Zwei wie Wasser und Öl
Holger Brinks ist Anfang/Mitte 40 und Kriminalhauptkommissar bei der Mordkommission. Ihm wurde mittlerweile eine jüngere Chefin vor die Nase gesetzt, nicht weil sie so gut ist, sondern weil Frauen im Staatsdienst ...
Holger Brinks ist Anfang/Mitte 40 und Kriminalhauptkommissar bei der Mordkommission. Ihm wurde mittlerweile eine jüngere Chefin vor die Nase gesetzt, nicht weil sie so gut ist, sondern weil Frauen im Staatsdienst gefördert werden müssen. Seine Ehe mit Journalistin Sandra (42) durchläuft gerade eine schwierige Phase. Sohn Lukas (gerade 15) ist kaum zu Hause und nicht sehr gesprächig, Tochter Ellen macht gerade ein Auslandsjahr. Da taucht plötzlich sein Bruder Charlie auf, der als Privatdetektiv nach Amerika gegangen war, nachdem er mal kurz was mit Sandra hatte, vor und nach deren Heirat mit Holger. Charlie hat es nicht so mit Bindungen und genießt lieber das Leben, weshalb ihm Holger 20 Jahre lang monatlich 600,- € für seinen Anteil am Elternhaus überwies. Pardon, Sandra sieht dies etwas anders, denn wenn sie Holger nicht den Rücken freigehalten hätte, hätte er auch nicht die monatliche Rate für ihr Haus, nicht sein Haus, zahlen können... Nun denn, Charlie ist schon länger wieder in der Stadt, aber gerade von seiner letzten Flamme vor die Tür gesetzt worden und braucht nun dringend ein Dach über dem Kopf. Auf gar keinen Fall meint Holger, doch irgendwie landet Charlie im Gartenhaus auf einer Luftmatratze und zu dem aktuellen Mordfall im Berliner Rotlicht-/Drogen-/Bordellmilieu hat er so seine ganz eigenen Ideen. Im Fahrstuhl der exklusiven Privatetage eines heruntergekommenen Luxushotels liegt der engste Vertraute des greisen Berliner Unterwelt-Ex-Bosses, neben ihm ein Aktenkoffer voller Koks. Charlie kennt die Kreise besser, als Holger ahnt.
Ein humorvoller Krimi, der seine Pointen zumeist der angespannten Lage der ungleichen Brüder verdankt, die sich aber ermittlungstechnisch erstaunlich gut ergänzen. Oh Mann, ich kann den biederen Beamten verstehen! Solch ein Bruder würde mich auch wahnsinnig machen! Es muss ihn aber auch noch dazu wurmen, dass dieser verantwortungslose Chaot dann auch noch solch einen Schlag bei den Frauen hat. Wie macht er das bloß? Doch diesmal trifft Charlie auf eine Frau, die ihm den Verstand und den Atem raubt. Dummerweise ist sie nicht ganz ohne, denn sie ist eine Edelprostituierte und Kunststudentin. Ausgerechnet der Sohn des invaliden Gangsterbosses engagiert Charlie, die schöne Nikita nicht aus den Augen zu lassen, als ob er das freiwillig tun würde? Holgers Gedanken an die Frauen in seinem Leben sind da nicht ganz so rosig, aber immerhin hat er ein Dach über dem Kopf, ein Badezimmer ohne Zuschauer und einen wohl sortierten Weinkeller, auch wenn dieser im Lauf der Ermittlungen deutlich zusammenschrumpfen wird. Ja, hier wird getrunken, gekokst und geh... das gibt dieser Geschichte einen gewissen 70er-Jahre Touch, gepaart mit Charlies Autovorlieben. Das mag auch an der Einrichtung der Etablissements liegen, die schon bessere Zeiten gesehen haben, doch Sandras Vor- und Einwürfe sind absolut zeitgemäß. Irgendwie gefallen mir diese Zeitparadoxen. Eigentlich ist es ja so gar nicht meine Welt, aber irgendwann mochte auch ich Charlie, der hervorragend zu Starsky and Hutch gepasst hätte. Mit seinem nervtötend sonnigen Gemüt schafft er es aber, seinem im alltäglichen Trott gefangenen Bruder Beine zu machen und über sich und sein Leben nachzudenken. Eine Tätigkeit die Charlie selbst zumeist erfolgreich ignoriert. Die beiden Brüder sind wie Feuer und Wasser und geben somit der Story ihren Esprit, ihren Schwung und auch ihren Titel. Wobei ich sagen muss, dass ich diesen Fall für einen humorvollen Krimi erstaunlich kniffelig und spannend finde. Bisweilen geht die Tätersuche in den Querelen etwas unter, wird jedoch nie ganz vergessen. Der Fall ist in sich abgeschlossen und wird auch in sich schlüssig gelöst, wobei es mich auch wirklich überrascht hat, es ist nicht so eine 08/15 Lösung. Die privaten Zwistigkeiten schwelen weiter, ein Garant für Fortsetzungen (zwei gibt es ja auch schon).
Christoph Maria Herbst als Sprecher ist wieder unnachahmlich. Wie Sandra und Holger bei jedem Wort des anderen sich an die Gurgel zu gehen scheinen oder sich böse anschweigen, da hat man das Gefühl, er kennt das, hat es alles schon mal selbst gehört...aber so geht es einem ja auch mit dem Brüderzwist, dem senilen Unterweltkönig, seinem leicht debilen Kronprinzen, dem servilen Jungkommissar, der lustgeneigten Nachwuchskommissarin... Das kann er doch noch nicht alles selbst erlebt haben?! Na ja, vielleicht in seiner Fantasie, wobei ich ihm selbst dort einige der Telefonate gerne ersparen würde ;) Völlig bravourös und knurztrocken bringt er selbst die peinlichsten Situationen zu Gehör. Da kann man dann auch als Zuhörer nicht ernst bleiben. Er ist einfach ein Garant für Hörvergnügen.
Auf jeden Fall werde ich die Reihe weiter hören!