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Veröffentlicht am 29.06.2020

Ein kritischer Blick

Wildflower Summer – In deinen Armen
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Liebe Daffy,
heute erreicht dich ein Brief über einen von mir im Voraus lange erwarteten Liebesroman. Du weißt, wie gerne ich mich bei Kyss umschaue und durch diesen Verlag durfte ich Kelly Moran schon ...

Liebe Daffy,
heute erreicht dich ein Brief über einen von mir im Voraus lange erwarteten Liebesroman. Du weißt, wie gerne ich mich bei Kyss umschaue und durch diesen Verlag durfte ich Kelly Moran schon kennen lernen, weil ihre „Redwood Love“-Reihe umwerfend war. Dementsprechend neugierig war ich auf „Wildflower Summer“, welches diesen Mai auf dem deutschen Markt erschien und wieder von Vanessa Lamatsch übersetzt wurde. Das englischsprachige Original erschien 2017 unter dem Titel „Redemption“.

Inhalt
Wildflower Ranch. So heißt die Farm, die Olivia Cattenach erfolgreich führt. Nach dem Tod ihrer Eltern, steht sie vor einem erneuten Schicksalsschlag. Ihr jüngerer Bruder wurde beim Auslandseinsatz getötet und sein Kamerad aus Armeezeiten Nate Roldan steht eines Abends unvermittelt in ihrer Küche. Er hatte den Auftrag, einen Abschiedsbrief vom Bruder an Olivia zu überbringen. Doch das allein führt Nate nicht an diesen schönen Ort. Er hat versprochen, auf Olivia aufzupassen.

Erwartungshaltung
Ich habe es oben schon angesprochen, dass ich große Freude an Kelly Morans Büchern habe. Hat das meine Erwartungshaltung für dieses Buch beeinflusst? Auf jeden Fall. Die Autorin hat es in der oben genannten Reihe geschafft, diverse Figuren zu schaffen und körperliche und geistige Behinderungen in ihre Geschichten zu verflechten. „Redwood Love“ war keine stereotypische Liebesromanreihe, sondern eine Bereicherung in diesem Genre, wie ich finde.
Als ich erfahren habe, dass es nun um einen ehemaligen Soldaten gehen wird, der vom Auslandseinsatz zurückkehrt und unter PTBS leidet, war ich vollkommen beeindruckt von dieser Idee. Doch wie hat sich dieses Thema beim Lesen entfaltet und wie habe ich das Buch als Ganzes empfunden? Darauf möchte ich nun im Einzelnen eingehen, wodurch diese Rezension nicht spoilerfrei bleibt.

Schreibstil
Es handelt sich bei „Wildflower Summer“ um einen typisch aufgebauten Liebesroman. Wer sich eine Weile in diesem Genre aufhält, weiß darum, dass es sich um eine vorhersehbare Abfolge von Ereignissen handelt. Das ist in keinster Weise als Kritik gemeint, denn ich greife nicht umsonst regelmäßig zu diesem Genre, wenn ich eine ruhige Zeit mit einem Buch verbringen möchte. In der Regel lese ich Liebesromane in einem oder zwei Tagen durch. Das liegt an eben diesem genannten typischen Aufbau, der einem ein Gefühl von „nach Hause kommen“ gibt. Aber auch an dem flüssigen Schreibstil, der einen durch die Sätze fliegen lässt. In „Wildflower Summer“ finden sich viele Redewendungen wieder, die wir von Kelly Moran schon kennen, was ihre Geschichten unverwechselbar zu ihren macht.
Doch leider habe ich dieses Buch etwas anders empfunden, als ihre vorherigen Geschichten. Obwohl der Handlungsaufbau wieder wie gewohnt und auch Redewendungen wiederzuerkennen waren, fand ich dieses Buch als streckenweise langweilig, die Figuren nicht genügend ausgearbeitet und die erotischen Szenen durchaus vulgär beschrieben, was ich bei ihr bisher nicht so empfunden habe. Außerdem werden einige Beschreibungen überstrapaziert. Besonders störend war die ununterbrochene Wiederholung von Olivias „kornblumenblauen Augen“.

Zudem hatte ich das Gefühl, Kelly Moran hat bei ihrer Überarbeitung des Textes einiges gestrichen, was uns jedoch eine nützliche Information gewesen wäre. Anders kann ich mir nicht erklären, warum Sätze fallen sollten wie: „Irgendwie war sie zurückgefallen in ihr Verhalten vor diesem ersten Abend auf der Veranda.“ (S. 85) Nate war erst abends auf der Ranch angekommen, Olivia trifft ihn, als sie von der Arbeit ins Haus kommt. Er nennt ihr seinen Namen und warum er gekommen sei, daraufhin braucht sie einen Moment für sich und tritt dann zu ihm nach draußen auf der Veranda. Da war also überhaupt kein Verhalten, in das sie zurückfallen konnte, es sei denn, er meint Verwirrung und Schock, weil ein Fremder im Haus ist.
Genauso kurios empfand ich die Szene, in der Nate anbietet, Olivia eine Tasse Tee zu machen. Er geht jedoch nicht nach unten in die Küche, die er kennt, sondern nach oben, wo sie lebt, woraufhin der Satz „[D]ann brummte er überrascht: 'Du hast hier eine richtige kleine Wohnung.'“ (S.118) kommt. Wie wollte er denn Tee kochen? Ist es in den USA üblich, einen Wasserkocher im Schlafzimmer zu haben? Denn er wusste ja nicht, dass es mehr als ein Schlafzimmer ist. Diese etwas unlogischen Momente haben meinen Lesefluss immer wieder unterbrochen.

PTBS
Hier muss ich festhalten, dass ich keinerlei psychologische Ausbildung habe, genauso wie ich kein detailliertes Wissen über PTBS zur Grundlage vorweisen kann. Umso wichtiger finde ich Bücher, die die Leichtigkeit eines Liebesromans mit einem ernsten Thema verknüpfen. Kelly Moran hat veröffentlicht, dass ihr Lebenspartner selbst an PTBS leidet, wodurch sie selbstverständlich einen persönlichen Bezug in diese Geschichte einbringen konnte. Ein Satz, der mir besonders ins Auge gesprungen und ans Herz gegangen ist, war „Die typischen Schuldgefühle der Überlebenden.“ (S.320). Ich kann mir gar nicht vorstellen wie sich der Beruf für SoldatInnen anfühlt und welche Emotionen sie in ihr (hoffentlich sicheres) Zuhause mitbringen.
Aus diesem Grund bitte ich darum, meine folgenden Kritikpunkte nicht zu verurteilen, sondern mir Hilfestellung zu geben, wenn ich etwas falsch verstanden und interpretiert habe.
Nate erzählt Olivia von einer Bewältigungsstrategie, bei der schlechte Erinnerungen mit positiven Erfahrungen überlagert werden müssen. Er wendet diese Taktik bei ihr an und es scheint zu funktionieren. Im Umkehrschluss möchte Olivia auch ihm helfen. Seine Kindheit war eine schreckliche Zeit und seine Jugend hat er in einer fragwürdigen Gang verbracht. Diese Jugenderinnerungen will Olivia mit neuen, positiven Erfahrungen überlagern. Auf Seite 227 wird suggeriert, das wäre auch gelungen und Nate würde beim Gedanken an diese Zeit nur noch an Olivias Küsse denken. Ich habe mich an dieser Stelle gefragt, ob das Buch nicht doch etwas stark romantisiert. Könnten PTBS und andere mentale Erkrankungen so leicht geheilt werden, würde niemand darunter leiden?
Zusätzlich dazu empfand ich es als eine fragwürdige Handlung Olivias, dass sie auf Seite 343 auf Nate zugeht und wie von Sinnen mit den Fäusten auf seinen Oberkörper trommelt. Es hatte ein großes Missverständnis und Sorgen um ihn ihrerseits gegeben. Doch ist es jemals korrekt auf jemanden einzuprügeln? Wenn man gerade zeigt, wie sehr man jemanden liebt und welche Sorgen man sich gemach hat? Nachdem eine Freundin von beiden auf der Ranch Zuflucht finden musste, weil sie von ihrem Ehemann verprügelt wurde? Wenn man auf jemanden mit den Fäusten losgeht, der an PTBS leidet? Es sind viele Fragen, die ich mir in dieser Szene gestellt habe und die mich hier etwas ratlos zurück gelassen haben.

Figuren
Damit komme ich zu den Figuren. Einem Knackpunkt an diesem Buch, da mir beide Hauptfiguren fremd geblieben sind und ich sie als nicht tiefgründig ausgearbeitet empfunden habe. Das möchte ich an einigen Beispielen verdeutlichen.

Nate:
Es wird schon deutlich geworden sein, dass ich auf Nate und seine Geschichte sehr gespannt war. Ich hatte mir erhofft, einen Einblick in sein berufliches Leben zu bekommen, von dem ich bisher noch nicht viel gelesen habe. Weder darüber, noch die Belastungsstörung, die leider viele SoldatInnen nach ihren Einsätzen in ihr Privatleben mitbringen müssen.
Zusätzlich dazu wurde seine Kindheit beleuchtet, welche schrecklich gewesen sein muss. Aus der Summe all dieser Erfahrungen hat sich ein emotional instabiler Mann entwickelt, der sich nicht traut Gefühle wie Liebe und Zuneigung zuzulassen. Eine Ausnahme bildete in seinem bisherigen Leben Olivias Bruder, den er als Freund bezeichnet. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, dass er dessen letzten Willen in die Tat umsetzt und auf der Wildflower Ranch auftaucht. Bis hier hin finde ich die Figur und ihren Hintergrund absolut stimmig.
Der Wunsch des Bruders war, auf Olivia aufzupassen. Gesagt, getan. Nate taucht auf der Ranch auf und ist einer vollkommen fremden Frau gegenüber direkt in einer Alphatier-Stimmung, die sich mir nicht erschlossen hat. Er kennt die anderen Mitarbeiter nicht und schirmt Olivia vor allen ab. Es sind doch aber ihre Kollegen, die sie seit Jahren kennt, sie ist sogar deren Vorgesetzte. Wieso muss man sich da wie der Bodyguard der Königin zwischen stellen?
Hinzukommt ein etwas eigenartiger Schreibstil, die Handlung in spannende Szenen zu leiten. Olivia schwebt regelmäßig aus heiterem Himmel in Gefahr. Lebte sie schon immer so gefährlich? Dann sollte sie mittlerweile gelernt haben, sich nicht mehr in derartige Gefahr zu begeben. Oder brechen die Un- und Überfälle über sie herein, seit Nate aufgetaucht ist, weil das Schicksal beschlossen hat, sie hätte nun einen Beschützer? Das war nicht stimmig und leider auch nicht spannend zu lesen, da die Situationen immer dann eintraten, wenn Nate sich schon Sorgen um sie gemacht hat, es gab bis dahin allerdings keinen Anlass zur Sorge (S.92).
Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll, da sich Nate das Gefühl der Liebe verbietet, aber ich möchte es für das nächste Thema trotzdem als Liebe auf den ersten Blick beschreiben. Diese lebt er nämlich nicht nur in Form eines ausgeprägten Beschützerinstinkts aus, sondern auch in Form von Eifersucht. Die beiden waren schon zusammen im Bett, wobei Nate ihr von seinen vorherigen sexuellen Erfahrungen und Praktiken erzählt hat. Bei einem Zusammentreffen mit Freunden geht es um Olivias Erfahrungen in der Schulzeit. Nate reagiert auf jede Andeutung mit Anspannung und wenn er erfährt, dass nichts zwischen ihr und anderen Mitschülern gelaufen ist, atmet er tief durch. (S.284f.) Er darf also eine Vergangenheit haben, der Gedanke, dass Olivia aber eventuell schon ein Leben vor ihm gehabt haben könnte, ist ihm nicht recht? Wäre er in einer anderen Ausgangslage, würde ich diesen Punkt nicht ansprechen, doch er darf ihr ja auch während des Geschlechtsverkehrs von seinem bisherigen Sexleben berichten. Das ist keine gleichwertige Beziehung. Besonders wenn man bedenkt, dass er vollkommen ausflippt, als es um ihn geht und er mit „Ich bin keine verdammte Jungfrau, und ich bin bin verdammt gut im Bett.“ (S. 113) reagiert. Seine Reaktionen implizieren aber, dass er es von ihr erwartet hätte.
Das führt mich zu einem anderen Punkt in der Geschichte. Nate hatte Olivia zu Beginn nicht alles über den Tod ihres Bruders erzählt und es quält ihn seitdem. Es war ersichtlich, dass dieses Geheimnis den großen Konflikt, der in jedem Liebesroman im letzten Drittel auftritt, darstellen würde. So war es auch hier, doch die Art und Weise hat mir nicht gefallen. Nate wird immer bewusster, dass er Olivia die ganze Geschichte erzählen muss. Er merkt, dass sie in ihn verliebt ist und bereit ist, ihm das auch zu sagen. Das möchte er um jeden Preis verhindern, da er weiß, nach Lüftung des Geheimnisses könnte ihre Beziehung beendet sein. Er ringt mit sich, da er merkt, er liebt sie auch und sie sei das Wichtigste in seinem Leben. Ist dem wirklich so? Wie wichtig kann sie ihm sein, wenn er meint, sie zu belügen sei einfacher? Er beschließt, bevor und während sie miteinander schlafen, ihr am nächsten Tag die Wahrheit zu sagen und dann zu gehen. (S.298f.)
Es tut mir leid, aber ich sehe hier nicht die große Liebe, sondern eine körperliche Beziehung. Es mag sein, dass es ihm schwer fällt, über die Vergangenheit zu sprechen, dass er es sich nicht leicht damit macht, Liebe zu empfinden. Doch er hat es sich selbst schon eingestanden, dann hätte er auch mit ihr sprechen können und danach mit ihr schlafen, wenn sie dazu noch bereit ist. Sie vertraut ihm in diesem Moment sehr viel an und er nutzt es wissentlich aus, um nochmal Vergnügen zu haben?

Olivia:
Kommen wir zu unserer weiblichen Hauptfigur Olivia. Mir gefällt, dass Kelly Moran hier (bewusst oder unbewusst) eine Romanfassung der Figur der Claire aus der Fernsehserie „McLeod's Töchter“ geschaffen hat. Eine hart arbeitende junge Frau, die zusammen mit ihren Rancharbeitern Arbeit, Natur und Freundschaft zu schätzen weiß. Ihre Unbeholfenheit, was das Flirten angeht, fand ich absolut charmant und es hat mich sehr an Claire erinnert.
Leider veränderte sich dieses Bild, als Nate auf der Bildfläche auftauchte und ich wusste nicht mehr, wofür die Figur wirklich steht. Von einer Minute auf die andere verwandelt sie sich von einer ungeschickt flirtenden Frau in eine sinnliche Verführerin, die andauernd Körperkontakt sucht. Von einer Ranchbetreiberin, die auf ebendieser Farm geboren und aufgewachsen ist, zu einer Frau, die nicht einmal weiß, wie sich ein Pferd anfühlt. (S.109)
Letzteres hat mich als Reiterin oftmals innehalten lassen beim Lesen. Das Thema Pferd steht nicht im Zentrum der Geschichte und doch versucht Kelly Moran mit Details zu zeigen, dass die Arbeit mit Pferden eine Rolle spielen soll. Leider empfinde ich dies als missglückt. So wählt Olivia für den großen und schweren Nate bei seinem allerersten Ausritt einen dreijährigen Hengst aus. Es ist nicht die beste Wahl, ein noch nicht ausbalanciertes und gerade erst eingerittenes Tier für einen Anfänger zur Verfügung zu stellen. Außerdem zeigt Olivia wenig Pferdekenntnis und müsste als Halterin wissen, dass Geschlecht und Größe eines Pferdes sich nicht bedingen: „Für ein Vollblut war Firestorm ein ziemliches Riesenbaby. Andererseits … Er war männlich. Was konnte man da schon erwarten.“ (S. 159)
Es war mir leider alles zu sehr auf Äußerlichkeiten aufgebaut. So konfrontiert Olivia Nate zum Beispiel oben auf Seite 112 mit „In der einen Minute benimmst du dich, als würde meine Nähe dir Schmerzen bereiten, und in der nächsten berührst du mich, als wolltest du der richtige Mann sein.“
Auf der gleichen Seite unten lesen wir jedoch: „Sie ging im Kopf die wenigen Gespräche durch, die sie geführt hatten.“ Den Charakter des „richtigen“ Mannes lernt man also nicht kennen, indem man Gespräche führt, er ist es nur in seinem Aussehen und körperlichen Handlungen?
Ich habe ja schon bei meinem Text über Nate angesprochen, dass er einen großen Beschützerinstinkt Olivia gegenüber hat. Es kommt auf der Hälfte des Buches auch zu einem Unfall Olivias. Nate hatte den schon vorhergesehen und war schon lange nervös. Als er sie endlich findet, liegt sie bewusstlos in einem Fluss, sie erzählt nach dem Aufwachen, sie hatte sich nur die Hände waschen wollen und sagt dann zu ihm: „Ich … hab's dir doch gesagt. Ich hatte … recht. Du bist ein … Held.“ (S. 186) Habe ich überlesen, warum sie sich den Kopf aufgeschlagen hat? Beim Hände waschen holt man sich nicht so leicht eine Gehirnerschütterung. Hat sie es also geplant und wollte gerettet werden? Ich kann dieser Figur leider keine Glaubwürdigkeit abgewinnen, da sie sich seit Nate aufgetaucht ist, nicht so verhält, wie ich es mir von einer emanzipierten Frauenfigur erhoffe.

Wie hätte diese Geschichte anders aufgebaut werden können?
Ich habe nun einige Kritikpunkte geäußert, um zu beleuchten, warum diese Geschichte und ich nicht zusammen gefunden haben. Mein Hauptproblem wird die sehr hohe Erwartungshaltung gewesen sein, die ich an Kelly Moran hatte. Die Grundidee zu dieser Geschichte ist nach wie vor grandios. Auch das Setting einer Ranch in den Bergen gefällt mir und ich hatte direkt Assoziationen zu Fernsehserien, die ein ähnliches Setting hatten, wodurch ich mich gleich heimelig gefühlt habe.
Ich habe viel darüber nachgedacht, was mich die Liebesgeschichte besser hätte nachvollziehen lassen. Abgesehen von der etwas eigenartigen Einstellung der beiden Figuren, sehr auf Äußerlich- und Körperlichkeiten bedacht zu sein.
Es hätte die Liebe der beiden nachvollziehbarer gemacht, hätte Olivias Bruder seinen Kollegen Nate schon bei Heimatbesuchen mit auf die Ranch gebracht und Olivia und Nate hätten sich so schon kennen gelernt. Es wäre glaubwürdiger gewesen, warum der Bruder Nate auf die Ranch schickt, da dieser dort ja schon ein Zuhause gefunden hätte. Die gemeinsame Trauer um den Bruder wäre auf einer anderen Ebene gewesen und es wären nicht zwei Fremde aufeinander getroffen. Warum sie sich so gut wie unmittelbar verfallen sind, war für mich nicht nachvollziehbar und hätte es mit dieser anderen Handlung aber sein können.
Die Geschichte wurde nicht so aufgebaut, doch ich wollte meinen Vorschlag trotzdem zu Papier bringen. Um nicht nur zu kritisieren, sondern zu zeigen, was es für mich zu einer runderen Geschichte gemacht hätte. Außerdem möchte ich keinesfalls sagen, dass dieses Buch nicht sein Publikum finden wird. Für mich blieb die Geschichte fremd und ich werde im zweiten Band nicht auf die Wildflower Ranch zurück kehren. Doch ganz sicher gibt es LeserInnen, für die Nates und Olivias Geschichte genau zur richtigen Zeit kommt.

Zum Cover bleibt mir zu sagen, dass ich hellauf begeistert von meiner Ausgabe bin. Kyss hat jedes Mal so wunderschöne, hochwertige Bücher, dass ich mich nicht statt sehen kann. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass es sich um eine nachhaltige Produktion handelt, bei der die Klimaneutralität in den Fokus rückt. Das finde ich mehr als unterstützenswert.
Ein kleiner Hinweis an den Verlag wäre, dass sich in diesem Buch einige Druckfehler verstecken. Ich möchte ganz sicher keine Liste anfertigen, nur beispielhaft „ihre Magen“, statt „ihr Magen“ auf Seite 222 und „ihn ihr“ statt „in ihr“ auf Seite 266 nennen. Ansonsten bin ich mit der Qualität des Buches vollkommen zufrieden und werde mich weiter im Kyss-Sortiment umsehen.

Deine Daisy

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Veröffentlicht am 30.05.2020

Böse Zwillinge

Nova und Avon 1: Mein böser, böser Zwilling
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Liebe Daffy,
heute kommt ein ganz verhexter Brief zu dir. Nova ist da ein kleines Zauber-Malheur passiert und auf einmal hat sie einen bösen Zwilling. Doch schön der Reihe nach. Worum geht es überhaupt? ...

Liebe Daffy,
heute kommt ein ganz verhexter Brief zu dir. Nova ist da ein kleines Zauber-Malheur passiert und auf einmal hat sie einen bösen Zwilling. Doch schön der Reihe nach. Worum geht es überhaupt? Ich spreche von Tanja Voosens „Nova und Avon: Mein böser, böser Zwilling“, das 2017 im Carlsen Verlag erschienen ist.

Inhalt
Die Neuntklässlerin Nova möchte nur eins: dazu gehören. Doch das ist gar nicht so einfach, wenn man berühmte Eltern hat, die ausgerechnet eine Wissenssendung über Übernatürliches moderieren, zusätzlich keine Freunde hat und von der Oberzicke der Schule immer wieder gepiesackt wird. Da ist es nur noch das i-Tüpfelchen, als Nova für ein Schulprojekt auf den hiesigen Jahrmarkt gehen soll, denn dort halst sie sich im Wahrsagerinnenzelt einen Fluch auf. Um den wieder loszuwerden, tut Nova sich mit einer Schulkameradin zusammen. Jetzt hat Nova endlich eine Freundin, doch beim Versuch, den Fluch von ihr zu lösen, gelingt es den beiden nur, Nova weiter zu verfluchen und ihr einen bösen Zwilling herbei zu zaubern, der in den ungünstigsten Augenblicken auftaucht und Unheil stiftet.

Eine magische Geschichte
Kaum hatte ich das Buch im Buchladen gesehen, stand fest, ich muss es lesen. Das von Petra Hämmerleinova gestaltete Cover ist der absolute Hingucker und macht mir riesengroße Freude, sobald ich es nur im Regal sehe. Sie hat sehr viele Details der Geschichte schon im Cover versteckt, was ich immer mehr als gelungen finde.
Doch konnte das Buch halten, was ich mir im Buchladen gewünscht habe? Du wirst es schon an meiner Wertung gesehen habe, dass die Geschichte und ich nicht zusammen gehören. Das mag wahrscheinlich auch zu einem Großteil daran liegen, dass Nova und ich alterstechnisch doch einige Jahre auseinander liegen und mich ihre Probleme nicht mehr ganz so schockieren – habe ich das doch alles schon hinter mich gebracht. Hier möchte ich später zu einem Punkt kommen, der mir aber ganz ausgezeichnet gefallen hat. Doch zunächst sollte ich erklären, warum Nova und ich nicht so gut harmonierten.
Nova ist typisch pubertär, was grundsätzlich nichts ist, was in einem Jugendbuch nicht irrsinnigen Spaß zu lesen machen kann. Sie wünscht sich eine beste Freundin, Anerkennung von den coolen Mädchen und dass ihr Schwarm sie endlich wahrnimmt. Außerdem sind die Eltern natürlich ober-peinlich und die Schule ätzend. Nova hat es voll erwischt, die Arme. Die Zeit ist wirklich nicht einfach und ich weiß, ich hätte mich in ihrem Alter total gut mit ihr identifizieren können.
Doch leider kommt dann ein Wesenszug dazu, der mich doch gestört hat. Nova beschwert sich in einer Tour darüber, dass sie allein ist und niemand sie mag und schätzt – lästert aber über alles und jede/n und ist somit wenig sympathisch. Wieso sollten andere dann mit ihr befreundet sein wollen? Schüchtern sein und auch eine Außenwirkung haben, die missverstanden wird, sind Dinge, mit denen Introvertierte häufig zu kämpfen haben. Sich aber für rein gar nichts begeistern zu können, außer für ihren Wellensittich, macht es für die anderen Jugendlichen nicht einfacher, mit Nova eine Wellenlänge zu suchen und finden. Das hat mich als Leserin auch nicht gerade gern Zeit mit Nova verbringen lassen.

Zusätzlich dazu hat mich der Klappentext in die Irre geführt. Der böse Zwilling namens Avon taucht erst nach über der Hälfte des Buches auf und ist auch nicht wirklich böse, sondern extrovertiert. Klar, es gibt Szenen in denen Avon Dinge tut, die hinterhältig und gemein sind. Doch zunächst ist sie einfach nur genau die, die Nova gern wäre: ein aufgeschlossenes Mädchen, das sich Dinge traut.
Was mich zu dem eben angesprochenen Punkt führt. Avon taucht immer dann auf, wenn Nova wütend ist oder sich missverstanden fühlt; dann ist der Zwilling da und tut das, zu dem Nova der Mut fehlt. Ich hatte Avon dadurch immer als ein Sinnbild für die Pubertät im Kopf. Durch Avon lernt Nova sich selbst und das, was sie sich erträumt besser kennen und macht das nicht die Pubertät aus – Veränderung? Außerdem rastet Avon teilweise völlig aus dem Nichts aus und wir erinnern wohl uns alle an emotionale Ausbrüche, die wie ein Kartenhaus über uns zusammenbrachen. In der Hinsicht gefallen mir Nova und Avon als Kombination richtig gut!

Bleibt die Frage, warum ich der Geschichte nur zwei Sterne geben möchte, wenn ich doch nur nicht mit der Figur warm werde und das Thema Pubertät total kreativ umgesetzt wurde. Ich weiß einfach nicht, wem ich das Buch so richtig empfehlen kann. Ganz sicher ist es in der Zielgruppe der jüngeren Jugendlichen mit 10-13 Jahren richtig aufgehoben. Sie können sich mit Nova und ihren Problemen bestimmt hervorragend identifizieren und finden die Konfliktlösung im Gegensatz zu mir auch nicht zu schnell und einfach. Ich bin eine sehr geübte Leserin und entspreche bei Weitem nicht mehr dem Alter der Zielgruppe. Doch Jugendbücher sind einfach mein Wohlfühlort. Ich kann mit ganz vielen ProtagonistInnen mitfühlen, obwohl wir an unterschiedlichen Stationen unseres Lebenswegs stehen, doch mit Nova bin ich doch zu weit auseinander. Dazu kommt, dass das Buch mit dreihundert Seiten schon ein ordentlicher Stiefel für die doch noch nicht allzu lese-erprobten jungen LeserInnen ist für die ich die Geschichte an sich empfehlenswert finde.
Ich kann nur raten, mal rein zu lesen und zu schauen, ob der Schreibstil und Humor von Tanja Voosen genau dem eigenen Geschmack entspricht. Es gibt schließlich für jedes Buch genau die richtigen LeserInnen und vielleicht ist diese Geschichte eher deine, als meine.

Deine Daisy

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Veröffentlicht am 08.11.2019

Enttäuschte Erwartungen...

Everything I Didn't Say
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Liebe Daisy,
wie du weißt, habe ich bisher kaum New Adult Bücher gelesen, obwohl sie gerade so beliebt sind. Um so mehr habe ich mich gefreut, Teil der Leserunde von Lesejury zu diesem Buch zu werden: ...

Liebe Daisy,
wie du weißt, habe ich bisher kaum New Adult Bücher gelesen, obwohl sie gerade so beliebt sind. Um so mehr habe ich mich gefreut, Teil der Leserunde von Lesejury zu diesem Buch zu werden: Everything I Didn’t Say von Kim Nina Ocker, das letzten Monat bei LYX erschienen ist. Ich fand sowohl das Cover ansprechend als auch den Klappentext vielversprechend und konnte es gar nicht abwarten, mein Manuskript in die Finger zu bekommen.

Der Roman erzählt die Geschichte von Jamie, einer jungen Amerikanerin, die davon träumt, Dramaturgin an einem Theater zu werden, und Carter, einem Schauspieler der Vorabendserie Chicaco Hearts. Wie es der Zufall so will, bekommt Jamie eine Praktikumsstelle als Dramaturgieassistetin (entgegen dem Klappentext, der von einer Regieassistenz spricht) am Set ebendieser. Die beiden treffen aufeinander und vom ersten Moment an, ist die Spannung zwischen ihnen spürbar – doch es gibt genug Dinge, die gegen die beiden sprechen; nicht zuletzt eine Klausel in Jamies Künstlervertrag…

Kim Nina Ockers Schreibstil war mir allgemein sehr sympathisch: er liest sich flüssig und authentisch. Einzig bei den Passagen im Präsens hatte ich manchmal meine Schwierigkeiten (wie oft bei dieser Erzählzeit), weil sie mir zu reflektiert dafür waren, dass behauptet wird, die Figuren würden es gerade so erleben (vgl. z.B.: S. 341/S. 362). Dafür war ich sehr positiv vom Format dieses Buches überrascht. Es ist eine Ich-Erzählung, die zwischen den Perspektiven der Protagonisten alterniert; somit etablieren sich schnell zwei klare Figuren. Die Chemie zwischen den ProtagonistInnen wird dadurch greifbarer, da wir in beide Köpfe schauen und die jeweiligen Unsicherheiten und Konflikte beobachten können
Zusätzlich wird im ersten Drittel des Buches zwischen zwei zeitlichen Ebenen gesprungen: 2015, das Jahr in dem die beiden sich kennenlernen, und 2019. Dies wird durch die verschiedenen Erzählzeiten (Perfekt/Präsens) betont. Natürlich nehmen die Dinge, die in der späteren zeitlichen Ebene passieren, manches vorweg, doch ich fand es sehr spannend als Leserin zu überlegen, wie die Figuren wohl dorthin gekommen sein könnten – zumal sie einander 2015 gerade erst begegnet sind. Schade (wenn auch bis zu einem gewissen Grad verständlich) fand ich, dass diese Struktur sich nicht durch das ganze Buch gezogen hat, sondern wir ab einem gewissen Punkt nur noch von den Geschehnissen im Jahr 2019 erfahren haben. Ab diesem Zeitpunkt hat der Roman leider einiges von seinem Facettenreichtum eingebüßt und somit etwas an Reiz verloren.


Ich muss auch sagen, dass ich das Buch als sehr vorhersehbar empfunden habe. Ich hatte rasch raus, was zwischen 2015 und 2019 passiert war; aber auch, was der große Konflikt am Ende sein und wie er sich auflösen würde. Das war somit kein großer Spannungsfaktor mehr. Ich fand es auch schade, dass wesentliche Konflikte so schnell aufgelöst wurden: etwa die Frage, wer die Information an die Presse weitergegeben hat oder die Auflösung des finalen Konfliktes. Letzterer hat sich leider extrem nach Deus-Ex-Machina angefühlt. Ich bin mir bewusst, dass sich ein Verweis auf die Lösung dieses bereits im Titel findet, aber ich hätte mir an dieser (wie auch an manchen anderen) Stellen gewünscht, dass die Autorin früher Hinweise gestreut hätte.
Was mich jedoch überrascht hat war, die Relevanz der im Klappentext angesprochenen Berufsfelder. Egal ob jetzt Regie, Dramaturgie oder Schauspiel, ich hatte große Hoffnungen, dass diese Berufe einen wesentlichen Bestandteil des Buches ausmachen würden. Sie wurden jedoch von Anfang an mehrheitlich nur behauptet. Ab dem Zeitsprung im ersten Drittel werden Jobs, wenn überhaupt, bloß noch am Rande erwähnt. Etwas, das ich sehr bedauerlich fand.

Ich habe schon erwähnt, dass sich durch die wechselnden Perspektiven schnell zwei Figuren etablieren. Ich konnte mit diesen nur leider nicht viel anfangen. Carter war mir extrem unsympathisch: er ist verwöhnt und hat einen absurden Luxusanspruch (z.B.: S. 195), er ist furchtbar unsensibel (z.B.: „Du siehst beschissen aus“ (S. 215) – ist das romantisch?), oberflächlich (vgl. z.B.: S. 246) und stellt unangebrachte Besitzansprüche in Bezug auf Jamie (vgl. z.B.: S. 156). Mit Jamie selbst konnte ich nicht unbedingt mehr anfangen: sie ist überdramatisch („Meine Probleme sind endlos.“ (S. 256)) und verhält sich kindisch (vgl. S. 257). Beide reagieren schnell über und sind teilweise inkonsequent geschrieben; sie springen wiederholt innerhalb weniger Sätze zwischen emotionalen Extrema (Jamie z.B.: S. 241, Carter z.B.: S. 247).
Die Beziehung von Jamie und Carter habe ich, bis auf einzelne schön etablierte Situationen, wie die auf dem Sofa (S. 318ff) und auf dem Basketballplatz (S. 334ff)), ehrlich gesagt auch nicht wirklich verstanden. Vielleicht liegt es am Genre, mit dem ich noch nicht ganz warm geworden bin, aber sie beschränken sich für meinen Geschmack etwas zu sehr auf körperliche Aspekte. Die beiden haben einmal (im betrunkenen Zustand) etwas miteinander und das soll so prägend gewesen sein, dass sie der „Beziehung“ vier Jahre später noch immer nachtrauern (vgl. S. 220)? Zumal sie in der Zeit, in der sie zusammen gearbeitet haben, kaum miteinander gesprochen haben – wenn überhaupt, dann haben sie einander angebockt; oder sich ein Gespräch gewünscht, es aber nicht umgesetzt, obwohl die Gelegenheit da gewesen wäre (vgl. S. 154). Eine Gelegenheit, die sie zugunsten körperlicher Lust verstreichen haben lassen. Etwas, das sogar benannt wird: „Das hier war tausendmal besser als Reden.“ (S. 157). Ich konnte mich einfach nicht damit identifizieren, dass ihre aufkeimende Beziehung scheinbar eine rein körperliche Komponente im Zentrum hat. Jamie sorgt sich etwa: „Ich habe mich nur gefragt, ob du zurzeit […] mit jemandem schläfst.“ (S. 414). Und auch Carter scheint rein den Sex mit ihr vermisst zu haben (vgl. S. 438). Solche Beziehungen haben ganz gewiss auch ihre Daseinsberechtigung, ich persönlich konnte nur relativ wenig damit anfangen.

Du merkst schon: weder die Geschichte, noch die Figuren (bzw. deren Beziehungen zu einander) konnten mich wirklich überzeugen. Die Leserunde hat trotzdem sehr viel Spaß gemacht und ich war sehr gerne dabei. Das war ein wunderbarer Anreiz immer weiter zu lesen. Mal sehen, ob ich mich noch einmal in das Genre New Adult traue, oder ob ich es vielleicht einfach bei diesem Buch belassen sollte.

Falls doch nicht, gebe ich dir jedenfalls Bescheid.

Deine Daffy

Veröffentlicht am 02.11.2019

Weihnachten in der Stadt der Liebe

Kiss me in Paris
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Chère Daffy,

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Hier komme ich mit einer frischen weihnachtlichen Rezension um die Ecke...oder auch nicht so weihnachtlich. Aber dazu gleich mehr. Das Duo Stephanie ...

Chère Daffy,

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt. Hier komme ich mit einer frischen weihnachtlichen Rezension um die Ecke...oder auch nicht so weihnachtlich. Aber dazu gleich mehr. Das Duo Stephanie Elliot und James Noble, das hinter dem Pseudonym Catherine Rider steckt, hat mit Kiss me in Paris die französische Hauptstadt zum Schauplatz ihrer winterlichen Liebeskomödie gemacht. Das Buch ist nicht mehr ganz jung, sondern erschien schon 2017 im cbt Verlag und wurde von Franka Reinhart aus dem Englischen übersetzt.

Weihnachten in der Stadt der Liebe...oder des Lichts, je nachdem welche Definition dir mehr zusagt, es sind beides absolute Garanten der Weihnachtszeit. Die New Yorkerin Serena kommt mit einer ganz besonderen Aufgabe nach Paris: Sie möchte zum 25. Hochzeitstag ihrer Eltern deren Hochzeitsreise nachstellen. Eine emotional aufwühlende Idee, war doch der Vater vor zwei Jahren verstorben. Erst zieht sich ihre Mutter aus der Sache raus und nimmt einen Geschäftstermin in London wahr, dann ist auch Serenas Schwester Lara zu verplant, um ihre Schwester zu begleiten. Bei einem Studienkollegen von Laras Freund wird Serena, gerade in Paris gelandet, geparkt und nun steht sie allein vor ihrer rappelvollen Liste an Sehenswürdigkeiten, die sie alle innerhalb von 24 Stunden besucht und fotografiert bekommen möchte. Völlig utopisch und gar nicht die Art und Weise, wie man Paris kennen lernen sollte, findet Jean-Luc, ebenjener Franzose, bei dem Serena untergekommen ist. Er nimmt sich Serenas an und will ihr seine Stadt zeigen, doch da hat er die Rechnung, ohne die Agenda der Amerikanerin gemacht, die minutiös jeden Schritt geplant hat.

Das klingt so gar nicht nach Weihnachten? Es ist mir auch verdammt schwer gefallen, ein Weihnachtsgefühl bei diesem Buch zu entwickeln. Das Buch spielt an einem Tag, dem 21.Dezember und ist in seinen Kapiteln nicht nur abwechselnd in die Sichtweisen von Serena und Jean-Luc unterteilt, sondern auch mit einer Angabe der Uhrzeit. Die Idee ist absolut witzig und hätte ich das vorher gewusst, würde ich das Buch am 21. Dezember zu genau diesen Uhrzeiten zu lesen versuchen. Ich glaube, das gibt dem ganzen eine ganz tolle Dynamik. Wie ich das mit dem Epilog machen würde, der sechs Monate später spielt, müsste ich mir dann allerdings noch überlegen, aber vielleicht hast du dazu einen Einfall?
Dass wir uns direkt vor Weihnachten befinden, kommt aber ansonsten gar nicht unbedingt an. Die Stadt des Lichts wird nicht großartig anhand von Dekorationen, Lichterketten oder funkelnden Tannenbäumen beschrieben. Es könnte also genauso gut irgendein Wintertag sein. Weihnachten spielt auch für Serena und Jean-Luc keine wichtige Rolle. Besagter Hochzeitstag ist an Neujahr und wird als der Feiertag der Geschichte dargestellt. Überhaupt ist Serena sehr besessen von ihrer Aufgabe, diese Reise nachzustellen, was ihrem Charakter einen sehr interessanten Zug gibt. Ich konnte sie mir richtig vorstellen, wie sie verbissen von Seine zu Notre Dame und durch den Louvre stapft, ohne wirklich etwas zu sehen. Sie bleibt nicht stehen, sie nimmt nichts wahr, nur ihre Liste und wovon sie nun schnell einen Schnappschuss für ihr Scrapbook schießen muss. Hätte man ihr nur dieses sture Verhalten und eine unbändige Angst vor dem Versagen verpasst, wäre sie mal eine faszinierende Protagonistin gewesen. Sie hat die Hosen an, sagt, wo sie lang möchte und lässt sich nicht beirren. Während Jean-Luc der künstlerische Typ ist, sich treiben lassen möchte und sogar der schüchterne Part der beiden ist, der sogar regelmäßig rot anläuft. Doch leider wurde von Catherine Rider dann zu viel gewollt. Durch die sehr unterschiedlichen Auffassungen und Vorstellungen geraten Serena und Jean-Luc pausenlos aneinander und finden keinen gemeinsamen Nenner. Serena ist dabei aber auch noch unhöflich, dreist und meint andauernd, Jean-Luc wäre ein Egoist, der nur nervt. Entschuldigung?! Der junge Mann, bietet einer Wildfremden kostenlos einen Schlafplatz, begleitet sie auf ihrer Tour durch Paris, damit sie sich nicht verläuft und alles in ihrem Zeitplan schafft, während wir erfahren, dass er sich in den Kapiteln aus seiner Sicht auch noch andauernd schlecht fühlt und selbst meint, er wäre ungerecht zu Serena. Nein! Jean-Luc ist ein wunderbarer Charakter, der hilfsbereit und engagiert ist und die Tour einfach gleichzeitig für sein Fotoprojekt nutzt. Das Ganze wird dann als „A Winter Romance“ angepriesen. Lass mich kurz überlegen, denn ich weiß nicht, wann in dem Buch groß romantische Stimmung aufkommt, während die beiden durch die Stadt der Liebe laufen – Serena meckernd, Jean-Luc sich selbst ungerechtfertigterweise tadelnd. Die Entwicklung, die das Buch nimmt, ist an den Haaren herbei gezogen, wie du dir sicher denken kannst, wenn zwei Menschen nur einen einzigen Tag miteinander verbringen und den nicht einmal harmonisch. Es gibt einen Unterschied zwischen „Was sich liebt, das neckt sich“ und Serenas Beleidigungen. Du wirst es langsam mitbekommen haben, Serena bekommt von mir als Figur eine glatte 6, Jean-Luc einen Satz heiße Ohren, damit er aufhört, von sich zu glauben, er würde nicht genug geben, aber ansonsten ist er ein absolut reizender Junge und ich wünschte, diese Romanze würde ihm eine andere Partnerin zur Seite stellen. Das einzig wirklich nervige an ihm ist seine Unfähigkeit sich zu entscheiden. Serena und Jean-Luc gehen mehrfach sowohl Essen, als auch Kaffee trinken. Serena schaut jedes Mal in die Speisekarte und bestellt, was ihr schmeckt, Jean-Luc nimmt grundsätzlich das gleiche. Als sie beide einen Kaffee kauften, konnte ich das noch nachvollziehen. Aber in einem Restaurant ist es sehr unwahrscheinlich, dass beide haargenau den gleichen Geschmack in jeglicher Hinsicht haben. Sollte es die absolute Übereinstimmung symbolisieren, wo sie augenscheinlich nur am Streiten waren? Oder war es eine Charakterschwäche Jean-Lucs, keine eigene Meinung zu haben? Bei jedem: „Ich bestelle das Gleiche […]“ (S. 143) zog es sich in mir zusammen.

Pluspunkte bekommt das Buch aber definitiv für ein wunderschönes Cover, das aussieht wie ein Moodboard zu einem winterlichen Paris, was ich super gelungen finde. Die Idee zur Geschichte ist toll und die Umsetzung, das Buch aus zwei Sichten, mit Uhrzeitangabe zu schreiben, gefällt mir ausgesprochen gut. Würde denn der Inhalt stimmen. Wie gesagt, ich glaube, es entwickelt sich ein ganz eigenes Gefühl, nähme man das Buch am 21.12. zur Hand, stellt den Wecker auf 09:15 Uhr und legt sich mit Kakao und Plätzchen aufs Sofa. Catherine Rider hat noch weitere Bücher geschrieben, vielleicht werfe ich da einen Blick rein und gebe dem Autorenduo noch eine Chance. Vor allem, wenn das Prinzip das Gleiche ist und ich mir einen Winterwunderlandtag machen kann. Mal schauen, wohin meine Reise nach Paris gehen wird. Ich halte dich auf jeden Fall auf dem Laufenden.

Bisous,
Daisy

Veröffentlicht am 02.11.2019

Alles, was ich in diesem Buch vermisst habe

Alles, was du suchst
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Liebe Daffy,

ich komme heute wieder mit einem Brief um die Ecke, in dem ich über einen romantischen Frauenroman sprechen möchte. Dieses Mal bin ich in die Welt von Alles, was du suchst, geschrieben von ...

Liebe Daffy,

ich komme heute wieder mit einem Brief um die Ecke, in dem ich über einen romantischen Frauenroman sprechen möchte. Dieses Mal bin ich in die Welt von Alles, was du suchst, geschrieben von Marie Force gereist. Das Buch wurde für den deutschen Markt von Tatjana Kruse übersetzt und von Fischer Taschenbuch 2016 herausgebracht; das Original trägt den Titel All you need is love (2014).

Der Inhalt lässt sich recht schnell zusammenfassen. Die New Yorker Webdesignerin Cameron reist nach Vermont, um einen neuen potenziellen Kunden an Land zu ziehen. Das Familienunternehmen eines Country-Stores soll einen Webauftritt bekommen. Zumindest möchte es Lincoln Abbott so – Vater einer Großfamilie und momentaner Geschäftsführer ebendieses Geschäfts. Die zehn Kinder, die das Unternehmen mit ihm leiten sind dagegen gar nicht seiner Ansicht und stehen Camerons Präsentation über Website-Möglichkeiten ausgesprochen ablehnend gegenüber.
Doch das bleibt nicht das einzige Problem. Nicht nur, dass Cameron diesen Auftrag unbedingt braucht, ansonsten steht ihre Werbeagentur vor dem Aus, sie verliebt sich auch noch in einen der Abbott-Söhne und findet sich vor dem Dilemma wieder, dass eine Fernbeziehung zwischen New York und Vermont das Allerletzte ist, das sie in dieser Situation gebrauchen kann. Doch da hat sie die Rechnung ohne Will Abbott gemacht, der sich ebenfalls Hals über Kopf verliebt hat und nun um Cameron kämpft.

Es ist vielleicht etwas ungewöhnlich mit dem Nachwort zu beginnen, doch Marie Force hat in diesem so anschaulich beschrieben, wie sie auf die Idee zu dieser Buchreihe (dazu gleich mehr) gekommen ist, dass ich ihr die Begeisterung, die sie in der Geschichte für ihre fiktive Stadt und den Country-Store vermitteln möchte, absolut nachvollziehen kann. Ich finde es herausragend, wenn Autoren ihre Intension klar benennen können und voll und ganz hinter ihrer Geschichte stehen. Genau diesen Eindruck habe ich bei dieser Autorin.

Wie gerade erwähnt, handelt es sich bei der kleinen Stadt Butler um eine fiktive Stadt, die Marie Force aufgrund der vielen Eindrücke verschiedener Städte in Vermont, die sie während ihrer Recherchereise besuchte, erfand. (S. 483)
Da ich selbst noch nie in Vermont war, kann ich zur Authentizität nichts sagen, doch ich habe mich direkt wohl gefühlt und konnte mir vorstellen, wie die Atmosphäre wohl sein könnte.
Ebenso schön ausgearbeitet, ist der Familienstammbaum der Familie Abbott, bestehend aus Großvater, Vater und Mutter, sowie den zehn Kindern. Toll finde ich, dass es eine visuelle Aufbereitung des Stammbaums im Buch gibt.

Leider muss ich sagen, so schön das Buch recherchiert und die Familie konstruiert ist, es hat mich in den Kategorien Schreibstil, Spannung und Charakteren nicht überzeugen können. Das klingt jetzt sehr harsch und ich möchte meine Ansicht ein wenig erklären.
Ich würde behaupten, all diese Kritikpunkte bedingen sich in gewisser Hinsicht. Mein Standpunkt im Bezug auf die Sprache bezieht sich natürlich auf die deutsche Übersetzung und ich kann nichts zum Original sagen. Die Sprache ist nicht nur einfach gehalten (was absolut in Ordnung für einen Ferienroman ist, für den ich ihn halten würde), es ist auch sehr hölzern formuliert und hier glaube ich, dass die Übersetzung nur noch einen drauf gesetzt hat und das Original ebenfalls nicht herausragend sein kann. Marie Force bedient sich fast ausschließlich des „tell“ und nicht des „show don't tell“.
Hier kommen Spannung und Charaktere ins Spiel. Die Figuren waren mir nicht zugänglich, weil ich einfach nichts richtig von ihnen erfahren habe. Es wurde andauernd behauptet, sie lieben jene Stadt und mögen diese Freizeitaktivität. Ein Beispiel dafür wäre, dass Cameron darauf beharrt, das Theater zu lieben und sich unheimlich gern Vorstellungen anzusehen – die Ballettkarten, die sie von ihrem Vater stets geschenkt bekommt, gibt sie aber an ihre beste Freundin Lucy weiter und belügt ihren Vater dann, dass das Stück toll gewesen sei. Was denn nun? Geht sie gern ins Theater oder nicht? Soll es uns sagen, sie liebt jede Form von Theater, nur Ballett nicht? Was schaut sie denn alternativ gern?
Wir erleben die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht von Cameron, einige Kapitel geben Wills Perspektive wieder. Ein Kapitel ist aus der Sicht von einer Schwester Wills; das war komplett aus dem Konzept und hat mich doch sehr verwirrt. Während der Kapitel erfahren wir jedoch nicht unbedingt mehr über die Figuren, wie man bei wechselnder Sichtweise vermuten könnte. Problem hierbei ist wohl wieder das viele Behaupten von Umständen.
Wie du dir denken kannst, entwickelt sich zwischen Will und Cameron eine Liebesbeziehung – damit habe ich nichts verraten.
Was jetzt folgt könnte jedoch als Spoiler gewertet werden: Sie bezeichnen diese Liebe als die wahre Liebe und noch nie dagewesene Gefühle für einen Menschen. Es tut mir leid, aber davon haben wir überhaupt nichts mitbekommen. Das einzige, das die beiden voneinander denken, ist die sexuelle Anziehungskraft und wie gut sie in der Hinsicht zusammen passen. Das ist meines Erachtens keine wahre Liebe, sondern einfach nur Leidenschaft. Sie wollen nach vierzehn Tagen den Rest ihres Lebens miteinander verbringen und alles für den anderen aufgeben. Da frage ich mich ernsthaft, ob die beiden wirklich Ende 20/ Anfang 30 sind oder Teenager. Das war albern!
Daraus resultierend, hielt es sich mit der Spannung in Grenzen. Es werden keine großartigen Konflikte geschaffen und die wenigen, die da sind, sind nicht ernstzunehmen. Ein Beispiel hierfür wäre ein Telefonanruf, der nicht kommt. Wir wissen aber ganz genau, dass einer der beiden unterwegs ist und gar nicht anrufen kann, wie bisher jeden Abend zuvor. Wegen des Ausbleibens dieses einen Anrufs wird die gesamte Beziehung in Frage gestellt und die nicht angerufene Person glaubt, die Liebe sei versiegt.
Bitte entschuldige diese kryptische Beschreibung der Situation, ich möchte niemandem etwas vorwegnehmen und doch dieses Beispiel nennen. Es zeigt einfach so gut, wie jugendlich naiv die erwachsenen Figuren geschrieben wurden. All das wird uns auch nicht gezeigt, indem die eine Person stundenlang vor dem Telefon sitzt, in der Wohnung auf und ab tigert, selbst anruft und niemanden erreicht und wochenlang keinen Kontakt aufnehmen kann. Es wird berichtet, dass es am gestrigen Abend so vor sich ging und nun ist die Person am Boden zerstört und glaubt sich nicht mehr geliebt. Kein Aufbau von Spannung, kein Einblick in das Innenleben der Figur während der Situation.

Du merkst, ich bin nicht allzu zufrieden und kann dem Buch deshalb nur zwei Sterne geben. Es genügt mir nicht, eine schöne Kulisse zu schaffen und zu hoffen, alles darin fügt sich problemlos ein.
Ich habe zu diesem Buch gegriffen, weil ich nach Redwood Love nach einer vergleichbaren Reihe gesucht habe, mit ebendiesem Charme in einer kleinen Stadt. Die Stadtstimmung kommt auch absolut auf, doch Kelly Moran verstand es sehr viel besser, ihren Figuren Tiefe zu geben und Konflikte zu schaffen. Ich weiß, dass das Genre durchaus leichte Lektüre sein kann, hatte Lust darauf und ging daher absolut in dem Wissen an diese Geschichte, dass es nicht allzu verzwickt und ein bisschen wie eine romantische Komödie im Fernsehen sein würde, bei der man von Anfang an weiß, dass sich das Liebespaar kriegen wird, man trotzdem mitfiebert und findet es einfach schön und entspannend. Vom Gefühl her war dieses Buch genau so angelegt und erinnerte mich an die Serien Chesapeake Shores und Men in Trees. Letztere wies sogar einige Parallelen auf, indem Will – der raue Mann aus der kleinen Stadt – Cameron – der schicken Dame aus der Metropole New York – die passenden Schuhe schenkt und sie ein wenig umeinander herumschleichen wie Marin und Jack. Dann gab es sogar eine Szene, die direkt ein „easter egg“ für Twilight sein könnte – erinnerst du dich daran wie Edward Bella auf dem Rücken von der Lichtung zurück zum Truck getragen hat?
Doch der Charme der Figuren in den genannten Serien und Filmen, blieb aus. Man lernt Cameron und Will rein auf der Ebene kennen, was sie sexuell anziehend finden.
Leider konnte ich die Begeisterung, die diese Buchreihe auszulösen scheint nicht nachempfinden und werde dadurch die Folgebände nicht lesen. Wenn du aber Lust hast, dir anzuschauen, um wen es noch geht, findest du sowohl im Buch, als auch im Internet eine Liste, welche Bände die Lost in Love-Reihe noch zu bieten hat.

Liebe Grüße,
Daisy