Repeat This Love mit weniger Liebe
Ich habe mich wirklich sehr auf das Buch gefreut, gerade weil mir "Perfect Mistakes" von Kylie Scott so gefallen. Der Schreibstil und Erzählstil der Autorin ist wie sonst auch sehr locker und flockig, ...
Ich habe mich wirklich sehr auf das Buch gefreut, gerade weil mir "Perfect Mistakes" von Kylie Scott so gefallen. Der Schreibstil und Erzählstil der Autorin ist wie sonst auch sehr locker und flockig, ich bin über die Seiten geflogen und habe die Abschnitte der Leseprobe immer in einem Rutsch lesen können.
Am Anfang war ich schier begeistert, fand das Buch sehr toll und interessant. Es ist im Verlauf stets spannend, da es so viele Fragen gibt, die bis zum Ende offenbleiben. Generell ist dieses Buch ein etwas "anderes" New Adult Buch. Schon die Grundidee der Geschichte ist nicht das übliche College-Leben und der Fokus liegt auf keinem mysteriösen Badboy, sondern ist auch mal zur Abwechslung etwas ungewöhnlich. Deswegen kann ich schon an dieser Stelle sagen: Wer unbedingt New Adult lesen will, aber furchtbar genervt ist von den ganzen Klischees, sollte zu diesem Buch hiergreifen.
So spannend das Thema "Amnesie" auch ist, es bringt auch leider einige Nachteile mit sich. Ich bin wirklich zwiegespalten, was das Buch angeht und was ich davon halten soll.
Clementine ist eine sehr starke Protagonistin. Ich finde allerdings ein wenig zu stark. Sie geht mir mit dieser ganzen Amnesie-Sache zu leicht um. So wie es verschiedene Menschen gibt, gibt es natürlich auch verschiedene Reaktionen. Aber schließlich ist das ein Buch, da hat man natürlich die freie Wahl der Qual. Mir hätte es wenig mehr zugesagt, wenn Clem wenigstens ein bisschen emotional und im Inneren damit zu kämpfen hätte. Nach außen hin das Gleichgültige und nach innen hin etwas emotionaler. Aber dem war leider nicht so. Ich hatte fast den Eindruck, als wäre ihr total egal, dass sie ihr Gedächtnis verloren hat. Das war grundsätzlich das Problem. Clem kennt sich selbst nicht, verstehe ich, und wirkt sich selbst gegenüber etwas distanziert, was mir sogar mega gefallen hat, weil das die Amnesie so echt hat wirken lassen, aber es schien so, als hätte sie auch kein Interesse daran, sich mit ihrer Situation ordentlich auseinander zu setzen und sich klar zu machen, dass sie Jahre ihres Lebens quasi verloren hat. Diese Steifheit hat sich dann auf so gut wie alles ausgewirkt. Selbst ihre persönliche Entwicklung war dann zu steif. Der Fokus lag plötzlich auf der Beziehung (die meiner Meinung nach wenig Sinn ergeben hat) und auf Ed. Clem und ihre persönliche Weiterentwicklung wurden so gut wie vergessen und da ging einfach nichts mehr. Ich hatte das Gefühl, dass sie nur optisch nach außen hin stattgefunden hat, aber gerade so ein Thema bietet DIE Gelegenheit, um den Leser eine Verbindung zu den Charakteren aufzubauen, beide leiden zu lassen, damit auch der Leser emotional mitgenommen wird und auch mal Tränen fließen und das Herz blutet. Wir kannten Clem vor dem Unfall zwar nicht, aber wir begleiten Clem von Anfang an. Ich habe eine Selbstfindungstour erwartet, wie sie an ihrer Situation wächst und stärker wird, stattdessen bekamen wir quasi nichts. Sie war mir zu lässig, naiv und gleichgültig. Das ist wirklich sehr schade. Clem hat mehr verdient als das.
Hier gab es leider überhaupt keine Verbindung, keine Gefühle und Emotionen, keine Tränen.
Einige ihrer Handlungen haben dann auch irgendwann einfach keinen Sinn ergeben.
**SPOILER*
Dass sie irgendwann ihre Koffer packt, weil das Zusammenleben nicht klappt, habe ich erwartet und hat mich ehrlich gesagt gefreut. Im Taxi hält sie gerade einen Monolog über Unabhängigkeit, Schlussstrich und Neuanfang und in der nächsten Sekunde - das Taxi ist noch nicht mal losgefahren - da ist sie schon wieder bei ihm eingezogen. Besonders diese Szene hat mich besonders auf die Palme gebracht. Einfach weil diese Szene zeigt, dass sie doch nicht so stark ist und irgendwo von anderen abhängig ist. *SPOILER ENDE**
Das hat sich dann auch auf Ed ausgewirkt. Er ist ihr Exfreund, sie hat ihn verletzt und verlassen, er kann nicht so tun, als wäre das alles nicht passiert, muss er auch nicht - ist alles verständlich und gelungen. Aber hierauf folgt auch schon das nächste Problem: Ed war zu kalt. Er hat sich Clem gegenüber sehr distanziert verhalten, nur knapp geantwortet, nicht mehr mit ihr gesprochen als unbedingt nötig. Kann ich alles nachvollziehen, aber dadurch wurde auch das Verhältnis zwischen den beiden so steif. Clem fühlt sich zu ihm hingezogen, da ist so ziemlicher einer der wenigen ihrer Gedanken, die bei mir hängen geblieben sind. Das ist ja auch nicht verboten, auf irgendwas muss sich ja ihre neue Beziehung aufbauen (die kommen musste, das wird schon beim Lesen des Klappentextes klar). Die beiden machen über mehr als 150 Seiten hinweg absolut keinen Fortschritt, bis sie in seinem Bett schlafen soll. Dann fangen die beiden an rumzuschmusen, und sich zu küssen und alles ist wieder gut. Hä? Die Beziehung zwischen den beiden definieren sie als "Ich-weiß-noch-nicht-was-genau-ich-für-dich-fühle". Verstehe ich, schließlich waren sie schon zusammen, blöd nur, dass sich Clem nicht daran erinnern kann. Aber am nächsten Morgen halten die beiden auch schon Händchen und sonst was und verhalten sich einfach so, als wären sie zusammen. Das ging mir dann aber doch ziemlich von 0 auf 100. Man könnte ja jetzt sagen, dass daran nichts schlimm ist, schließlich waren sie schon mal zusammen. Ja, ABER Clem kann sich daran nicht erinnern. Sie ist mit einem quasi völlig Fremden zusammen. Die beiden lernen sich nicht kennen. Da kann mir jeder erzählen, was er will, aber wir lernen Ed nicht wirklich auf einer persönlichen und emotionalen Ebene kennen. Das war alles mehr wie Small-Talk. Aber anhand dessen kommt ihr doch nicht mit einer Person zusammen, oder?
Von Ed bekam ich zumindest sehr wenig mit, ich konnte zu ihm überhaupt keine Verbindung aufbauen, ich bekam von seinen Emotionen und Gedanken sehr wenig mit, er war einfach zu verschlossen. Es wurde nur an der Oberfläche gekratzt, was sehr schade ist, weil das Buch dennoch so viel Potenzial hat. Die Autorin hätte aus 330 Seiten 430 machen sollen und nochmal 100 Seiten nutzen sollen, um ihre Beziehung etwas mehr auszubauen. Das Buch wurde nur aus Clems Sicht geschrieben, aber die Autorin hätte auch aus Eds Sicht schreiben sollen.. Dann wüssten wir wenigstens mit Sicherheit, was er denkt und fühlt. Meiner Meinung ist es nicht möglich gewesen irgendwas zwischen den Zeilen rauszulesen. Klar, wer bin ich, dass ich sowas sagen kann? Ich schreibe nur hin und wieder, und auch nur als Hobby, aber selbst als Leser kann man dem Autor auch mal einen Verbesserungsvorschlag dalassen. Letzten endlich fand ich ihre Beziehung zu überstürzt und dass die beiden nach wenigen Monaten auch noch geheiratet haben, kam mir sehr unrealistisch vor, schließlich kennt sie Ed so gut wie gar nicht.
Das hat irgendwo dazu geführt, dass ich die Nebencharaktere viel sympathischer und interessanter fand als die Protagonisten und in einem Buch sollte das eigentlich nicht wirklich so sein..
Das Ende hingegen hat mich sehr überrascht. Dass die Person, die Clem überfallen hat, noch frei rumläuft, war schon klar und weil es immer mehr Andeutungen gab, war klar, dass es eine Person aus ihrem Umfeld sein kann, wurde auch deutlich. Mit dieser Person habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet und der Überraschungseffekt war definitiv da, aber ich hätte mir gewünscht, dass der/die Täter/-in eine größere Rolle gespielt hätte und das sie/er häufiger vorgekommen wäre.
Gleichzeitig fand ich das Buch trotzdem einigermaßen interessant und man kann es natürlich auch lesen, es ist hält sich noch einigermaßen in Grenzen, aber für mich ist das dann einfach kein Herzensbuch oder Highlight. Für zwischendurch ist das Buch eigentlich ganz gut und bietet eine schöne Abwechslung zu den meisten anderen New-Adult Geschichten.
Fazit:
"Repeat This Love" ist ein Buch mit viel Potenzial, das leider ein wenig schlecht umgesetzt wurde, aber trotzdem schön für zwischendurch ist, weil es eine willkommene Abwechslung im Genre bietet. Auch wenn die Liebesgeschichte etwas überzogen wurde und die Charaktere zu steif und sehr distanziert wirken, ist die "Thematik" abwechslungsreicher, vielleicht nichts Neues, aber definitiv nicht so häufig in diesem Genre vertreten. Für einen Liebesroman gab es für mich zu wenig Gedanken, Gefühle, Emotionen und Liebe, die mich als Leser überhaupt nicht erreichen und rühren könnten. Die Umsetzung ist nicht ganz gelungen, aber trotzdem ist es ein solides Buch, das ich gerne weiterempfehlen kann, wenn man die Nase von den üblichen Klischees voll hat.