Nicht ganz so packend wie erwartet
Nachdem ich die Inhaltsangabe dieses Buches gelesen hatte, bekam ich richtig Lust auf den so spannend wirkenden Thriller. Viele Passagen darin konnten mich tatsächlich fesseln, aber das galt leider nicht ...
Nachdem ich die Inhaltsangabe dieses Buches gelesen hatte, bekam ich richtig Lust auf den so spannend wirkenden Thriller. Viele Passagen darin konnten mich tatsächlich fesseln, aber das galt leider nicht für das gesamte Werk.
Zum Teil lag das mit an den Figuren, die mich nicht immer erreichten. George ist in meinen Augen das perfekte Beispiel dafür, wie man sich in seinen Gewohnheiten verlieren kann. Daher verstehe ich einerseits schon, weshalb er sich so bereitwillig seiner alten Flamme anvertraut. Schließlich verspricht sie trotz allem Abwechslung und weckt lange unterdrückte Emotionen in ihm. Andererseits möchte man ihn manchmal regelrecht packen und schütteln, so naiv und gutgläubig er sich von ihr einwickeln lässt. Nicht jede seiner Gefühlsregungen ihr gegenüber sind nachvollziehbar, dazu waren sie an einigen Stellen einfach zu schwach dargestellt. Allerdings war ich durchaus in der Lage zu erkennen, weshalb sie ihn so fasziniert, entgegen oder gerade wegen der Gefahr, die sie umgibt.
Liana selbst erscheint relativ undurchsichtig, da man nie genau sagen kann, inwieweit sie nur spielt oder ihre Beteuerungen nicht sogar zumindest teilweise der Wahrheit entsprechen. Es bleibt genügend Raum für Spekulationen, selbst wenn keine von ihnen jemals bestätigt wird.
Die übrigen Charaktere waren mir streckenweise etwas zu blass, ergänzen jedoch die beiden Hauptakteure so gut, dass ich dieses kleine Manko gerne verzeihe.
Der Schreibstil lässt sich flüssig lesen, eben weil er nicht zu einfach gehalten ist. Der Autor erwähnt die wichtigsten Details, wechselt gekonnt zwischen kurzen und langen Sätzen und erhöht an den richtigen Stellen das Tempo, um die Spannung durchgehend zu halten. Die ersten Seiten ziehen sich zwar etwas, aber nach den vielen überraschenden Wendungen rätselt man nur noch mit George mit, was Liana im Schilde führt. Dazwischen lockern Abschnitte aus ihrer beider Vergangenheit die Geschichte auf, ohne zu verwirren oder einen aus dem Lesefluss zu reißen. Stück für Stück erhält man auf diese Weise die Informationen, die zum Zusammensetzen des Puzzles relevant sind.
Allerdings fehlte gerade hier ebenfalls der Tiefgang in der Story. Swanson gibt sich sehr viel Mühe, das Wie und Warum logisch zu erklären, was ihm auch meist gelingt. Doch emotional konnte mich die Handlung nicht unbedingt packen. Ich kam mir oft vor wie ein objektiver Betrachter, der einen Tatsachenbericht vor sich hat: Hauptsächlich auf das Geschehen beschränkt, mit wenigen Untermalungen, was es für die Akteure bedeutet.
Fazit
Die Unbekannte ist ein wendungsreicher Roman, der handwerklich gesehen sehr gut gemacht ist. Eine abwechslungsreiche und nicht leicht zu durchschauende Story und ein dazu passender temporeicher Schreibstil sorgen dafür, dass einem beim Lesen selten langweilig wird und man des Öfteren darüber nachdenkt, wohin die Handlung wohl führen wird.
Leider bleibt Peter Swanson dabei viel zu sehr an der Oberfläche, sowohl was seine Figuren als auch die Story angeht. Rational gesehen können beide Punkte überzeugen, doch emotional wissen sie selten zu packen.
Wer gerne Geschichten liest, die einen immer wieder spekulieren lassen, einen Thriller mit ein bisschen Romantik vermischen und in denen Spannung gegenüber dem Tiefgang überwiegt, den wird dieses Buch wunderbar unterhalten.