, was den Leser anzieht und ihn dazu bringt, mit ihnen zu fiebern. Lisa ist eine freundliche und patente Frau, die mit ihrem Mann John eine Einheit bildet, zwischen die kein Blatt Papier passt. John liest seiner Frau jeden Wunsch von den Augen ab, seine eigenen Wünsche bleiben allerdings im Dunkeln. Freundin Harriet ist ein kleiner Lichtblick, da sie unkonventionell ist, leider aber nur kurz Unruhe in das Leben der beiden bringt. Auch die liebe neue Verwandtschaft zeichnet sich nicht durch besondere Charaktereigenschaften aus, wodurch sie austauschbar wirken.
„Ellas Garten“ ist ein Roman über alte Narben und Lebensbrüche, der ein wenig mehr an Spannung und überraschenden Wendungen durchaus vertragen könnte. Die Erwartungen an eine interessante Geschichte werden hier leider nicht erfüllt. Schade!