Als Vielleserin habe ich oft das Gefühl, immer wieder das Gleiche in abgewandelter Form zu lesen.
Miina Supinens Werk "Endlich zu Fünft" hat mich schliesslich aus meinem Lesetrott gerissen, da es wirklich innovativ ist. Ein frischer Stil, der oft ins Absurde bzw. Groteske abgleitet und sich am ehesten mit Ćosićs Stil in "Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution"
vergleichen liesse. Die Sprache von MIINA SUPINEN ist poetisch und explizit, dabei aber so dosiert, dass mich die vulgären Passagen nie abgestoßen haben. Seltsam, aber irre gut! Der Humor ist geistreich und funktioniert meines Erachtens auf mehreren Ebenen. Supinen übt ohne erhobenen Zeigefinger Gesellschaftskritik, sie wendet sich auch gegen Misogynie, stets leichtfüßig, ironisierend und in teils sarkastischem Ton. Ein third person narrator nimmt den Leser mit auf die Reise.
"Roman einer fast perfekten Familie" beschreibt die story ganz gut: Es geht um die finnische Familie Silola: Nesthäkchen Pelagia (die Vierjährige habe ich während der Lektüre ins Herz geschlossen), Studentin Astra, Teenager Silmu und die Eltern, Katriina und Launo.
Im Prinzip eine Vorzeigefamilie - der Vater ein berühmter Dirigent, die Mutter Innenarchitektin; ihr Heim ein Wohntraum am Meer. Die finnische Sippe hat wie fast alle Familien ihre handfesten Probleme. Wenn sich Vater Launo wundert, wie ein junger Mensch wie Astra Biologie studieren kann und sich statt für Kunst "für Zytoplasma" begeistern kann, ist das komisch, denn eigentlich gibt es gravierendere Mißstände.
Astra möchte sich, ganz dem Zeitgeist entsprechend,dem Sadomasochismus hingeben. Die Suche nach einem geeigneten Meister gestaltet sich indes schwierig:
Online findet sie einen dyslexischen Möchtegernmaster….der Frauen gerne 'füsisch' züchtigen will.
" Was ist daran falsch?" ,- fragt Bruder Silmu, obwohl er lieber von Astras persönlichen Angelegenheiten verschont bleiben will.
"Die Rechtschreibung!… " entgegnet Astra trocken.
Ich habe während der Lektüre viel gelacht, ich bin aber auch ins Grübeln gekommen und habe mich an manchen Passagen gestört. So soll ein gutes Buch sein! Keine Sekunde lang habe ich mich gelangweilt und ich war traurig, dass der Roman so schnell ausgelesen war.
Der Roman ist aber kein Familienkitsch, wer eine handzahme , heitere Erzählung erwartet, wird enttäuscht sein.
Was die Familie Silola so besonders macht und welche Probleme sie unter den Teppich kehrt, müsst ihr selbst entdecken! Ich kann das Buch nur empfehlen.
Von mir gibt es für "Endlich zu Fünft" fünf von fünf möglichen Sternen!