Ein bewegender Epochenroman und eine Hymne an die Liebe und das Leben
ZaïdaInhalt:
Zaïda De Vico wird 1859 im Süden Englands geboren. Sie ist jung und unbeschwert und gerade dabei, sich von ihrer konservativen Mutter zu lösen, die Zaïda in die gute Gesellschaft einführen und ...
Inhalt:
Zaïda De Vico wird 1859 im Süden Englands geboren. Sie ist jung und unbeschwert und gerade dabei, sich von ihrer konservativen Mutter zu lösen, die Zaïda in die gute Gesellschaft einführen und reich verheiraten will. Auf dem Weg zur Schneiderin, welche ihr ein Ballkleid nähen soll, verunfallt die Kutsche und die junge Dame macht sich alleine auf, um im nächsten Ort Hilfe zu holen. Ein junger Maler, ein plötzlicher Sturzregen und das Verpassen eines Zuges führen dazu, dass sich Zaïdas Leben von einer Sekunde auf die andere verändert. Innerhalb weniger Wochen ist sie verlobt und verheiratet und nach einigen Jahren gelingt ihr, wovon andere Frauen dieser Zeit nur zu träumen wagen: sie beginnt, in Zürich Medizin zu studieren und als Ärztin zu praktizieren. Zwischen persönlichen Tragödien, zwei Welt- und einigen Bürgerkriegen und stets gegen die patriarchischen Windmühlen der Zeit und den Faschismus ankämpfend, lebt Zaïda das Leben einer selbstbestimmten, grossherzigen und mutigen Frau.
Meine Meinung:
Von der ersten Sekunde an war ich von diesem Buch gefesselt und konnte kaum glauben, dass die Hauptfiguren alle der Fantasie der Autorin entsprungen sind. Darum herum baut Anne Cuneo ein authentisches und akribisch recherchiertes Zeitgebilde, das die historischen Gegebenheiten gekonnt mit den fiktiven Figuren verwebt und so eine atemberaubende Erzählung schafft, die mich bis ins Herz getroffen hat. Vor allem die ersten dreihundert Seiten haben mich lachen und weinen, mitfiebern, mitfühlen und hoffen lassen. Nach einer kleinen Länge in der Mitte, hat die Geschichte gegen Ende noch einmal Fahrt aufgenommen und sich mit jedem Kapitel weiter an die Gegenwart angenähert. Auch wenn mir die junge, unbeschwerte und von der Liebe zum Maler Basil Tatley lebenden Zaïda am sympathischsten war, hat mir auch die vom Leben gezeichnete und trotzdem vor Kraft strotzende Protagonistin zu einem späteren Zeitpunkt ihres Lebens stark imponiert.
Sprache:
Dieses Buch beginnt mit einem Prolog, in dem die Urgrossenkelin von Zaïda deren Memoiren findet und sich diesen Tagebucheinträgen und Notizen annimmt. Ab dann lesen wir die Geschichte chronologisch aus Zaïdas Perspektive erzählt und nehmen so an ihrem Leben teil. Kraftvoll und fesselnd schreibt Anne Cuneo vom grössen Glück, aber auch vom grössten Schmerz, den Menschen erleben können. Dies gelingt auf eine eindringliche Art, die bis tief ins Innerste berührt und mit Worten, die überwältigende Bilder und einen Sog erzeugen, dem man sich nicht mehr entziehen kann.
Meine Urgrossmutter hiess Zaïda. - "Das heisst die Glückreiche oder die Vielgeliebte, und kommt aus dem Arabischen", sagte sie manchmal nicht ohne Stolz ob der Herkunft ihres Namens. "In einer Rossini.Oper gibt es sogar eine Rolle mit meinem Namen." - Als ich noch ein Kind war, wusste ich nicht, dass sie meine Urgrossmutter war. Sie war einfach eine sehr nette Dame, eine Tante. alle nannten sie Zia Zaïda (Tante Zaïda). Ich auch.
Zaïda - Anne Cuneo, S. 7
Meine Empfehlung:
Dieser Roman ist eine gewaltige Familienchronik und zugleich eine Ode an die Liebe und das Leben der Grossmeisterin Anne Cuneo, welche mit dieser fesselnden Geschichte eine starke, emanzipierte Frau ins Zentrum stellt und feinfühlig den Balanceakt zwischen brillant recherchiertem historischen Hintergrund und fiktiver Erzählung bewältigt.