Bau des Freiburger Münsters spannend erzählt
Der Turm aus Licht Was für ein Schmöker! Sechzig Jahre verfolgt der Leser den Bau des Freiburger Münsters in Astrid Fritz neuem historischen Roman. Und dies wird wirklich spannend und sehr bildgewaltig erzählt.
Wir beginnen ...
Was für ein Schmöker! Sechzig Jahre verfolgt der Leser den Bau des Freiburger Münsters in Astrid Fritz neuem historischen Roman. Und dies wird wirklich spannend und sehr bildgewaltig erzählt.
Wir beginnen im Jahr 1270. Unter Graf Konrad I von Freiburg soll endlich der Kirchenbau weiter voranschreiten. Zehn Jahre wurde an der Liebfrauenkirche nicht mehr gearbeitet, weil die Befestigung der nördlichen Vorstadt Priorität hatte. Zu diesem Zweck soll Baumeister Gerhard mit seiner Frau Odilie nach Freiburg geholt werden, der bisher als Parlier an der Straßburger Bischofskirche mitgearbeitet hat. Doch nicht alle Bewohner der Stadt stehen dem Weiterbau positiv gegenüber. Als Graf Konrad ein Jahr später stirbt, kommt sein Sohn Egino II an die Macht. Dieser gibt das Geld mit beiden Händen lieber für Raufhandel und Kleinkriege aus und schon bald stoppt der Bau an der Kirche erneut....
Über 60 Jahre dauerte die Vollendung des Münsters - ein Menschenleben. Und so begleiten wir nicht nur Gerhard von Straßburg, sondern auch seinen Nachfolger Erwin von Steinbach mitsamt ihren Gehilfen (Steinmetze, Zimmerer, Bildhauer) über diese Zeit. Im Vordergrund steht immer der Bau der Kirche, doch Astrid Fritz gelingt es mit interessanten Lebensgeschichten einiger Bewohner von Freiburg und den Arbeitern an der Kirche die Geschichte noch lebendiger zu gestalten. Verknüpft mit den historischen Persönlichkeiten dieser Zeit begleiten wir manche Familien über Generationen hinweg bis der Münster fertiggestellt ist. Der Leser erhält informative Kenntnisse über den Bau des Freiburger Münsters, sowie über den Alltag der Menschen zu dieser Zeit.
Alle Figuren sind lebendig und facettenreich dargestellt. Man durchlebt hier sämtliche Gefühle von Freude, Angst, Zorn, Trauer und Hoffnungslosigkeit. Es fällt einem schwer liebgewonnene Charaktere loszulassen, doch im nächsten zeitlichen Abschnitt findet man immer einige bekannte Gesichter wieder.
Auch die politischen Anteile haben beim Bau Gewicht, denn der Baumeister und seine Gehilfen sind vom Grafen oder den kirchlichen Fürsten abhängig. Zusätzlich sind sich die alten Stadträte, die aus Adeligen und Rittern bestehen, und den neuen Räten, die sich aus Kaufleuten und Handwerkern zusammensetzen, nicht wirklich grün. Die Meinungen driften hier oftmals auseinander und führen zu Streitereien. Das Streben nach Macht und das Gerangel um Zuständigkeiten bleiben über all die Jahre des Turmbaus bestehen.
Der Roman ist trotz der vielen Protagonisten und der komplexen Handlung nicht unübersichtich, auch wenn mich das umfangreiche Personenregister am Anfang des Buches gleich mal leicht geschockt hat. Aber keine Angst! Dies gilt nur als Nachschlagwerk, sollte man einmal wirklich nicht wissen, von wem gerade die Rede ist.
Die Autorin verwebt alle fiktiven Figuren mit den historisch belegten und kreiert damit einen spannenden historischen Roman über den Münsterbau. Dabei muss man die gründliche Recherche, die sicherlich jede Menge Zeit beansprucht hat, wirklich hervorheben. Die Autorin hat sich gründlich mit der Geschichte des Freiburger Münsters auseinandergesetzt und dieses historische Zeitzeugnis sehr lebendig erzählt. Sie vergisst dabei nicht, dass dieses grandiose Bauwerk von Menschenhand aufgebaut wurde und dies zu einer Zeit ohne jeglicher technischer Hilfsmittel. Man kann nur staunen, was Menschen vor Jahrhunderten bereits geleistet haben. Schaut euch doch bei eurem nächsten Münster- oder Dombesuch die vielen Einzelheiten, wie Wasserspeier, Schnitzereien oder Glasfenster, genauer an.
Schreibstil:
Astrid Fritz schreibt lebendig und spannend. Bei ihr fühlt sich das Eintauchen in eine ferne Zeit sehr real an. Trotz der historisch angepassten Sprache lässt sich der Roman wunderbar flüssig lesen. Dazu gibt es zusätzlich ein Glossar am Ende des Buches. Auf der Coverinnenseite befindet sich eine Zeichnung des Turmes. Die etwas mehr als 800 Seiten sind in drei große Abschnitte geteilt: Liebfrauen, Himmelwärts und Glaube, Hoffnung, Liebe.
Fazit:
Ein hervorragend recherchierter und erzählter historischer Roman um den Bau des Freiburger Münsters. Eine intensive Erzählung, die mich bei meinem nächsten Dom- oder Münsterbesuch begleiten wird.