Profilbild von daisiesdaffodils8otherletters

daisiesdaffodils8otherletters

Lesejury Profi
offline

daisiesdaffodils8otherletters ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit daisiesdaffodils8otherletters über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2020

Sagenhaftes Jugendbuch

An Nachteule von Sternhai
0

Liebe Daisy,

heute melde ich mich zu einem der großartigsten Jugendbücher für 10–12-jährige, das ich jemals gelesen habe: An Nachteule von Sternhai (Orig. To Night Owl, From Dogfish) von Holly Goldberg ...

Liebe Daisy,

heute melde ich mich zu einem der großartigsten Jugendbücher für 10–12-jährige, das ich jemals gelesen habe: An Nachteule von Sternhai (Orig. To Night Owl, From Dogfish) von Holly Goldberg Sloan und Meg Wolitzer, dessen deutsche Übersetzung von Sophie Zeitz 2019 im Hanser Verlag erschienen ist.

Um etwas auszuholen: Ich weiß nicht, ob du Gut Gegen Nordwind von Daniel Glattauer kennst, aber ich habe es vor Jahren gelesen und mich in den Stil verliebt, einen Roman durch E-Mails zu erzählen. Genauso ist An Nachteule von Sternenhai aufgebaut. Durch verschiedene E-Mails, Briefe und Textnachrichten entfaltet sich die Geschichte von den beiden zwölfjährigen Avery und Bett. Doch was bringt diese beiden Mädchen, die an verschiedenen Enden der U.S.A. leben und unterschiedlicher nicht sein könnten, eigentlich zusammen? Ihre Väter. Bis dato alleinerziehend, haben sie sich bei ihrem ersten Treffen prompt in einander verliebt. Eine Partnerschaft der beiden würde Avery und Bett zu Stiefschwestern machen. Aber eine Patchworkfamilie ist etwas, das sie ganz und gar nicht wollen. Also nehmen die beiden heimlich Kontakt auf, um das Vorhaben zu sabotieren. Doch wie so oft, läuft nicht alles wie geplant und ihr E–Mail Austausch wird immer reger, bis sie eines Tages feststellen, dass sie vielleicht doch, ganz ohne es zu wissen, beste Freundinnen geworden sind.

Die beiden Autorinnen schaffen hier eine ungeheuer sympathische Geschichte, die sich trotz der Medien, durch die sie erzählt wird, sehr unmittelbar anfühlt. Oder vielleicht gerade deshalb? Weil es sich so anfühlt, als dürfte man hier private E-Mails von tatsächlichen Menschen lesen. Allen voran punkteten hier für mich die vielen kleinen alltäglichen Bemerkungen, die ihren Platz in den Mails von Bett und Avery gefunden haben. Von ersten Erfahrungen mit der Pubertät, bis hin zu der Frage, ob Vögel gackern müssen, damit ihre Eier genießbar sind. Diese scheinbar willkürlichen Gedanken haben der Geschichte einen ungeheuren Charme und eine fantastische Leichtigkeit verliehen. Obwohl im Laufe des Romans durchaus ernste Themen wie Freundschaft und Familie behandelt werden, war An Nachteule von Sternenhai somit ein absolutes Wohlfühlbuch für mich.

Besonders gut gefallen hat mir zudem, dass verschiedenste Altersgruppen vertreten sind. Nicht nur den beiden werdenden Teenager, sondern auch der Eltern- und Großelterngeneration kommt eine tragende Rolle zu. Dadurch, dass die Figuren an so unterschiedlichen Punkten ihres Lebens stehen, werden verschiedenste Problematiken aufgemacht und Standpunkte beleuchtet. Das Buch fühlt sich somit ganzheitlich an und wirkt authentisch. Dieser Eindruck wird durch die vielschichten Figuren gestützt. Diese fühlen sich nicht stereotypisch an, sondern haben alle ihre Ecken und Kanten. Diese Eigenheiten sind es, was sie lebendig werden lässt.

An Nachteule von Sternenhai ist zudem ein hervorragendes Beispiel für Repräsentation: Verschiedene Religionen, Ethnizitäten, sexuelle Ausrichtungen, psychische Krankheiten und Familienstrukturen finden alle ihren Platz in der Geschichte. Nicht zu vergessen, verschiedenste Entscheidungen das eigene Leben zu leben, die nicht unbedingt der Norm entsprechen. Auch Vorurteile werden thematisiert. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Büchern handelt es sich hier nicht um eine Idealisierung, bei der am Schluss Friede-Freude-Eierkuchen ist. Es ist wie das Leben: nicht perfekt, aber gespickt mit Momenten, die Hoffnung geben. Verpackt in die charmante Erzählform, lässt einen dieses Buch nachdenklich, aber wie in eine dicke Wolldecke gewickelt, mit einem wohligen Gefühl zurück.

An Nachteule von Sternhai ist für mich ein durch und durch stimmiges Buch, das ich Leserinnen und Lesern ab 10 Jahren wärmstens ans Herz legen würde. Schrecke aber bitte bloß nicht davor zurück, falls du älter sein solltest – in diesem Roman ist wirklich für jedes Alter was dabei.
Wahrhaftig ein Buch, das mein Herz hat klingen lassen.
Deine Daffy

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 07.07.2020

Fulminantes Schauspiel

Mord hinter den Kulissen
0

Ein Interview in 5 Akten

Persona Dramatis
Daffy, ein “Wells&Wong”-Fan
Daisy, ein “Wells&Wong”-Fan
ein Erzähler

Der Schauplatz ist ein bescheidener Instagrambücherblog.

Erster Akt
Erzähler. Wir schreiben ...

Ein Interview in 5 Akten

Persona Dramatis
Daffy, ein “Wells&Wong”-Fan
Daisy, ein “Wells&Wong”-Fan
ein Erzähler

Der Schauplatz ist ein bescheidener Instagrambücherblog.

Erster Akt
Erzähler. Wir schreiben das Jahr 2020. Inmitten von geschichtsträchtigen Ereignissen begeben sich zwei junge Damen auf eine Gedankenreise in ein Theater nahe Covent Garden, London. Die roten Sitze erheben sich um sie herum, während die Bühne magisch glänzt. Was ist hier geschehen, welche Wunder verbergen die Kulissen?
Daffy. Welche Wonne, welche Lust, zurück zu sein, in den magischen Hallen eines Theaters. Man schmeckt die Wunder, die sich hier zuzutragen vermögen, förmlich in der Luft.
Daisy. Welch’ imposanter Anblick. Mich dünkt, dies Haus mag dir wohl bekannt sein, liebe Freundin.
Daffy. Fürwahr, Teuerste. Ich besuchte es erst vergangenen Winter. Welch’ prächtiges Theater: die roten Samtsitze, das goldbestückte Proszenium, all die prächtigen Details. Ein Renaissance Theater der Extraklasse.
Daisy. Ein Haus mit Geschichte, wie ich zu sagen pflege.
Daffy. Absolument. Obgleich die Figuren in dem Stück, das ich sah, weniger weit in die Vergangenheit springen als wir es bei Mord hinter den Kulissen taten. Hier wurde nämlich keine dunkle Magie inszeniert, sondern eine von Shakespeare’s bekanntesten Tragödien: Romeo und Julia.
Daisy. Shakespeare im Herzen Londons zu geben, ist wohl das Prächtigste, das ich mir denken kann.
Daffy. Und dann auch noch in solch’ einem gewagten Regiekonzept. Wie mein Schauspiellehrer immer zu sagen pflegte-
[ein lautes Geräusch lässt die zwei herumfahren]
Daffy. Halt ein. Welch’ übler Halunke vermag es uns in diesen heiligen Hallen zu stören?
[zwei Mädchen in Straßenkleidung erscheinen. Hinter ihnen eine Frau mittleren Alters]
Daisy. Schauet und staunet, sind das nicht die ehrenwerte Daisy Wells und die famose Hazel Wong? Oh, wahrlich, sie sind es. Die berühmtesten Detektive von hier bis da. Wo diese beiden auftauchen, bleibt kein Puls ruhig…oder gar zu ruhig?

Zweiter Akt
Erzähler. Ihren Weg durch das Haus fortsetzend, nähern sich die beiden jungen Damen den Garderoben. Zuerst werfen sie jedoch einen Blick in des Portiers Heiligtum und staunen über all die Berühmtheiten, die sich schon in diesem Haus eingefunden haben, um Großes zu bewirken.
Daffy. Welch’ präzise Liste vom Portier geführt wird. Etwa hier: 11. Mai 1936. Alle Gäste des Hauses fein säuberlich notiert: Frances Crompton, Theresa Johnson, Inigo Leonies, Rose Tree-
Daisy. Sagest du DIE Rose Tree? Mir war, als sah ich sie letztens erst in einem anderen Stück. Eine wahrhaftig große Nummer. Sie wird die Julia spielen? Oh, du Freudentanz in meinem Innern. Und nein, Lysander Tollington als Romeo. Ich bin einer Ohnmacht nah. Er ist so stark, so mannhaft, so vollkommen.
Daffy. Und hier: Simon Carver. Ich hörte, er vermag Außergewöhnliches auf der Bühne zu bewirken. Und direkt darunter: Martita Torrera als Amme. Welch’ mutige Besetzungsentscheidung. Sie jung zu besetzen, meine ich; selbstverständlich nicht, eine diverse durchwachsene Cast zu haben.
Daisy. Alle gekleidet in Annie Joys hinreißende Robe. Oh, seht doch nur, dort flaniert die ehrenwerte Daisy Wells als wunderschöne Rosalinde und hinter ihr der wagemutige Page Schmorpfanne. Hazel? Hazel, bist du es? Wie großartig verkleidet ihr seid.
Daffy. Doch wir dürfen uns nicht hinreißen lassen, uns von der schönen Fassade blenden zu lassen. Die ganze Welt ist ein Theater und nirgends sind Intrigen so geläufig, wie an eben diesem. Wer vermag zu wissen, was sich hinter dem schönen Schein zu verbergen vermag?

Dritter Akt
Erzähler. Offene Puderdosen, ausgelassene Säume, verrutsche Haarnadeln in Perücken - der Zauber der darauf wartet, zum Leben erweckt zu werden. Doch halt, ein Geräusch? Schritte entfernen sich rasch, schnell hinterher. Nicht verlieren, aber auch nicht entdeckt werden, ist nun die Devise der jungen Damen. Wohin verschwindet der Schatten? In den Keller? Ein Brunnen? Oh, welch’ Tragik muss sich hier abgespielt haben.
Daffy. Wahrhaftig. Hier spielen sich Dramen nicht nur auf der Bühne, sondern im gesamten Theater ab. Oh nein, teurer Leser, nicht die Divendramen, die du aus modernen Darstellungen zu erwarten weißt. Hier handelt es sich um die wahren Abgründe des menschlichen Wesens.
Daisy. Und manch’ Abgrund ward dein letztes Ziel. Sehet da, dort schwimmt… oh weh, halt mich, dort tief im Brunnen, eine Leiche!
Daffy. Trügt der Schein oder kann es wirklich- fürwahr. Welch’ Schande, dass dieser glänzende Theaterstern Opfer eines solchen Verbrechens wurde. Doch wer vermag es zwischen Requisiten, Kostümen und Proben zu diesem Ort gelangt zu sein, um die Gräueltat verübt zu haben?
Daisy. Ohne Zweifel wird das Ermittlerinnen-Duo Wells & Wong die Spur aufnehmen. Fußspuren analysieren und das Fallbuch füllen. Jede und jeder ist verdächtig. Niemand kann ausgeschlossen werden. Die Angst geht um, ich spüre es in den Knochen.
Daffy. Wer verleugnete seinen Vater, seinen Namen und war bereit zum Äußersten zu gehen? Welch’ Wohltat zu wissen, dass die zwei tapferen Mädchen ebenfalls bereits sind, alles zu geben, um die Wahrheit an’s Licht zu bringen - möge sie auch noch so gräuelvoll sein. Mich dünkt nämlich, dass es sich hierbei um einen ausgesprochen kniffligen Fall handelt, für den es Ermittlungserfahrung braucht.

Vierter Akt
Erzähler. Romeo und Julia - ein dramatisches Liebespaar. Liebe und Leid. Wunder und Geheimnisse. Die Liebe, sie überwindet Grenzen. Grenzen, die wahrlich nicht geschlossen werden dürften und deren Freiheit hart erkämpft sei.
Daffy. Oh Liebe, du süße Pein, dir wird hier wahrlich eine Bühne gegeben. In so vielen deiner Formen.
Daisy. Wie unvorstellbar es für uns scheint, in der Öffentlichkeit nicht zeigen zu dürfen, dass wir lieben. Ist die Liebe nicht das wunderbarste Gefühl von allen? Gehört Liebe nicht zu uns allen? Doch es vermag Zeiten zu geben, in denen die Freiheit der Liebe beschränkt, gar verboten. Schande!
Daffy. Eine fürwahr gelungene Darstellung dieser bedrückenden Zeit. Und all dies’ im Rahmen einer Produktion, deren Protagonisten bereit sind, alles für besagte Liebe zu opfern. Welch’ perfides Sinnbild.
Daisy. Unser aller Anliegen darf wohlan sein, der Literaturgarten in allen Farben des Regenbogens zu bepflanzen, zu gießen und zu pflegen.
Daffy. Wie schon Shakespeare zu sagen pflegte: Dies über alles, sei dir selber treu.

Fünfter Akt
Erzähler. So schließen wir alsbald, doch nicht ohne Feuerwerk. Eine Freundschaft, wie sonst keine. Eine Leistung, die oft unerkannt. Eine Botschaft, die in die Welt getragen gehört.
Daffy. Und welch’ Leistung wir hier beobachten dürfen. Freundschaft, welch’ beide Dirnen über ihre Grenzen gehen lässt und ihnen indes erlaubt, jede für sich, aber auch gemeinsam zu wachsen.
Daisy. Der Individualität bester Freund sein und aus dieser Verschiedenheit Kraft ziehen. So vermögen diese Freundinnen zu erklimmen, gemeinsam die Bergspitze. Denn stellt Zeit die Frage: Trägt nicht jeder Part einer Zweisamkeit gleichermaßen zum Erblühen des Erfolgs bei?
Daffy. Fürwahr teure Freundin, wenn uns die Bühne eines gelehrt hat, dann dass der Erfolg einer Aufführung an jedem Einzelnen hängt und auch die Hauptdarsteller nur glänzen können, wenn alle anderen zusammenarbeiten. Eine Lehre, die die beiden Mädchen auch zusehends mehr lernen, so dünkt mich der Schein.
Daisy. Wohl gesprochen. Ein Zeichen für die Welt verbreitet sich von dieser Freundschaftserzählung. Weiden wir uns an dem Wachstum, dem Respekt und dem Zusammenhalt, denen diese beiden Mädchen mit jedem Tag aufs Neue nachgehen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 14.06.2020

Kniffliger Fall für die beliebteste Detektei

Tödliches Spiel in Hongkong
0

Liebe Daisy,
Liebe Daffy,
ihr Weitgereisten, seid also wieder zurück? Wohin ging es denn diesmal für euch?
Daisy: Dieses Mal stand uns wohl das größte Abenteuer bevor. Zusammen mit Hazel sind wir in ihre ...

Liebe Daisy,
Liebe Daffy,
ihr Weitgereisten, seid also wieder zurück? Wohin ging es denn diesmal für euch?
Daisy: Dieses Mal stand uns wohl das größte Abenteuer bevor. Zusammen mit Hazel sind wir in ihre Heimat Hongkong gereist. Doch, was sage ich da? Mit Hazel und Daisy selbstverständlich. Mittlerweile habe ich mich so sehr mit ihr identifiziert, dass es mir wie von selbst über die Lippen kam, Hazel gefolgt zu sein. Allerdings ist hier auch wieder eine Menge Wahrheit dran. Daisy Wells, Daffy und meine Wenigkeit haben alle eine Welt betreten, die uns gänzlich fremd war. Das war auf jeder einzelnen Buchseite absolut hervorragend herausgearbeitet und hat ein ganz besonderes Lesegefühl hinterlassen.
Daffy: Dem kann ich mich nur anschließen. Wir wussten ja seit Band 1, dass Hazel in Hongkong groß geworden ist und haben auch ab und an Einblicke in ihre Kindheit dort bekommen. Aber diese für uns als Mitteleuropäerinnen fremde Stadt an ihrer Seite zu erleben, war noch einmal etwas ganz Anderes und hat dem Buch einen ganz eigenen Charme verliehen.

Eine Reise nach Asien also. Ich nehme an, dass auch dieser sechste Band der Reihe von Robin Stevens in den 1930er Jahren gespielt hat. Wie hat sich das denn bemerkbar gemacht?
Daisy: Das ist vollkommen korrekt. Wegen einer familiären Angelegenheit wird Hazel von ihrem Vater nach Hongkong zurückgerufen. Wir gehen Mitte Januar 1936 mit ihr und Daisy an Bord und überqueren die Weltmeere, um in dieser aufblühenden Stadt zu landen. Ich möchte nichts aus dem Nachwort der Autorin vorweggreifen, doch hier beschreibt Robin Stevens ganz ausgezeichnet, wie sie sich diesem Thema selbst genähert hat. Absolut lesenswert! Ich habe gelernt, dass das Hongkong der 1930er Jahre so gar nicht mehr ganz nachvollziehbar zu erleben ist, wenn man heutzutage eine Reise dorthin unternimmt. Dementsprechend konnte ich beim Lesen keinerlei Wissen von neuzeitlichen Reiseberichten zum Tragen kommen lassen. Wie kann ich also bewerten, ob es sich um eine gute Darstellung handelt? Ehrlich gesagt: Ich kann es nicht. Doch ich möchte es! Robin Stevens hat das große Talent, ihre Geschichten greif- und erlebbar zu machen. Sie weiß mit Worten umzugehen, baut Details liebevoll ein und erschafft so eine Welt, die sich real und richtig anfühlt. Wie sie das 30er Jahre Honkong beschreibt, möchte ich es wahrnehmen.
Daffy: Wie Daisy schon schreibt, sind es die kleinen Details, mit denen Robin Stevens das Hongkong der 1930er Jahre lebendig werden lässt. Etwa, dass die Schifffahrt von England nach Hongkong mehrere Wochen in Anspruch nimmt. Etwas, das in Zeiten des Flugverkehres undenkbar ist. Solche Details stärken das Gefühl, beim Lesen tatsächlich in die Vergangenheit zu reisen.

Das klingt nach einer äußerst authentischen Darstellung. Aber jetzt erzählt doch mal, wie es euch ergangen ist. Ich habe gehört, es gab wieder ein Verbrechen aufzuklären?
Daisy: Wohl wahr! Was wäre ein Abenteuer von Hazel und Daisy ohne ein Verbrechen? Die beiden scheinen Mordfälle anzuziehen wie das Licht die Motten. Dieser Fall war besonders schrecklich. Doch nicht, dass jetzt der Gedanke kommt, der Fall sei schlecht ausgearbeitet gewesen oder langweilig. Nein! Er ging mir schrecklich nahe. Die emotionale Ausgangslage zu Beginn des Buches ging mir schon ans Herz, da Hazel einen geliebten Menschen verloren hat. Doch sie wird hart auf die Probe gestellt, als sie in Hongkong ankommt: Ihr kleiner Bruder wird entführt.
Mehr kann ich gar nicht sagen, ohne der Geschichte zu viel vorweg zu nehmen. Der Titel “Tödliches Spiel” verrät schon, dass es auch dieses Mal einen Mord geben wird und dass dieser Fall an Hazels Substanz geht, hat mich tief getroffen. Doch sie und Daisy wären nicht die über Englands Grenzen hinaus berühmte Detektei Wells&Wong, wenn sie nicht ihre Spürnasen zum Einsatz bringen würden.
Daffy: Wie Daisy schon sagt, handelte es sich um einen höchst emotionalen Fall. Und knifflig war er noch dazu. Es gab viele kleine Hinweise, die über das Buch hinweg verstreut waren und einen immerzu neue Personen verdächtigen haben lassen - niemand war vor Anschuldigungen sicher. Weder im Rahmen des Romans noch in unserer Leserunde.

Solche gemeinen Verbrecher! Aber ich nehme an, die Detektei Wells und Wong hat sich nicht lang bitten lassen und sich sofort in’s Abenteuer gestürzt. Ihr hattet ja schon angemerkt, dass es in früheren Bänden spannende Entwicklungen von Hazel und Daisy gab. Wie ging es euch mit dem Zusammenspiel der beiden Mädchen in diesem Buch?
Daisy: Das ist eine hoch interessante Frage. Tatsächlich gibt es in diesem Buch noch weitere Entwicklungen der beiden. Sie sind die allerbesten Freundinnen, das ist ganz klar. Doch etwas liegt in der Luft - und es ist nicht der für Daisy ungewohnte Geruch. Wir lernten Hazel als den größten Daisy-Fan kennen. Von Buch eins an hat sie sie auf ein Podest gestellt und fast wie eine Göttin verehrt. Mit den Fällen werden beide Mädchen älter und reifer. Doch manchmal auch pubertärer. Der Streit um einen Jungen in einem vorherigen Band hat das schon zu Tage getragen. Jetzt lernen wir Hazel in ihrer Heimat kennen; dort wo sie nicht die Außenseiterin ist. Sie spricht die Sprache, sie ist in der Kultur aufgewachsen, es ist ihre Familie, bei der sie wohnen.
Während sie nach Hause kommt, betritt Daisy ein Land, das ihr vollkommen fremd ist. Wir kennen Daisy und ihre aufbrausende, vorlaute Art - und hier lernen wir eine ganz neue Seite an ihr kennen. Sie ist oftmals überfordert, unsicher, in der Rolle der Beobachterin.
Nun stellt sich die Frage, ob Hazel sie integriert oder ihr das Eintauchen erschwert. Ich habe beim Lesen das Gefühl gehabt, Hazel genieße es, etwas zu können und kennen, das Daisy fremd ist. Es findet keine Integration von Hazels Seite statt, sondern ein unausgesprochener Machtkampf. Das war sehr spannend zu beobachten und hat den Figuren wieder einmal Dimensionen gegeben, die sie nur umso menschlicher erscheinen lassen.
Daffy: Ich fand es auch sehr spannend zu beobachten, wie die beiden damit umgegangen sind, dass die Machtverhältnisse erstmals umgedreht worden sind. Etwas, das für beide spürbar ungewohnt war. Wie Daisy schon sagt: Sie bleiben dabei sehr menschlich imperfekt, lernen aber beide durch die Erfahrung dazu. Und selbst wenn manche Situationen schwierig sind, gibt es genug Momente, in denen man merkt, dass die beiden trotz allem ein Team sind und es auch bleiben werden.

Bei früheren Interviews habt ihr angemerkt, dass es der Autorin Robin Stevens gelingt, gesellschaftlich relevante Bezüge zu der Zeit einzubauen. Wie war das hier? Und inwiefern wurde die Kultur Hongkongs dargestellt?
Daisy: Ich hatte schon erwähnt, dass es sich für mich auf jeder Seite mehr und mehr entfalten konnte und ich mich von Hongkong umgeben gefühlt habe. Robin Stevens nutzt herausragend das Prinzip des “Show don’t Tell”. Wenn Daisy und Hazel in Hongkong anlegen, habe ich das Gefühl gehabt, zu riechen, was beide riechen, obwohl ich selbst noch gar nicht dort war. Der Regen, die Temperaturen, die Tiger, die durch die Stadt stromern könnten…all das hat eine Nebenrolle gespielt und doch war es so präsent, dass es das Setting ins Detail bereichert hat. Hazel geht sehr viel darauf ein, wie schwer es für Daisy nachzuvollziehen sei, dass Hazels Familienverhältnisse so gänzlich anders sind, als wir es aus Europa (hier spielt es keine Rolle, ob 1930er oder gegenwärtig in Europa) kennen. Das Wort Patchworkfamilie wird dem doch nicht gerecht, auch wenn es erstmal ähnlich wirkt. Nicht, dass wir nicht noch immer in einer patriarchalen Welt leben würden - leider! Allerdings erlebt Hazel doch noch gänzlich andere Verhältnisse, als ich mir heute in meinem familiären Umfeld vorstellen könnte.
Mein größtes Problem lag definitiv darin, mir die Namen zu merken. Robin Stevens hat in jedem Buch eine vorangestellte Personenliste und die habe ich bei dieser Geschichte oft konsultiert. Da habe ich definitiv Nachholbedarf meinen kulturellen Horizont zu erweitern und zu schärfen.
Daffy: Daisy’s Ausführungen zu den Namen kann ich nur voll und ganz zustimmen. (lacht) - es sind so ungewohnte Lautfolgen, dass es ungewohnt lange dauerte, bis ich sie mir alle eingeprägt hatte. Besonders gefallen haben mir jedenfalls auch dieses Mal wieder die Karten zu Beginn des Buches. Bereits beim ersten Blick darauf wurde klar, dass die Architektur in Hongkong ganz anders ist als die aus dem europäischen Raum, die in früheren Bänden dargestellt worden ist. Wie Daisy schon sagt, wurde die Kultur in diesem und in ganz, ganz vielen anderen Instanzen sehr harmonisch in die Narration integriert, so dass ich beim Lesen nie das Gefühl des Winks mit dem Zaunpfahl hatte. Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass uns Robin Stevens die Welt von Hongkong der 1930er Jahre respektvoll näherbringt.

Wisst ihr denn schon, wohin es euch als nächstes verschlagen wird?
Daisy: Das wird wieder ein aufregendes Abenteuer, das spüre ich ganz genau. Ich habe aufgehört, die Klappentexte der Bücher zu lesen und lasse mich ganz unvoreingenommen in den nächsten Hazel und Daisy Fall fallen. Doch es wird ein Ausflug auf die Bretter, die die Welt bedeuten und ich könnte mich nicht mehr freuen. Los geht’s, Daffy!
Daffy: Auch ich habe bisher nur einen Blick auf das Cover geworfen, aber ich spüre schon jetzt: es ist was faul im Staate Großbritannien - und ich kann es gar nicht erwarten, gemeinsam mit Daisy herauszufinden, was es ist.

Na dann sehen wir uns ja bestimmt bald wieder. Bis dahin frohes Ermitteln ihr beiden!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.06.2020

well-executed prequel

Die Tribute von Panem X. Das Lied von Vogel und Schlange
0

[spoilerfree]

Dear Daisy,
finally, here I am with my review of The Ballad of Songbirds and Snakes by Suzanne Collins. The prequel to the well-renown Hunger Games series, which was released this May. I’d ...

[spoilerfree]

Dear Daisy,
finally, here I am with my review of The Ballad of Songbirds and Snakes by Suzanne Collins. The prequel to the well-renown Hunger Games series, which was released this May. I’d been majorly anticipating this release, as the original trilogy remains one of the most impressive dystopias to this day. And although I’ve been a bit weary after having been disappointed in so many spin offs in the past, this book exceeded my expectations by far. I devoured it within four days. So what’s been taking me so long to write this review? I’ll get to that in a little bit. For now, let’s start from the top.

This book is set 64 years before The Hunger Games, just before the beginning of the 10th annual Hunger Games. This year, for the first time, students of the prestige school in the Capitol are brought in to mentor the tributes. Among them: Coriolanus Snow. Does this name ring familiar with you? It won’t be the only thing in this novel. But not everything is as easy for him as one might imagine: His family had to pay a high price in the recent war and he desperately needs his tribute to win. Only, he’s been assigned the girl from District 12: an hopeless endeavour, it seems.

I know, this sounds super weary, but I don’t want to give away anything really and rather let you find out all the hidden gems in this story on your own. And trust me, there is so much to discover: so many characters following a hidden agenda, so many side plots to discover, so many references to the original series. This is also where my delay comes in: I am well acquainted with the original series, having have read it multiple times way back in the day. But my knowledge was a bit rusty. And while I recognised many things and made the connections to Katniss’ tale, I felt the dire need for a re-read after finishing The Ballad of Songbirds and Snakes. So this is what I did. And it only further proved my point how well connected these two tales are. The world building is perfectly executed. There are numerous little things, like the off-hand mention of an apple tree, which connect the two narrations, but also major ones. I’ll refrain from going into detail about those, in order not to spoil anything, but let me just say that I had massive goose bumps upon discovering one of those upon reading. Let’s be honest: Just thinking about it gives me another set of goose bumps.

Of course, a major factor in the success of this book is Suzanne Collins writing style. With this novel she once again manages to replicate the feeling the The Hunger Games series evoked: Her writing is clear and straight forward and she has an impeccable sense of pacing. It doesn’t feel rushed but there is always a sense of suspense that keeps you pushing forward. And just when you think you’ve got things figured out, she confronts you with a major plot twist. Also, she is absolutely ruthless with her characters. No-one is safe, you learn that pretty fast. This gives reading an additional edge.

I was also positively astounded by the character development of the protagonist. Whereas he is drawn pretty black and white in the original series, this isn’t the case here. At the beginning of the book he is starkly different from the character we meet 64 years later. I found his character development well executed and could absolutely see how he’d come to be the person we’ve come to know.
But it isn’t just the protagonist, who is different. The world is two. Having come out of a war just recently, the remnants of the world before the Dark Days are still visible. Hence, what this book also does impressively, is drawing a connection between the world as we know it and the Panem we’ve gotten to know in the original series. The Hunger Games themselves aren’t as elaborated as they are 64 years later. I was greatly intrigued to find out who drew the strings to turn them into the murderous spectacle we’ve come to know. Also, Suzanne Collins raises some impressive moral questions in the course of this book, which left me contemplating them long after I’d finished.

So even though I’m normally beyond hesitant when it comes to sequels, this is definitely a recommendation. Same as the original series.

Yours sincerely,
Daffy

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.05.2020

Das Mädchen im Widerstand

Das Mädchen im blauen Mantel
0

Liebe Daffy,
mein heutiger Brief ist etwas ernsthafter. Ich möchte dir von einem Buch erzählen, das nicht nur eine absolute Empfehlung ist, sondern auch sehr zum Nachdenken anregt und ich nicht weiß, ob ...

Liebe Daffy,
mein heutiger Brief ist etwas ernsthafter. Ich möchte dir von einem Buch erzählen, das nicht nur eine absolute Empfehlung ist, sondern auch sehr zum Nachdenken anregt und ich nicht weiß, ob ich der Geschichte mit meiner Rezension gerecht werden kann. Als ich im Buchladen durch Zufall auf Monica Hesses „Das Mädchen im blauen Mantel“ stieß, wusste ich sofort, dieses Buch muss ich lesen. Das englische Original erschien 2016 unter dem Titel „The Girl in the Blue Coat“. Ich habe die deutsche Übersetzung von Cornelia Stoll gelesen, die 2018 bei cbt verlegt wurde.

Inhalt
Januar 1943: Der Schauplatz ist das besetzte Amsterdam. Hanneke, eine niederländische junge Frau leistet Widerstand, indem sie Schwarzmarktgüter beschafft. Doch eine der Kundinnen hat einen ganz besonderen Auftrag für sie. Sie soll ein jüdisches Mädchen wiederfinden, das verschwunden ist. Die Informationen sind spärlich, die Gefahrenlage groß.

Ein wichtiger Beitrag in unserer Literaturlandschaft
Der Inhalt klingt packend und das ist er auch. Ich möchte dir gar nicht viel vorweg nehmen, weil die Geschichte die Gelegenheit braucht, sich jeder und jedem selbst zu entfalten. Das Nachwort der Autorin hat mich noch einmal so sehr beschäftigt, dass ich tagelang über dieses Buch nachdenken und mit anderen darüber sprechen musste. Auf der Grundlage von wahren Begebenheiten hat Monica Hesse eine fiktive Geschichte geschaffen, die einem vor Augen führt, was wirklich passiert sein könnte.
Mein Wissensstand rund um die Schrecken des zweiten Weltkrieges ist recht umfassend. Ich habe das große Glück, dass mir meine Großeltern Einblicke verschaffen konnten und erzählt haben. Aber auch in der Schule, der Uni und aus privatem Interesse habe ich mich mit der Zeit befasst und empfand dieses Buch als große Bereicherung.
Monica Hesse erwähnt zu Beginn des Buches häufiger die Westerkerk. Wir wissen, dass sich die Familie Frank mit den anderen Untergetauchten direkt neben dieser Kirche versteckt hatte. Ich habe nicht nur Annes Tagebuch gelesen, ich habe mich viel mit ihrer Familie befasst und war selbst in Amsterdam und habe die Kirche, das Anne-Frank-Haus, aber auch die Stadt als solches kennen lernen dürfen. Warum erwähne ich das in meiner Rezension? Dieses Wissen hat mir eine Grundlage gegeben, die mich in die Geschichte gezogen hat und mich direkt hat neben Hanneke gehen lassen.
Die beklemmende Stimmung, die geherrscht haben muss, wird auf jeder Seite spürbar. Hätte ich es gekonnte, hätte ich gern regelmäßig über meine Schulter geschaut, um zu kontrollieren, ob man uns verfolgt. Doch ich saß sicher und geborgen auf meinem Sofa, Hanneke war es, die sich in Gefahr begeben hat. Sie steht sinnbildlich für viele, viele Menschen, die mutig gegen das Naziregime gekämpft haben – offen oder im Verborgenen.
Obwohl Hanneke eine der mutigsten Frauenfiguren ist, die ich lange in einem Buch begleiten durfte, leidet sie. Sie leidet an der großen Schuldfrage. Wahrscheinlich eins der Wörter, die aus dieser Zeit bleiben werden: Schuld.
Diese junge Frau kämpft, ist stark und mutig und doch hat sie ihre eigene Bürde. Jede und jeder von uns tut Dinge, die man hinterher bereut und nie wieder ändern kann. Müssen wir uns deswegen schuldig fühlen? Müssen wir Gutes tun und uns opfern, um diese Schuld zu begleichen? Hanneke ist nicht die Einzige, die sich mit dieser Frage quält. Jede Figur in diesem Buch hat ihre eigene Last auf den Schultern, eine Schuld, die sie begleichen wollen.
Ich habe das Buch aufgeschlagen und war gespannt, was Monice Hesse für eine Geschichte geschrieben hat. Ich habe das Buch beendet und wieder zugeschlagen und war eine Andere. Die Gefühle, die ausgelöst wurden, bleiben. Meine Gedanken sind noch nicht zur Ruhe gekommen. Ich weiß nicht, ob sie es werden. Auch, wenn es eine fiktive Geschichte ist, fühlt es sich nicht fiktiv an. Weil ich weiß, dass es so oder so ähnlich passiert ist. Und das darf es nicht: Nie wieder!

Deine Daisy

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere