Profilbild von LaCalaveraCatrina

LaCalaveraCatrina

Lesejury Star
offline

LaCalaveraCatrina ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit LaCalaveraCatrina über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.07.2020

Gelungenes Gesamtpaket trotz kleinerer Kritikpunkte

Jella hat genug!
0

Jella liest gern. Das ist ihre absolute Lieblingsbeschäftigung, wenn sie nicht gerade Schlager hört, mit ihrer Freundin Gunhild verabredet ist, Fahrrad fährt, Handball oder Mondharmonika spielt, oder in ...

Jella liest gern. Das ist ihre absolute Lieblingsbeschäftigung, wenn sie nicht gerade Schlager hört, mit ihrer Freundin Gunhild verabredet ist, Fahrrad fährt, Handball oder Mondharmonika spielt, oder in der Gegend herumläuft und Müll aufsammelt. So beschreibt Jella sich selbst. Jedenfalls gilt das für ihr altes Leben: Ein Umzug an die Ostsee wirbelt ihr Leben ordentlich durcheinander. Und nicht nur das!
Umwelt- und Klimaschutz steht als Thema im Vordergrund, aber handlungsbedingt werden weitere Themen wie Familiennachwuchs, Schulwechsel und neue Freunde aufgegriffen. Diese Vielfalt sorgt für ausreichend Handlungsstoff, ohne dabei den Fokus auf den Umweltschutz zu verlieren - das erweckt die Geschichte erst zum Leben und macht die Charaktere interessant. Jelle legt oft mit klaren Worten sprichwörtlich den Finger in die Wunde, und das regt zum Nachdenken an.

Aber auch Jella muss sich manchmal Mut zureden: mit einem „Ich schaffe das!“ steht sie für ihre Überzeugungen ein. Dagmar Hoßfeld hat mit Jella eine verantwortungsvolle Heldin geschaffen, die ein ganz normales elfjähriges Mädchen ist, aber mit dem, was sie sagt und tut, ein Vorbild für junge Leser sein kann, mit der sie sich auch identifizieren können. Jella schreibt Beschwerde-Mails, um auf Müll aufmerksam zu machen, streikt allein (!) vor dem Rathaus und ergreift die Initiative bei einem Beinahe-Schiffbruch, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Auf den letzten Seiten wird es dann nochmal spannend: Jella nimmt an einem Klimageschichten-Schreibwettbewerb teil und wird erneut zur Heldin. Ebenfalls prima: Sachinformationen zum Umwelt- und Klimaschutz fließen ungezwungen in die Geschichte ein. Was sind Geisternetze und warum ist ein Beach Clean Up so wichtig? Und an jedem Kapitelanfang gibt es eine kurze (ein Satz) Kapitelzusammenfassung, die neugierig macht. Außerdem großartig: Die Buchseiten stammen überwiegend aus Altpapier (Blauer Engel-Umweltzeichen).

Als Erwachsene habe ich allerdings kleinere Kritikpunkte: Meiner Meinung nach stellen die Kinder die Umweltsünder sehr klischeehaft dar und neigen zur Vorverurteilung. Die wenigsten fahren einen fetten SUV und manchmal durchsuchen Tiere die Mülleimer nach Futter und werfen alles daneben, nicht die Menschen. Zudem wird Jella für ihr Alter manchmal zu selbständig dargestellt. Beispielsweise fährt sie mit ihrer Freundin in eine große Stadt zu einer Demo, ohne erwachsene Begleitung. Das war mir dann etwas zu viel des Guten, aber die Kinder fanden es klasse, daher mein Fazit:

Handwerklich tolles Buch mit bunt gemischten Charakteren, Humor und vielseitiger Handlung, bei der man spielerisch viel über den Klima- und Umweltschutz erfahren kann. Ein paar schöne Illustrationen runden das Buch ab, und trotz meiner Kritikpunkte, würde ich es definitiv empfehlen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.07.2020

„Heim“geblieben - Sehenswerte Reiseziele

HOLIDAY Reisebuch: Hiergeblieben! – 55 fantastische Reiseziele in Deutschland
0

„Hiergeblieben“ ist ein inspirierender Empfehlungsgeber für Reisewillige, die in Deutschland architektonische und landschaftliche Attraktionen suchen, die ähnlich im Ausland zu finden sind, ohne weit verreisen ...

„Hiergeblieben“ ist ein inspirierender Empfehlungsgeber für Reisewillige, die in Deutschland architektonische und landschaftliche Attraktionen suchen, die ähnlich im Ausland zu finden sind, ohne weit verreisen zu müssen.

In fast jedem Bundesland - ausgenommen Saarland und Bremen - finden sich 1-13 Reiseziele; berühmte Bauwerke oder Landschaften, die irgendwo auf dem Globus einen Doppelgänger haben. Eine inspirierende Idee, auch wenn man machmal etwas Fantasie benötigt, weil der 120 m hohe Kalimandscharo seinem großen Bruder in Tansania niemals das Wasser reichen könnte. Neben Klassikern wie Potsdam und dessen Holländisches Viertel, die Kreidefelsen auf Rügen, die eindrucksvolle Sächsische Schweiz oder dem kristallklaren Eibsee, lassen sich unter den Doppelgängern auch neue Entdeckungen machen: Uralte japanische Handwerkskunst an der Ostsee, Tradition aus dem schottischen Hochland, wilde Flamingos und Wildpferde in Nordrhein-Westfalen und Venedig-Flair im nördlichen Bayern.

Man kann stundenlang durch das Buch blättern und während man visuell auf Weltreise durch die Heimat geht, noch allerhand Wissenswertes - spannendes und kurioses - erfahren. Jens van Rooij schreibt voller Begeisterung und Charme, weckt Reiselust und gibt zusätzliche Ausflugtipps für die Umgebung der 55 Highlights sowie je zwei Hotel- und Restauranttipps mit weiterführenden Weblinks. Daher verstehe ich das Buch vor allem als Inspiration, denn die abschließende Recherche wird einem nicht gänzlich abgenommen - das würde den Rahmen sprengen -, aber man kann sich ein gutes Bild davon machen, wo der nächste Urlaubsausflug hingehen könnte und was man unbedingt noch entdecken möchte.

Fazit: Perfekt, um sich inspirieren zu lassen, voller Vorfreude das nächste Reiseziel zu recherchieren oder nützliches Wissen für den nächsten Small Talk zu sammeln. Kulturinteressiert? Familie mit Kindern? Entspannt den Ruhestand genießen oder Erholungswochenende zu Zweit? In diesem Buch ist wirklich für jeden was dabei! Ansprechend gestaltet und auf dem aktuellsten Stand zudem ein echtes Schmuckstück.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.06.2020

„Nichts ist, wie es scheint.“ - Spannender Fall in Hamburg

Der Fahrer
0

Ohne jegliche Spoiler!

Der mittlerweile 3. Fall von Jens Kerner war mein erstes Buch von Andreas Winkelmann und hat mich ziemlich in seinen Bann gezogen. Ich hatte sein neustes Werk schneller durch, als ...

Ohne jegliche Spoiler!

Der mittlerweile 3. Fall von Jens Kerner war mein erstes Buch von Andreas Winkelmann und hat mich ziemlich in seinen Bann gezogen. Ich hatte sein neustes Werk schneller durch, als ich gedacht hätte. Es geht um einen oder mehrere Täter, der es auf Frauen abgesehen haben, die allein mit einem Fahrdienst unterwegs sind.

Warum es sich lohnt, den spannenden Thriller zu lesen?
Cliffhanger am Ende der kurzweiligen Kapitel sorgen für mehr Sogwirkung; die Figuren sind vielfältig und interessant, wobei Winkelmann auf das Vorantreiben der Handlung setzt und weniger auf die Vertiefung seiner Protagonisten. Es gibt einige Andeutungen, die man als Leser mit Insiderwissen - aus den vorherigen Bänden - besser versteht; jedoch kann man auch ohne Vorwissen einsteigen (es werden alle nötigen Infos nochmal genannt). In diesem Band lernt man nebenbei noch etwas über die Oberflächlichkeit und Unsicherheit sozialer Medien; und welche Rolle InstaSaver, Tor Browser und InstaLooker spielen. Der Mörder ist ein "eiskalter, zielorientierter, intelligenter Mensch“ und geht bei der Tat und Planung „kontrolliert und fokussiert“ vor, wie es die Kommissarin Rebecca treffend beschreibt. Die grausamen Szenarien der Opfer werden nicht im Detail beschrieben, nur angedeutet, was trotzdem an die Substanz geht. Durch einen Perspektivenwechsel von Kommissaren, Opfern und Tätern, bleibt es spannend, wobei der Leser den zahlreichen Verdächtigen trotzdem nicht so schnell auf die Schliche kommen wird. Finten und Hinweise sind perfekt gestreut.

Wer gern spannende und solide Thriller liest, dabei Aktualität und etwas Wissensvermittlung schätzt, wird mit diesem neuen Werk von Andreas Winkelmann nichts falsch machen, und sollte lieber gleich einige Stunden LeseZEIT am Stück dazu kaufen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 13.05.2020

Gedanken auf neue Wege schicken

Wer braucht Superhelden
0

Was ist wirklich nötig, um unseren Welt zu retten? In „Wer braucht Superhelden“ greift die Autorin Lisz Hirn bei dem Versuch, eine mögliche Antwort zu finden, genauso auf große Denker wie Kant zurück, ...

Was ist wirklich nötig, um unseren Welt zu retten? In „Wer braucht Superhelden“ greift die Autorin Lisz Hirn bei dem Versuch, eine mögliche Antwort zu finden, genauso auf große Denker wie Kant zurück, als auch auf Philosophen der Neuzeit. Es geht nicht so sehr um die möglichen Antworten, die sie gefunden hat, sondern vielmehr darum, welche Fragen sie stellt, die wiederum neue Denkräume öffnen - wie es sich für die Philosophie eben gehört. Es geht vor allem um die Rolle des Mannes in unserer Gesellschaft und was mit dem Begriff der Männlichkeit assoziiert wird. Lisz Hirn wirft einen Blick auf die Sinnhaftigkeit überholter Überzeugungen, Ängste und Selbstoptimierung und zeigt, wie Philosophie helfen kann, die Welt besser zu verstehen, um im Alltag vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Was mir besonders gefallen hat ist das Layout und die Buchgestaltung - das lockert das ganze nochmal auf. Die Überschriften sind farblich markiert, und verschaffen einen sinngemäßen Überblick und dadurch fällt es leicht das Buch auch querzulesen, wenn man zu einem ganz bestimmten Thema mehr erfahren will. Zudem sind sehr aussagekräftige Textstellen hervorgehoben, was einen durchgehend gut strukturierten Eindruck hinterlässt.

Dieses Buch ist für alle, die genauer verstehen möchten, warum Jungs Superhelden lieben; für jeden, der sich noch fragt, wie Trump Präsident werden konnte und warum gerade Männer konservative und rechte Parteien wählen. Und natürlich auch für Philosophie-Interessierte, die aktuelle Themen gern mit „Vernunft“ betrachten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 27.04.2020

Vier Frauenschicksale, wehrlos von der Gesellschaft verstoßen - aufrüttelnde Story

Die Tanzenden
0

„Die Tanzenden“ erzählt von dem berühmtesten Krankenhaus von Paris im 19. Jahrhundert, der Salpêtrière: „Eine Anstalt für Frauen, deren Empfindungen nicht den Erwartungen entsprachen. Ein Gefängnis für ...

„Die Tanzenden“ erzählt von dem berühmtesten Krankenhaus von Paris im 19. Jahrhundert, der Salpêtrière: „Eine Anstalt für Frauen, deren Empfindungen nicht den Erwartungen entsprachen. Ein Gefängnis für diejenigen, die sich einer eigenen Meinung schuldig gemacht hatten.“ Es geht um vier miteinander verstrickte Frauenschicksale in einer männlich dominierten Gesellschaft. Während manche sich ihrer Bestimmung fügen, werde andere aufmüpfig und leisten Widerstand.

Victoria Mas hat sich einprägsam eine Vorstellung davon gemacht, wie es zur damaligen Zeit in der Salpêtrière zugegangen sein könnte. Dabei schreibt sie so lebendig über die schauderhaften Ereignisse und das Leben in Paris, dass es wunderbar gelingt, sich beim Lesen in diese Zeit zurück zu versetzten. Sowohl schockiert, als auch zutiefst beeindruckend hat mich ihr Roman zurückgelassen.

Besonders gefallen hat mir der Perspektivenwechsel der Protagonisten, wobei die Autorin nicht, wie oft üblich, auf die Ich-Perspektive zurückgreift, sondern uns einen allwissenden Erzähler beschert. Hauptsächlich geht es um die Krankenschwester Geneviève und die Patientin Eugénie, und ihre Entwicklungen und Beziehung zueinander. Während ich die ausführliche Darbietung von Geneviève’s Gedanken und Handlungen schon als Mittelpunkt der Geschichte deuten würde, verdient, in meinen Augen, Eugénie die meiste Aufmerksamkeit. Ihr unerschütterlicher Glaube, gepaart mit einer besonderen Fähigkeit, macht, für mich, den Reiz der Handlung aus. Letztlich hätte ich gern noch mehr über sie erfahren und mir zum Schluss mehr Details gewünscht, was aber dafür spricht, dass mir die Geschichte gut gefallen hat.

Mich wundert es nicht, dass „Die Tanzenden“ in Frankreich als bestes Debüt des Jahres ausgezeichnet wurde - mich selbst hat der Schreibstil begeistert. Am Ende hätte die Geschichte gern länger sein dürfen - so schnell hatte ich das Buch ausgelesen -, aber die Geschichte war auserzählt und wurde nicht künstlich in die Länge gezogen.

„Die Tanzenden“ würde ich nicht nur Fans Historischer Romane empfehlen, sondern allen Lesern, die Lust auf ein kurzes Lesevergnügen mit Sogwirkung haben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere