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Veröffentlicht am 14.09.2021

Tolle Fortsetzung

Der dunkle Wald
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Rezensionsexemplar

INHALT

Ye Wenjie hat vor vielen Jahren eine unglaubliche Entdeckung gemacht: auf einem anderen Planeten existiert intelligentes Leben. Doch durch diese Entdeckung schwebt die Erde ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Ye Wenjie hat vor vielen Jahren eine unglaubliche Entdeckung gemacht: auf einem anderen Planeten existiert intelligentes Leben. Doch durch diese Entdeckung schwebt die Erde in großer Gefahr, denn eine Invasion steht ihnen bevor. Trisolaris ist auf dem Weg und vier Menschen werden auserwählt als sogenannte Wandschauer unabhängig voneinander und unter strenger Geheimhaltung einen Abwehrplan zu entwickeln. Drei von ihnen sind berühmte Wissenschaftler und Politiker. Der vierte ist ein völlig Unbekannter.
Luo Ji ist Astronom und Soziologe und hat keinerlei wissenschaftliche Erfolge gefeiert. Dennoch wird er als Wandschauer auserwählt und weiß nicht, was er mit dieser Aufgabe anfangen soll. Doch plötzlich muss er feststellen, dass er der einzige der vier Wandschauer ist, den die Trisolarier um jeden Preis tot sehen wollen. Schließlich ist sein Plan ganz anders, als alles, was die Menschheit jemals getan hat.


Nachdem ich das Hörspiel zu „Die drei Sonnen“ zu Ende gehört habe ist sehr schnell klar gewesen, dass ich die Trisolaris Trilogie unbedingt weiterverfolgen möchte. Die Art, wie Cixin Liu schreibt hat mich komplett begeistert und so hat es nicht lange gedauert, dass ich „Der dunkle Wald“ angefragt und schließlich auch die Zusage bekommen habe. Herzlichen Dank für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Der Anfang der Geschichte spiegelt die Unsicherheit und Angst der Menschheit im Bezug auf die bevorstehende Invasion der Trisolarier unglaublich gut wider. Man spürt von Seite 1 an, dass sich Angst breit macht und niemand genau weiß, wie man dem eigenen Ende entgegen sehen soll. Gleichzeitig sind sich alle Wissenschaftler und Politiker dessen bewusst, dass es noch Jahrhunderte dauern wird, bis die Flotte der Trisolarier tatsächlich im Sonnensystem angelangt. Sie haben also eigentlich genügend Zeit, um sich einen Plan auszudenken, der das Überleben der Menschheit sichert.
Die Frage ist jedoch, wie soll das gelingen, wenn man den eigenen Feind kaum kennt? Niemand weiß, wie fortschrittlich die Trisolarier wirklich sind. Was muss die Erde dieser Flotte entgegen setzen, um überhaupt eine Chance zu haben? Gibt es überhaupt eine Chance oder sollte man sich an Verhandlungen setzen? Doch was hat die Erde für Möglichkeiten, um eine Verhandlung überhaupt plausibel zu machen? Es gibt etliche Fragen die bedacht und diskutiert werden müssen und gleichzeitig schwebt diese Angst über den Köpfen der Menschen: werden wir alle vernichtet werden? Wird es keine Zukunft mehr geben?
Liu bringt die Stimmung unglaublich auf den Punkt, denn beim Lesen hat mich ebenfalls diese Trostlosigkeit, Ratlosigkeit und Angst befallen. Was, wenn die Menschen keine Lösung finden? Was, wenn Trisolaris auftaucht und alles Leben auslöscht? Was dann? Gleichzeitig wollte ich die Menschheit natürlich nicht aufgeben aber ich habe absolut keine Ahnung von Physik oder Astronomie. Ich musste mich darauf verlassen, dass die Charaktere im Buch mir erklären, was sie tun und das haben sie auch getan.

„Wenn man alles unmögliche ausgeschlossen hat, dann muss das, was übrig bleibt, und sei es noch so absurd, das einzig Mögliche sein. Oder haben Sie eine bessere Erklärung?“ (S. 373)

Der technische Aspekt im Buch hat mir dieses Mal nicht ganz so viel Spaß gemacht, weil ich teilweise Stellen mehr als ein Mal lesen musste, um ansatzweise begreifen zu können um was es eigentlich geht. Ich bin mir sicher, dass ich von allen Erklärungen maximal die Hälfte verstanden habe, das hat meiner Meinung nach allerdings ausgereicht, um zu verstehen was im gesamten Buch passiert ist. Es war dieses Mal wirklich schwieriger den Gedankengängen der Wissenschaftlern zu folgen und manches wird mir wohl für immer Verborgen bleiben. Das hat mich allerdings nur in wenigen Momenten richtig gestört. Die Dringlichkeit und Spannung hat nicht darunter gelitten, dass ich manchmal länger gebraucht habe, um zu verstehen, was gerade diskutiert wird. Trotzdem hat es meinen Lesefluss etwas gestört und wahrscheinlich habe ich unter anderem deshalb so lange zum beenden des Buches gebraucht. Alles zu verarbeiten hat einfach länger gedauert. Zusätzlich zu dieser Schwierigkeit, finde ich die Aufteilung des Buches nicht so gut gelungen. Kapiteleinteilungen hätten mir wirklich geholfen den Faden nicht komplett zu verlieren. Es gibt nur Absätze und sehr große Kapitel. Allein der erste Teil des Buches geht fast 300 Seiten, ohne jegliche Kapitel. Es ist anstrengend ein Buch auf diese Weise zu lesen, weil ich nicht die Zeit habe, so viele Seiten am Stück zu lesen.

Dennoch bin ich den Charakteren gerne gefolgt. Vor allem Luo Ji und Da Shi sind mir unfassbar sympathisch. Ihre Reise hat mich sehr begeistert und auch beeindruckt. Egal wie aussichtslos oder gefährlich eine Situation wird: sie stellen sich dem, was auf sie zukommt. Davon abgesehen wie genial Luo Ji in Wirklichkeit ist. Er wird von der ganzen Welt unterschätzt und das ab dem ersten Moment, als er zum Wandschauer berufen wird. Doch das ist er eben nicht umsonst geworden, wie sich im Verlauf des Buches immer wieder zeigt. Das hat mir wirklich gut gefallen. Auch die Handlung rund um die anderen Wandschauer fand ich unheimlich spannend und interessant. Das gesamte Projekt Wandschauer ist genial ausgedacht und stößt trotzdem auf Probleme, die unglaublich realistisch dargestellt werden. All das könnte wirklich in unserer Zukunft stattfinden und genau dieser Aspekt hat mich umgehauen. Ich konnte es mir wirklich bildlich vorstellen und mir ist mehr als einmal eine Gänsehaut über den ganzen Körper gejagt, bei dem Gedanken, was unserer Welt bevorstehen könnte, würde sich bewahrheiten, was Liu schreibt. Es ist absolut beängstigend und genial zugleich.

„Die Vergangenheit ist kein Traum. Sie holt dich immer wieder ein.“ (S.497)

Die Botschaft des Autors wird vor allem gegen Ende immer deutlicher: die Menschheit kann sich nicht von ihrer Eitelkeit lösen. So viele Fehleinschätzungen, so viele Überschätzungen, so viel vergeudetes Potential und unglaublich viel Eitelkeit. Wir sind die einzigen, die intelligent genug sind, einen Weltraumkrieg zu führen. Wir sind die einzigen, die ein Recht auf die Erde haben. Wir. Wir. Wir. Und was resultiert daraus? Das müsst ihr in „Der dunkle Wald“ lesen, weil ich mehr einfach aus Spoilergründen nicht verraten kann. Ich kann nur sagen, dass mich das Ende unglaublich gepackt, begeistert und überrascht hat. Damit habe ich tatsächlich nicht gerechnet auch wenn es ein absoluter Geniestreich war und sich letztlich irgendwie doch angekündigt hat. Cixin Liu ist ein wahrer Meister der Täuschung und das liebe ich!

FAZIT

Wenn ihr euch gerne in eine Welt fallen lasst, die von Technik, Fortschritt und der Gefahr eines interstellaren Kriegs nur so strotzt, dann solltet ihr euch dringend die Trisolaris Trilogie anschauen. Wenn ihr nach „Die drei Sonnen“ nicht wisst, ob ihr weiter lesen sollt, dann sage ich euch hiermit: tut es! Es lohnt sich unfassbar weiter in diese Welt vorzudringen und zu erleben, was die Menschheit unternehmen möchte, um die Welt zu retten und was schließlich dabei herauskommt. Ich kann nicht sagen was im Finale auf mich warten wird aber ich könnte nicht gespannter sein.

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Veröffentlicht am 13.07.2020

Eine klare Empfehlung!

Katharina von Aragón (Die Tudor-Königinnen 1)
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Rezensionsexemplar

INHALT

1501 kommt die 16-jährige spanische Prinzessin Katharina nach England, um den Prince of Wales, Arthur Tudor, zu heiraten. Als dieser kurz darauf jedoch stirbt, wird sie schnell ...

Rezensionsexemplar

INHALT

1501 kommt die 16-jährige spanische Prinzessin Katharina nach England, um den Prince of Wales, Arthur Tudor, zu heiraten. Als dieser kurz darauf jedoch stirbt, wird sie schnell mit dem neuen Thronerben Henry verlobt. Und damit beginnt der erste Kampf für die junge Prinzessin, denn bis zu ihrer Ehe mit Henry sollen kräftezehrende Jahre vergehen. Als sie dann jedoch endlich verheiratet sind und König und Königin werden, scheint das Glück perfekt. Bis die Jahre ins Land gehen und die beiden noch immer keine Söhne haben. Für Katharina wird das Leben bei Hof immer schwieriger, denn die einst so glückliche Ehe scheint zu wanken, bis ein wahrer Albtraum für die Königin beginnt. Denn Henry scheint sich einer anderen Dame zugewendet zu haben: Anne Boleyn. Katharina weiß nun, dass sie kämpfen muss. Nicht nur für ihre Ehre, sondern auch für ihre Liebe.


Auf die Übersetzung der „Six Tudor Queens“-Reihe von Alison Weir warte ich schon seit Jahren. Ich weiß gar nicht mehr wann ich das erste Mal von dieser Reihe hörte, aber sie hat mich seitdem nicht mehr losgelassen. Ich kann zwar Englisch ganz gut lesen, habe es mir aber historische Romane bisher nicht zugetraut. Nun erscheinen die Bücher endlich auf Deutsch und haben ihre Heimat im Ullstein Verlag gefunden. Herzlichen Dank an dieser Stelle an NetGalley und den Verlag, für das Rezensionsexemplar!

„Gott weiß, und Ihr wisst es auch, dass meine Ehe nicht ehebrecherisch ist […] Ich bin die wahre Gemahlin des Königs und das werde ich bleiben bis ans Ende meiner Tage.“

Katharina von Aragón ist wohl eine der bewundernswertesten und stärksten Frauen, die jemals auf dem englischen Thron saßen. Dies hat sich schon in ihrem Durchhaltevermögen widergespiegelt, das sie nach ihrer Ankunft in England bewiesen hat.
Als 16-jähriges Mädchen, die jüngste Tochter von Königin Isabella von Kastilien und König Ferdinand von Aragón, kommt sie in einem fremden Land an. Sie kann nur wenig englisch, ist das kalte und regnerische Wetter nicht gewohnt und auch die Gepflogenheiten und Traditionen sind völlig anders. In Spanien muss die Braut so lange verschleiert sein, bis sie vor den Altar tritt. Doch in England poltert König Henry VII. einfach in Katharinas Gemächer und verlangt, die Braut seines Sohnes zu sehen. Die junge Prinzessin weiß, dass sie sich mit ihrem zukünftigen Schwiegervater gut stellen sollte und versucht so liebreizend und schön wie nur möglich auszusehen. Und das tat sie wohl auch.
Katharina und Arthur werden recht schnell nach ihrer Ankunft verheiratet und nach Ludlow Castle in Wales geschickt. Dort lebt Arthur schon seit seiner Kindheit, um sich auf seine Aufgaben als König vorzubereiten. Kurz nach ihrer Ankunft erkranken sowohl Katharina als auch Arthur an einem Fieber und der junge Prinz stirbt nur vier Monate nach ihrer Hochzeit.
Katharina ist also Witwe und das mit nur 16 Jahren. Sie weiß nicht, was nun mit ihr geschehen wird. Wird sie zurück nach Spanien geschickt? Aber was ist dann mit ihrer Bestimmung, Königin von England zu werden? Recht schnell wird jedoch erneut über sie bestimmt: die Verlobung mit dem jungen Prinzen Henry wird bekannt gegeben. Er ist zwar fünf Jahre jünger als Katharina und kann deshalb nicht sofort heiraten, doch das Warten hat die junge Prinzessin längst gelernt. Wie hart es werden würde, wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Zu Katharina von Aragóns Geschichte habe ich bisher erst ein Buch gelesen: „Die ewige Prinzessin“ von Philippa Gregory. Deshalb war ich gespannt wie Alison Weir die Geschichte von Katharina erzählt. Die junge Prinzessin ist Witwe und ihrem Schwiegervater somit ausgeliefert. Henry VII. behält Katharina in England, doch am Hof ist sie nicht willkommen. Er behandelt das junge Mädchen alles andere als Standesgemäß, doch Katharina erträgt es mit stiller Würde. Sie verliert nie die Fassung oder ihren Mut. Sie erträgt alles, versucht sich durchzukämpfen und ist weiter fest im Glauben, dass sie eines Tages Königin von England sein wird. Es ist ihre Bestimmung und daran hält sie fest. Ich denke, gerade das hat sie in England so beliebt gemacht. Alles, was ihr widerfuhr, hat sie mit Würde und Ruhe ertragen. Nichts konnte ihren Willen und ihren Glauben erschüttern. Diese Tatsache bringt Alison Weir wirklich toll zur Geltung. Ich habe Katharina wirklich bewundert. Sie ist so jung und ihr geschieht so viel Unrecht und dennoch bleibt sie standhaft.

Als der König im April 1509 stirbt, heiratet Katharina nun doch den jungen König. Alison Weir beschreibt eine wunderschöne Liebesheirat, denn Henry ist ein sehr attraktiver junger Mann von gerade einmal 17 Jahren, er steht in der Blüte seines Lebens. Katharina hat sich in das schöne Gesicht und die Art seines Benehmens verliebt. Die beiden sind ein glückliches junges Paar und noch glücklicher, als kurz nach der Hochzeit bereits bekannt wird, dass Katharina schwanger ist. Doch genau damit beginnt auch der tragische Leidensweg der jungen Frau. Insgesamt sechs Mal ist sie schwanger und nur eines ihrer Kinder, Maria, die 1516 zur Welt kommt, überlebt.
Doch trotz dieser großen Schwierigkeiten ist die Ehe sehr harmonisch. Katharina unterstützt Henry, weiß, wann es besser ist still zu sein und kann sehr gut mit seinen Launen umgehen. Sie ist viele Jahre seine engste Vertraute. Er zieht ihre Meinung immer wieder zu Rate, vertraut ihr und bespricht mit ihr seine tiefsten Gedanken. Doch etwas steht immer zwischen den beiden: Katharina hat noch keinen lebenden Thronerben geboren.

Ich mochte sehr gerne, wie Alison Weir Katharinas Situation beschrieben hat. Es wird sehr deutlich, dass sie sich mit aller Macht an der Liebe zu ihrem Ehemann festhält, doch zunehmend wird auch sie verzweifelt. Wie viele Kinder soll sie noch verlieren? Und was bringt Gott dazu, sie und ihren Ehemann derart zu bestrafen? Sie betet unaufhörlich, fastet sogar und versucht alles, um die Gnade Gottes zu erlangen und einen Sohn zur Welt zu bringen. Sie erträgt sogar die Demütigung, als Henry seinen Bastard Henry Fitzroy anerkannt und ihn in den Adelsstand erhebt.
Da ich wusste, worauf alles hinauslaufen würde, habe ich umso mehr Mitleid mit Katharina empfunden. Sie hatte keine Chance, denn als Henry sich in den Kopf gesetzt hatte, ihre Ehe zu beenden, wäre es egal gewesen, was auch immer Katharina tun würde. Und so ist es auch gekommen.

Alison Weir hat mit „Katharina von Aragón – Die wahre Königin“ auch die wahre Königin gezeigt. Eine starke und standhafte Frau, die jeden Schlag des Schicksals geduldig ertragen hat. Sie hat nicht nur als Vertraute des Königs viel für England getan, sie hat auch durch ihre Güte und ihren Glauben die Herzen der Engländer gewonnen. In diesem Buch kommt die Tragik ihrer Geschichte unglaublich gut zur Geltung und Weir hat sich auch sehr viel Zeit gelassen alles ausführlich darzustellen. Das hat mir wirklich gut gefallen, denn sie hat es nicht eilig und gleichzeitig war das Buch nie langweilig. Es ist einfach unglaublich viel passiert und all die Jahre, die Katharina in England verbracht hat, passen auch fast nicht in dieses fast 900 Seiten schwere Buch.
Was mich dann doch ein wenig gestört hat, war das Ende. Da die Geschichte nur aus Katharinas Blickwinkel erzählt wurde, wissen wir als Leser natürlich auch nur das, was sie weiß. Es ist etwas schade gewesen, dass nicht so deutlich heraus kam, wie es bei Hof weiterging, nachdem Katharina „verbannt“ wurde und nicht mehr am Hof erschien. Allerdings denke ich, dass diese Lücke spätestens im November geschlossen wird, denn da erscheint „Anne Boleyn – Die Mutter der Königin“, der zweite Teil dieser Reihe. Allerdings hätte ich mir da eine genauere Übersetzung des Titels gewünscht, denn der englische Untertitel lautet „A King’s Obsession“, was ich durchaus treffender finde.

FAZIT

Wer sich mit den Tudor-Königinnen bereits auskennt, wird mit diesem Buch wirklich auf seine Kosten kommen. Alison Weir beschreibt ausführlich, genau und sehr gefühlvoll, die Situation der ersten Ehefrau von Henry VIII. Sie lässt keine Details aus, erfindet wenig dazu und bringt uns Katharina von Aragón auf wunderbare Weise näher. Ich habe das Buch so gerne gelesen, denn der Schreibstil ist locker aber nicht zu aufgesetzt. Wer sich noch gar nicht mit der Zeit der Tudors beschäftigt hat, wird dieses Buch vielleicht zunächst als sehr dick empfinden, doch die Seiten verfliegen nur so und man bekommt auch einen sehr guten ersten Eindruck dieser Zeit. Ich kann den historischen Roman wirklich allen empfehlen, die gerne bei den Tudors verweilen, allerdings braucht ihr Durchhaltevermögen, schließlich folgen noch 5 Teile.

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Veröffentlicht am 02.07.2020

Perfekt zum Miträtseln!

Believe Me - Spiel Dein Spiel. Ich spiel es besser.
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Rezensionsexemplar

INHALT

Um ihr Schauspielstudium finanzieren zu können flirtet Claire für Geld mit verheirateten Männern, deren Ehefrauen wissen wollen, ob sie ihnen wirklich treu sind. Die Ehefrau ...

Rezensionsexemplar

INHALT

Um ihr Schauspielstudium finanzieren zu können flirtet Claire für Geld mit verheirateten Männern, deren Ehefrauen wissen wollen, ob sie ihnen wirklich treu sind. Die Ehefrau von Patrick Fogler ist jedoch nicht wie die anderen: in ihren Augen liegt Angst und direkt nach der Begegnung von Claire und Patrick ist sie tot. Die Polizei braucht Claires Hilfe, um den verdächtigen Ehemann zu überführen. Doch Patrick wirkt nicht nur geheimnisvoll, er fasziniert Claire und sie ahnt nach und nach, dass sie die Rolle ihres Lebens spielen muss…


Mit „The Girl Before“ hat mich der Autor JP Delaney bereits von sich überzeugen können. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis ich sein aktuelles Buch „Believe Me“ lesen würde. Ich war sehr glücklich, als ich es vom Penguin Verlag zugeschickt bekommen habe und möchte mich noch einmal herzlich für das Rezensionsexemplar bedanken!

„Einem anderen Menschen das Schlimmste anzuvertrauen, was man im Kopf hat… kein Sprung in einen dunklen Abgrund kann mehr Angst machen.“ (S. 150)

Die Geschichte beginnt ruhig und man wird in die Welt von Claire Wright eingeführt. Sie ist eine 25jährige Britin, die in New York Schauspiel studiert. Um dieses Studium zu finanzieren geht sie einen eher unkonventionellen weg, denn sie arbeitet mit einer Anwaltskanzlei zusammen und flirtet mit verheirateten Ehemännern, um ihre Treue zu testen. Da Claire keine Greencard hat bleibt ihr auch kaum etwas anderes übrig, um die Miete und ihr Studium bezahlen zu können. Auch wenn sie diese „Arbeit“ nicht leiden kann ist sie in ihrem Job richtig gut und das liegt natürlich auch an ihrer schauspielerischen Ausbildung.

Claires Denken als Schauspielerin wird gekonnt ins Buch mit eingebracht, denn die Handlung ist teilweise in Drehbuch-Sequenzen geschrieben. Es ist etwas ungewöhnlich aber hat mir großen Spaß gemacht zu lesen, weil mich diese Drehbuch-Sequenzen Claire als Charakter einfach näher gebracht haben. Ich hatte das Gefühl ihre Welt besser verstehen zu können, denn das Theater und Schauspiel sind mir relativ fremd.
Sie selbst ist jedoch recht undurchsichtig, weil sie sich als Schauspielerin an sämtliche Situationen anpassen kann. Sie ist unglaublich gut in dem was sie tut und kann für jeden alles sein, was sich derjenige nur vorstellt. Jede Regung ihres Gegenüber merkt sie sich, um diese eventuell selbst einmal nutzen zu können und mit all diesen Gedanken und Überlegungen verschleiert sie konstant ihre eigene Persönlichkeit. Die junge Frau einzuschätzen ist unfassbar schwierig und während des Lesens hat sich mein Eindruck ständig gewandelt. Man kann sich auf nichts verlassen, das sie denkt, sagt oder tut. Alles kann gespielt sein und den Unterschied zu erkennen ist schier unmöglich.
Claire ist bereit Risiken einzugehen und ihre Arbeit mit der Polizei bietet ihr eine Möglichkeit komplett über sich selbst hinaus zu wachsen. Wohin sie das alles führen wird ist ihr jedoch überhaupt nicht klar und da sie teilweise recht selbstzerstörerische Verhaltensmuster aufweist hat es mich nicht gewundert, dass sie sich sehr schnell zu Patrick Fogler hingezogen gefühlt hat. Die Art wie er mit ihr umgeht, was er in ihr auslöst, scheint eine Seite in ihr anzusprechen, von der Claire selbst nichts wusste und die sie gemeinsam mit ihm entdecken möchte.
Den weiteren Weg kann ich nicht näher beschreiben, da alles in einen Spoiler münden könnte und das möchte ich bei diesem Buch unbedingt verhindern.

Wie können wir einander je vertrauen, wo wir doch beide wissen, wie gut wir lügen können?“ (S. 314)

Die Handlung nimmt nämlich von Kapitel zu Kapitel mehr an Fahrt auf und es finden sich ein Twist am anderen. Nichts und niemand ist vertrauenswürdig, alles muss in Frage gestellt werden. Man weiß irgendwann nicht mehr was Wirklichkeit ist und was nicht. Passiert das überhaupt, was gerade beschrieben wird oder befindet man sich in einem Theaterstück? Dieses Buch ist für mich ein psychologisches Meisterwerk. Es gab nur eine Tatsache, die der Autor mir nicht aus dem Kopf bekommen hat, die sich schließlich auch am Ende bestätigt hat. Alles andere wurde mir wild um die Ohren gehauen. Ich habe teilweise wirklich nicht gewusst, was eigentlich los ist und war komplett im Rätseln gefangen. Es gab so viele Fragen und gleichzeitig auch Antworten die sich immer und immer wieder als falsch herausgestellt haben. Vor allem gegen Ende hat mich das Buch nur so mit Fragezeichen gefüllt, um schließlich mit einem Knall die Auflösung zu bieten.

Das Buch ist spannend, es hat mich an seine Seiten gefesselt und mich wirklich toll unterhalten, doch für mich hat dieser letzte Funke des Thrillers gefehlt, den ich erwartet habe. Etwas mehr an Grauen, etwas mehr an Gruseln, etwas mehr thrill. Und das war einfach nicht da, deshalb konnte ich keine fünf Sterne vergeben. Dieses letzte Gefühl, dass ich auch tatsächlich einen Thriller lese, hat mir gefehlt. Für mich kann sich dieses Buch eher in die Reihe um „The Woman in the window“ anschließen. Ein spannender Roman voller Twists, denn das war es allemal.

FAZIT

JP Delaney konnte mich auch mit diesem Buch wieder überzeugen, denn der Schreibstil ist toll, der Aufbau der Geschichte schlüssig und die Idee absolut genial.
Dieses Buch kann ich wirklich all den Lesern empfehlen, die gerne im Dunkeln tappen und miträtseln. Die sich gerne verwirren lassen und immer wieder neue Antworten auf unzählige Fragen finden möchten. Die sich nicht immer auf ihren Erzähler verlassen wollen und ihren eigenen Weg durch die Geschichte finden. Und natürlich auch die unter euch, die es gerne einmal mit einem solchen Buch versuchen wollen: ihr werdet auf eure Kosten kommen!

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Veröffentlicht am 02.07.2020

Eine klare Empfehlung!

Nation Alpha
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INHALT

Omegas werden in der Nation Alpha als Sklaven für die Königsrasse der Alphas gezüchtet. Sie haben weder Rechte, Namen und letztendlich auch kein Leben. Man behandelt die Omegas nicht wie Menschen, ...

INHALT

Omegas werden in der Nation Alpha als Sklaven für die Königsrasse der Alphas gezüchtet. Sie haben weder Rechte, Namen und letztendlich auch kein Leben. Man behandelt die Omegas nicht wie Menschen, sondern wie Ware. Nach dreihundertjährigem Martyrium wollen die Alphas die Omegas nun komplett gegen Maschinen ersetzen. Die Zeit von Omega 4 scheint abgelaufen, doch dann bietet sich ihr ein verzweifelter Rettungsversucht. Doch kann sich Omega 4 darauf verlassen, dass der Plan gelingt, wenn ihre angeblichen Retter Alphas sind?


Durch Instagram bin ich auf die Autorin Christin Thomas und ihr Buch Nation Alpha aufmerksam geworden. Es ist sehr schnell auf meiner Wunschliste gelandet, da mich die Thematik Sklaverei und Rassismus sehr interessiert und ich wissen wollte, wie die Autorin mit diesem doch sehr schwierigen Thema umgeht. Also habe ich das Buch beim Zeilengold Verlag bestellt und direkt signiert im Briefkasten gehabt.

Ich war unglaublich gespannt auf die Geschichte und habe das Buch deshalb nicht lange auf meinem SuB liegen lassen. Der Einstieg in das Buch ist mir sehr leicht gefallen. Omega 4 ist eine sympathische Erzählerin, die unglaubliches erleiden musste. Ich habe mich direkt mit ihr verbunden gefühlt, weil sie einfühlsam und rücksichtsvoll ist. Sie versucht immer das Richtige zu tun und sieht in jedem Menschen das Gute, egal, was derjenige zuvor getan hat und woher die Person kommt. Für sie spielt das alles keine Rolle, denn sie sieht den Menschen und nicht die Hautfarbe. Woher das alles kommt, weiß ich nicht und das wird auch am Ende des Buches nicht aufgeklärt. Omega 4 hat einfach diesen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und das Gute. Gleichzeitig hat sie aber auch den Wunsch nach Freiheit, wie es wohl allen Omegas in Nation Alpha geht. Sie will einen Namen, ein Leben, eine Familie, sie will frei sein und mit diesem Wunsch beginnt ihr Weg zur Befreiung.

„Die Ausgrenzung tut weh, genauso wie die Verachtung und die Beleidigungen. Ich bin auch ein Mensch. Ich verdiene einen Namen und ein Preisschild, auf dem Unbezahlbar steht.“ (S.20)

Nation Alpha ist ein starkes Land, das von den vereinten Nationen abgeschottet existiert. Den anderen Ländern ist es nicht möglich sich ein richtiges Bild von Nation Alpha zu machen und deshalb lassen sie das Land und ihren Herrscher, den Alpha One, in Ruhe. Dreihundert Jahre hat sich in Nation Alpha nichts verändert. Die dunkelhäutige Bevölkerung wird gezüchtet und verkauft, um den Alphas als Omegas zu dienen. Dabei sind Schläge und sonstige Bestrafungen auf der Tagesordnung. Kein Omega darf einen Alpha unaufgefordert ansprechen oder anschauen. Der Blick muss immer gesenkt sein und Worte sind ihnen nicht gestattet. Auch untereinander sollen die Omegas nicht sprechen, denn das würde zu Ungehorsam führen. Wenn ein Omega stirbt interessiert es den Alpha nicht weiter, denn er kann sich immer wieder einen neuen Omega kaufen. Der Alpha One möchte dieses System nun „verbessern“ indem er die Omegas komplett auslöschen und durch Maschinen ersetzen möchte. Er will seine Welt von den Omegas bereinigen und schreckt vor nichts und niemandem zurück. Auch seine Familie ist nicht sicher, denn wer ihm Widerworte gibt, wird bestraft. Egal ob Alpha oder Omega. Und genau in diesem Haushalt landet Omega 4 zu Beginn der Geschichte. Sie muss der Tochter des Alpha One dienen und damit verändert sich das Leben der jungen Frau von Grund auf und ihr Wunsch frei zu sein nimmt von Tag zu Tag zu.

Die Handlung steigert sich von Seite zu Seite im Tempo und man kommt gegen Ende kaum mehr zur Ruhe. Nach und nach entwickelt sich ein Plan, der schließlich in die Tat umgesetzt wird, um Omega 4 die Möglichkeit zu geben, endlich frei zu sein. Ob es gelingt, kann ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten aber der Weg bis zur Umsetzung des Planes ist unglaublich spannend und toll dargestellt. Da das Buch nicht sehr dick ist, blieb nicht viel Zeit für große Erklärungen oder Entwicklungen der zwischenmenschlichen Beziehungen, das hat mich teilweise dann doch ein wenig gestört, da mir manchmal nicht klar war, wieso Omega 4 ausgerechnet dieser Person so viel Vertrauen schenkt. Auch die kleine Liebesgeschichte, die in diesem Buch vor kommt hat mir nicht so richtig gefallen, weil ich einfach nicht greifen konnte wann und wie das überhaupt passiert ist.
Das Ende der Geschichte war zwar gut, ist mir jedoch etwas zu schnell gegangen. Während der Beginn des Buches sehr ausführlich dargestellt wurde, hatte ich das Gefühl, dass das Ende schnell abgehandelt werden musste und diese Ausführlichkeit vom Anfang, hätte ich mir hier auch gewünscht. Auch wenn ich zufrieden mit dem Ausgang der Geschichte bin, so hätte es für mich gerne noch 20-30 Seiten geben können, um alles etwas genauer darzustellen.

„Hier gibt es keine Freiheit – weder für sie noch für mich. Doch während ich mir darüber im Klaren bin, sind sie dem gegenüber blind.“ (S. 79)

Der Schreibstil der Autorin ist etwas, das mich sehr mitreißen konnte. Sie schreibt sehr klar und gleichzeitig auch poetisch. Man kann sich leicht in Bildern verlieren, die sie treffend formuliert und gleichzeitig ist trotzdem klar, was gemeint ist. Es ist mir sehr schwer gefallen das Buch aus der Hand zu legen, weil Christin Thomas eine Art zu schreiben hat, die mich in ihren Bann zieht. Nicht nur die Handlung hat mir gut gefallen, sondern auch wie diese Geschichte erzählt wird.
Auch der Umgang mit der sehr schwierigen Thematik ist Christin Thomas wunderbar gelungen. Sie beschreibt ohne zu beschönigen, wie es den Omega als Sklaven ergeht und stellt dabei Omega 4 in den Vordergrund. Ihre Erlebnisse sind ein Beispiel von etlichen Schicksalen in dieser Welt und die Autorin schafft es trotzdem, dass man nicht im Mitleid versinkt. Ich habe mitgelitten, mitgeweint, mit gehofft und mit gefleht. Gleichzeitig habe ich jedoch mit Omega 4 Mut entwickelt, um weiter zu kommen. Sehr einfühlsam stellt die Autorin dar, was hätte sein können und wie es wohl in einer Zukunft ausgesehen hätte, wenn beispielsweise das Dritte Reich nicht besiegt worden wäre. Sie spricht auf den wenigen Seiten des Buches so viele wichtige Themen auf gute Weise an, dass ich noch glücklicher bin, das Buch gelesen zu haben.

Was ich noch etwas hervorheben möchte ist das Nachwort der Autorin, welches mich in meinen Gedanken gegen Rassismus und all den Ungerechtigkeiten die damit einhergehen nur noch bestätigt hat. Gleichberechtigung und Toleranz sind unfassbar wichtig und das bringt Christin Thomas in ihrem Nachwort und mit Nation Alpha auf den Punkt!

FAZIT

Christin Thomas geht mit dem wichtigen Thema Rassismus und Sklaverei sehr behutsam aber auch ehrlich und gut um. Die Geschichte von Omega 4 hat mich sehr berührt und begeistert. Nicht nur sie als Charakter hat mir gefallen, sondern auch die Art und Weise wie die Autorin ihre Protagonistin hat handeln lassen, trotz all dem, was ihr widerfahren ist. Die Kürze des Buches hat mir teilweise Probleme bereitet, dennoch bin ich mit dem Ausgang der Geschichte sehr glücklich und kann euch das Buch wirklich nur ans Herz legen.

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Veröffentlicht am 24.05.2020

Genial!

Neon Birds
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Inhalt

Wir schreiben das Jahr 2101 und ein außer Kontrolle geratener technische Virus verwandelt Menschen in hyperfunktionale Cyborgs, die dem Willen der künstlichen Intelligenz KAMI gehorchen. Supersoldaten, ...

Inhalt

Wir schreiben das Jahr 2101 und ein außer Kontrolle geratener technische Virus verwandelt Menschen in hyperfunktionale Cyborgs, die dem Willen der künstlichen Intelligenz KAMI gehorchen. Supersoldaten, die von der Öffentlichkeit gefeiert werden, bekämpfen diese Wesen, welche in Sperrzonen zusammengepfercht sind. Doch irgendetwas stimmt nicht, denn die Mauern beginnen zu bröckeln. Nicht nur, dass ominöse Sekten KAMI als Maschinengott anbeten, nein, es wirkt fast so, als würde KAMI mittlerweile mit anderen Mitteln kämpfen. Der Kampf zwischen Menschlichkeit und Technologie wird immer unerbittlicher und vier junge Erwachsene versuchen irgendwie den Untergang ihrer Zivilisation zu verhindern.


Seit Erscheinen des Buches lag „Neon Birds“ auf meinem SuB. Ich war so gespannt auf die Geschichte. Ich habe länger kein Science-Fiction gelesen und war besonders an „Neon Birds“ interessiert, weil das Genre zusätzlich als Cyberpunk und Solarpunk beschrieben wurde. Das Worldbuilding ist aus diesem Grund für mich besonders von Interesse gewesen und ich muss sagen, dass dieses Buch mein absolutes Highlight im April war.

Marie Graßhoff hat es geschafft, mich von der ersten Seite an in ihren Bann zu ziehen. Ich konnte das Buch kaum zur Seite legen, weil ich einfach wissen wollte was passiert und wie es weiter geht. Bereits der Prolog hat mich komplett gefesselt. Unzählige Fragen haben sich in meinem Kopf gebildet. Wie konnte es so weit kommen? Wieso hat sich die Welt derart verändert? Wie leben die Menschen jetzt, in dieser modernen Welt? Nach und nach bekommen wir Antworten, was nicht zuletzt daran liegt, dass eine der Protagonistinnen genau dasselbe Problem hat wie wir: sie kennt die technisierte Welt eigentlich kaum.
Andra ist eine Yuna und lebt fernab von Technologien mit ihrer Siedlung in der Nähe einer Sperrzone. Sie wird von der Ältesten des Dorfes unterrichtet, kann mit Pfeil und Bogen schießen und hat eine sehr ruhige, überlegte Art an sich. Sie ist verletzlich aber auch sehr mutig. Das stellt sie unter Beweis, als ihr Dorf von ausgebrochenen Mojas, so nennt man die mit KAMI infizierten Cyborgs, angegriffen wird, denn sie stellt sich ihrem Feind entgegen.
Sie wird von Okijen gerettet. Ein Elitesoldat, der sich eigentlich schon zur Ruhe gesetzt hat, obwohl er noch sehr jung und der erfolgreichste Kämpfer auf der ganzen Welt ist. Er ist von Andra fasziniert und nimmt sie auf, denn ihr Dorf ist zerstört und sie nun ganz allein. Er erklärt ihr die Welt, zeigt ihr, wie er lebt und dabei lernen sich die beiden kennen. Gleichzeitig sehen wir Leser*innen so auch die Welt von Neon Birds, was ich toll gelöst finde. Es gibt keine überschwänglichen und langweiligen Erklärungen, sondern tolle Beschreibungen. Entweder von Okijen, der seine Welt zeigt oder von Andra, die sie mit ihren Augen betrachtet. 2101 hat sich Vieles verändert. Alles ist grüner und nachhaltiger geworden. Wer Pflanzen besitzt, bekommt Zuschüsse. Die Menschheit hat auch auf Technologien gesetzt, haben Cyber Trips erfunden, mit denen in sekundenschnelle von Ort zu Ort gesprungen werden kann. Es wirkt alles ganz wunderbar und ist von Marie auch toll durchdacht. Durch Andras Augen erlebt man das eigene Staunen über diese Welt. Es könnte alles so wunderbar und schön sein, wäre in der Welt von Neon Birds nicht etwas gehörig schief gelaufen. Bei der Entwicklung einer künstlichen Intelligenz und Experimenten damit, wurde ein unaufhaltsamer Virus freigesetzt. Wer angesteckt wird, verliert seine Menschlichkeit und wird zum Cyborg, fremdgesteuert von der künstlichen Intelligenz KAMI. In kürzester Zeit verbreitet sich der Virus und die Infizierten Menschen, die Mojas, müssen abgeschottet werden, denn sie sind keine Menschen mehr – nur noch Marionetten. Doch Not macht erfinderisch und es wird eine Eliteeinheit Soldaten an den Start gebracht, die nur dazu ausgebildet sind, um Moja unschädlich zu machen.

Ein weiterer Protagonist dieses Buches ist Flover, der ebenfalls zu einer Spezialeinheit von Soldaten gehört. Auch er kämpft gegen Moja. Aber auch gegen innere Dämonen. Ich mochte seine Art unglaublich gerne. Während Okijen versucht das, was ihn belastet und dazu getrieben hat sich vom Militär abzuwenden, einfach auszublenden und wegzuschieben, ergibt sich Flover teilweise seiner Melancholie. Er kann nicht so gut verarbeiten, was ihm zugestoßen ist und was er weiterhin tun muss, um die Welt zu einem sichereren Ort zu machen.
Sein Mitbewohner Luke arbeitet als Student bei einer Sicherheitsfirma und hat einen ausgeprägten Pflanzenfimmel. Er gibt Flover teilweise großen Halt ohne selbst zu wissen, dass dies der Fall ist. Luke hat aber auch Geheimnisse und Probleme, die er nicht mit Flover teilt. Auch wenn sie Freunde und Mitbewohner sind, wissen sie nicht alles voneinander. Das macht die Dynamik zwischen den beiden aus. Ich mochte es, wie sich angebahnt hat, dass sie sich im Laufe des Buches sehr viel besser kennen lernen, obwohl sie schon einige Zeit zusammen leben. Sie halten zusammen, geben aufeinander acht und vielleicht werden sie sich in den beiden anderen Teilen auch offenbaren, was sie beide quält und gleichzeitig antreibt.

Durch Verstrickungen, die ich hier nicht weiter ausführen kann und will, sind alle vier Protagonisten irgendwie miteinander verbunden. Sie alle kämpfen für eine bessere Welt, wollen Leben retten und versuchen das Richtige zu tun. Sie stehen fast alleine da, mit dem was sie vor haben und doch sind sie gemeinsam stark.
Ohne genau zu wissen, dass sie alle für die gleiche Sache arbeiten, was ich toll finde. Sie kennen sich alle irgendwie und doch ist ihnen das im Moment vielleicht noch gar nicht so bewusst.
Es gibt einen unglaublich tollen Twist, den ich mir zwar längst gedacht hatte und deshalb davon nicht überrascht wurde, dennoch fand ich das einen tollen Schachzug von der Autorin. Diese Wendung bringt nämlich sehr viel tolles Konfliktpotenzial für Band 2 (und eventuell auch Band 3) mit sich.
Marie ist es gelungen mich wirklich an die Seiten zu fesseln. Die Handlung verläuft in sehr hohem Tempo, hat zwar ab und zu einige ruhige Stellen, doch die unterschwellige Spannung ist immer zu spüren. Man fühlt sich nahezu rastlos in dieser Welt, denn überall können Gefahren lauern, nichts und niemand wirkt vertrauenswürdig und hinter jeder Ecke könnte Verrat lauern. Es ist großartig aufgebaut und durch die Militärakten, die immer mal wieder an Kapitel anschließen bekommt man als Leser auch noch zusätzliche Informationen über die Militäreinheiten, die Moja und ihre Generationen und auch über KAMI selbst. Das alles ist so komplex und gut durchdacht, dass ich eigentlich gar nicht anders kann als begeistert zu sein.

Fazit

Neon Birds ist ein Science-Fiction Buch, das ich so schnell nicht vergessen werde. Der Spannungsbogen ist durchweg auf sehr hohem Niveau, die Charaktere sind toll ausgearbeitet und die Welt, in der die Geschichte spielt ist einfach genial. Es gibt so vieles zu entdecken, so vieles noch herauszufinden und ich denke, auch am Ende der Trilogie, wird es bei mir noch etliche Fragen zu der Welt geben. Ich bin begeistert davon, wie toll alles ausgearbeitet ist und gleichzeitig noch ein genialer Spannungsbogen gehalten werden kann. Nichts wirkt langweilig oder überflüssig, alles hat seinen Sinn. Ich habe jeden Charakter gern verfolgt und würde am liebsten jetzt sofort all ihre Geheimnisse kennen. Ich freue mich darauf weiter zu lesen und die Zusammenhänge besser nachvollziehen zu können. Ich habe einige Theorien und Überlegungen, wie es weiter gehen könnte und kann es kaum erwarten endlich Cyber Trips zu lesen.

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